Alle: Ich danke euch für euere treuen Reviews und dass ihr mich so lieb bei dieser Story begleitet habt. Doch nun folgt das Schlusskapitel...

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Kapitel 15: Auf Messers Schneide

Faramir und Boromir stürmten in die Häuser der Heilung, wo man den schwer verwundeten Truchseß hingebracht hatte. Doch einer der Heiler trat ihnen in den Weg.

„Ihr könnt jetzt nicht zu Euerem Vater, meine Herren", sagte er streng. „Man versucht gerade ihm die Pfeilspitze aus der Brust zu entfernen."

Gwen kam auch vorsichtig in das Gebäude geschlichen. Sie hatte ihre Hand auf ihren geschwollenen Bauch gepresst. Boromir drehte sich nach ihr um und erschrak.

„Ich glaube, das Kind kommt", presste sie hervor.

„Aber das ist viel zu früh", rief Boromir entsetzt aus.

Sie fiel entkräftet in seine Arme.

„Folgt mir! Rasch!" rief ihm der Heiler zu.

Boromir nahm Gwen hoch und trug sie in den Raum, zu dem sie der Heiler führte. Faramir trottete mit gesenktem Kopf hinterher.

Gwen lag mit geschlossenem Augen auf einem Bett, während Boromir neben ihr nebenkniete.

„Es wird alles gut", sagte er leise zu ihr und strich ihr behutsam eine Haarsträhne aus der verschwitzten Stirn.

Eine Hebamme und zwei Helferinnen betraten jetzt die Kammer. Die beiden Brüder wurden hinausgeschickt. Sie gingen in die Gärten und ließen sich dort auf einer Bank nieder.

„Warum sind die Valar so grausam?" stöhnte Boromir auf und fuhr sich verzweifelt durch das blonde Haar. „Erst stößt Vater so etwas Schlimmes zu und jetzt droht Gwen unser Kind zu verlieren."

„Ich bin froh, dass ich wieder sehen kann", murmelte Faramir leise. „Ich sollte eigentlich dankbar sein. Aber ich würde gerne mein Augenlicht wieder hergeben, wenn ich damit Vater und euer Kind retten könnte."

Boromir sah seinen Bruder an und Tränen stiegen in seine Augen. Er legte seinen Arm um Faramir und zog ihn an sich. Dann weinten beide zusammen.

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Stunden später kam die alte Ioreth in den Garten. Ihre Schürze war blutbefleckt und sie wirkte sehr erschöpft.

„Da seid ihr beiden ja", meinte sie etwas vorwurfsvoll. „Ich hatte euch schon suchen lassen."

Boromir sprang auf.

„Wißt Ihr etwas von unserem Vater – wie geht es ihm?"

„Der Truchseß hat viel Blut verloren und wäre der Pfeil nur ein wenig tiefer gegangen, so hätten wir ihn nicht retten können. Aber jetzt ist er bei Bewusstsein und will Faramir sehen", erklärte die alte Frau.

Faramir erhob sich jetzt ebenfalls.

„Ich möchte, dass du mitkommst, Boromir", bat er seinen Bruder leise.

Dieser zögerte, nickte aber dann.

Sie folgten Ioreth zurück in das Gebäude. Die Heilerin zeigte auf die Tür, hinter welcher sich das Krankenlager des Statthalters befand. Vorsichtig klopfte Faramir an und trat dann ein. Boromir folgte ihm in einem größeren Abstand.

Denethor lag bleich und schwach in den Kissen und hatte die Augen geschlossen. Ein dicker, weißer Verband war um seine Brust gewickelt.

„Vater?" fragte Faramir leise.

Der Truchseß öffnete langsam die Augen.

„Faramir, mein Sohn", flüsterte er angestrengt.

„Ich bin auch hier, Vater", sagte jetzt Boromir verlegen.

Denethor sah ihn erstaunt an.

„Du bist zurückgekehrt", murmelte er verwaschen. „Es tut mir so leid, was ich zu dir gesagt habe. Ich bin nun nicht länger gegen eine Heirat mit Gwen."

Boromir lächelte.

„Ist das wirklich wahr, Vater?"

Denethor nickte langsam. Dann ergriff er Faramirs Hände.

„Ich hoffe, du bist mir nicht böse, wenn ich Boromir wieder als meinen Erben einsetze."

Faramir war sichtlich erleichtert, als er das hörte.

„Nein, ganz und gar nicht", sagte er strahlend.

„Sobald ich wieder gesund bin, wird die Hochzeit gefeiert", presste Denethor hervor und hustete.

Ioreth betrat jetzt das Zimmer.

„Ihr müsst jetzt wieder gehen, ihr beiden Herren. Der Truchseß braucht noch viel Ruhe", sagte sie in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete.

Die beiden Brüder verabschiedeten sich von ihrem Vater und verließen das Zimmer wieder.

Faramir wirkte sichtlich entspannt, nur Boromir war noch in großer Sorge um Gwen. Als er eine der Helferinnen der Hebamme durch den steinernen Korridor eilen sah, hielt er sie an.

„Weißt du etwas Neues von meiner...Verlobten?" fragte er sie gehetzt.

„Es geht ihr schon besser", meinte die junge Frau ausweichend.

„Und das Kind?"

Doch die junge Frau war bereits um die nächste Ecke verschwunden. Boromir hielt es nicht mehr länger aus und klopfte an die Tür des Zimmers, in welches man Gwen gebracht hatte. Die Hebamme öffnete ihm mit vorwurfsvoller Miene.

„Was macht Ihr so einen Lärm, junger Herr?"

„Ich muß wissen, wie es Gwen geht", platzte Boromir heraus.

„Wir konnten das Kind nicht retten", sagte die Hebamme bedrückt. „Es war zu klein, um lebensfähig zu sein, doch Frau Gwen wird es schaffen. Sie hat eine kräftige Natur."

„Wann darf ich Gwen sehen?" fragte der junge Heerführer bestürzt.

Die Hebamme seufzte leise, und ließ ihn dann ins das Zimmer.

„Aber nur ganz kurz", mahnte sie.

Faramir klopfte Boromir tröstend auf die Schulter, bevor dieser das Zimmer betrat. Er hatte alles mitgehört und er war bestürzt über diese traurige Neuigkeit. Gerade hatte er sich mit dem Gedanken angefreundet, Onkel zu werden, doch nun war alles anders gekommen.

Gwen lag blaß in den Kissen und blickte Boromir traurig an.

„Es tut mir so leid, mein Liebster, ich hätte dir so gerne einen Sohn geschenkt", flüsterte sie traurig.

„Was nicht ist, kann ja noch werden", sagte Boromir leise. „Willst du meine Frau werden?"

Gwen musste trotz ihres Kummers jetzt lächeln.

„Von Herzen gerne."

Boromir nahm sie vorsichtig in die Arme und dann beweinten sie zusammen das Kind, das nicht am Leben geblieben war.

§

Einige Wochen später konnte Gwen die Häuser der Heilung wieder verlassen. Wenige Tage zuvor war auch Denethor wieder genesen.

Der Truchseß gab eine große Feier anlässlich seiner glücklichen Genesung. Den Mörder Ammir hatte man inzwischen auch gefunden. Er hatte seine Tat sofort eingestanden und nun wartete er eingekerkert auf seine Hinrichtung.

Gwen war auch auf die Feier miteingeladen worden. Sie war sehr nervös, da der Truchseß nicht gut auf sie zu sprechen gewesen war, als sie ihn zuletzt gesehen hatte.

Boromir hatte ihr ein wunderschönes hellgrünes Kleid anfertigen lassen und Schmuck gekauft.

Am Mittsommerabend sollte die Feier stattfinden. Aufgeregt saß Gwen in ihrem Gemach in der Zitadelle und ließ sich von einer Zofe frisieren.

Plötzlich klopfe es an der Tür und eine ältere Frau in schlichter Kleidung trat ein, um frische Handtücher zu bringen.

„Legt sie da auf der Kommode ab", sagte Gwen freundlich.

„In Ordnung, Herrin", sagte eine bekannte Stimme zu Gwen.

Die junge Frau drehte sich erschrocken um und betrachtete die alte Bedienstete näher.

„Frau Javaleth, Ihr seid das?"

Die Frau senkte den Kopf.

„Ja ich bin es. Ich habe es nicht verdient, länger zu Gondors Adel gezählt zu werden. Durch meine Schuld musstet Ihr Minas Tirith verlassen. Und jetzt habt Ihr auch noch Euer Kind verloren. Es ist irgendwie alles meine Schuld."

„Naja, ich war diejenige, die den Inhalt des Nachttopfes auf Euch goß", meinte Gwen verlegen und musste plötzlich lachen.

Javaleth lachte mit.

„Ich werde mit Boromir reden", sagte die junge Rohirrim-Frau schließlich. „Ihr sollt Eueren Adelsstand wiederbekommen."

Die alte Frau verneigte sich tief.

„Ich danke Euch für Euere Güte, Herrin."

§

Die Feier fand in der großen Halle der Zitadelle statt. Alle Gäste waren in kostbare Gewänder gekleidet und jeder war eine prächtige Erscheinung für sich. Doch Gwen hatte nur Augen für Boromir und dieser nur Augen für sie. Er nahm sie bei der Hand und führte sie zu ihrem Platz an der Tafel: sie durfte neben ihm sitzen. Gegenüber saß Faramir und nickte ihr lächelnd zu. Schließlich kam Denethor in die Halle und alle erhoben sich von ihren Plätzen. Der Truchseß machte eine wedelnde Bewegung mit der rechten Hand und die Gäste durften sich wieder setzen. Allerlei Köstlichkeiten wurden aufgetragen. Doch bevor das Mahl begann, erhob sich Denethor und hielt eine kleine Ansprache.

„Meine lieben Gäste! Ich halte heute dieses Fest anlässlich meiner glücklichen Genesung. Ein feiger Attentäter wollte mir das Leben nehmen, doch er hat es nicht geschafft. Ich bin froh, heute unter euch sein und mit euch feiern zu können. Doch nicht nur aus diesem Grund sind wir zusammengekommen: mein ältester Sohn und Erbe hat euch auch etwas zu sagen."

Er setzte sich wieder und nun war Boromir an der Reihe aufzustehen. Er tat dies und räusperte sich kurz. Er hasste Ansprachen, und er würde sich, wie immer, kurz fassen.

„Ich möchte euch allen sagen, dass ich heiraten werde. Meine Braut wird Gwen, die Tochter von Ritter Werhold aus Rohan sein. Heute möchte ich meine Verlobung mit Gwen verkünden."

Alle Gäste klatschten begeistert und lächelten dem Paar zu.

Boromir holte ein kleines Kästchen aus seiner Robe hervor.

„Zum Zeichen meiner Liebe für Gwen und dass ich es ernst mit ihr meine, schenke ich ihr diesen Verlobungsring."

Er öffnete das Kästchen und steckte der überraschten, jungen Frau einen kostbaren Ring mit einem roten Rubin an den Finger.

„Aber Boromir!" flüsterte sie bewegt.

„Ich habe noch eine Überraschung für dich", sagte Boromir leise zu ihr und lächelte geheimnisvoll.

Er gab einen Diener einen Wink und er lief zur Tür. Dann kehrte er mit zwei Personen zurück: Ritter Werhold und Frau Éowyn aus Rohan.

Gwen war völlig perplex, als sie ihren Vater und ihre beste Freundin und Herrin sah. Werhold umarmte glücklich seine Tochter und auch Éowyn wünschte ihrer Vertrauten alles Gute. Faramir blickte wie gebannt auf die Weiße Herrin von Rohan, die er schon so lange zu sehen wünschte.

„Ich habe sie wegen dir eingeladen", raunte Boromir ihm schalkhaft zu. „Sieh zu, dass du ihr jetzt endlich den Hof machst."

Die Diener holten zwei neue Gedecke: und so kam Herr Werhold links von Gwen zu sitzen, und Éowyn genau gegenüber, neben Faramir.

„So, dann können wir endlich mit dem Festmahl beginnen, bevor alles kalt wird", meinte Denethor ungeduldig.

Es wurde ein wunderbares Fest: später am Abend spielten dann Musikanten zum Tanz auf. Boromir und Gwen beobachteten schmunzelnd, wie Faramir und Éowyn immer wieder miteinander tanzten. Auch sonst blieben sie fast den ganzen Abend zusammen.

„Vielleicht gibt es ja bald noch eine Hochzeit", meinte Gwen lächelnd und stieß Boromir sanft an.

„Wie ich meinen Bruder kenne, wird er Éowyn erst monatelang den Hof machen mit romantischen Gedichten, Liedern und Geschenken", erwiderte dieser gelangweilt. „Das mit Faramir Hochzeit wird noch dauern. Ich schätze, mindestens 5 Jahre."

„Du bist unmöglich!" sagte Gwen scherzhaft und küsste Boromir.

ENDE