Wanderlust
Ich laufe ziellos durch die Halle. Durchquere einen Gang nach dem Nächsten. Es sind noch einige Stunden bis die Show beginnt und somit bin ich bis auf die Ringcrew ziemlich allein. Ich bin dankbar, dass ich ein bisschen Zeit für mich habe, damit ich endlich den Versuch unternehmen kann meine Gedanken zu ordnen. In den letzten Tagen bin ich dieser Misere ziemlich aus dem Weg gegangen, indem ich mich von einer
Partynacht in die Nächste begeben habe, dank Randy und Dave, die mich durch die Clubs geschleppt hatten, ob ich wollte oder nicht. Ich wollte meist nicht, aber es war eine gute Entschuldigung, um allen Problemen aus den Weg gehen zu können, vor allem einer ganz bestimmter Person.
I´ve been around the world a thousand times
Seen the same places and faces and traces
I never forget, regret, reject, expect
Quenching my thirst
Complacence is curse
Vertraute Stimme, die aus einem der Umkleideräume zu mir hervordringen, veranlassen mich zum Stehenbleiben. Vor allem die Stimme, einer ganz bestimmten Person.
"Ich...ich kann dir das Alles erklären, Adam."
"Na, dann fang mal an. Ich bin gespannt, welches neues Lügennetz du dir zusammengespinnt hast."
"Es ist die Wahrheit", versucht sich Jay aus der Affäire zu ziehen.
"Du willst mir allen Ernstes weismachen, dass du nichts mit Chris-fucking-Jericho hattest? Du bist nicht wahllos mit ihm ins Bett gesprungen und hast dir von ihm nicht dein letztes bisschen Verstand rausvögeln lassen?"
"Ich...ich..."
"Heul jetzt nicht rum wie ein verdammtes, kleines Mädchen."
"Adam...ich...ich wollte das nicht!"
"Also ist es wahr? Und was heißt, du wolltest das nicht? Hat er dich gezwungen seinen Schwanz zu lutschen?"
"N...n...nein."
"Du machst mich krank! Du machst mich echt krank!"
"Adam..."
I climb from mountain to mountain
Bird on a wing
Like the wind
The song that I sing
Mein Herz bleibt stehen, als sich die ür öffnet. Ich möchte mich wegdrehen und einfach davongehen, aber meine Beine sind wie angewurzelt. Jede Kraft ist aus mir gewichen. Ich starre in das überraschte Gesicht von Tyson Tomko, dass sich sofort zu einer finsteren Miene verzieht.
"Was suchst du hier?", fragt er im Flüsterton.
Er ist sauer, aber es hat den Anschein, dass er meine Anwesenheit nicht auffliegen lassen will.
"Ich...", mache ich den kläglichen Versuch einer Erklärung, der aber von Tyson noch in der Ausführung unterbrochen wird.
"Hau ab", faucht er mich böse an. "Du hast schon genug Unheil angerichtet."
Ich bin mir sicher, dass ich weiß, was er damit meint, dennoch will ich mich verwissern: "Was meinst du damit?"
"Verpiss dich!", sagt er warnend, in einem etwas lauteren Tonfall als zuvor.
Never satisfied to stand in line
Wasting my time
It´s time to shine
Ich komme in mein Hotelzimmer, der Abend war die Hölle. Ich hatte ein Match gegen Adam und ich dachte er würde mich in diesem Ring umbringen. Er hat mich so hart rangenommen, dass mein Körper noch mehr als gewöhnlich schmerzt.
Ich will nur noch in mein Bett, aber der Gedanke an mitgehörte Gespräch zwischen Adam und Jay geht mir einfach nicht aus den Kopf.
Bereut Jay unsere gemeinsame Nacht? Wie konnte Adam davon erfahren?
I just can´t get away from yesterday
But I keep on living the wanderer´s way
And over and I stard anew
But I can´t escape the thoughts of you
Die Ungewissheit macht mich wahnsinnig. Ich greife nach meinem Handy und wähle Jay´s Nummer. Die Mailbox meldet sich. Zuerst möchte ich einfach frustriert auflegen, aber im letzten Moment überlege ich es mir doch anders, räuspere mich kurz und spreche in den Hörer: "Jay? Hier ist Chris. Ich wollte mit dir reden...aber du schläfst sicher schon. Ich weiß, es ist spät, aber...ich muss viel an dich denken."
Ich schüttelte den Kopf und schalte mein Handy aus. Das ist doch einfach lächerlich! Was erwarte ich von ihm?
I tried play your game a thousand times
And I let it infect and fefect and affect
My clarity, my charity, my destiny
Sold out who I was
And what I could be
Irgendwann muss ich eingeschlafen sein, denn durch ein leises Klopfen an der Tür wurde ich geweckt. Zuerst dachte ich, dass ich nur geträumt habe, aber erneutes Klopfen macht mir die Realität bewusst. Ich steige aus dem Bett und wandele noch im Halbschlaf zur Tür. Ich öffne sie und da steht Jay vor mir. Nun war ich mir wirklich nicht mehr sicher, ob ich wach war oder doch nur träumte.
"Hey!", wirft er einfach so in den Raum.
Ich bin verwirrt und unsicher. Und das liegt sicher nicht nur daran, dass es zwei Uhr morgens ist.
"Jay." Mehr kann ich nicht sagen.
Mein Augenmerk richtet sich auf ein Veilchen, dass Jay´s hinreißende Augen verunstaltete.
"Was ist passiert?", frage ich, obwohl ich es mir denken kann, nach dem mitgehörten Gespräch vom Vormittag.
Jay schluckt: "Kann ich reinkommen?"
"Klar", entspringt es meiner Kehle kläglich und ich gehe ein Stück zur Seite, um Jay Einlass zu gebieten.
Er tritt den Raum, ich spüre, dass er leicht nervös ist und sich unwohl fühlt.
"Ich...ich hab deine Nachricht gehört."
"Hast du?", frage ich dümmlich.
Er nickt: "Ja."
Ich streiche mir durch die Haare, weil ich nicht weiß, was ich sagen soll. Was habe ich mir nur dabei gedacht?
I drift from moment to moment
Looking for serenity
A place to stand
A home for me
In a world that´s fueling insanity
"Kann ich bei dir schlafen?", überrumpelt mich Jay mit einer Frage, mit der ich gar nicht gerechnet hatte.
"Äh, ja sicher, wenn du willst."
"Danke."
"Aber...aber was ist mit Adam?"
Beim Klang des Namens zuckt Jay zusammen.
"Er schläft", sagt er nach einer kurzen, peinlichen Pause.
"Er wird merken, dass du nicht da bist."
"Er schläft, er merkt nichts", erwidert Jay trocken.
"Bist du dir sicher?", frage ich besorgt. "Ich will nicht, dass..."
"Du willst nicht das was? Das er mich wieder bestraft?"
Bei Jay´s Direktheit bleiben mir die Worte weg. Meine Kehle ist trocken.
"Es tut mir leid. Ich wollte das nicht."
Er lächelt mich bitter an: "Das ist nicht deine Schuld. Ich hätte es besser wissen müssen. Ich hätte mich nicht hinreißen lassen dürfen."
Nun bereut er also unsere gemeinsame Nacht. Oder hat er die ganze Zeit über nur mit mir gespielt? Ist das alles nur ein verdammtes Spiel? Wie konnte ich glauben, dass aus Freinden Liebhaber werden können? Aber andererseits, wie konnte er wissen, dass ich den Streit mit Adam mitbekommen würde? Wieso das blaue Auge?
Ich werde aus meinen Gedanken gerissen, als Jay seine Lippen zärtlich auf meine drückt. All meine Bedenken sind auf einen Schlag verschwunden. Ich kann nicht anders als mich ihm, meinem geliebten Feind, hinzugegeben.
Never satisfied to stand in line
Wasting my time
It´s my time to shine
Jay scheint Adam unterlegen zu sein, aber ohne Zweifel muss ich zugeben, dass ich Jay unterlegen bin...
