Es tut mir unglaublich leid! Ich bin normalerweise zuverlässiger aber es war so unglaublich viel los hier, bitte entschuldigt die lange Wartezeit, es wird nicht mehr vorkommen. Dafür wünsch ich euch nun viel Spaß mit den letzten Kapiteln und danke allen fleißigen Review Schreibern -


Dritte Sequenz - Einsamkeit

Nach einer Weile beruhigte sich Inu Yasha ein wenig, sein Schluchzen ging in Schluckauf über und er begann zu schniefen. Seine Mutter nahm einen Ärmel ihres Kimonos und wischte ihm das Blut vom Gesicht.

"Nein Mutter, nicht, du ruinierst dein Gewand!", versuchte er sie abzuhalten.

"Das macht jetzt auch nichts mehr."

"Aber -"

"Kein Aber. Erzähl mir lieber, was sich wirklich zugetragen hat."

Schweigend blickte er an ihr vorbei auf einen Baum und zog es vor, den Mund zu halten. Die Stille zwischen ihnen wurde nur durch sein leises gelegentliches Hicksen unterbrochen. Seine Mutter streckte die Hand aus und berührte sein Haar.

"Na?" In ihrer Stimme schwang so viel aufmunternde Zärtlichkeit mit, dass sein Widerstand augenblicklich dahinschmolz. Unsicher betrachtete er ihr ruhiges Gesicht.

"Wird Tono Takeo überleben?"

"Nach dem, was mir der Arzt noch sagen konnte, ja. Es wird zwar lange dauern, bis er vollständig genesen ist und er wird schlimme Narben zurückbehalten, aber er wird überleben."

Inu Yasha atmete erleichtert aus, bevor er zu erzählen begann. Während er ihr berichtete, was im Wald geschehen war, wurde ihr Gesicht immer ernster, und nachdem er geendet hatte, hatte es einen zutiefst betroffenen Ausdruck angenommen. Natürlich entging ihm das nicht.

"Mutter?", fragte er zögernd.

"Ich hatte gehofft, wenigstens sie würden sich weiser verhalten.", murmelte sie, doch es schien, als ob sie mit einer anderen Person spräche. "Wenn mein Bruder nur bei Bewusstsein - wenn sie nur nicht so voller Vorurteile -" Sie beendete den Satz nicht, sondern barg ihr Gesicht in den Händen. Hilflos umarmte Inu Yasha sie.

"Oh, mein Schatz..." Sie drückte ihn ebenfalls an sich. "Es tut mir so leid für dich. Du warst unglaublich tapfer und ich bin sehr stolz auf dich - Ich liebe dich so sehr - Ich wünschte, ich hätte es verhindern können. Mein kleiner Inu-chan..."

"Aber wenn du zurückgehst kannst du ihnen doch erklären, wie es wirklich war, dir glauben sie bestimmt." Noch während er das sagte, wurde ihm als er in ihre Augen blickte bewusst, dass es nicht dazu kommen würde.

"Du wirst nicht...", meinte er mit erlahmender Stimme.

Sie schüttelte leicht den Kopf.

"Ich kann nicht. Ich werde niemals wieder in das Schloss zurückkehren können."

Es dauerte eine Weile, bis er die Bedeutung des Satzes in ihrer vollen Tragweite erfasste.

"Du meinst..."

"Ich wurde verbannt."

Es verschlug ihm die Sprache, so wütend war er im ersten Moment darüber.

"Aber - sie dürfen nicht... Das geht nicht - WIE KONNTEN SIE ES WAGEN?"

"Sie befürchteten wohl, dass ich mich rächen oder dir helfen würde. Vielleicht auch, dass du wegen mir einen Grund hättest, ins Schloss zurückzukehren. Weißt du, obwohl sie es nie zugeben würden, sie fürchten dich. Das heißt, das Youkaiblut, das durch deine Adern fließt, du stammst schließlich vom großen Hundedämon des Westens ab. Sie fürchten die Kräfte, die du haben könntest. Du bist nicht wie sie. Menschen haben Angst vor dem Unbekannten und Andersartigen."

In dieser Nacht spürte Inu Yasha zum ersten Mal jene ohnmächtige Wut, die sich gegen alles und jeden zu wenden schien, dabei zerstörerisch wie ein tobender Herbststurm.. Es war ein tiefer und unnachgiebiger Zorn, geboren aus einem Gefühl der Hilflosigkeit. Er kam sich wehrlos ausgeliefert vor, unfähig, etwas zu ändern. Als wenn er mit bloßen Händen auf eine Felswand losging. Er fühlte sich so schwach.

"Denk nicht darüber nach.", lenkte ihn seine Mutter ab, die die aufkommenden Gefühle von seinem Gesicht ablesen konnte. "Komm, du musst von dem anstrengenden Tag erschöpft sein, lege deinen Kopf auf meinen Schoß und schlafe ein wenig."

Bei ihrer beruhigenden Stimme merkte er, wie müde er in der Tat war. Sein ganzer Körper schmerzte und er fühlte sich völlig zerschlagen. Erschöpft folgte er ihrer Aufforderung und fühlte sich bald von ihrer liebevollen Wärme geborgen. Während sie ihm eine sanfte Melodie vorsummte, glitt er in einen traumlosen Schlaf hinüber und vergaß wenigstens für eine kurze Zeit die Schrecken des Tages.


Am nächsten Morgen ging es Inu Yashas Mutter gar nicht gut. Ihr ohnehin schon blasse Haut verfärbte sich aschfahl und unter ihren Augen lagen dunkle Schatten. Inu Yasha war zutiefst um ihre Gesundheit besorgt, er gab ihr seinen Suikan (Das heißt doch so?) und versuchte ein Feuer zu entzünden, um ihr Wärme zu verschaffen. Trotz des eigentlich milden Tages schien sie zu frieren.

"Verdammt...", fluchte Inu Yasha leise nachdem ihm der Funke schon wieder verglüht war und den Zunder nicht entflammt hatte. Er plagte sich seit geraumer Zeit mit diesem Feuer herum, aber es wollte ihm einfach nicht gelingen, es zu entfachen. Er hatte keinerlei Erfahrung mit Lagerfeuern und langsam wurde er unruhig, da er bemerkte, dass es seiner Mutter von Stunde zu Stunde schlechter ging. Sie hatte seit er aufgewacht war kaum ein Wort gesprochen, nur manchmal heftig gehustet.

Vielleicht ist ja das Holz zu feucht, überlegte er und beschloss, noch mal in den Wald zu gehen um neues zu sammeln. Bei der Gelegenheit konnte er auch etwas Essbares besorgen, er fühlte sich schon ganz flau vor Hunger und seine Mutter hatte seit gestern wahrscheinlich ebenfalls nichts gegessen.

Außerdem war jede Beschäftigung besser, als sich hier mit unnützen Versuchen herumzuplagen und damit sinnlos Zeit zu vergeuden.

Deshalb sprang er kurz darauf, nachdem er seiner Mutter Bescheid gegeben hatte, in den Wald davon. Nach einer Weile kehrte er mit einem Stapel dürren Ästen unter dem Arm und einer mageren Ausbeute an Nüssen, Beeren und Pilzen, von denen er dachte, dass sie genießbar wären, zu ihr zurück.

Diesmal schaffte er es. Der Funke sprang über, der Zunder entzündete sich und die Flamme fraß sich knisternd durch das Geäst. Es dauerte nicht lange und eine angenehme Wärme breitete sich aus, dennoch stellte sich keine Besserung bei seiner Mutter ein. Besorgt betrachtete er ihr eingefallenes Gesicht, das ihm plötzlich so fremd vorkam. Sie schien um Jahre gealtert. Ihre feinen Züge entstellten sich wenn sie von einem Hustenanfall geschüttelt wurde oder sich zusammenkrümmte, als hätte sie starke Schmerzen. Die vorher kaum vorhandenen Linien um ihren Mund hatten sich tief in die Haut eingegraben und um ihre Augen konnte er zahlreiche Sorgenfalten erkennen, die ihm vorher nie aufgefallen waren. Ihr Gesicht wirkte vom Leben gezeichnet und merkwürdig verhärmt.

Inu Yasha versuchte sie zum Essen zu bewegen, doch sie nahm nur ein paar Bissen zu sich, bevor sie meinte sie wäre satt und ihm den größten Teil überließ. Doch da brachte er kaum noch etwas hinunter.

Am Tag darauf bekam sie Fieber. Ihre Stirn glühte regelrecht und sie begann zu schwitzen. Um sie vor der Kühle des Waldbodens zu schützen, häufte ihr Inu Yasha ein Bett aus Blättern auf, trotzdem war er sich bewusst, dass das nur eine schwache Hilfe war.

Trotz seiner Bemühungen besserte sich ihr Zustand nicht, im Gegenteil, es wurde nur noch schlimmer.


"Es war entsetzlich... Egal was ich tat, es ging ihr immer schlechter: Die Nahrung, die ich ihr brachte konnte sie schon bald nicht mehr zu sich nehmen."

Mittlerweile saß Inu Yasha nicht mehr am Boden, sondern ging vor Kagome, die am Boden kniete, aufgewühlt auf und ab.

"Ich weiß nicht, wie lange wir in dem Wald waren - einen Tag oder mehrere? - aber je länger es dauerte, desto mehr fühlte ich, wie ihr Leben immer mehr schwand, wie es sie verließ... Und ich konnte nichts dagegen unternehmen, ihr Leben zerrann mir zwischen den Fingern, ich konnte sie nicht halten... ich war nicht stark genug. Einen Arzt konnte ich nicht auftreiben, der einzig fähige Mann lebte im Anwesen meines Onkels." Der Schmerz und die Verzweiflung, die sich während er sprach auf seinem Gesicht spiegelten, berührten Kagome sehr.

Man könnte meinen, er durchlebt alles noch einmal, dachte sich bei sich und beobachtete seine unruhigen und fahrigen Bewegungen.

Inu Yasha hielt inne und seine Stimme klang seltsam tonlos und wie weit entfernt, als er sprach.

"Dann - dann ging sie... Ich denke, sie starb an gebrochenem Herzen. Sie starb in meinen Armen..."


Tränen liefen in Strömen über das Gesicht des Jungen, der den Oberkörper seiner Mutter fest umklammert hielt und sich vor und zurück wiegte. Er spürte ein heftiges Würgen in der Kehle, als ob die Empfindungen, die in ihm kämpften, mit aller Macht noch oben strebten.

Es tat so weh, so weh...

Grausam schnitt ihm der Schmerz in die Brust, er fühlte seine seelische Qual beinahe körperlich.

Alles tat so weh...

Bis jetzt hatte er völlig lautlos geweint und nur den toten Körper im Takt seines eigenen Herzschlages gewiegt. Die Trauer und der Schmerz des Verlustes überwältigten ihn und sein Bewusstsein ging darin unter. Er fühlte sich unfähig, dieser Gewalt etwas entgegenzusetzen. Sein Wille war ihm verloren gegangen, mit seiner Mutter gestorben.

Fort.

Der Junge schrie, und sein Klagelaut gellte durch die Hallen des Waldes, brach sich an den Stämmen der Bäume und war noch weithin als Echo vernehmbar. Es lag so viel Leid und Fassungslosigkeit darin, dass die Stille, die nach verklingen des Tones folgte, den Wald wie eine lastende Decke zu erdrücken schien. Der Wald selbst trauerte mit ihm.

Später konnte er nie genau sagen, wie lange er auf der Lichtung gesessen und in bitterem Stöhnen geweint hatte, wie er es nie wieder tun würde. Als sein Schluchzen verebbte, sein Zittern nachließ, geschah das nur, weil er keine Kraft mehr zum Weinen aufbrachte. Er fühlte sich innerlich hohl. Als ob mit den vergossenen Tränen auch ein Teil seiner selbst ausgewaschen worden wäre, an dessen Platz nur dunkle Leere zurückgeblieben war. Seine Augen wirkten leblos, er saß auf dem Waldboden wie eine leere Hülle, ein Schatten seiner selbst.

So war er leichte Beute für die ungeheure Wut und den Hass, die ihn überkamen und ihn blind für alles andere machten, ihn sich selbst vergessen ließen.

Er wusste, wer dafür verantwortlich war.


"Von da an war ich wie von Sinnen... ich begrub meine Mutter auf der Lichtung, bestreute ihr Grab mit Blumen, weil ich keine anderen Gaben für sie hatte. Die nächsten Wochen streunte ich durch den Wald, ernährte mich von dem, was ich gerade fand oder im Dorf stehlen konnte - schlief, wo sich Platz ergab. Meistens schlich ich lauernd um das Schloss herum. Ich weiß nicht mehr, was genau ich beabsichtigte, aber ich warf Steine durch Fenster und Türen, stahl ihr Essen, verschreckte die Pferde oder randalierte nachts. Meine Angriffe hatten kein Prinzip, keinen richtigen Sinn, ich wollte es ihnen einfach nur heimzahlen. Wer weiß, vielleicht hätte ich sogar einen von ihnen getötet, wenn ich ihm allein begegnet wäre, so verwirrt war ich... Doch sie waren immer zu zweit, weil sie mich fürchteten. Sobald sie mich sahen, schossen sie auf mich und die Wächter des Schlosses wurden in der Nacht verdoppelt. Das ging so lange, bis Fürst Takeo sich wieder einigermaßen erholt hatte. Als er erfuhr, was geschehen war, und dass seine Schwester aus dem Schloss verbannt und seitdem nicht mehr gesehen worden war, rastete er aus. Er bestrafte die Verantwortlichen und verbot den Wachen, auf mich zu schießen. Er versuchte sogar mit mir zu reden und mich wieder im Wohnsitz aufzunehmen, aber ich - ich war durch die Wochen im Wald zu sehr verwildert, spuckte vor seine Füße und rannte knurrend weg...
Dennoch bewirkten seine Worte etwas bei mir, ich fand langsam zu mir selbst zurück. Mein Verstand fing wieder an zu arbeiten, ich erkannte, dass ich hier nichts ausrichten konnte und beschloss, die Gegend um das Gut zu verlassen. Ich hielt es nicht länger aus, die Wunden waren einfach zu frisch, die Umgebung voller Erinnerungen..."

Inu Yasha stand nun vor Kagome und sah ihr direkt in die Augen.

"Verstehst du jetzt, warum ich - warum sich nichts geändert hat? Was soll ich denn - Keh", unterbrach er sich plötzlich selbst, als ob ihm bewusst geworden wäre, dass er zu viel gesagt hatte, "hat doch sowieso keinen Sinn, die ändern sich nie. Verfluchte Menschen" Sein Gesicht verfinsterte sich.

"Ich gehöre zufällig auch zu den verfluchten Menschen ", sagte Kagome. Ihr war klar, dass er sich wieder zurückzuziehen begann. Aber sie würde nicht zulassen, dass er sich wieder in seine Schale einkapselte. Nicht, wo er sich ihr schon so weit geöffnet hatte.

"Oh", er schien wirklich erschrocken, "Du natürlich nicht, so war das nicht ge -"

"Und Sango? Und Miroku? Und was ist mit den Menschen aus Musashi?" Energisch trat sie einen Schritt auf ihn zu. "Du kannst nichts an dem ändern, was passiert ist - oder daran, dass es wahrscheinlich wieder geschehen wird - aber", ihr schien eine Idee gekommen zu sein, "du kannst jetzt etwas tun."

"Was?", fragte er irritiert und bemerkte an ihren erwartungsvollen Gesichtsausdruck, dass sie ihm etwas zu sagen versuchte.