Sie zog Nora mit sich in den Laden. Dort kaufte sie Stoff, Vorräte und alles, was ihr sonst noch wichtig vorkam.
„Was hast du vor?" fragte Nora, als beide voll bepackt nach Hause gingen.
„Wir werden abreisen! Ich kann nicht mit meiner Schwester in der gleichen Stadt leben. Ich würde sie immer sehen und treffen. Deshalb werden wir abreisen, noch nicht morgen, aber wenn alle Vorkehrungen getroffen wurden!" sagte Ada und blieb kurz stehen. Obwohl ihr Bein gut verheilte, trug sie noch eine Holzschiene, um ihr Schienbein zu schonen. Sie hatte Schmerzen und mahnte zur Eile. Es wurde bereits dunkel und sie hatten noch ein kleines Stück vor sich.
Andrew und Colleen hatten sich nach ihrer Hochzeit ein kleines Haus, am Rande der Stadt gekauft.
Man war unter sich, doch kam schnell in die Stadt.
„Wo wollen wir denn hin?" fragte Nora, die einige Meter hinter Ada zurückgeblieben war.
Diese blieb stehen und wartete auf sie.
„Ich weiß nicht. warst du schon einmal in New York?"
„Nein, bevor wir nach Colorado Springs kamen, kannte ich noch nicht einmal diese Stadt."
„New York ist eine sehr schöne Stadt. Sie ist so groß, daß du Tage brauchst, um dir alles anzusehen und Wochen, um dich heimisch zu fühlen."
„Wer will nach New York?" fragte Andrew, der plötzlich auf der Veranda aufgetaucht war und den Rest der Unterhaltung mit angehört hatte.
„Wir werden weggehen, doch wohin wissen wir noch nicht!" sagte Ada und ging an ihm vorbei ins Haus.
Er folgte ihr und nahm ihr die Einkäufe ab.
„Ihr seid hier herzlich willkommen, Ada. Das Haus ist groß genug für uns alle und wir werden Hilfe brauchen, wenn unser Baby da ist."
„Das ist sehr nett, Andrew, aber wir werden abreisen!" sagte Ada und setzte sich erschöpft auf einen Küchenstuhl.
Andrew legte die Sachen auf den Tisch und nahm auch Nora ihre Einkäufe ab.
Diese verschwand sofort nach oben, weil sie die Einkäufe nicht wegräumen wollte.
„Wie geht es dir?" fragte Andrew und goß sich beiden ein Glas Wasser ein.
„Gut!" sagte Ada und klopfte auf die Holzschiene an ihrem Bein. „So gut, wie es einem damit gehen kann!"
„Nein, ich meine nicht körperlich. Wenn du finanzielle Probleme hast, dann können wir dir sicher helfen!" sagte er, doch Ada stand auf und räumte geschäftig die Sachen zur Seite.
„Ich brauche keine Hilfe. Andrew, ich bin immer gut alleine zurecht gekommen und so wird es auch bleiben."
„Ja, aber jetzt bist du nicht mehr alleine. Bleib eine Weile hier. Es wird dir und Nora guttun eine Zeitlang in einer bekannten Umgebung zu wohnen."
„Es ist meine Schwester. Sie wird hierbleiben und deshalb müssen wir gehen!"
„Haben Sie auch wirklich alles versucht?" fragte Dr. Quinn Ada.
„Ja", antwortete diese etwas genervt. Dr. Quinn fragte sie nun schon zum dritten Mal, ob Ada nicht noch einmal mit Eve reden wollte. Immerhin hätte man sie aus dieser Arbeit befreien können.
„Meinen Sie wirklich, daß man nicht mit Eve reden kann?"
„Dr. Quinn, mit allem Respekt. Ich bin der Meinung, daß jeder sein Leben so gestalten soll, wie er für richtig hält und Eve hat sich nun entschieden und damit müssen Sie leben und ich erst recht!"
Dr. Quinn sah Ada an, als hätte sie ihr eine schallende Ohrfeige verpaßt. Ada packte weiter ihre Koffer. Sie wollte nicht fortgehen. Es gefiel ihr in Colorado Springs, doch mit Eve hatte sie sich noch nie verstanden, deshalb mußte sie gehen und diesmal verließ sie die Stadt nicht alleine.
„Und meinen Sie, Eve würde sich alles überlegen, wenn ich mit ihr reden würde?"
„Nein, Dr. Quinn! Eve ist ein Sturkopf. Auch wenn sie einsieht, daß andere Recht haben, beharrt sie auf ihrem Standpunkt. Die Entscheidung muß ganz allein von ihr kommen." Ada drängte sich an der Ärztin vorbei und schleppte den Koffer in die Küche.
Dr. Quinn folgte ihr, sagte jedoch nichts mehr.
„Wir werden euch schreiben, ganz sicher!" verabschiedete sich Ada von ihrer Freundin. Sie umarmte Colleen, Andrew, Dr. Quinn und Sully, ehe sie gespannt mit Nora an der einen und einen großen Koffer in der anderen Hand auf den Zug wartete.
Mit lautem Zischen und Dampfen fuhr er in den Bahnhof ein und Ada fragte sich, wieso sie vor ein paar Wochen nicht diese angenehme Art zu Reisen bevorzugt hatte.
Seit ihrem Streit hatte Ada Eve nicht mehr gesehen, obwohl sie sich gewünscht hatte, daß ihre Schwester noch einmal kommen würde.
Nora sprang, als der Zug angehalten hatte, sofort auf das Trittbrett und zog Ada hinter sich her.
Diese drehte sich noch einmal um und sah ihre Schwester die Straße entlang kommen.
Ada ließ Noras Hand los und ging langsam durch die wartenden Fahrgäste auf ihre Schwester zu.
Eve trug ein Reisekleid und in der Hand einen gepackten Koffer.
„Hallo Ada."
„Hallo Eve."
„Ich würde dich gerne um einen Gefallen bitten. Es wird der Letzte sein", sagte Eve.
„Du kannst die Karten haben!" erwiderte Ada, die genau wußte, was ihre Schwester wollte. „Es sind zwei Karten nach New York. Die eine kannst du verkaufen, dann hast du noch etwas Geld für deinen Neuanfang!"
Eves Augen füllten sich mit Tränen.
„Wie hab ich das nur verdient?" fragte sie und nahm ihre kleine Schwester in den Arm.
„Wir sind eben Schwestern und Blut ist dicker als Wasser!" sagte Ada und ging gemeinsam mit Eve zum Bahnhof.
Der Schaffner wartete schon auf sie, nahm Eve den Koffer ab und half ihr einsteigen.
Nora sprang mit einem Jauchzer vom Zug und lief zu Ada.
„Bleiben wir jetzt doch hier?" fragte sie und strahlte über das ganze Gesicht.
„Ja", sagte Ada und winkte der abfahrenden Eve hinterher, bis der Zug nicht mehr zu sehen war.
Gemeinsam gingen sie die Straße entlang.
„Jetzt müssen wir nur noch einen Mann für dich finden", sagte Nora und sah ihre Mutter an.
Ada blieb abrupt stehen und runzelte die Stirn.
„Wenn ich in deinem Alter so mit meiner Mutter geredet hätte, hätte ich Stubenarrest bekommen!" sagte sie gespielt böse, doch Nora zwinkerte ihr nur zu.
„Ich bin verzogen, wußtest du das nicht?" rief sie lachend und lief voraus.
Ada sah ihr hinterher. Sie wußte, hier würde sie bleiben, bei ihren Freunden, ihrer kleinen Familie und in sicherer Entfernung zu ihrer Schwester.
Colleen kam und hakte sich bei ihr ein.
„Ich finde, Nora hat recht", sagte sie und sah sich um. „Was wäre mit dem da?" fragte sie und zeigte unauffällig auf einen jungen Mann, der aus dem Zug gestiegen war und nun nicht genau wußte, wohin er sollte.
„Colleen!" sagte Ada entrüstet. „Wenigstens von dir hätte ich mir mehr Respekt erhofft!"
Sie sah sich noch einmal um, doch der Mann war wie vom Erdboden verschwunden. Ada ertappte sich dabei, wie sie gehofft hatte, ihn noch einmal sehen zu können.
Doch vielleicht würde sie ihm eines Tages in diesem kleinen Ort über den Weg laufen.
Jedenfalls hoffte sie es.
Ich hoffe, es hat euch gefallen! Dies war meine erste Dr. Quinn fanfiktion und ich hoffe, daß ganz viele Reviews kommen werden, denn ich überlege, ob ich noch einen zweiten Teil schreiben soll.
Danke fürs Lesen, eure Heather.
