Ella: Jaa, immer doch ;-) Danke für das Review!


Die Vögel

Erschöpft wie selten zuvor, erlaubte Elladan sich ein erleichtertes Seufzen, als sie lange Tage später endlich die Wälder Ithiliens erreichten. Er unternahm den ziemlich hoffnungslosen Versuch, zu Legolas aufzuschließen, begnügte sich schließlich jedoch damit, neben Tuilinn herzureiten, der nicht minder ausgelaugt wirkte. Die beiden warfen sich einen vielsagenden Blick zu. Auf einer kleinen Lichtung zügelte Legolas völlig unerwartet sein Pferd und wandte sich zu den beiden um.

„Ich werde voraus reiten", meinte er nur. Ohne eine Antwort abzuwarten, trieb er Sinye in den Galopp und verschwand zwischen den Bäumen, nur ein Schatten in der grauen, wenn auch sternhellen Morgendämmerung.

Elladan und Tuilinn blickten sich wiederum an und ließen ihre Pferde dann in eine langsamere Gangart fallen.

„Was für ein Ritt...", murmelte Tuilinn kopfschüttelnd und strich seinem Tier über den schweißnassen Hals.

„Bereust du es, mitgekommen zu sein?" fragte der Zwilling amüsiert, die Antwort schon kennend.

„Nein, durchaus nicht, trotz der Strapazen. Obwohl uns weder Orks noch anderes Gesindel begegnet sind, verschafft es mir dennoch Erleichterung zu wissen, dass die Reise sicher verlaufen ist", entgegnete er ernst.

„Mir ebenfalls", stimmte Elladan zu. „Lass uns eine kurze Rast machen und dann rasch weiterreiten. Wir werden kaum mehr einen halben Tag brauchen, schätze ich. Mir ist es ein Rätsel, warum Legolas es so eilig hat."

Dieser ritt in der Zwischenzeit so schnell es ging altvertraute Wege entlang, kaum zu erkennen für jemanden, der sich hier nicht auskannte. Doch Legolas hatte lange hier gelebt, ein blühendes Reich errichtet – er hätte sich mit verbundenen Augen zurecht gefunden. Während Sinye sicher über Hügel und durch Bäche sprang, wanderten seine Gedanken abermals zu den Zwillingen, wie schon vor seiner Abreise. Ihm trat Elladans müder Gesichtausdruck vor Augen, Elrohir, wütend über seine Verletzung, die ihm vom Mitreiten abhielt. Ähnliche Gedanken wie damals schlichen sich in seinen Geist.

Erst, als die Sonne langsam ihren höchsten Stand erreichte und die Grenzen Ithiliens in Sicht kamen, riss er sich aus seinen Gedanken. Aufmerksam näherte er sich den Bäumen, wo seines Wissens nach die Wächter postiert waren.

„Tirithion", rief er dann, als ein Gefühl ihm sagte, dass jemand in der Nähe war.

Irgendwo über ihm raschelten einige Blätter. Legolas sprang von Sinyes Rücken, strich ihr beruhigend über die Nase. „Was hast du denn?" fragte er leise, als sie dennoch umher tänzelte und die Ohren hektisch in verschiedene Richtungen drehte. „Was..."

Er stockte, als mit einem lauten Schrei ein Adler aus dem Geäst hervorbrach und sich mit wenigen Flügelschlägen in den Himmel erhob. Verwundert blickte er ihm hinterher, bis selbst sein Elbenauge ihn kaum mehr ausmachen konnte. „Seltsam", murmelte er, ergriff Sinyes Zügel und ging zu Fuß weiter. Eigentlich hätte er längst die Wächter der Grenze treffen müssen; er glaubte kaum, dass sie ihn zum einen ohne eine Begrüßung passieren lassen würden und dass er sie zum anderen nicht bemerkt hätte. Immer noch meinte er zu spüren, dass er nicht alleine hier war. Obwohl der Wald lichtdurchflutet und freundlich wie eh und je wirkte, machte sich Unbehagen in ihm breit. Rasch schwang er sich wieder in den Sattel und ritt los, zu den Bäumen, auf denen die Wächter lebten, wenn sie nicht gerade die Grenze behüteten. Zumindest die Ablöse würde er dort antreffen müssen.

Auf dem Weg dorthin wurde Sinye zusehends nervöser, denn immer mehr Vögel flogen lautstark zwischen den Bäumen umher, ein riesiger Schwarm anscheinend, hauptsächlich Raben, aber auch einige Adler und kleine Singvögel. Vergeblich versuchte Legolas, sie zu beruhigen. So dauerte es länger als angenommen, bis er eine kleine Baumgruppe in der Ferne entdeckte, in die mehrere Telain gebaut waren.

„Halt! Wer seid Ihr?" ertönte plötzlich eine Stimme aus einem Baum vor ihm.

„Gegenfrage, Estelril: Wo ist Tirithion?" erwiderte Legolas ruhig, nur wenig empört darüber, dass die Elben ihn nicht erkannten. Er wusste, dass er nicht unbedingt das Bild eines Königs abgab, so wie er unterwegs war, in dem mittlerweile abgetragenen lórischen Mantel auf einem Pferd aus menschlicher Zucht.

Leises Geraschel war zu hören, das Geräusch von Schritten auf Ästen, kurze Stille. Schließlich sprangen, nicht weit von ihm entfernt, einige Elben auf den Waldboden hinab. Sie verneigten sich tief. „Verzeiht, Herr, wir dachten...", begann Estelril.

„Das bemerkte ich", unterbrach Legolas ihn mit einem feinen Lächeln auf dem Gesicht. „Wo ist Tirithion?", wiederholte er dann seine Frage.

Verwundert sah Estelril ihn an, wechselte einen Blick mit seinen Gefährten. Ratlosigkeit stand auf ihren Gesichtern. „Seid Ihr ihm nicht begegnet?"

„Nein, an der Grenze ist niemand", erklärte er stirnrunzelnd.

Estelril winkte jemandem, ihm ein Pferd zu bringen. „Wenn Ihr erlaubt, ich werde nach ihnen suchen..."

Legolas nickte. „Ich werde mitkommen. Doch die Grenze sollte nicht unbewacht bleiben, schicke einige Leute dorthin", wies er den Elben noch an, bevor er in Sinyes Sattel stieg.

Wenig später ritt er gemeinsam mit Estelril durch den Wald, immer entlang der Grenze, auf der Suche nach den verschwundenen Wächtern.

„Uns kommt jemand entgegen", bemerkte Tuilinn irgendwann.

„Grenzwächter?"

„Nein, die würden ihren Posten nicht verlassen..." Er stellte sich in die Steigbügel und schirmte mit einer Hand seine Augen vor der Sonne ab, die durch den locker bestandenen Wald schien. „Soldaten aus Ithilien..."

Elladan dachte nach. „Ich erinnere mich, dass Gildin dem Statthalter schrieb, er solle Legolas einen Trupp entgegenschicken. Das werden sie sein", sagte er langsam und blickte ebenfalls in die Richtung, aus der die Reiter kamen.

„Wahrscheinlich... was ist denn?"

Die Pferde der beiden begannen unruhig auf der Stelle zu treten. Tuilinn deutete wortlos in Richtung Himmel. Als Elladan den Blick schweifen ließ, erkannte er einen dunklen Vogelschwarm, der knapp über den Baumkronen flog und einen ziemlichen Lärm machte. „Wenn ich nicht wüsste, dass es keine Crebain sein können...", murmelte er.

„Es sind Raben", bemerkte Tuilinn. „Und... Adler..."

Sie wandten sich um, als jemand nach ihnen rief. Der Reitertrupp war herangekommen. „Seid ihr ausgeschickt worden, um Legolas entgegen zu reiten?" fragte Elladan und fügte auf bejahende Nicken hinzu: „Dann habt ihr ihn verpasst, er ist vorausgeritten... was wohl auch besser so ist, er wäre alles andere als begeistert gewesen."

Einer der Elben zuckte mit den Schultern. „Wir haben unsere Befehle", meinte er gleichgültig. „Also werden wir nun wohl umkehren", stellte er fest und bedeutete den Reitern, die Pferde zu wenden. „Wir reiten zurück nach Êldannen... falls Ihr ebenfalls dorthin wollt, können wir zusammen reiten."

„Gern." nahm Elladan das Angebot an und seufzte leise. „Legolas wird die Grenzen schon lange überschritten haben, einholen können wir ihn niemals mehr."

„Er wird bald schon Êldannen erreicht haben", stimmte Tuilinn zu.

„Solange ich mich zurück erinnern kann, ist so etwas noch niemals geschehen", überlegte Estelril gedämpft, während er neben Legolas durch den Wald ritt. „Niemals verschwand Tirithion, ohne uns vorher Bescheid zu geben. Jedenfalls nicht für lange."

Der König neben ihm brummte leise. „Einmal ist immer das erste Mal. Ich bin nur in Sorge, dass es einen Angriff gegeben haben könnte. Denn aus nichtigen Gründen hätte wohl kaum die ganze Truppe ihre Posten verlassen."

„Wohl wahr"

Schon wieder begannen die Pferde unruhig zu werden und zu scheuen. „Dort vorne scheint jemand zu sein...", murmelte Legolas und lauschte angestrengt.

„Ich höre nichts..."

„Doch, sicher, da ist jemand. Komm."

„Mir ist das absolut unerklärlich... Estelril! Was machst du denn hier?", unterbrach Tirithion sich selbst, als der Elb mit seinem Pferd am Zügel durch ein Gebüsch brach.

„Die Frage ist wohl eher, was du hier machst, Tirithion", bemerkte Legolas verstimmt und trat ebenfalls aus dem Schatten der Bäume hinaus auf die Lichtung. Unter seinem scharfen Blick zuckte der Angesprochene leicht zusammen.

„Herr... Ihr hier..." Er stockte kurz. „Wir folgten einem Vogelschwarm bis hierher, es kam uns seltsam vor..."

„So seltsam, dass du niemanden an der Grenze zurückgelassen hast?"

Verwirrt sah Tirithion ihn an. „Ich habe Aryon dort postiert gelassen", erwiderte er dann langsam.

„Mir ist niemand begegnet, weder als ich die Grenze überschritt, noch, als ich mit Estelril nach euch suchte", stellte Legolas unruhig fest. „Hast du wenigstens herausgefunden, was es mit den Vögeln auf sich hat?", fragte er anschließend.

Bedauernd schüttelte der Elb den Kopf. „Nein, ich bin ratlos, Herr. Wir sind den Vögeln bis hierher gefolgt – und plötzlich verschwanden sie in Richtung Osten. Erst dachten wir, es wären Crebain, aber..." Er brach ab und schüttelte leicht den Kopf. „Ich bin ratlos", wiederholte er und beobachtete, leicht besorgt, die Reaktion auf seine Worte. „Ich hätte die Grenze niemals unbewacht zurückgelassen..."

Mit einer Handbewegung unterbrach Legolas ihn. „Ich glaube dir ja", meinte er. „Dennoch bleiben zwei Fragen offen, nämlich was es mit den Vögeln auf sich hat und wo Aryon ist." Sein Gesicht verzog sich leicht, als er den Namen erwähnte.

Tirithion wusste, dass Legolas Aryon nicht sonderlich mochte – und auch, dass selbiger insgesamt nicht sonderlich beliebt war. Er bemerkte den schiefen Blick, mit dem er bedacht wurde. „Ich ließ ihn zurück, weil er ein guter Soldat ist, nicht, weil ich ihn nicht mag", bemerkte er.

Legolas nickte. „Ich wollte dir nichts unterstellen, Tirithion. Doch nun... schicke deine Leute zurück, wir drei werden gemeinsam weitersuchen – nach Aryon", wies er ihn an und schickte noch einen misstrauischen Blick in Richtung Osten.

Er stutzte.

TBC...

Ich bitte um Reviews... an der FF hängt mein ganzes Herzblut...