Ella: Danke für das Review! Und: Ach was, das ist nicht so schwer mit dem Reviewschreiben....

Liderphin: Nah dran, na dran.... fühl dich geknuddelt ;)


Aiwendil

Auf die erstaunten Blicke der Elben hin gluckste er leicht. „Ich hätte es mir denken können", murmelte er, während das riesige dunkle Etwas, das am Himmel aufgetaucht war, langsam zur Erde hinabschwebte und zwischen den Baumkronen versank. Er saß geschwind auf, bedeutete Tirithion und Estelril, es ihm gleichzutun und ritt los, in die Richtung, in der das Ungetüm verschwunden zu sein schien.

„Ihr wisst, wer... was... was es damit auf sich hat?", fragte Estelril stirnrunzelnd, als er ihn eingeholt hatte, erntete jedoch nur ein knappes Nicken.

„Ich ahne es", antwortete Legolas später, als sie die Lichtung beinahe erreicht hatten. „Ich hätte es mir denken können", wiederholte er leiser und ging zu Fuß weiter, durch das Unterholz. Ohne sich umzudrehen wusste er, dass Tirithion und Estelril ihm folgten, so wie sie ihm überall hin gefolgt wären ohne eine Nachfrage und ohne einen Zweifel, ob berechtigt oder nicht.

Denn Zweifel keimten langsam aber sicher auf, in ihm selbst. Ob er mit seiner Vermutung wirklich richtig lag. Denn wenn nicht, könnte das böse Folgen haben, für alle drei. Sorgen hemmten seine Schritte, ließen ihn noch vorsichtiger werden, als er ohnehin schon war, noch lautloser, schattengleich.

Dennoch wurden sie bemerkt.

Vor ihnen, auf der Lichtung, erhob sich ein Geräusch, gleich dem Scharren von spitzen Krallen auf hartem Fels, doch viel lauter als gewöhnlich. Jemand murmelte leise, beruhigende Worte... und eine Stimme erklang.

„Wer ist dort? Zeigt Euch!"

Legolas bedeutete seinen beiden Begleitern, die im Begriff waren eine harsche Antwort zu geben angesichts dieser Unverschämtheit, dass sie still sein sollten, und trat selbst noch einige Schritte weiter in Richtung der Stimme. „Sorgt Euch nicht, Aiwendil, keine lichtscheuen Wesen wagen sich noch in diesen Wald", meinte er ruhig und mit einem feinen Lächeln auf dem Gesicht. Um eine Winzigkeit zögernd trat er auf die Lichtung und fand sich beinahe Auge in Auge mit einem grauen Adler wieder – mit einem sehr großen Adler. Er schluckte, als das Tier den Kopf schief legte und ihn mit scharfem, klugen Blick ansah.

„Thôrmith."

Das imposante Tier wandte leicht den Kopf und wich schließlich ein wenig zurück, während aus seinem Schatten eine Gestalt trat – ein alter Mann mit Hut, Bart und Stab, gekleidet in braune Gewänder. Er lächelte leicht, neigte kurz den Kopf zur Begrüßung und meinte: „Ihr kennt mich?"

Legolas zuckte mit den Schultern. „Wer tut das nicht?", hielt er dagegen. „Doch sagt...", besann er sich. „Ihr habt nicht zufällig einen meiner Soldaten gesehen?"

„Ich bin niemandem begegnet, bedaure. Im Übrigen bin ich mir sicher, dass Thôrmith jeden in der Umgebung bemerkt hätte, wie Euch ja auch... darf ich nun vielleicht erfahren, mit wem ich das Vergnügen habe?"

„Verzeiht", bat Legolas und bedeutete seinen Begleitern, ruhig zu sein, bevor er sich knapp vorstellte. „Wir bemerken einen großen Schwarm Raben... das machte uns misstrauisch, besonders, da Aryon gleichzeitig verschwand", legte er die Situation dar, was den alten Mann offenbar überraschte.

Er legte den Kopf schief und musterte den Elben vor sich. „Ihr scheint großes Vertrauen in mich zu haben, da Ihr mir dies erzählt – obwohl wir uns niemals begegnet sind...", stellte er fest. In seiner Stimme schwang eine Mischung aus Argwohn und leiser Freude über so viel Zutrauen mit.

Der Elb sah ihn einen Augenblick lang still an. Der alte Mann konnte den Ausdruck in seinen Augen nicht so recht deuten – ein winziger Funke brannte darin, lang vergangene, unvergessene Erinnerungen, Freude, Wehmut. „Die meisten der großen Weisen haben Mittelerde verlassen", antwortete er schließlich. „Es freut mich, noch jemanden wie Euch zu treffen, denn ich habe es niemals bereut, einen Istar zu kennen... so gut wie niemals", korrigierte er sich bei dem Gedanken an Saruman und dessen Verrat selbst.

Sein Gegenüber stutzte kurz, fragte aber nicht weiter, was mit den letzten Worten gemeint war, sondern schmunzelte nur.

Bald darauf schritten Legolas und der Mann, den er Aiwendil nannte, nebeneinander her zurück in Richtung des Grenzlagers, während Estelril und Tirithion weiterhin nach dem verschwundenen Soldaten suchten. Der alte Mann wurde immer gesprächiger und erzählte munter von seinen Erlebnissen, hin und wieder unterbrochen von neugierigen Fragen. Legolas lauschte den Erzählungen interessiert und fast... wehmütig. Erinnerungen kamen in ihm hoch, Erinnerungen an lang vergangene Zeiten – Zeiten, als der Graue Wanderer noch hier neben ihm schritt und von seinen Wegen berichtete.

Er merkte auf, als sein Begleiter plötzlich innehielt.

„Ihr kanntet Olórin, nicht wahr?", fragte er. „Den, den Ihr Gandalf nanntet."

„Ja."

„Ihr kanntet ihn, nicht nur seinen Namen, traft ihn nicht nur einmal? Kanntet ihn, sein Wesen, ganz im Sinne des Wortes?", hakte er nach. Als Legolas seine Fragen wiederum bejahte, seufzte er. „Nur wenige taten das wirklich. Viele glaubten es, aber die wenigsten taten es", meinte er beinahe trübsinnig. „Selbst ich kannte ihn wohl nicht wirklich, obwohl ich nur seinetwegen hier bin." Er stieß wiederum langsam Luft aus und begann schließlich langsam zu erzählen.

„Manchmal glaube ich, all das vergessen zu haben, was damals geschah. Aber in manchen Momenten, wenn die Tage klar sind, die Luft kalt, wenn die Vögel vom Winter singen in den Ästen, dann scheint es mir, als wäre es erst gestern gewesen.

Eine blasse Sonne ging auf hinter den Bergen und flutete das Land mit ihrem weißen Licht, brachte Türme und Dächer aus Silber und Perlen zum Leuchten... Nebel schmiegte sich in die Gassen, schimmerte in den Fenstern... der Herbstregen wisperte im Wind.

All das sah ich, als ich mich damals umwandte und ein letztes Mal zurückblickte in die Unsterblichen Lande... seitdem zehren Erinnerungen an mir, von den leuchtenden Tagen Valinors, mit jeder Nacht mehr, die ich hier hin Mittelerde bin, mit jeder Nacht, die wieder ein wenig dunkler ist als ihre Vorgängerin.

Olórin war einer derer, die beauftragt wurden, nach Mittelerde zu fahren... und er bat sich aus, dass ich mit ihm kommen durfte", berichtete er.

„Doch seitdem ich mich dazu entschieden hatte, mein Leben hier den Tieren und Vögeln zu widmen, hörte ich nur noch in Erzählungen von ihm... hörte von seinem Fall, von seiner weißen Rückkehr – und es schmerzt mich, nicht hier gewesen zu sein, als er meine Hilfe gebraucht hätte. Umso erleichterter war ich, als ich vernahm, dass er seine Aufgabe dennoch erfüllt hat... und frage mich, wie ich jemals daran zweifeln konnte."

„Mir ging es ebenso... jetzt, im Nachhinein, frage auch ich mich, welcher böse Geist mir damals in so manchen Nächten zuflüsterte, dass er niemals zurückkehren würde", gab Legolas leise zu, während sein Blick aufmerksam durch die Bäume wanderte.

Dort tauchten gerade einige der Grenzwächter auf, warfen dem Begleiter Legolas' erstaunte bis misstrauische Blicke zu.

„Tirithion und Estelril suchen nach Aryon... ich werde meinen Gast nach Êldannen begleiten", erklärte er rasch.

Ein ohrenbetäubendes Kreischen, begleitet von lautem Rauschen, erfüllte mit einem Mal die Luft und veranlasste die Elben, blitzschnell ihre Bögen zu spannen und zu zielen.

„Nicht schießen!", ging Legolas dazwischen, als der graue Adler zwischen den Zweigen hervorbrach, Laub und Zweige von den Ästen riss, sich neben ihnen niederließ und einen weiteren Schrei ausstieß.

Tadelnd schüttelte der alte Mann den Kopf. „Thôrmith, sei nicht so dramatisch", gluckste er und strich dem Vogel über das Gefieder. „Eure Männer sind auf dem Rückweg, sie reiten nach Êldannen", sagte er zu Legolas, „doch den Vermissten haben sie nicht gefunden. Dafür aber etwas anderes..."

‚Sie hätten schon lange hier sein müssen...', überlegte Legolas einen halben Tag später. Er schritt unruhig auf und ab.

Nachdem Aiwendil ihm die Rückkehr Tirithions und Estelrils angekündigt hatte, war er ohne großes Zögern nach Êldannen geritten. Thôrmith war ihm gefolgt, mit dem alten Mann auf seinem Rücken.

Und nun war er hier, im großzügigen Thronsaal, wartend auf die Ankunft der beiden und harrend der Erkenntnisse, die sie hoffentlich mit sich bringen würden. Er hielt inne, als sein Blick auf den scheinbar ruhigen Mann fiel. „Ihr wisst mehr, als Ihr mir verraten habt", stellte er fest und blieb stehen.

Ein undeutbares Wiegen des Kopfes war die Antwort. „Die Nachricht, die sie Euch bringen werden, kenne ich nicht. Gute Neuigkeiten sind es nicht, auch keine Schlechten, wohl aber Interessante", erwiderte er zögerlich. In diesem Moment wurden die beiden hohen hölzernen Türflügel der Halle von zwei Wachposten geöffnet, um Tirithion und Estelril Einlass zu gewähren.

Die beiden Elben verneigten sich vor Legolas, der ihnen ungeduldig bedeutete, zu sprechen.

„Wir konnten Aryon nicht finden...", zögerte Estelril, ehe Tirithion ihm ins Wort fiel.

„Dafür fanden wir eine Lichtung, mit einem Feuer in ihrer Mitte... dort verbrannten die Leichen von Uruks und Orks. Ich habe mich bereits erkundigt – niemand weiß von einem Überfall, den meine Soldaten zurückgeschlagen haben könnten, niemand weiß, woher sie so plötzlich kamen."

Bei seinen Worten verfinsterte sich Legolas Gesichtsausdruck zusehends. „Schicke Späher aus", befahl er, kaum dass Tirithion geendet hatte. „Lass die Grenzen sichern. Nicht, dass sich noch Orks in Mordor versteckt haben, die nun die Berge überqueren wollen", meinte er finster.

„Wenn Ihr erlaubt...", warf Aiwendil ein, „wenn Ihr erlaubt, werde ich Thôrmith ausschicken. Er wird zuverlässig alles finden, was sich rührt in den dunklen Landen."

Legolas nickte, ohne lange zu überlegen. „Tut das... Tirithion?"

„Verzeiht meine Neugierde", bat der Angesprochene stirnrunzelnd, „doch... wer seid Ihr überhaupt?"

„Tirithion."

Der Elb zuckte zusammen, so scharf war Legolas' Stimme mit einem Mal. In den Augen des Königs funkelte verhaltener Zorn, verdunkelte das sonst klare Blau, verhärtete seine Gesichtszüge.

Der alte Mann lächelte jedoch. „Aiwendil nennt man mich, den Freund der Vögel, und ich habe die Ehre, mich einen Istar nennen zu dürfen. Vielleicht kennt Ihr mich jedoch eher unter dem Namen Radagast."

TBC...