So, Endspurt beginnt ))
Liderphin: Dann sei mal gespannt, wirst bald bedient :)
Schattenkrieger
Leise wie eine Katze huschte die Gestalt durch die dunklen Gänge der gläsernen Stadt Êldannen, die Hauptstadt Ithiliens. Ihre Bewohner schliefen bereits oder hatten sich zumindest in ihre Häuser zurückgezogen; doch selbst wenn sich noch jemand im Freien aufgehalten hätte, hätte dieser jemand die Gestalt nicht bemerkt. Zu leise bewegte sie sich, zu geschickt. Sie kannte sich aus, kannte diese Stadt wie die Satteltasche ihres Pferdes. Rasch und lautlos schlich sie die Gänge entlang, blieb schließlich stehen und verschwand hinter einem Wandteppich. Von dort führte ein geheimer Gang, der nur den wenigsten bekannt war, direkt zu einem Bild im Thronsaal. Es galt viele steile und glatte Treppen zu überwinden, Äste beiseite zu streichen, die in den Gang hineingewachsen waren, unbemerkt an bewohnten Räumen vorbeizukommen.
Wie ein lebendiges Wesen schlängelte sich die Stadt an vier mächtigen Bäumen auf einem Hügel in der Mitte Südithiliens in die Höhe, gekrönt von vier schlanken Türmen. Wie ein Edelstein leuchtete sie im Mond- und Sternenlicht, wie die Sonne selbst schien sie bei Tag zu strahlen. Eine prächtige, junge Stadt, erbaut im Glanz der ersten Jahre nach dem Ringkrieg, normalerweise erfüllt von Lachen und Leben.
In den letzten Wochen und Monaten hatte ihr Licht zu erlöschen begonnen. Dunkel war es geworden in den Straßen und in den Herzen ihrer Bewohner, seit Aryon, der verschwundene Grenzwächter, wieder aufgetaucht war. Aryon, und mit ihm unzählige Soldaten, geschickt von Gildin. Aryon, der sich nun als Statthalter Ithiliens bezeichnen durfte. Die Vorstellung wäre lachhaft gewesen, wäre die Situation nicht viel zu ernst dazu.
Tirithion hielt inne, als er Schritte vernahm, und entspannte sich erst wieder, als sie in der Ferne verklungen waren. Nur nicht unvorsichtig werden. Nur nicht entdecken lassen. Zuviel hing von ihm ab. Nach Ewigkeiten, wie es ihm schien, erreichte er endlich die Rückseite des Bildes. Er prüfte zuerst, ob der Riegel von innen auch wirklich vorgeschoben war, damit man die Geheimtür auch auf keinen Fall von außen öffnen konnte. Dann legte er vorsichtig ein Ohr an das Bild und lauschte dem, was die Fürsten im Inneren des Saales beredeten.
Deutlich hörte er Aryons scharfe Stimme heraus, verstand jedes Wort. Doch je mehr er hörte, desto mehr wünschte er sich, es nicht getan zu haben. Vieles begriff er nicht, da es aus dem Zusammenhang gerissen war, aber das, was er eindeutig erfuhr, genügte ihm vollkommen. Genauso lautlos, wie er gekommen war, machte er sich auf den Rückweg, immer in der Angst, entdeckt zu werden. Erst, als er wieder sicher in seinen eigenen vier Wänden war, atmete er tief durch.
Rasch setzte er sich an seinen Schreibtisch und begann, einen sehr ausführlichen Brief zu schreiben.
Er hatte es geahnt. Nein, nicht geahnt – vorausgesehen. Er hatte es vorausgesehen.
Vor Elladans Augen färbte sich der Boden rot vor Blut, die starren Augen der Erschlagenen blickten zu ihm auf. Der Wald war tot, nur noch die grauen Leichen der Bäume standen; einige wenige Elben standen inmitten der Ruinen dieses einstmals goldenen Landes und besahen sich zufrieden ihr Werk. Bosheit schien durch ihre Augen, wie er sie noch niemals bei einem vom Schönen Volk gesehen hatte, eine Bosheit, von der er nicht dachte, dass ein Wesen des Lichts sie besitzen könnte.
Jedes einzelne Bild, das er bei seiner Ankunft in Lothlórien gesehen hatte, war nun Wirklichkeit geworden, jedes einzelne. Der Aufstand derer, die sich gegen Gildins neue Herrschaft wehrten, war blutig niedergeschlagen worden, beinahe alle hatten mit ihrem Leben dafür bezahlt, dass sie den neuen Statthalter nicht anerkennen wollte.
Dieser, Gelir, stand sichtlich zufrieden neben seinem neuen ersten Hauptmann und beobachtete die Männer, die die Leichen der Krieger achtlos auf Haufen warfen, um diese zu verbrennen wie totes Vieh. Keine letzte Ruhe sollte ihnen zuteil werden, keine Ehre im Tod.
Elladan fühlte sich ohnmächtig vor Wut, war er doch als einer der wenigen Aufständischen am Leben gelassen worden. Flankiert von zwei Soldaten Gelirs stand er nun daneben, schwer atmend angesichts seiner Verletzungen, und konnte nichts tun außer zuzusehen, wie seine Freunde und Vertraute zu Asche verbrannten. Als Schattenkrieger hatte Gelir sie bezeichnet, die, die im Geheimen gegen die neue Herrschaft Gildins waren, die im Schatten kämpften, um ihn zu stürzen. Wie recht er doch hatte.
Viele hatte es anfangs von ihnen gegeben, in allen Reichen, unter den Bewohnern, denn diese spürten, dass schlechte Zeiten auf sie zukamen. Gildin erkannte man nicht wieder, beinahe glaubte man, eine andere Person vor sich zu sehen im Vergleich zu früher. Mîrenithil hatte sich seit Wochen nicht mehr in der Öffentlichkeit gezeigt. Die alten Statthalter waren ab- und neue eingesetzt worden, Gesetze wurden schärfer. Es waren die Maßnahmen von jemandem, der wusste, dass er sonst seine Macht nicht würde halten können. Ein Akt der Verzweiflung war es beinahe.
Eryn Lasgalen, Ost-Lórien, Ithilien, Bruchtal.
Von überall hatten Elladan ähnliche Meldungen erreicht, wobei die aus Ost-Lórien noch halbwegs erfreulich waren, kamen sie doch vom dortigen Statthalter persönlich. Meneldil war zusammen mit Tirithion und den Zwillingen der Kopf der Schattenkrieger, wie sie sich auch schon bald selbst nannten. Er plante geschickt und im Geheimen; bisher war keiner seiner Pläne schief gegangen.
Nur dieser eine. Es hatte nicht gereicht, um Gelir zu stürzen. Die Galadhrim waren nicht so zahlreich gewesen wie erhofft. Viele waren ferngeblieben, aus Furcht, Furcht um ihr eigenes Leben und das derer, die sie liebten.
Wo war nur die Hoffnung hin, die er kurz nach Legolas' Verschwinden noch gehegt hatte?
Nichts, nichts war mehr von ihr geblieben. Kein Lebenszeichen seines alten Freundes, kein noch so kleiner Erfolg bei der Suche. Es war wie verhext, als hielte ein böser Zauber sie davon ab, weiterzukommen. Das Licht der Elbenreiche war erloschen, ihre Zuversicht ebenso.
Was ihn selbst erwartete nach diesem fehlgeschlagenen Aufstand wollte er sich nicht vorstellen, es kümmerte ihn auch nicht, er konnte es nicht wissen.
Er wusste nur eines:
Es war vorbei.
TBC...
