Liderphin: Ich sage nüschts ;-) Trotzdem danke, hier kommt das nächste Kapitelchen...


Captains

Die anfängliche Euphorie über das Auftauchen des Schiffes war purer Angst gewichen. Gimli hörte die Elben tuscheln, von wegen die Piraten würden sie hier einfach im Wasser liegen lassen – was angeblich besser war, als von ihnen an Bord geholt zu werden.

Gimli wäre beinahe von seiner Planke gerutscht, als die Bugwelle der Elerína ihn traf. Doch kurz darauf hatte sich das Wasser wieder beruhigt und das mächtige weiße Schiff trieb still neben ihnen. Als er aufsah, erkannte er hämische Gesichter, die über die Reling hinab ins Wasser sahen und sich offenbar köstlich amüsierten. Doch der Zwerg hielt es für besser, sich jetzt nicht darüber zu ärgern.

„He, Néndil!", rief einer von ihnen über die Schulter.

Aus den Augenwinkeln sah Gimli, wie Beriod plötzlich aufblickte. Es war das erste Mal seitdem sie hier im Wasser warteten, dass er sich rührte. Doch den Ausdruck, der sich seinen Weg auf das Gesicht des Elben bahnte, konnte er beim besten Willen nicht interpretieren.... leicht bewegte er die Lippen, und Gimli meinte ihn fluchen zu hören.

„Wen haben wir den da?", fragte eine Stimme gedehnt, von oben herab.

Gimli klappte der Mund auf. Der Elb, der auf sie hinab blickte, hätte Beriods Zwillingsbruder sein können. Die gleichen silbern schimmernden Haare, die gleichen grünen Augen, die gleiche Statur... sogar fast die gleiche Stimme. Aber irgendwie war er trotzdem anders... ausgemergelt sah er aus, ein bitterer, hämischer Zug hatte tiefe Furchen in sein Gesicht eingegraben. Der Zwerg hörte Beriod leise seufzen.

„Na, Bruderherz? Ist das Wasser auch angenehm?"

„Kann mich nicht beschweren.", brummte der Angesprochene eindeutig missgelaunt zurück. Die Elben, die mit ihnen im Wasser trieben, sahen argwöhnisch zwischen den beiden hin und her.

„Dann ist es ja gut...", meinte Néndil grinsend. Er ließ seinen Blick kurz über die Gestalten schweifen, die offenbar schon einige Tage hier im Wasser trieben und sich an die Trümmer eines grauen Schiffs klammerten. Er stockte kurz, als er Gimli sah – richtete seinen Blick dann aber wieder auf Beriod.

„Als ich dich das letzte Mal sah, schworst du gerade Treue dem Königssohn gegenüber... und ich werde ihn beschützen, mit meinem Leben oder meinem Tod... so waren deine Worte, nicht wahr? Ist schon ein Weilchen her... aber wenn ich das richtig sehe, hast du deinen Herrn verloren?"

Beriod antwortete nicht, starrte seinen Bruder nur stumm an... das Gefühl, das durch seine Augen schimmerte, war eindeutig Hass.

Néndil schien plötzlich etwas einzufallen. „Er ist nicht entführt worden, oder?"

Verwirrt sah Legolas' Leibwächter ihn einen Augenblick lang an. „Doch.", antwortete er schließlich.

Néndils Miene verfinsterte sich so schnell, wie ein Sommergewitter über diesen Gewässern aufziehen konnte. Mit der geballten Faust schlug er auf die Reling. „Sanye! Die Cirya!", rief er. „Sie sind uns schon wieder zuvor gekommen..." Unmutiges Murren erhob sich unter seinen Leuten. „Männer, wir müssen etwas unternehmen... dieses Schiff macht uns langsam aber sicher unseren Ruf streitig." Sein Blick richtete sich wieder auf die Gestalten im Wasser. „Fischt sie heraus. Wir verfolgen die Cirya... viel Vorsprung kann sie noch nicht haben."


„Und?"

„Was und?"

„Na, weißt du mittlerweile, wie er überhaupt heißt? Wir können schlecht ständig von ‚unserem Gast' sprechen!", meinte Faire mit hochgezogenen Augenbrauen. „Außerdem sollten wir langsam unsere Forderungen wegschicken... Tinwe hat den Brief schon fertig, er braucht nur noch den Namen... was grummelst du?"

„Wir können keinen Namen nennen.", erzählte Sanye genervt. „Niemand würde Lösegeld für ihn zahlen... sein Vater ist wohl einer von diesen Leuten, die von jedem gehasst werden. Er hat keine Familie in Valinor."

„Ich bitte dich, wir können schlecht schreiben: Tja, wir haben hier jemanden, den wir umbringen, wenn wir nicht so und so viel Lösegeld dafür bekommen! Sanye, das ist albern. Eine wertlose Geisel – wie heißt er nun?"

„Keine Ahnung.", kam die missmutige Antwort. „Wird er uns schon irgendwann verraten. Wertlos hin oder her – versuchen können wir es. Wenn es nicht funktioniert, können wir ihn immer noch umbringen, oder?"

Leises Brummen kam von seinen Leuten, die bis jetzt schweigend zugehört hatten.

„Aber mit jedem Tag wächst das Risiko, Sanye.", bemerkte irgendwer.

„Das funktioniert nie und nimmer...."

„Ist ja gut, ist ja gut.", lenkte der Kapitän der Cirya schließlich ein. „Ich leg ihn sofort um, und wir suchen uns ein Handelsschiff, das wir überfallen können. Haben wir auch schon lange nicht mehr gemacht. Da springt wenigstens mit Sicherheit etwas bei heraus.", schlug er vor und erntete dafür ein paar zufriedene Rufe.

„Sanye.", sagte Faire plötzlich und deutete hinter ihn. „Je schneller wir ihn los sind, desto besser."

Der Elb drehte sich langsam um, nickte währenddessen.

Als der Kopfschmerz langsam nachgelassen hatte, war Legolas schließlich aufgestanden. Der Pirat hatte die Wahrheit gesagt – die Tür war unverschlossen. Obwohl er sich noch etwas unsicher auf den Beinen fühlte, suchte er sich seinen Weg an Deck. Fliehen konnte er nicht, soviel war ihm klar... aber sich einen Überblick über die Lage verschaffen, in der er sich befand.

An Deck angekommen, lehnte er sich an die Reling und ließ sich die Sonne ins Gesicht scheinen. Der kühle Seewind linderte seine Kopfschmerzen ein wenig. Die Piraten, die sich ein wenig abseits unterhielten, beachtete er nicht weiter. Er hörte ihnen noch nicht einmal zu. Andererseits... sie sprachen extrem leise, wahrscheinlich über ihn...

Legolas dachte nach, während er weiterhin auf die strahlend blaue Wasseroberfläche starrte. Er war nicht so gut in Form, wie er es sich gewünscht hätte – glaubte aber, dass er dennoch mit dem Kapitän fertig werden konnte. Selbst in angeschlagenem Zustand war er schneller. Das war keine Überheblichkeit, sondern schlichtes Wissen.... wenn nur diese Kopfschmerzen nicht wären.

Vielleicht hätte er Sanye nicht erzählen sollen, dass er absolut wertlos für ihn war. Jetzt, im Nachhinein, kam er sich ziemlich dumm vor... wahrscheinlich waren die stechenden Kopfschmerzen Schuld daran gewesen, dass er nicht auf die Idee gekommen war, dass er sich selbst in Gefahr brachte.

Obwohl er mit dem Rücken zu den Piraten stand, spürte er, wie jemand auf ihn zukam. Es war das kaum hörbare Geräusch von Schritten einerseits... und ein Gefühl andererseits. Er hatte mit den Jahren gelernt, sich auch auf so menschliche Dinge wie Intuition zu verlassen und hoffte, dass ihm dies jetzt zugute kam. Er sperrte alle Geräusche aus außer diesen, die von der Person verursacht wurden. Er hörte das Rascheln von Stoff, Luft, die durchschnitten wurde. Legolas spannte sich, war bereit dazu, einen Angriff abzuwehren.

Doch der kam nicht.

„Nun, mein Freund.", begann Sanye, scheinbar gut gelaunt, und lehnte sich lässig neben ihn an die weiße Reling. Legolas warf ihm einen Blick zu. „Wisst Ihr eigentlich, dass ich noch niemals jemanden getroffen habe, der diesen verachtenden, entnervten Blick so gut beherrscht wie Ihr?", fragte der Kapitän.

„Wisst Ihr eigentlich, dass ich noch niemals jemanden getroffen habe, der meine Nerven so sehr strapaziert wie Ihr?", fragte er zurück.

„Woher könnt Ihr dies dann?"

„Schon mal mit einem Zwerg unterwegs gewesen?"

Legolas wandte sich von ihm ab und starrte wieder hinaus an den Horizont.

‚Ganz ruhig.', ermahnte er sich. ‚Lass dich nicht von ihm provozieren. Gimli ist schlimmer als jeder Elb, also bleibe ruhig. Er will doch nur, dass du dich aufregst...'

Er fühlte, wie er wieder ruhiger wurde. Der Gedanke an Gimli half ein wenig, sich von der misslichen Lage abzulenken, in der er sich befand. Eigentlich wollte er nur noch eines: Diesen Elben los werden und endlich in die Unsterblichen Lande gelangen. Zusammen mit Gimli... und Beriod.

Beriod. Ihn hatte er beinahe vergessen. Er konnte nicht nachvollziehen, wie es seinem Leibwächter jetzt ging... wenn er ihn für tot hielt, würde er selbst auch nicht mehr lange leben. Wenn er wusste, dass sein Herr entführt worden war, würde er alles, aber auch wirklich alles daran setzen, ihn wieder zu befreien. Soweit kannte Legolas ihn. Dennoch blieb ihm ein Blick in die Seele des Elben stets verwehrt. Dafür war die Distanz zwischen ihnen immer zu groß gewesen.

Er bemerkte, dass Sanye ihn immer noch von der Seite anstarrte, und unterdrückte ein Seufzen. Dieser Elb liebte es offensichtlich dramatisch.

Als Legolas keine Anstalten machte ihn weiter zu beachten, redete Sanye schließlich weiter. „Wie dem auch sei...", begann er gedehnt. „Nachdem, was Ihr mir berichtet habt, scheint Ihr leider wertlos für uns zu sein."

„Soll heißen?" Meine Güte, war diese Situation lächerlich. Dieser Elb versuchte doch tatsächlich, noch ein bisschen Spannung aufzubauen, bevor er ihn entweder über Bord werfen oder erstechen wollte. Legolas verdrehte die Augen. Langsam aber sicher glaubte er, dass es besser gewesen wäre, in Mittelerde zu bleiben.

Sanye antwortete nicht, sondern umfasste den Griff des Messers fester, das er schon die ganze Zeit in der Hand gehalten hatte. Dann holte er wortlos aus und stach zu.

TBC...

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