Elf of Darkness: Danke für das Review!
Samusa: Freut mich, dass dir Sanye und Faire gefallen... danke auch dir!
Prisoners
Zwischen Wut und Verzweiflung schwankend sah Sanye sich an Deck der Cirya um. Seine Männer hatten rasch jeden Widerstand aufgegeben gegen die Angreifer des anderen Schiffes, und er konnte es ihnen nicht verübeln. Néndil hatte nicht nur das schnellere und größere Schiff, sondern auch mehr Leute. Nach und nach trieben diese die Mannschaft Sanyes an Deck zusammen, wobei sie nicht gerade kleinlich bei der Wahl ihrer Mittel waren.
„Was willst du eigentlich?", fragte Sanye schließlich und funkelte Néndil an, während er sich halbherzig gegen den Griff zweier Elben wehrte. „Was soll das? Wonach suchst du...?"
„Weißt du das nicht?", gab der Kapitän der Elerína hämisch zurück. „Danach.", fügte er auf Sanyes Schweigen hin hinzu und deutete in die Richtung der Luke.
Dort wurden Faire und Legolas gerade unsanft an Deck gestoßen. Die Gesichter der beiden waren zerschlagen. Blut von seinen Lippen war auf Legolas' helle Robe getropft und Faire konnte kaum mehr laufen, ihr rechtes Bein war offenbar verletzt.
„Was hast du mit ihnen vor?", fragte Sanye heiser.
„Du solltest dich lieber fragen, was ich mit dir und deinen Männern vorhabe, Sanye. Die beiden werden mit mir kommen, sie sind uns sicherlich von Nutzen. Genauso wie dein Schiff." Mit einem breiten Grinsen beobachtete er den entsetzten Ausdruck, der auf das Gesicht seines Gegenübers trat. „Dein Schiff, deine Heilerin, dein Gefangener. Ich denke, dieses Mal gewinne ich, Sanye. Du und deine Leute, ihr dürft euch auf einer hübschen Insel zur Ruhe setzen und zusehen, wie die Elerína und die Cirya am Horizont immer kleiner werden... bringt sie rüber." Er wies auf sein eigenes Schiff. „Macht schon. Sperrt sie vorerst getrennt von den anderen ein, ich will sie noch befragen."
„Was hast du mit ihr vor...?", hörte Faire noch einmal Sanyes Stimme, bevor sie an Bord der Elerína wieder unter Deck gebracht wurde. Einen Moment lang wunderte sie sich über die Besorgnis, die sie aus seinen Worten heraushörte, und wenn die Situation nicht so ernst gewesen wäre, hätte sie sich darüber vielleicht gefreut. Doch diese Gedanken verflüchtigten sich wieder so schnell, wie sie gekommen waren.
Neben sich hörte sie Legolas leise keuchen; immer wieder schlugen die Piraten auf ihn ein, wenn er ihren Anweisungen nicht augenblicklich Folge leistete. Dabei merkte Faire schnell, dass er dies nicht aus Trotz und Stolz tat – er konnte einfach nicht. Blässe überzog sein Gesicht, fahrig waren seine Bewegungen, trüb seine Augen. Die Schwäche kehrte zurück, die ihm seine Sinne raubte und die letzte Kraft nahm, die noch in ihm wohnte.
Faire wagte es nicht, die Elben darauf aufmerksam zu machen – weniger fehlenden Mutes wegen als aus Sorge, sie könnte alles nur noch schlimmer machen. Offenbar fanden die Männer Gefallen daran, den so zerbrechlich und hilflos scheinenden Elben zu verletzen – bisher war es bei relativ harmlosen Schlägen geblieben und sie hoffte, dass Legolas' Peiniger Anweisungen hatten, ihn nicht allzu sehr zu verletzen.
Entgegen ihrer ersten Vermutung wurden sie und Legolas nicht auf das unterste Deck des Schiffes gebracht, sondern in ein helles und beinahe sauberes Zimmer gesperrt. Mit einem letzten Stoß wurden die beiden Gefangenen in den Raum gebracht, die Tür hinter ihnen zugesperrt. Faire erlaubte sich ein erleichtertes Seufzen. Sie hatte schlimmeres befürchtet. Mit einem halbwegs überzeugten Lächeln wandte sie sich Legolas zu.
Erschrocken sprang sie vor, als dieser ohne einen Laut und ohne Vorwarnung in sich zusammensackte. „Herr...", meinte sie leise und fing ihn gerade rechtzeitig, bevor er auf den Boden aufschlagen konnte. Er antwortete nicht, zeigte keine Reaktion auf ihre Stimme. Vorsichtig fuhr sie ihm mit einer Hand über die Stirn – sie fühlte sich kühl an, doch kalter Schweiß sammelte sich auf ihr und bahnte sich seinen Weg die geschundenen Schläfen hinab. Seine hellen blauen Augen wurden langsam trüb, er sank hinab in die Bewusstlosigkeit.
„Bringt ihn her zu mir."
Wortlos verließen die Männer Néndils Räume und kehrten kurz darauf zurück, mit Legolas. Der Kapitän der Elerína betrachtete den Sinda, der erschöpft und verletzt zwischen den Elben stand, und kam zu dem Schluss, dass er weitaus schwächer war als angenommen. Er hatte sich unter dem Sohn Thranduils einen breit gebauten, starken Elben vorgestellt, doch vor ihm stand jemand, der anscheinend nichts von dem Krieger geerbt hatte, der sein Vater war. Er machte auf Néndil den Eindruck eines Mannes, der mit Worten zu kämpfen wusste – nicht mit Waffen.
Mit einer Kopfbewegung bedeutete er seinen Männern, den Raum zu verlassen. Nachdem die Tür hinter ihnen ins Schloss gefallen war, trat er ohne jede Warnung einen Schritt vor und schlug Legolas mit der Faust ins Gesicht, sodass dieser zu Boden ging. Ein leises Keuchen war alles, was über seine Lippen kam – kein Schrei, wie Néndil vermutet hatte. Entweder war der junge Elb, der sich mühsam wieder hochrappelte, härter im Nehmen als angenommen, oder aber er war einfach zu geschwächt.
„Als ich Euch das letzte Mal sah, ward Ihr gerade erst ein paar Tage alt.", bemerkte Néndil und riss Legolas unsanft hoch. Seine linke Gesichtshälfte war gerade dabei, eine tiefblaue Farbe anzunehmen; Blut verklebte seine Haare.
„Das wird wohl der Grund sein, warum ich mich nicht mehr an Euch erinnere.", kam eine mühsame Antwort.
„Ich hätte erwartet, dass Ihr mich für Beriod haltet."
„Euch für Beriod? Ich müsste blind sein.", kommentierte Legolas seine Aussage. Er sah den Schlag kommen, doch der beständige, pochende Schmerz hinter seinen Augen und die schwarzen Flecken am Rande seines Blickfeldes verhinderten, dass er ausweichen konnte. Für einen Moment wurde ihm vollständig schwarz vor Augen, als er hart gegen eine Holzwand schlug.
„In der Tat.", zischte Néndil gefährlich und beobachtete zufrieden, wie Legolas zu Boden sank, dann kurz den Kopf schüttelte, um die tanzenden bunten Sterne aus seiner Sicht zu vertreiben.
Doch sein hämisches Grinsen gefror, als der junge König ihn wieder ansah. Ungebrochen, stolz blickte er ihn an aus diesen blauen Augen, die so typisch waren für die Familie Orophers. „Ihr werdet uns eine Weile begleiten, Legolas, und ich werde alles tun, um Euch Euren Aufenthalt auf der Elerína so unangenehm wie möglich zu machen, verlasst Euch darauf."
Legolas spürte, wie ihn bei Néndils Worten ein Anflug von Schrecken durchfuhr. Und wenn er die zusammengekniffenen Augen des Elben richtig deutete, war diesem das nicht entgangen. „Was habt Ihr vor?"
„Mit Euch? Mal schauen. Erst einmal werden wir eine hübsche Summe Lösegeld für Euch erpressen. Dann werden wir weitersehen, ob wir noch eine Verwendung für Euch finden. Wobei ich nicht daran glaube, dass Ihr noch zu irgend etwas anderem nütze seid." Verächtlich sah er auf den Sinda hinab, der blutend an der Wand kauerte, kaum in der Lage aufzustehen, aber ihn so herablassend anblickte als säße er immer noch auf einem silbernen Thron und regierte ein Volk.
Schließlich, als Legolas weder Anstalten machte aufzustehen noch den Blick abzuwenden, rief er seine Männer wieder herein.
Legolas schnappte nach Luft, als einer von diesen ihn plötzlich wie beiläufig in die Rippen trat und ihn dann rücksichtslos hoch riss. Und irgendwie überkam ihn plötzlich das Gefühl, dass er es auf der Cirya vielleicht besser gehabt hätte. Während er durch lange Gänge gestoßen wurde, kehrte langsam die Schwäche zurück, aus der ihn Faire mit einer heftigen Ohrfeige zurückgeholt hatte, als die Männer kamen um ihn zu holen. Er bemerkte nicht, wie die Bewusstlosigkeit ihn wieder einholte, als er wieder einmal stürzte.
„Nicht einmal schlafen lassen sie uns.", brummte Gimli erschöpft und versuchte, auf der dünnen Strohschicht einen bequemen Platz zum Liegen zu finden.
Doch das Gepolter von schweren Schritten brach nicht ab – im Gegenteil. Dröhnendes Gelächter begleitete die dunklen Gestalten, die durch eine enge Luke in die Dunkelheit des untersten Decks hinabstiegen. Es war bereits nach Mitternacht, nicht einmal Sternenlicht erhellte die große Zelle, in die die Überlebenden der grauen Schiffs gesperrt worden waren. Kurz darauf war bereits jeder auf diesem Deck wach – als ob bei dem Lärm, den die Männer Néndils machten, jemand schlafen könnte. Still beobachteten sie die Schatten, die sich vor den Gittern der Zelle bewegten; dann wurde die Zellentür auf der anderen Seite des Ganges aufgestoßen. Jemand stürzte, ein kurzes Stöhnen, ein Schlüssel knarrte im Schloß – dann war das Lachen der Elben wieder das einzige Geräusch, bis auch dieses in der Ferne verschwand.
„Ist da jemand?", fragte Hisíë in die Schwärze hinein, doch er bekam keine Antwort. Sie würden warten müssen, bis es wieder heller wurde.
Kurz darauf kam das Gepolter zurück, dieses Mal jedoch übertönt von den schmerzerfüllten Schreien einer Frau. Wieder drangen die Geräusche an ihre Ohren – dann kehrte die Stille zurück. Für den Rest der Nacht, bis schließlich langsam eine blasse Sonne über dem Horizont aufging.
TBC..
