Tanja: So... hier kommt das Update :) Vielen Dank für das Review!

Liderphin: Nö, da hast du was gaaanz falsch verstanden )) Willst eine ausführliche Erklärung haben?

Helena: Danke schön :)


Beta: Erráme

Chasing the prey

Die Jagd konnte beginnen.

„Sei mir gegrüßt, kleiner Elb", sprach Legolas, als Tinwe schüchtern an ihn herantrat, wie er hoch aufgerichtet am Bug des Schiffes stand und den Wind mit seinem Haar spielen ließ. „Tinwe ist dein Name? Der Kapitän sprach in höchsten Tönen von dir."

Der ganzen Wahrheit entsprach dies nicht, doch Legolas wusste, wie er mit kleinen Elben umzugehen hatte; ganz besonders die, die offensichtlich von ihm beeindruckt waren. Als Tinwe nickte, fuhr er fort: „Kapitän Sanye hat dich zu mir geschickt, damit du mir bei der Lösung einer wichtigen Aufgabe hilfst, kleiner Elb. Sag, du kennst ja Faire, die Halbelbenfrau."

„Ja, mein Herr, natürlich kenne ich sie", erwiderte Tinwe mit leuchtenden Augen.

„Und du magst sie sicherlich sehr..."

„Ja!", nickte der Junge eifrig. Dann jedoch blickte er mit einem Mal betrübt drein. „Aber sie ist traurig seit einigen Tagen, sie spricht nicht mehr mit mir...", murmelte er.

„Ich weiß", sagte Legolas. „Es geht ihr nicht gut... einer der Männer, die auf dem Schiff dort", er deutete auf das andere Schiff, das der Cirya in einigem Abstand folgte, gesteuert von Sanyes besten Männern, „hat ihr weh getan. Sanye und ich wollen jetzt herausfinden, wer es war... wirst du mir dabei helfen?" Auf das eifrige Nicken Tinwes hin lächelte er den Jungen an und winkte ihm, mit ihm zu kommen. „Dann komm."

Gemeinsam stiegen sie viele steile Leitern hinab bis auf die unteren Decks des Schiffes. Stickige Luft waberte in den engen, dunklen Gängen; die Geräusche der Wellen waren unangenehm laut hier unten, das Gemurmel der Gefangenen tat das übrige – ängstlich hielt Tinwe sich an Legolas, der unbeeindruckt dahinschritt. Hier und da blieb er stehen, wechselte ein paar Worte mit den Gefangenen, erklärte ihnen, dass er ebenfalls ein Gefangener war, sich aber frei bewegen dürfe, weil er dem Kapitän der Piraten ungefährlich vorkomme. Die meisten der Männer schienen ihm zu glauben, war er doch ein Fürst seines Volkes, niemand, der sich freiwillig mit Piraten umgab.

„Gesetzlose, nur Orks sind noch schlimmer", seufzte er erstaunlich echt, erntete ein bedeutsames Nicken von allen Seiten. „Ich will nicht wissen, welchen Strafen sie in Valinor entflohen sind, woher sie ihr Schiff haben und wen sie alles schon ermordet haben..."

„... und was für Schätze sie angesammelt haben müssen in all den Jahren – wofür nur? Ich meine, von Reichtum ist auf diesen Piratenschiffen ja wohl nicht viel zu sehen...", warf jemand ein.

Legolas lachte abschätzend auf. „Wahrlich nicht. Ich war lange genug dort, um dies zu wissen. Unhaltbare Zustände, ich wundere mich jetzt noch, dass ich lebend dort herauskam... und dann diese Elbenfrau, will nicht wissen, in welcher Gosse sie die aufgelesen haben und in welchem zweifelhaften Gewerbe sie tätig gewesen ist, ehe sie sich diesen zweifelsohne noch zweifelhafteren Gestalten angeschlossen hat" Er verzog das Gesicht.

Aus den Augenwinkeln sah er, wie Tinwe einen der Gefangenen mit großen Augen anstarrte, offenbar voller Angst. Er drehte sich ein wenig zur Seite, lehnte sich an eine Wand des schmalen Ganges, um den Mann näher in Augenschein nehmen zu können.

Ein ganz gewöhnlicher Elb. Natürlich, was hatte er erwartet?

Aber warum sah Tinwe ihn so an...?

Legolas versuchte, sich in die Situation des kleinen Elben zu versetzen, der hier zwischen zwei Zellen stand, hinter deren Gittern große Männer unmutig ihre Zeit absaßen. Er schluckte.

Es war dieser Blick. Der Blick, scheinbar ohne Ziel auf einen Punkt an einer gegenüberliegenden Wand gerichtet, der Tinwe solche Furcht einjagte. Ruhig, absolut ruhig war dieser Mann, zu ruhig und steinern. Ein merkwürdiges Glitzern lag darin, ein Hauch Wahnsinn, wie er selten bei Elben zu sehen war und kaum jemals bemerkt wurde, außer, man suchte danach. Doch allein auf diese zweifelhafte Beobachtung wollte Legolas sich nicht verlassen. Mit einem Nicken schickte er Tinwe weg, sammelte seine Gedanken.

„Ihr seid euch sicher?", fragte Sanye wenig später und ließ seinen Blick über den Mann schweifen, der von zweien seiner Piraten gehalten wurde.

„Nicht vollkommen", erwiderte Legolas, seine Zweifel zugebend. „Fragt Faire, vielleicht..."

„Sie will nicht mit mir reden, das sagte ich bereits", unterbrach Sanye ihn.

„Ich denke, ihre Reaktion wird Euch genug Aufschluss geben", hielt der blonde Elb dagegen, womit Sanye ihm widerwillig grummelnd Recht geben musste. Er ließ Faire rufen, unmissverständlich klar machend, dass sie auf der Stelle erscheinen sollte. „Sorgt Euch nicht", meinte Legolas leise, als der die Zweifel in den Augen des Piraten sah. „Sie wird darüber hinwegkommen. Irgendwann. Und so sehr sie sich auch dagegen sträuben mag, es wird ihr gut tun zu wissen, dass er bestraft wird."

Sanye nickte, wenig überzeugt, schickte alle überflüssigen Personen weg und trat schließlich vor Faire, um ihr nicht sofort einen Blick auf den Gefangenen zu gewähren.

„Was willst du?", fragte sie müde, gebrochenen Blickes, nicht mehr gewillt, sich wegen irgend etwas zu streiten.

Nach einem letzten unsicherem Blick zu Legolas, der kaum sichtbar nickte, begann Sanye leise mit ihr zu sprechen. Was er sagte, konnte Legolas nicht verstehen – er wollte es auch gar nicht wissen. Vielmehr dachte er über diesen letzten Blick nach, konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Gefangener war auch er hier, ja, aber dennoch vertraute ihm Sanye – Sanye, der Starke, der seine Stärke jedoch nur bewahren konnte, solange er Faire nicht gegenüberstand, um mit ihr über das zu sprechen, was ihr angetan wurde. In solchen Momenten war er wie ein offenes Buch für Legolas, der sich aber hütete, mehr als ein paar Zeilen darin zu lesen; zu wichtig war ihm das Vertrauen des Piraten.

Aus den Augenwinkeln beobachtete er, wie Faire merklich erblasste, falls das überhaupt noch möglich war. Sanye trat einen winzigen Schritt beiseite.

Der Ausdruck ihrer Augen beim Anblick des Gefangenen sagte mehr als tausend Worte.

„Die eine Jagd ist somit beendet", meinte Sanye leise. Sein Blick, erfüllt von eiskaltem Zorn, folgte dem Elben, der von zwei Piraten abgeführt wurde. „Das heißt, morgen früh wird sie beendet sein. Aber lassen wir das." Er wandte sich Legolas zu. „Ich danke Euch... entschuldigt mich nun bitte." Raschen Schrittes verschwand er unter Deck, nachdem Legolas knapp genickt hatte.

„Du weißt, wie wütend ich auf dich bin. Schau mich nicht so an!", rief Faire schwach aus.

„Ich weiß, dass du wütend sein willst, aber es nicht kannst", hielt Sanye dagegen. „Aber du bist erleichtert, erleichtert, dass es vorbei ist."

„Woher willst du wissen, was ich denke...", murmelte die Elbenfrau, wehrte sich jedoch nicht, als Sanye die Arme um sie legte. Stattdessen entfuhr ihr ein leises Schluchzen.

„Ich habe diesen Blick... diesen Blick, mit dem du ihn angesehen hast... ich habe ihn schon einmal gesehen bei dir, damals, als wir uns zum ersten Mal begegneten", erzählte er leise. „Diese Seitengasse in Alqalonde... die weiße Stadt schien noch grau in der sternhellen Morgendämmerung und alles schlief, alles außer uns beiden." Er hielt inne.

„Damals ist das Gleiche geschehen, nicht wahr? Deshalb bist du auf mein Angebot eingegangen. Du wolltest weg aus Alqalonde, weg aus dieser Stadt, wo man deinen Peiniger niemals verurteilt hätte, wo du ihm jederzeit wieder hättest begegnen können. Du hasst dieses Leben, Faire, aber du hasst es nicht so sehr, wie du dich vor den Gassen der Stadt gefürchtet hast."

Immer noch gab Faire keine Antwort, denn sie wusste, dass Sanye Recht hatte und wie sehr er dies auch wusste. Dies war ein Teil ihrer Vergangenheit, der Vergangenheit, die sie so lange im Dunkeln gehalten hatte – aber es hatte nur eines panischen Blickes bedurft, um sie ins Licht zu zerren. Bloßgestellt lag sie nun dar, und die Erinnerungen... die Erinnerungen kehrten zurück.

„Du hoffst, dass Legolas dich mitnehmen würde, nicht wahr? Und dass er dich beschützen würde vor denen, die du fürchtest... hast du ihn darum gebeten, danach gefragt?"

„Ich wagte es nicht", gab sie leise zu. „Warum sollte er mich auch mitnehmen..."

„Willst du, dass ich für dich frage, ob er dich mitnimmt? Du könntest Heilung finden in den Unsterblichen Landen, in den Gärten Lóriens..."

Sie blickte auf, sah Sanye traurig an. „Schwinden werde ich nicht, zu viel menschliches Blut fließt in meinen Adern - willst du, dass ich gehe?", fragte sie zurück.

Er antwortete nicht sofort, strich ihr sanft durch das Haar und über die Wangenknochen. „Ich will nicht, dass du hier lebst, wenn du es nicht willst, wenn du schwindest... und dass du in Angst deine Tage verbringst", sagte er. „Aber... nein, ich will nicht, dass du gehst. Bleib hier, Faire, bleib bei mir."

„Schiffe in Sicht!", rief der junge Elb im Ausguck aufgeregt und weckte mit seinem Ruf das ganze Schiff auf und auch noch die Hälfte aller Elben auf dem anderen Schiff.

Legolas, der schon seit dem Ende des Gesprächs mit Sanye am Bug des Schiffes gestanden und voraus geschaut hatte, seufzte leise. Er hatte die Schiffe schon lange bemerkt, wollte jedoch keinen Alarm geben, darauf vertrauend, dass sie nicht mehr lange unbemerkt bleiben würden.

„Es sind die Cirya und die Elerína!", fügte der Elb nun noch hinzu, so laut, dass Legolas beinahe glaubte, dass man ihn noch auf den beiden genannten Schiffen hatte hören müssen. Augenblicke später stand Sanye neben ihm, mit einem Ausdruck grimmiger Zufriedenheit auf dem Gesicht.

„Dann hat die Jagd hier ein Ende."

TBC...