Tanja: Danke für das Review - hiermit geht es weiter :)

Liderphin: Ähem... bei An den Horizont schreibt Eowyn nicht mit ;) Folgendermaßen, die Sache mit den Noldor und den Piraten: Alqalonde ist bekanntlich eine Stadt der Teleri. Nach dem Sippenmord an selbigen waren die Noldor natürlich alles andere als gern gesehen dort; deswegen dürfte ein Noldo in Alqalonde es ja ziemlich schwer haben, nicht? Und in dieser Situation ist die Piraterie sicherlich eine nicht unattraktive Lösung... das wars auch schon ) Was Chasing the prey bedeutet? Uff, schwierig zu übersetzen. "Die Beute jagen" trifft es aber gut, auch wenn die richtige grammatikalische Konstruktion damit nicht wiedergegeben wurde :)

Sirina: Joa, es kann sein, dass es etwas verwirrend ist, es sind insgesamt auch vier Schiffe :) Bei Wunsch kann ich eine etwas ausführlichere Erklärung abgeben :)


Beta: Erráme

Last Strike

Die Jagd war zu Ende.

Die ganze Nacht hindurch hatten sie die Cirya und die Elerína verfolgt, begünstigt von den Winden und der Strömung des Meeres. Nun glänzten alle vier Schiffe hell im Sonnenlicht, schimmerten weiß wie die Schwäne, nach deren Vorbild sie gebaut worden waren. Auf den Schiffen der Verfolger herrschte geschäftiges Treiben; die Piraten verkleideten sich als Soldaten aus Alqalonde oder holten sich einige der Gefangenen an Deck, die so schienen, als würden sie keinen Ärger machen.

Auch unter Deck wurde aufgeräumt. Faire stand auf einem der Zwischendecks und beobachtete, wie die Gefangenen umgesiedelt wurden, um einige leere Räume zu schaffen, in denen sie später Verletzte behandeln konnte. Schon immer hatten sie es auf der Cirya so gehandhabt, und auch auf dem fremden Schiff erschien es Faire sinnvoll. Der Kampf mit den Piraten Néndils würde viele Opfer fordern, dessen war sie sich sicher.

„Wir sind gleich da, alle Mann auf ihre Posten!", rief Sanye in diesem Moment, kam schweren Schrittes durch den Gang gelaufen und scheuchte sämtliche Männer an Deck oder zumindest außer Sichtweite. Dann wandte er sich Faire zu, die mittlerweile weiße Laken und Decken auf den verschiedenen Liegemöglichkeiten verteilte.

„Überleg es dir, Süße. Wir sind dicht vor Alqalonde; wenn wir die Cirya und die Elerína wie geplant erreichen, werden wir direkt an der Hafenzufahrt sein. Ich denke, Néndil will zwielichte Geschäfte machen und hält deshalb auf den Hafen zu."

„Ich denke darüber nach", erwiderte Faire steif und wandte sich dann wieder ihrer Arbeit zu.

„Das wird sicherlich ein Spaß", meinte Gimli optimistisch und fuhr mit den Fingerkuppen die Schneide seiner Axt entlang. „Obwohl mir leicht unwohl bei dem Gedanken ist, gegen Elben zu kämpfen – dir etwa nicht?", fragte er Legolas, der ungerührt neben ihm stand und aus dem Bullauge des kleinen Raumes auf die See hinaus blickte. Am Horizont schimmerte ein feiner silberweißer Streifen – der Glanz Alqalondes, den man selbst bis hierher sehen konnte.

Alqalonde. Wie sehr hatte er sich nach diesem Hafen gesehnt, nach den silbernen Türmen und den Weiten der Unsterblichen Lande, die sich hinter den Bergen für ihn auftun würden. In den letzten Tagen hatte er den Schmerz verdrängt, der sein Herz ergriff bei jedem einzelnen Gedanken daran, aber jetzt trat er wieder ans Licht, genauso nachhaltig wie zuvor. Sein Herz verlangte nach Valinor, nach dem, was hinter dem Horizont lag; zu nah war das Ziel nun, und nichts in dieser Welt würde ihn davon abhalten können, diese Lande zu betreten – niemals mehr.

Schon gar nicht Néndil und dessen Leute.

„Mir geht es ebenso, mein kleiner Freund", antwortete er schließlich und blickte hinab auf das Messer in seiner Hand. „Aber welche Wahl haben wir? Selbst wenn wir hier blieben, bestünde eine noch größere Gefahr, als wenn wir dort oben mit den Piraten kämpften. Nein, Beriod", schnitt er dem Nando das Wort ab, bevor dieser auch nur einen Laut hatte sagen können, um Legolas davon zu überzeugen, doch unter Deck zu bleiben. Schweigend gab Beriod auf und widmete sich wieder seinen Waffen, in Gedanken bereits weit weg.

Zufrieden beobachtete Néndil, wie die Elerína und die Cirya sich der Hafeneinfahrt näherten. Niemand schien Verdacht zu schöpfen.

Natürlich nicht. Er kannte diejenigen, die den Zugang bewachten mit ihren kleinen, wendigen Schiffen. Zeigte man sich ihnen mit ordentlich gekleideter Mannschaft, einem sauberen Schiff und versteckten Namenszügen am Bug, kamen sie niemals auf die Idee, dass sie gerade ein Piratenschiff in den Hafen einfahren ließen. Der Name der Cirya war überstrichen worden, der Schriftzug ‚Elerína' wurde von einem feinen weißen Segeltuch überdeckt, das halb über der Reling hing und gerade scheinbar von zwei Männern geflickt wurde.

„Alles sieht gut aus", meinte sein erster Offizier neben ihm. „Sie haben keine Fragen gestellt. Dicht hinter uns fahren noch zwei ihrer Schiffe auf den Hafen zu; sie werden denken, diese hätten uns bereits abgefangen und für ungefährlich befunden."

„Zwei Schiffe? Wo kommen die so plötzlich her?", fragte Néndil stirnrunzelnd.

„Sie scheinen schon eine Weile hinter uns gewesen zu sein", kam die Antwort. „Waren aber während der Nacht nicht zu sehen und wurden in der Dämmerung nicht entdeckt, weil unser Ausguck durch die Sonne geblendet wurde. Es sind Schiffe von Alqalonde, offenbar ein Patrouillenschiff - viele der Männer an Bord des einen sind Soldaten, wie es scheint. Das andere sieht nach einem Handelsschiff aus."

„Gut", nickte Néndil. „Dann werden uns ja keine Probleme erwarten."

Schweigend harrte er aus, während die Cirya und die Elerína den schmalen Torbogen, der den einzigen Zugang zum Hafen darstellte, passierten und in das runde Hafenbecken einliefen. Ihnen folgten die beiden anderen Schiffe, die trotz des engen Beckens aber keine Anstalten machten, ihre Geschwindigkeit zu verringen; im Gegenteil, das eine Schiff setzte sogar noch ein paar zusätzliche Segel, trotz der kräftigen Brise.

„Was haben die vor?", wunderte sich einer von Néndils Männern, der gerade die Segel eingeholt hatte, während ein anderer das aussprach, was längst schon alle bemerkt hatten: „Die halten direkt auf uns zu!"

Ungläubig starrte Néndil das andere Schiff an, das andere Schiff und das Gesicht, das ihn über das Steuerrad hinweg teuflische angrinste. Dann wurde er zu Boden geschleudert, als sich der Bug des Schiffes ungebremst in die Seite der Elerína bohrte.

„Sie sind zu schnell – wir können sie nicht mehr einholen, bevor sie den Hafen erreichen!", rief der Junge im Ausguck.

„Dann folgen wir ihnen eben in den Hafen hinein", erwiderte Sanye grimmig und malträtierte das Steuerrad so heftig, dass sich das Schiff protestierend im scharfen Wind aufbäumte. Problemlos kamen sie durch die Hafeneinfahrt, war das Schiff doch eines der Flotte Alqalondes und nicht im Mindesten verdächtig. Die Mannschaft war viel zu gut ausgebildet um sich ihr Schiff stehlen... nein, kapern – nautischer Begriff – also, um ihr Schiff kapern zu lassen... zumindest dachten die zuständigen Wächter dies.

„Festhalten, Tinwe", befahl er dem kleinen Elben, der im Gegensatz zum größten Teil der Besatzung noch nicht begriffen hatte, was der Kapitän vorhatte. Mit großen Augen tat er, was Sanye ihm gesagt hatte.

Dennoch stürzte er unsanft zu Boden und rutschte einige Schritt weit über das Deck, als das Schiff die Elerína rammte, sich aufbäumte wie ein verletztes Tier und plötzlich wieder so ruhig im Wasser lag, als wäre nichts geschehen. Aber nur einen Wimpernschlag dauerte das Schweigen, bevor Sanyes Piraten mit Geschrei auf das andere Schiff sprangen oder an Seilen hinüberschwangen, bevor der Kampf begann.

„Verdammte Piraten, können nicht mal ein Schiff geradeaus steuern!"

Lauthals fluchend bahnte Gimli sich seinen Weg an Deck, was der immer stärker werdenden Schlagseite des Schiffes wegen nicht gerade einfach für ihn war. Beriod und Legolas folgten ihm mit weit weniger Problemen, aber besorgteren Gesichtern.

An Deck angekommen hatten sie allerdings nicht mehr viel Zeit sich über irgend etwas sorgen zu machen. Innerhalb von Augenblicken wurden die drei getrennt und fanden sich an den unterschiedlichsten Enden des Schiffes wieder, schwer bedrängt von den Piraten Néndils, die zum Gegenangriff übergegangen waren. Auf zwei Schiffen wurden die Klingen gekreuzt, gingen Männer zu Boden. Auf zwei Schiffen wurden die schwanenweißen Planken rot vor Blut. Auf zwei Schiffen ging es um Leben und Tod.

An den Kais und den Hafenmauern drängten sich mittlerweile die Elben und betrachteten teils neugierig, teils verschreckt das Schauspiel, das sich ihnen bot. Schiffe mit Soldaten näherten sich dem Schauplatz des Kampfes, konnten aber nicht dazustoßen – zu schräg lagen die Elerína und das andere Schiff mittlerweile im Wasser, die Cirya versperrte die einzige Möglichkeit, auf eines der beiden Schiffe zu gelangen, auf denen gekämpft wurde. Aber etwas unternehmen mussten die Wächter Alqalondes – sie konnten doch Piraten nicht erlauben, ihre Kämpfe inmitten des Hafenbeckens auszutragen!

Mit leichten Äxten und Enterhaken begannen sie, den Rumpf der Cirya zu bearbeiten, um irgendwie an dem Schiff anlegen zu können, dass ständig ziellos umherdriftete, immer in die - aus der Sicht der Soldaten - falsche Richtung.

Sanye, der gerade am Mast der Elerína emporkletterte – nicht ganz so empor, da der Mast bereits bedenklich schräg stand – bemerkte es aus den Augenwinkeln.

„Hört sofort auf, Löcher in mein Schiff zu machen!", brüllte er zu ihnen herunter und wäre um ein Haar abgestürzt, bekam jedoch noch ein Tau zu fassen und hangelte sich weiter. Wieder bemerkte er etwas aus den Augenwinkeln – oder besser gesagt, jemanden.

„Na? Freut es dich, was du siehst? Damit bestätige ich doch, was du schon immer von mir dachtest...", murmelte er unterdrückt, den Blick auf seinen Vater geheftet, der fassungslos unter den Elben am Kai stand und ihn offenbar auch erkannt hatte. „All die Jahre... hast mich sicherlich für tot gehalten... bist wohl jetzt auch mit deiner Weisheit am Ende, was?"

Er wurde unsanft aus seinem Selbstgespräch gerissen, als sich ein Messer nur eine halbe Handbreit neben seinem Gesicht in den Mast bohrte.

„Sanye!", rief jemand, aus dessen Stimme der pure Hass klang.

„Néndil, wie schön, dich zu sehen!", erwiderte Sanye breit lächelnd.

„Wie, bei Morgoth, bist du von dieser Insel heruntergekommen?", rief der Bruder Beriods und machte Anstalten, ein zweites Messer zu werfen. Dem entging Sanye, indem er sich einfach fallen ließ und angesichts der Neigung des Masts sicher auf dem Deck des anderen Schiffes landete.

„Sag ich dir nicht", meinte er laut, wohl wissend, in welchen Zorn er Néndil mit seiner forschen Art versetzte, und fasste den Griff seines Schwertes fester.

Legolas, Beriod und Gimli schlugen sich derweil ziemlich gut angesichts der Übermacht – Legolas durch seine Schnelligkeit, Beriod durch seine Kraft und Gimli... ja, Gimli einfach dadurch, dass er beständig unterschätzt wurde und sich als sehr einfallsreich bei der Wahl seiner Waffen erwies. Leider bemerkte er in seinem Elan nicht, wie sich das Deck der Elerína immer weiter zur Seite neigte; so genügte ein etwas zu heftiger Schlag mit seiner Axt, um ihn aus dem Gleichgewicht zu bringen. Das Geländer des Decks versuchte noch einen Moment lang, sein Gewicht zu halten, gab diesen sinnlosen Versuch dann jedoch auf... und ein ziemlich nasser Zwerg schwamm schimpfend im warmen Wasser des Hafenbeckens.

„Du solltest eigentlich hier oben etwas helfen", meinte Legolas belustigt und wischte sein blutiges Messer am Hemdkragen des Elben ab, den er soeben erstochen hatte.

„Hilf mir gefälligst – ich bin ein Zwerg und kein Fisch!", beschwerte Gimli sich lauthals und strampelte im Wasser.

„Verzeih, mein Freund, aber ich bin anderweitig beschäftigt", gab Legolas zurück und konzentrierte sich auf die beiden Elben, die in diesem Moment auf ihn zustürzten.

Gleichzeitig wurden auf der Cirya plötzlich die Segel gesetzt und das zuvor ziellos umhertreibende Schiff nahm leicht Fahrt auf.

"Es war vorherbestimmt, dass wir uns eines Tages gegenüber stehen würden", sprach Néndil lauernd. „Ich habe dich niemals verstanden, Bruder, und ich werde es auch niemals können." Er war während seines Kampfes mit Sanye in die Nähe seines Bruders geraten und hatte beschlossen, sich lieber mit ihm zu befassen, zumal Sanye eh wieder an einem der Taue hing und von anderen Männern in Schach gehalten wurde.

„Das verlange ich auch gar nicht. Ich habe begriffen, dass du es nicht kannst. Und auch ich sah diesen Tag schon lange kommen", erwiderte Beriod tonlos, folgte den kaum sichtbaren Bewegungen seines Bruders, bereit, jeden Angriff abzuwehren, so schnell er auch erfolgen mochte.

„Dann beenden wir es jetzt", stellte sein Gegenüber fest und griff an.

Währenddessen beobachtete Legolas aus den Augenwinkeln das stetige Abdriften der Cirya und ihm wurde klar, was dort vor sich ging. „Gimli! Bist du noch da?", rief er über Bord.

„Ich bin ganz bestimmt nicht weggelaufen!", kam es von irgendwo knapp über der Wasserlinie zurück. Der Zwerg klammerte sich an eine Planke und versuchte, nicht von den immer wieder zusammenstoßenden Schiffen erdrückt zu werden.

„Schwimm hinüber zu unserem Schiff!"

„Schwimm hinüber zu unserem Schiff", grummelte Gimli. „Zu welchem denn, wenn man fragen darf?"

Legolas hielt inne und warf einen Blick hinab aufs Wasser. „Zu dem einzigen, das noch halbwegs gerade schwimmt", antwortete er dann und deutete mit dem Messer auf das Schiff, mit dem er einst von der Elerína gerettet worden war.

„Oh."

TBC...