Tanja: Danke für das Review, sag ich da nur )

YamiTai: Nicht nur zufällig ;D Aber freut mich, dass es mal jemandem so sehr auffällt..

Liderphin: Eowyn und ich schreiben nur "... and far away" und "Hên en anor" zusammen, der Rest ist meins... mein Eigen... mein Schatzzzzzzzzzzzz... Wooops ;)

Wie dem auch sei, ich kündige hiermit mal den Endspurt an...


Beta: Erráme

Take me to the horizon

Es war, als wäre nichts gewesen.

Das Geschrei der Möwen, die sich in den sanften Winden emporschwangen bis in die höchsten Gefilde des Himmels. Das Schaukeln der weichen Wellen, kristallklar und geschmückt mit silbernen Kronen. Der Geruch nach Salz und Algen, der Geruch der Freiheit. Der Schimmer des Horizonts in der Ferne.

Als wäre nichts gewesen, schlug Sanye die Augen auf, besah die geschnitzte Decke über ihm, das Licht, das durch das Bullauge in seine Räume fiel.

Seine Räume? Wie war er hierher gekommen... als er sich aufrichten wollte, hielt er schmerzerfüllt stöhnend inne.

„Bleib liegen. Die Wunden sind tief", hörte er eine sachte Stimme neben sich.

„Du bist noch hier", murmelte er. „Du bist hier geblieben..." Er wandte den Kopf und sah Faire an, die neben dem Bett auf dem Boden kniete und offenbar geschlafen hatte, Kopf und Arme auf der Bettkante ruhend. Ein leichtes Nicken war die Antwort, sie sah ihn nicht an. „Warum...? Du weißt, dass ich ihn gefragt habe und dass er sich bereit erklärt hat, dich mitzunehmen..."

„Ja. Und er fragte mich, bevor er ging. Aber ich sagte nein", sagte sie tonlos und sah Sanye missbilligend an, als dieser sich mühsam aufsetzte.

„Was ist passiert?"

„Bei einer deiner Aktionen an den Masten bist du gestürzt, weil jemand das Seil durchgetrennt hatte, an dem du hingst. Du bist auf einige geborstene Planken gefallen... die Splitter haben dich praktisch durchbohrt", berichtete sie widerwillig, jedoch eindeutig besorgt.

„Wir sind auf der Cirya? Was ist mit den anderen geschehen?"

„Das sind wir. Erkennst du deine eigenen Räume nicht mehr?" Sie hielt einen Moment lang inne. „Beriod hat Néndil im Kampf getötet, ist jedoch ebenfalls schwer verletzt worden; Legolas und Gimli haben nicht mal einen Kratzer. Sie sind auf das Handelsschiff geflohen, als die Elérina und das Schiff, mit dem wir sie gerammt haben, gesunken waren und Néndil mit in ihr dunkles Grab genommen hatten. Legolas ist dann noch mal auf die Cirya gekommen, mit einem Maia namens Olórin. Zusammen haben wir dich wieder einigermaßen zusammenflicken können. Dann sind sie in Alqalonde an Land gegangen... ich soll dir Grüße bestellen, Legolas wird sich bald melden, hat er gesagt", endete sie.

Sanye wiegte leicht den Kopf. „Gut zu hören..." Er seufzte. „Nun... es war vielleicht tatsächlich ein Fehler, ihn zu entführen. Nichts als Verluste hat es uns gebracht."

„Ein gutes hatte es doch - du musst dich nicht mehr ständig über Néndil ärgern... man kann von dir sagen, was man will, Sanye, aber Pirat ist nicht gleich Pirat, und Néndils Tod müssen wir wohl nicht bedauern."

„Das sagst du?", lächelte er. „Selten habe ich jemanden umgebracht – oder umbringen lassen – selten wie kein anderer Pirat. Aber dennoch hast du es mir jedes Mal vorgehalten. Und nun?"

„Es gibt vieles, über das ich meine Meinung geändert habe in der letzten Zeit", lächelte sie leicht und setzte sich auf die Bettkante.

„Das hoffe ich", erwiderte Sanye, zog sie an sich und flüsterte sacht in ihr Ohr: „Bleibst du bei mir...?"

„Ja", wisperte sie. „Ja, ich bleibe bei dir."

„Eine ereignisreiche Reise habt ihr hinter euch", meinte Olórin vergnügt, nachdem Legolas und Gimli ihm ausführlich von der Entführung durch die Piraten erzählt hatten. „Ein Brief Sanyes ist vor einiger Zeit in Alqalonde angekommen, jedoch ohne eine Unterschrift. Deswegen dachten die Soldaten, sie hätten den Fall mit eurer Befreiung von der Elérina erledigt", fügte er hinzu und lehnte sich an die hohe Lehne seines Stuhls. Sein Hut und der weiße Stab lagen neben ihm auf dem Tisch. Ihm gegenüber saß Gimli, der sich an den verschiedensten Speisen auf dem Tisch gütlich tat; Legolas, wieder in schlichte hellgraue Roben gekleidet und mit gelöstem Haar, stand am Geländer und blickte hinab auf die tosende See und auf Beriod, der dort unten auf einem Felsen saß und auf das Meer hinausblickte.

„Ich sorge mich um Beriod", sprach er leise. „Seine Wunden verheilen – dennoch.."

„Er tötete seinen eigenen Bruder. Niemand könnte danach weiterleben wie zuvor", hielt Olórin leise dagegen. „Er wird sich wieder fangen, Legolas, lass ihm nur Zeit. Stell ihn einige Tage frei."

„Das habe ich bereits getan, und er schien alles andere als glücklich darüber. Obwohl hier in diesen Landen niemals Gefahren drohen, nimmt er seine Aufgabe immer noch ernst... zu ernst vielleicht", seufzte der blonde Elb und setzte sich wieder zu seinen beiden Freunden an den Tisch.

Auf seinem Platz lag ein halb fertiger Brief; er tauchte die Feder in das Tintenfass und schrieb zögerlich weiter, hielt dann inne und überlegte.

So vieles war geschehen, so vieles, was seine Ankunft in Valinor verzögert hatte. Die Erlebnisse wollte er nicht missen, trotz des Schmerzes, den er hatte erfahren müssen – körperlicher Schmerz durch die Misshandlung der Piraten Néndils, doch auch seelischen Schmerz durch seine eigene Sehnsucht nach Valinor, das er zwischenzeitlich niemals mehr zu erreichen glaubte. Aber auch Freundschaft hatte er gefunden, wo er nur Hass glaubte, und Zuverlässigkeit, wo er Verrat vermutet hatte. Nun war er hier, in Valinor, in einem Haus etwas außerhalb von Alqalonde, und schrieb diesen Brief. Die Sonne schien, eine warme Brise ging, und langsam verblassten Schrecken und Schmerz, langsam, aber stetig. Verständnis machte sich in ihm breit.

Er hatte mit Sanyes Vater gesprochen, kurz nachdem er endlich in Alqalonde an Land gehen konnte und den Moment der Glückseligkeit in ihm voll auskosten wollte. Bereits nach einigen Worten war ihm klar geworden, dass er bei diesem Mann kein Verständnis für das Verhalten seines Sohnes würde wecken können, und wenn er es noch so sehr versuchte. Hier war nur Stolz, Stolz auf das Blut, Stolz auf die Familie, Überheblichkeit gegenüber den einfachen Leuten der Sindar. Legolas hatte das Gespräch rasch beendet.

Aber Olórin, ja, Olórin hatte verstanden, ohne viele Worte. Er war mit auf die Cirya gekommen, hatte Sanye wahrscheinlich sogar das Leben gerettet, hatte dafür gesorgt, dass die Cirya den Soldaten Alqalondes entkommen konnte. Die Weisheit der Maiar konnte selbst in Piraten noch Elben sehen, konnte selbst ihnen noch mit Respekt begegnen, wie es die Elben in Valinor nicht mehr vermochten, geblendet vom Glanz der Unsterblichen Lande.

Wortlos stand Legolas auf, nachdem er den Brief beendet hatte, ging über steile Treppen hinab bis zu dem Felsen, wo Beriod saß, und setzte sich immer noch schweigend neben ihn. Vom Himmel stürzte sich ein Adler hinab auf die beiden, landete sicher auf Legolas' Schulter und nahm den Brief, um ihn zu Sanye zu bringen. Beriod sah dem dunklen Tier noch lange nach, wie es im tiefen Blau des Himmels verschwand, und bemerkte nicht einmal, wie Legolas ihn nach einiger Zeit wieder alleine ließ. Zu sehr versunken in den Gedanken an seinen Bruder war er, zu sehr versunken in dem Schmerz, der ihn noch lange Zeit begleiten würde, vielleicht sein Leben lang.

„Sanye?", fragte der kleine Tinwe eines Morgens und steckte den Kopf durch den Türspalt.

„Nicht so laut...", antwortete eine klägliche Stimme, gefolgt von einem glockenhellen Lachen.

„Er hat gestern etwas zu viel getrunken", meinte Faire lächelnd und nahm dem kleinen Elben den Brief ab, den er in der Hand hielt. Als die Tür wieder ins Schloss gefallen war, ging sie zurück zu dem Stuhl, in dem Sanye mehr hing als saß und sich den Kopf hielt. „Ich habe dich doch gewarnt", meinte sie und riss den Umschlag auf, ein Geräusch, bei dem der Kapitän der Cirya zusammenzuckte und sich offenbar am liebsten die Ohren zuhalten wollte. „Für dich, kannst du lesen?", fragte sie noch, ließ den Brief in seine Hand fallen, küsste ihn sacht und verschwand dann im angrenzenden Raum.

„Kannst du lesen... was für eine Frage...", grummelte der schwarzhaarige Elb, konnte jedoch nicht verhindern, dass die Buchstaben vor seinen Augen immer wieder verschwammen und umher tanzten, während er las. „Von Legolas", sagte er schließlich und faltete das Blatt zusammen.

„Wirst du zurückschreiben?", rief die Halbelbenfrau ihm zu.

„Ich denke schon... ja, das werde ich", murmelte er.

Wenig später stand er an Deck, am Steuerrad der Cirya, und ließ den Wind seine zweifelnden Gedanken fortblasen. Ja, er würde ihm antworten, den Kontakt mit Legolas halten, auch wenn dies ein Risiko bedeutete. Aber er verdankte diesem Sinda vieles und fühlte sich – teilweise gegen seinen Willen – durch Freundschaft mit ihm verbunden.

Freude durchfuhr ihn, als der Wind aufheulte, die Segel der Cirya sich aufblähten und das Schiff schnellere Fahrt machte. Wie sehr hatte er dies vermisst, einfach umhersegeln auf dem unendlichen Ozean, ohne Heimat und ohne Ziel, immer dort zu Haus, wo das Herz war.

„Wohin gehen wir nun?", fragte Faire neben ihm leise.

„Dorthin, wo der Wind uns hinträgt. Ins Nirgendwo, wie wir es immer taten", erwiderte er, hob den Kopf und flüsterte dem Wind zu: „Bring mich an den Horizont..."

TBC...