„So ein blöder Arsch, was bildet der sich eigentlich ein. Der denkt wohl, das wäre hier sein Haus. Ich meine, meinetwegen kann er sich auch an einem anderen Ort ausruhen oder was auch immer. Wenn er es noch mal wagen sollte mich zu beleidigen, dann werde ich ihm höchstpersönlich den Kopf abreißen." Hermine hatte die Tür mit einem lauten Knall ins Schloss fallen lassen und war in ihr Zimmer gestürmt. Sie warf sich wutentbrannt auf ihr Bett und schleuderte ihre Schuhe quer durchs Zimmer. Sie achtete nicht auf ihre Lautstärke und auch nicht auf das Teelicht aus Glas, das sie mit ihrem Schuh von der Fensterbank gefegt hatte. „He, was soll das denn?" Hermine erschrak als sie eine verschlafene und leicht schrille Stimme aus der Nähe des Fensters vernahm. Ginny! Die hatte sie ganz vergessen. „Oh man, tut mir leid. Ich habe nicht an dich gedacht!" Hermine ging auf das Bett mit dem zerknautscht aussehenden Mädchen zu und ließ sich am Fußende nieder. „Man, dein oller Schuh hat mich am Kopf getroffen. Na klasse, ich bekomme jetzt bestimmt eine riesige Beule!" Ginny setzte sich auf und rieb sich die Schläfe. Sie sah Hermine nicht ohne Grinsen an und schüttelte leicht den Kopf. „Ich würde ja zu gerne wissen wird dich dazu gebracht hat so wütend zu werden. Aber ich kann es mir schon denken." Sie setzte ein überlegendes Lächeln auf und sah ihre Freundin viel sagend an. „Ich weiß nicht worauf du hinaus willst. Wer soll das bitte sein?" Hermine verschränkte demonstrativ die Arme vor der Brust und streckte ihre langen Beine auf der Decke aus. „Genau das würde ich auch sagen. Ach komm, was hat er diesmal wieder angestellt?" Ginny verstärkte ihr Grinsen erneut und beugte sich ein wenig vor, so als würde sie sonst etwas verpassen. „Wenn du auf deinen Bruder hinaus willst, dann sag ich dir nur: DU SPINNST! Warum sollte er mich verärgern. Und das mitten in der Nacht." Sie schüttelte ungläubig den Kopf. „Erstens weil es eben Ron ist und zweitens weil es euer liebstes Hobby ist euch zu ärgern und Punkt drei müsste dir ja wohl bekannt sein!" Ginny warf die Decke beiseite und stand aus ihrem Bett auf um ans Fenster zu treten. „Ich weiß nicht was du meinst. Was sollte mir bekannt sein?" Hermine machte es sich in Ginnys Bett bequem und sah auf das rothaarige Mädchen, das sich just in dem Moment, in dem Hermine sich mit der Decke zudeckte, umdrehte. „He, das ist mein Bett." „Nur fünf Minuten zum Aufwärmen. Also sag schon." Ginny atmete tief durch und gab ihrer Stimme einen geheimnisvollen Unterton. „Na ja, es ist nun mal eine Tatsache, dass Ron dich mag. Du brauchst gar nicht so zu gucken. Er mag dich sogar sehr. Und sag nicht, dir wäre das nicht schon mal aufgefallen. Er sieht dich schon seid eurem dritten Jahr so an. Und das ist schon fast peinlich." Ginny nahm auf dem Schreibtischstuhl platz und zog ihr Nachthemd über ihre hochgezogenen Knie und warf ihrer Freundin einen prüfenden Blick zu. „Also, was sagst du dazu?" Doch die verschränkte ihre Arme hinter ihrem Kopf und starrte die Decke an. „Du übertreibst. Vorpubertäre Schwärmereien sind das gewesen. Das hat nichts zu sagen. Und du weißt doch, ich mag ihn auch sehr gerne. So wie Harry auch." Sie drehte ihren Kopf und blickte auf die gestalt am Fenster, deren Haare durch das Mondlicht in goldene Farben getaucht wurde. Ginny erwiderte jedoch „Nein, das ist mehr als irgendeine Schwärmerei. Ron mag dich nur als Kumpel, er mag dich als Mädchen." „ Na super, ich bin ja auch ein Mädchen. Es wäre ja auch ziemlich blöd, sollte er mich nicht als Mädchen mögen. "Er mag dich weil du bist wie du bist, weil du ein Mädchen bist und auch wie eins aussiehst. Er mag dich so wie Harry Cho mochte oder so wie ich Har…" Doch weiter kam sie nicht. Als sie merkte was sie gerade gesagt hatte schlug sie die Hände vor ihren Mund und senkte den Kopf. „Aha, Ginny, Ginny, Ginny- da lodern also doch noch Gefühle in dir. Und mir willst du etwas vormachen?" Hermine brach in ein glucksendes Lachen aus, das sich eher wie ein asthmakrankes Meerschweinchen anhörte. „Das ist nicht witzig. Überhaupt nicht. Und außerdem wollte ich nur sagen…" „Versuch nicht, dich rauszureden. Du magst ihn also immer noch. Und mir sagst du, da wäre nichts. Ich bin sehr enttäuscht!" Hermine bemühte sich zwar ihrer Stimme einen herben Unterton zu verleihen, doch sie scheiterte kläglich. Und das brachte Ginny noch mehr auf die Palme. „Das ist nicht wie du denkst. Ich mag Harry als Freund. So wie ich Neville mag. Aber würde ich deswegen mit ihm ausgehen?" Ginny stand vom Stuhl auf und fing an durchs Zimmer zu gehen, was hingegen Hermine ganz gewaltig auf die Nerven ging. „Würdest du deswegen mit ihm ausgehen? Meines Wissens bist du bereits mit ihm ausgegangen." Langsam würde Hermine die Sache zu blöd und sie stand aus ihrem bett auf und ging zu ihrem eigenen. „Ich bin mit ihm ausgegangen? Und wann soll das bitte gewesen sein? Da muss ich wohl im Koma gelegen haben!" „Dann werde ich deinem Gedächtnis mal auf die Sprünge helfen. Was war denn mit dem Weihnachtsball?" Ginnys Gesichtsausdruck wechselte von spöttisch über fragend bis hin zu erklärend. „Das war nicht so was wie ein Date. Überhaupt nicht. Neville hat mich gefragt und ich hab ja gesagt. Und zwar als Freundin, nicht als feste Freundin!" Hermine wirkte immer noch nicht sehr überzeugt und bohrte weiter nach. „Du willst also sagen, ich wart einfach nur zusammen. Und er gab keine Annäherungsversuche, und keine Knutscherei vorm ins Bett gehen?" „Nun ja, eigentlich doch!" Hermine starrte ihre Freundin an. „Du hast mit Neville rumgeknutscht? Wann? Wo ? Und wie war es?" Ginny verdrehte die Augen, antwortete dennoch. „Bevor wir in unsere Schlafsäle gegangen sind, nach dem Ball und er war in Ordnung. Aber wir haben beide gemerkt, dass es da nix gibt zwischen uns." Hermine starrte Ginny immer noch ungläubig an. „ Das hast du mir nie erzählt!" „Es war ja auch keine große Sache. Es war ein Kuss und gut. Aber weißt du was, wir kommen immer weiter vom Thema ab. Du wolltest mir eigentlich erzählen wer dich so aufgeregt hat." Hermines Gesicht bekam wieder einen sauren Ausdruck. „Na dreimal darfst du raten. Draco natürlich. Hat mich mal wieder blöd angemacht. Nur weil ich ihm ein Glas Wasser gebracht habe. So ein, ach keine Ahnung was ich da noch sagen soll…!" „Komm mal wieder runter. Du kennst den doch. Der ändert sich nie. Ein Malfoy bleibt ein Schwein. Egal wo er sich aufhält, mich welchen Leuten er rumhängt und was sonst noch."
Beide Mädchen lagen nun wieder in ihrem Betten und wollten sich wieder ihren Träumen hingeben als Ginny noch etwas in den Sinn kam. „Du hast mir noch nicht auf die Sache mit Ron geantwortet. Was sagst du dazu?" Hermine stöhnte laut und warf ein Kissen an die gegenüberliegende Wand. „Man Ginny, da ist nichts. Solange Ron sich wie ein Rind benimmt, läuft da nix!" „Aha, also würdest du es nicht ausschließen, dass da jemals was laufen könnte?" „Um ehrlich zu sein, nein. Ich mag ihn ja aber er ist nun mal Ron. Einfach ziemlich unorganisiert und trampelig. Ich komm mir immer mehr wie seine Mutter vor wenn ich mit ihm rede. Ich muss ihn auf seine Hausaufgaben hinweisen, darauf, dass es für die Prüfungen lernt. Ich muss ihn beruhigen wenn er Malfoy mal wieder verprügeln will. Das ist doch krank!" „Aber du kennst doch Jungs. Alle ziemlich unterentwickelt und bescheuert wenn sie so alt sind wie wir. Ich würde ja auch immer einen älteren nehmen. Aber der ändert sich auch noch. Dann fängt er auch mal an Verantwortung zu übernehmen. Fragt mich aber nicht wann das sein soll." Ginny fügte noch hinzu. „Er ist eben Ron. Aber er ist nett und hilfsbereit. Und das Herz brechen würde er einem nicht." Sie wartete auf eine Antwort aber sie bekam keine. „Hermine? Was denkst du?" „Ich weiß was du meinst. Aber nach der Sache mit Viktor weiß ich nicht was ich machen soll. Es kommt ja keine Initiative von Ron. Er ist beleidigt wenn ich mit anderen Jungs rede aber fragt mich nicht mal ob wir was machen wollen. Ich weiß gar nicht woran ich bei ihm bin!" „Glaub mir, der ist in einem regelrechten Liebeswahn. Aber in der Sache einfach zu verklemmt. Seine Zeit wird kommen. Vertrau mir."
„Gut, das werde ich. Aber nur unter der Bedingung wenn du mir erzählst was mit dir und Harry ist." Dieses Mal stöhnte Ginny laut auf und warf ebenfalls ein Kissen gegen die Wand. „Ich leugne nicht, dass da Gefühle für Harry waren, wie du ja weißt. Aber ich habe einen Freund wie du ebenfalls weißt. Und Dean ist echt nett. Diese Schwärmerei waren doch einfach nur Peinlich." „Dean ist nett, schon klar aber ist er auch der Richtige? Das bezweifle ich genauso wie du!" „Ich zweifle nicht." Nach einer kurzen Pause fügte sie jedoch hinzu: „Na gut, das habe ich schon aber ich will auch meine Leben genießen und kann nicht nur warten bis der Richtige auf mich zukommt und mein Herz im Sturm erobert. Vorher müssen dann halt ein paar Fehlgriffe gemacht werden. „Ach Ginny, es ist schon schwer den Richtigen zu finden. Michael war ein Reinfall, Viktor auch nicht das Wahre. Und Dean ist nett aber sicher nicht der Traum deiner schlaflosen Nächte" Hermine schloss ihre Augen und fuhr mit sanfter Stimme fort. „Vielleicht wendet sich ja endlich mal alles zum Guten. Nach all den schlimmen Sachen die in den letzten Jahren passiert sind, kann es doch eigentlich nur besser werden. Vielleicht gehört da ja auch unser Liebesleben zu." Stille trat ein und die beiden Mädchen waren kurz vorm einschlafen als Ginny doch noch etwas einfiel. „Ach Hermine, das Teelicht was du in deiner blinden Wut zerstört hast, musst du mir ersetzten." Sie gähnte herzhaft und fuhr mit schläfriger Stimme fort. „Es ist ein Geschenk von Harry." Hermine bemerkte nur noch leise „Wem willst du was vormachen Ginny?" Doch das bekam sie schon nicht mehr mit. Ginny war eingeschlafen.
