Grobes Erwachen Kapitel 4 Januar 1978

Hermine trottete durch die leeren Hallen von Hogwarts und fühlte sich so fehl am Platz an diesem Ort, der ihr doch eigentlich lieb und vertraut war. Aber wie konnte man sich wohl fühlen, wenn man sich nicht sicher war, ob all das, was real erschien nicht doch nur ein Traum war?

Die Gänge waren kalt und eine leichte Briese durchwehte die Korridore von Zeit zu Zeit und schreckte den Staub aus den Ecken, oder das eine oder andere zurückgelassene Stück Pergament, dass ein Schüler liegen gelassen haben mochte, auf. Bald stand sie vor Dumbledores Wasserspeier und somit vor dem nächsten Problem.

Wie lautet das Passwort? Verdammt.

Plötzlich wich der Wasserspeier zur Seite und die Wendeltreppe wurde enthüllt. Hermine schrak zurück. Professor McGonagall erschien und sah auf sie herab.

„Und was, wenn ich fragen kann, tun Sie zu dieser Stunde außerhalb Ihres Bettes?"fragte sie.

„Ich... ähm... Professor Dumbledore sagte, er müsse mit mir reden", stotterte sie und fühlte, dass sie unter Professor McGonagalls Blick errötete.

„Nun gut."Die Verwandlungsprofessorin nickte kurz, bevor sie in einen anderen Gang davon schritt.

Hermine schluckte, holte tief Luft und trat auf die bewegliche Wendeltreppe. Oben angelangt ging sie zu Dumbledores Bürotür hinüber und klopfte leise. Die Tür sprang leicht auf und sie drückte dagegen.

"Professor Dumbledore?" fragte Hermine nervös, als sie in sein Büro hinein spähte.

"Ja, kommen Sie herein" hörte sie den Schulleiter sagen. „Setzen Sie sich." bedeutete er ihr mit der Hand und Hermine trat zögerlich ein und nahm in einem plüschigen Sessel Platz „Wie kann ich Ihnen behilflich sein?"

"Ich...ähm... also, ich bin Hermine Granger", antwortete Hermine unsicher.

„Ja, ich weiß"erwiderte er und sah sie über die Halbmondgläser seiner Brille hinweg an.

"Was.. ich meine, woher wissen Sie das?"

„Ich weiß viele Dinge."

"Aber ich bin doch noch gar nicht geboren worden... was ich sagen will ist,... ähm... in welchem Jahr sind wir?"fragte Hermine und wurde dabei noch missmutiger. Dumbledore sah sie nur leicht belustigt an.

"1978, denke ich."

"Richtig," sagte sie, biss sich auf die Unterlippe und sah zu Boden. „Okay, es ist so, ich wurde 1980 geboren"sagte sie und machte eine Pause um zu sehen, wie der Schulleiter reagieren würde.

"Ja, sprechen Sie weiter." Drängte er sie.

"Und wenn das der Fall ist, dauert es noch 2 Jahre bis ich geboren werde. Ich war in der Bibliothek heute Abend... na ja, also heute Abend 1998 und ich habe ein Buch vom Regal genommen. Etwas ist passiert; da war dieses helle, silberne Licht und das nächste an das ich mich erinnere ist dass ich mich plötzlich im Jahr 1978 befinde und nicht weiß, wie ich hergekommen bin."Hermine holte tief Luft und wartete darauf, dass der Schulleiter etwas sagen würde. Er tippte seine Fingerspitzen zusammen, als denke er nach. Als er wieder zu Hermine herabsah, war ein Zwinkern in seinen blauen Augen.

"Können Sie mich zurück schicken?" fragte sie endlich, als die Stille bereits länger andauerte als es ihr angenehm war.

„Nein", sagte er und lächelte sanft.

„Was? Warum nicht? Fragte sie befehlend aber ohne die Stimme zu erheben- nur Hermine konnte das wirklich gut.

"Ich kann die Zukunft nicht ändern" erwiderte er.

"Aber Sie würden die Zukunft nicht verändern. Ich bin durch einen Unfall hierher geraten; das alles würde korrigiert, wenn Sie mich zurückschicken würden."Sagte sie und rutschte auf ihrem Sitz nach vorne, wobei sie die gemurmelten Kommentare der Gemälde an der Wand ignorierte.

"Es gibt keine solchen Unfälle, Miss Granger."

„Aber wie ist das möglich? Ich erinnere mich genau daran dass in meinem zweiten Jahr alle ausgaben von „Geschichte Hogwarts´"überprüft worden sind, wegen der Kam...- ach vergessen Sie das. Wenn alle Ausgaben weg waren, wie konnte dann diese eine übersehen werden? Sollte nicht jemand anderer an meiner Stelle hier sein?"

"Warum fragen Sie nach dem Sinn des Schicksals?" fragte Dumbledore belustigt über Hermines Drang nach einer sofortigen Antwort.

Sie seufzte frustriert. Wie war das alles nur geschehen. „Wollen Sie damit sagen, dass Sie mich nicht zurück schicken werden?" "Korrekt. Sie haben dieses Buch heute Abend nicht durch einen Zufall gefunden und das ist für mich Beweis genug um zu wissen, dass sie aus einem bestimmten Grund hier sind. Würde ich Sie zurück schicken, würde ich Ihren Weg und somit Ihre Zukunft verändern und das kann ich nicht."

Hermine lehnte sich in ihrem Plüschsessel zurück, den Mund leicht geöffnet. Ihr Verstand raste in tausend verschiedene Richtungen. Was sagte Dumbledore da? Wollte er ihr etwa erzählen, dass sie im Jahr 1978 BLEIBEN musste?

"Aber werde ich für immer hier festsitzen?" fragte sie dann, ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern und eine tiefe Sorgenfalte entstand auf ihrer Stirn.

"Nein, nicht für immer. Ich glaube, dass ich die Flüche, die bei diesem Buch angewendet wurden, genau kenne und wenngleich ich das nicht akzeptiere sind sie dennoch nicht illegal. Ich bezweifele ernsthaft dass jene, die das Buch verhexten mächtig genug waren, um sie auch nur für ein Jahr hier festzuhalten. Ich würde eher auf einige Monate tippen."

"Monate?" seufzte Hermine. „Was wird passieren, wenn ich zurückkehre?"

"Nichts. Alles wird so sein, als seien sie niemals fort gewesen"sagte Dumbledore. Er stand von seinem Schreibtisch auf und ging um ihn herum zu seiner Vorderseite, an der Hermine saß. Sie sah zu ihm auf und ihr Magen verkrampfte sich.

„Was soll ich bis dahin tun?"

"Leben Sie sich ein, gewinnen Sie Freunde." Antwortete er und lächelte sie an.

Hermine stand auf und nickte. „Und was soll ich antworten, wenn man beginnt, Fragen zu stellen?"

„Sagen Sie ihnen nur, was sie wissen müssen und nichts über ihre Zukunft", sagte er sehr ernsthaft.

"Ja, ich verstehe."

„Man hat alles für Sie im Gryffindorturm hergerichtet. Ich denke, sie kennen den Weg noch."

Sie nickte. „Das ist nicht zufällig ein Traum, oder?"

"Ich fürchte nicht."

"Ja, natürlich. Dann ein Alptraum" murmelte sie, bevor sie zu Dumbledore aufsah und hinzufügte: "Danke."

Sie wünschte dem Schulleiter leise Gute Nacht und verließ mit einem tiefen Gefühl der Enttäuschung das Büro. Was in aller Welt sollte sie im Jahr 1978 für mehrere Monate? Ihr Magen drehte sich um, wenn sie nur daran dachte. Würde sie überhaupt Freunde finden? Wollte sie eigentlich Freunde?

Sie dachte an Sirius- sich mit ihm anzufreunden würde bedeuten, ihn zweimal zu verlieren. Dann dachte sie an James, Harrys Vater – oh Gott, James und Lily, getötet von Voldemort. Wollte sie mit ihnen überhaupt Freundschaft schließen, da sie wusste, welch schreckliches Schicksal sie erwartete ohne ihnen etwas darüber sagen zu dürfen? Peter – konnte sie sich mit einem Verräter anfreunden? Und Remus- nein, nein, Professor Lupin, er war der einzige wahrhaftige Rumtreiber der zu ihrer Zeit noch lebte. Er würde die sicherste Möglichkeit für eine Freundschaft bieten, aber wie konnte man mit nur EINEM der Rumtreiber befreundet sein?

* * * *

Als Hermine das Portrait der fetten Dame erreichte bemerkte sie, ein wenig zu spät, dass sie keine Ahnung hatte, wie das Passwort lautete. Sie legte den Kopf zurück und lachte.

Gib mir ne Pause. Sei mal nett zu mir, bitte.

Bevor sie aufsehen konnte, schwang das Portrait zur Seite und vier Jungen kletterten heraus. Hermine tat einen Schritt zurück und stolperte über ihre eigenen Beine.

"Was tust du hier draußen?" fragte Sirius und sah sie an, als würde sie eine Verschwörung gegen ihn planen.

"W...w.." stotterte sie unfähig sich darauf zu konzentrieren dass sie Sirius gegenüberstand- einem viel jüngeren Sirius. Sie wollte ihm um den Hals fallen und weinen, aber er würde sie vermutlich für verrückt halten.

"Hör mal, wer bist du und was tust du hier?" fragte James und klang dabei so rüpelhaft wie es nur möglich war.

Hermine richtete sich auf und schob ihr Kinn ein wenig vor. „Ich denke nicht, dass es euch etwas angeht, was ich hier tue. Und ich würde gerne in den Gemeinschaftsraum, wenn es euch nichts ausmacht."

„Du bist keine Gryffindor"erwiderte James skeptisch.

Peter deutete auf Hermines Umhang. Das Abzeichne des Hauses Gryffindor war über ihrem Herzen befestigt. „Sie trägt Gryffindorumhänge, Krone", sagte er leise.

Gott sei dank hatte ich den Umhang dabei, als ich in die Bibliothek ging.

"Hey, Peter hat recht. Wie kommt es, dass wir dich nicht erkennen? Ein neues Mädchen?"fragte Sirius und hob die Augenbrauen. Hermine errötete unter seinem Blick.

„ich...äh... ja, ich bin neu hier."

"Tut uns leid" sagte James linkisch.

„Ist schon okay, nun, wenn ihr nichts dagegen habt würde ich jetzt gerne schlafen gehen."Sie starrte zu Boden. Und ich will dass ich alle weggeht. Ich fühle mich, als würde ich mit Geistern reden.

"Wie heißt du?"

Hermine sah abrupt auf. Remus sah sie an; er war es, der gesprochen hatte. Wieder einmal war sie erstaunt, wie jugendlich sein Gesicht aussah. Seine Wangen röteten sich.

"Jane." Sagte Hermine und benutzte ihren zweiten Vornamen. Sie dachte so sei es am sichersten, dass sich in Zukunft niemand an sie erinnern würde.

„Jane, so?"fragte Sirius und grinste sie interessiert an.

„Ja, ganz simpel nur Jane. Einfach Jane, das bin ich."plapperte sie nervös.

"Sie ist alles andere als simpel." flüsterte Remus James zu.

"Nun dann, schön dich zu treffen, Jane" sagte James. „Aber wir haben zu tun, also sehn wir uns dann morgen."

"Oh, okay. Also Gute Nacht" sagte sie und schlüpfte an ihnen vorbei durch das Portraitloch.

Remus beobachtete sie, als sie an ihm vorbeieilte, atmete ihren Geruch ein, als sie vorüberging - eine der vielen Nebenwirkungen, wenn man ein Werwolf war... ein geschärfte Sinn für Gerüche. Es war seltsam, wie ihr süßer Geruch auf ihn wirkte. Seine Pupillen weiteten sich und er konnte spüren, wie sein Herzschlag sich beschleunigte- ein gefährliches Gebiet auf das er sich da begab.

„Komm schon, Remus."drängte Sirius, der bereits ein Stück den Gang hinuntergeeilt war. Remus schüttelte den Kopf und eilte ihnen nach. Er fragte sich kurz, ob er sich von Jane soweit es ihm möglich war, fern halten sollte.