Den Weg finden

Kapitel 21

"I played the fool today

And I just dream of vanishing into the crowd

Longing for home again

But home is feeling I buried in you

I can't ask for things to be still again

No I can't ask if I could walk through the world in your eyes

Longing for home again

But home is a feeling I buried in you

I'm all right, I'm all right

It only hurts when I breathe

I'm all right, I'm all right

It only hurts when I breathe."—Melissa Etheridge

(Heute habe ich einen Narren gespielt / und ich habe davon geträumt, einfach in der Menge zu verschwinden / ich sehne mich nach daheim / aber daheim ist das Gefühl, dich begraben zu haben / ich kann die Dinge nicht einfach darum bitten, wieder still zu sein / nein, ich kann nicht darum bitten die Welt in deinen Augen zu durchschreiten / ich sehne mich nach daheim / aber dakeim ist ein gefühl, dass ich dich begraben habe / Mir geht es gut, mir geht es gut / es schmerzt nur, wenn ich atme / mir geht es gut, mir geht es gut / es schmerzt nur dann, wenn ich atme )

Juli 1998

Hermine saß an ihrem gewohnten Tisch. Man konnte sie an den meisten Abenden in diesem Café antreffen, es sei denn, sie hatte etwas besseres zu tun, was sehr, sehr selten war. Also saß sie da, an ihrem gewohnten Tisch und trank ihre übliche Tasse Kaffee.

Sie war sich nicht einmal sicher, warum sie dieses Café so sehr mochte. Vielleicht lag es daran, dass es ein Zauberercafé war, dass wie eines der Muggel wirken sollte. Es gab beispielsweise diese verzauberte Jukebox in einer der hintersten Ecken die beständig dieselbe schwermütige Musik spielte, es sei denn junge Hexen und Zauberer kamen vorbei, denn diese ließen immer fröhliche Musik spielen - und wenn das geschah fand Hermine stets einen Grund, zu gehen. Oder mochte sie dieses Café vielleicht einfach, weil sie hier niemals bekannte Gesichter sah? Heute war sie dankbar dafür, dass sie beinahe allein hier war. Die Kellnerinnen hatten schon vor längerer zeit aufgegeben Hermine zu fragen, ob sie noch etwas bestellen wollte. Jeder, der hier arbeitete wusste, dass sie immer nur ihre vier Tassen schwarzen Kaffe trank, nicht mehr und auch nicht weniger. Sie würde das Geld auf dem Tisch liegen lassen, wenn sie ging, aber unter keinen Umständen sollten sie versuchen, mit ihr Smalltalk zu halten. Sie war niemand, mit dem man sich gut unterhalten konnte. Eigentlich war sie meist recht eisig....und dennoch...manchmal fragten sie, ob noch mehr dran war an Hermine Granger.

Manchmal redeten sie hinter der Theke, während sie den Kaffee aufbrühten mit einem neuen Angestellten, dem sie Hermines Situation schilderten.

„Wer ist sie noch mal?"

„Hermine Granger"erwiderte dann einer der älteren Arbeiter, während er eine handvoll Bohnen in die Mühle gab.

„Wirklich? Das ist ja unglaublich. Ich habe noch nie jemanden berühmtes getroffen."

„Schlag dir das lieber wieder aus dem Kopf. Sie redet nicht mit Fremden."

„Sie redet mit überhaupt niemandem, meinst du wohl."sagte ein anderer und reinigte mit einem Tuch die Theke.

„Warum nicht?"

„Sie ist..."der eine machte eine Pause und unterbrach die letzte Geste.

„Sie ist eine Eiskönigin"warf ein anderer ein.

„Seid doch leiser."

„Oh, als ob sie das gehört hätte. Sie hört doch gar nichts."

„Was stimmt nicht mit ihr?"fragte der Neue und sah stirnrunzelnd zu Hermine hin, die ihm den Rücken zuwandte.

„Sie ist frigide."sagte diejenige, der die Theke säuberte und warf das Tuch schließlich auf die Ablage zurück.

„Nein, ich denke es ist mehr als nur das."sagte die Ältere.

Eine der anderen schnaubte ungläubig, ehe sie ging.

„Und was glaubst du ist das?"fragte das neue Mädchen.

„Es ist mehr als diese Kälte. Einmal kam sie herein und ich sah in ihre Augen. Darin ist so ein trauriges Flackern, gut verborgen durch ihr bitteres äußeres Auftreten. Sie hat einen Krieg miterlebt. Es ist doch möglich, dass sie da Dinge gesehen hat, die bei jedem Alpträume verursachen würden.

Das neue Mädchen nickte.

Wenn sie nur wüssten, wie nahe sie der Wahrheit kamen – ein gebrochenes Herz voller Enttäuschung und bittere Tränen noch dazu und sie hätten es genau getroffen.

Hermine schloss ihre Hand um die heiße Tasse Kaffe, in der anderen hielt sie ein kleines rotes Buch. Dieses eine Buch brachte sie jeden Abend mit hierher, aber sie hatte es bisher nicht geöffnet. Die Magie die sich darin verbarg war nicht besonders aufregend, aber es enthielt lauter Erlebnisse, die ihr Leben verändert hatten... und sie konnte es nicht ertragen diese Worte, die mit schwarzer Tinte dort geschrieben waren, zu lesen.

Sie hob die Tasse an die Lippen und trank langsam. Das war ihre vierte Tasse. Der Abend würde bald vorüber sein und dann würde sie in ihre Wohnung zurückkehren und versuchen, Schlaf zu finden, ehe sie an einem neuen endlosen Tag wie diesem wieder erwachen würde.

Sie sah auf, als ein Windhauch ihr Gesicht streifte. Die Tür des Cafés öffnete sich und ließ die kalte Luft herein. Ein bekanntes Gesicht fiel ihr ins Auge und sie wünschte sich heimlich, sie könnte disapparieren, aber das wäre unhöflich gewesen.

Ginny Weasley stand am anderen ende des Cafés und ihr Mund öffnete sich als sie Hermine sah. Rasch ging sie zu ihr hinüber.

„Hermine? Wie geht es dir?"fragte sie, zog sich einen Stuhl heran und setzte sich, ohne zu fragen, neben ihre alte Freundin. Eigentlich kümmerte es sie nicht, was Hermine dachte; sie hätte sich trotzdem gesetzt.

„Mir geht´s gut."sagte Hermine und stellte die leere Tasse auf den Tisch zurück.

„Mein Gott, ich kann nicht glauben dass du hier bist. Ich hab dich ja ewig nicht mehr gesehn. Was tust du hier. Dieser Ort ist so..ungewöhnlich."

„Ich trinke Kaffee"sagte Hermine und sah zu, wie hermine eine Hand hob um die Bedienung zu rufen.

„Ja, Madam?"fragte das junge Mädchen, beinahe zu überrascht um zu glauben, dass jemand an Hermines Tisch saß.

„Zwei Tee, bitte"sagte Ginny, wiederum ohne Hermine zu fragen.

„Miss Granger?"fragte die Kellnerin ungläubig, dass diese ihre Routine so drastisch ändern würde.

„Ja, schon okay"Sie verdrehte die Augen und die kellnerin ging davon.

„Ich hab dich ewig nicht mehr gesehn"sagte Ginny und sah Hermine lange an.

„Das sagtest du bereits"erwiderte Hermine trocken.

Die Kellneren stellte zwei Tassen Tee auf den Tisch und flitzte davon, blieb aber hinter der theke stehen und tuschelte mit den anderen Angestellten.

Ginny dachte, dass Hermine viel zu dünn und erschöpft aussah.

„Wie ist es dir so ergangen?"fragte Ginny so entspannt wie nur möglich und warf einen Zuckerwürfel in ihren Tee.

„Gut" sagte Hermine nur, hielt ihre Tasse in der Hand, trank aber nicht.

„Hast du abgenommen?"fragte Ginny frei heraus.

„Ich weiß nicht...vielleicht"sagte sie, stellte die Tasse an und faltete ihren Untersetzer zu einem Quadrat...dann zu einem noch kleineren Quadrat. Sie schien entrückt und unberührt von allem um sie her. Die Jukeboy in der Ecke lallte noch ein paar Sekunden, ehe sie einen anderen traurigen Song begann.

„Isst du genug?"

Mit einer schnellen Bewegung hob Hermine den Kopf und sah Ginny scharf an. „Ich ESSE, wenn ich hungrig bin"sagte sie defensiv. Nur, dass ich nicht mehr hungrig bin, fügte sie in Gedanken hinzu.

„Okay, okay. Werd nicht sauer. Ich bin deine Freundin, also kann ich dir auch solche Fragen stellen"erwiderte Ginny ruhig.

„Natürlich kannst du das"lenkte Hermine ein und wandte ihrem Blick wieder dem kleinen Quadrat in ihren Händen zu, dass einmal ihr Untersetzer gewesen war.

„Ron sagte, ich soll mal Hallo sagen. Er kommt heute abend rüber in meine Wohnung. Du bist mehr als willkommen auch vorbeizukommen" sagte Ginny hoffnungsvoll.

„Ich weiß nicht Gin, ich hab noch ein paar Dinge zu erledigen..."

„Was denn zum Beispiel?"

„Dinge eben"gab sie zurück und nahm endlich einen Schluck Tee. Ich muss über das Leben nachdenken. Ich muss über Verlust nachdenken. Ich muss darüber nachdenken, warum mein Herz nicht aufhört zu schmerzen und warum ich Remus immer noch vor mir sehe, jedes Mal, wenn ich die Augen schließe.

„Wir sehen ja gar nichts mehr von dir, Hermine. Ich glaub, Ron wollte auch Harry mitbringen. Ich hab vor ein paar Tagen mit Neville gesprochen. Vielleicht schaut er auch mal vorbei. Wir hätten sicher viel Spaß. Wir alle vermissen dich."fügte Ginny leise hunzu.

„Nun, davon hat mir aber niemand etwas gesagt."

„Du beantwortest die Eulen ja auch nicht."

„Oh" sagte sie. Das stimmte. Sie hatte einen Stapel Briefe auf ihrem Schreibtisch liegen, die sie nicht einmal geöffnet hatte. Normalerweise stand ohnehin immer nur dasselbe darin. Wir vermissen dich, Hermine. Komm und besuch uns mal, Hermine. Wie geht´s dir Hermine? Weinst du noch, Hermine? Und die Wahrheit war, dass sie einfach niemanden sehen wollte. Sie wollte alleine sein, weil niemand verstand, was sie durchgemacht hatte. Immerhin, niemand wusste, was genau zwischen ihr und Remus geschehen war. Niemand wusste von ihrem gebrochenen Herzen das kontinuierlich schmerzte. Nur Harry hatte eine vage Ahnung, aber auch er wusste nichts vom Ausmaß ihres Schmerzes.

„Hermine, wir alle haben einen Krieg erlebt."Hermine zuckte zusammen „und wir alle müssen irgendwie mit den Folgen dessen klarkommen. Wir haben doch einander zu unsrer Unterstützung, aber wir können dir nicht helfen, wenn du niemanden von uns an dich heran lässt."

„Ich brauche keine Hilfe."

„Sagt wer?"

„Ich."

„Und was für ein toller Experte du doch bist. Du isst nicht. Du schläfst nicht..."

„Wer sagt, dass ich nicht schlafe?"fragte Hermine wütend.

„Tust du es denn?"

„Ja. Manchmal."

„Also warum siehst du dann so erschöpft aus?"

„Weil ich träume, wenn ich schlafe und das ist niemals gut." flüsterte sie in ihre Teetasse hinein und trank einen Schluck um den Kloß zurück zu drängen, der in ihrem Hals Gestalt annahm.

„Wovon träumst du?"

„Von nichts."sagte sie aber was sie damit eigentlich hatte sagen wollen war ´Remus´. Sie nahm einen weiteren Schluck Tee.

„Hermine, komm doch vorbei. Setz dich mit uns zusammen. Lach mit uns..."

Hermine lachte bitter und sah Ginny an. „Das kann nicht dein Ernst sein."

„Was? Natürlich ist es das"sagte Ginny ernst. "Wir vermissen dich."

Hermine sah auf ihre Teetasse hinab und zum ersten Mal nach einer langen Zeit hatte sie das Gefühl, sie könnte zusammenbrechen und vor jemandem anderen weinen. Sie schluckte schwer und seufzte. „Harry hat mir mal etwas erzählt."

„Was denn?"

„Er sagte, Dumbledore hätte einmal gesagt, dass es schlimmere Dinge gebe als den Tod"flüsterte sie und blinkte mit den Augen um die tränen zurückzudrängen.

„Und?"

„Und er hatte recht"sagte sie und zog ein wenig Geld aus ihrem Umhang. Sie legte es auf den Tisch. „Der Tee heut abend geht auf mich. War schön dich zu sehn."Hermine stand auf.

„W..was? Wo gehst du denn hin?"fragte Ginny und sprang auf die Füße.

„Es war ein langer Tag. Ich gehe...nach Hause"sagte sie und ging auf die Tür zu.

„Aber Hermine..."versuchte Ginny zu sagen, aber Hermine hatte bereits die Tür des Cafés aufgestoßen und war auf der dunklen und leeren Straße verschwunden.

Als sie draussen war sog Hermine zitternd die Luft ein. Es war spät und nur sehr wenige Menschen waren hier draussen, aber sie ging einfach die Straße hinab, ohne genau zu wissen, wohin sie ging.

Sie war lange einfach so dahingegangen, ehe sie an einer Ecke unter einem Laternenpfahl anhielt, dessen flackerndes Licht über ihr brannte. Wo gehe ich eigentlich hin? Warum geh ich nicht einfach nach Hause? fragte sie sich selbst. Welches Zuhause, gab eine andere, bittere Stimme zurück. Nur weil du dort lebst, ist es noch nicht dein Zuhause.

Ihr Unterlippe zitterte leicht. Sie sah sich um; sie war allein und ein kleiner Teil von ihr sträubte sich dagegen. Ohne es zu merken vernahm sie eine Stimme in ihrem Kopf, eine Erinnerung aus der Vergangenheit.

´...Meine Mutter nahm mich mit zu dieser alten Kapelle außerhalb der Stadt. Sie suchte nach Trost...´

Plötzlich stand ein älterer Herr an der Ecke und ganz in ihrer Nähe. Sie sah ihn überrascht an, denn sie hatte seine Schritte nicht einmal kommen hörte; er lächelte sie an.

„Entschuldigen Sie, Sir"begann sie „gibt es außerhalb der Stadt irgendwo eine Kirche?"

Er lächelte wieder. „Hier gibt es viele Kirchen, mein Kind. Welche suchen Sie denn?"

„Ich weiß nicht, wie sie heißt"sagte sie leise und versuchte, sich an Remus´ Worte zu erinnern, „aber sie ist sehr alt und hat ein hohes, gebogenes Gewölbe. Es gibt abgenutzte Glasfenster mit Leuten darauf, glaube ich."Sie dachte nach und kaute auf ihrer Unterlippe.

„Das hört sich bekannt an. Erinnern Sie sich an sonst noch etwas?" fragte der alte mann und lächelte sie dabei noch immer freundlich an.

„Vorne steht ein Altar, voller Kerzen...glaube ich."

„Ja, ja, natürlich. Dann müssten sie die St.Bridigts Kathedrale meine. Sie ist sehr alt und ein schöner Ort."

„Könnten Sie mir den Weg dorthin beschreiben?"

"Natürlich" Er bagenn damit, ihr zu erklären, wie sie den Weg dorthin finden konnte. „Es ist ein recht weiter Weg zu Fuß.

„Das macht nichts."

„Viel Zeit, um nachzudenken"sagte er sanft.

„Ja" sagte sie leise. Er lächelte wieder und sie fühlte sich an ihren Großvater erinnert, damals, vor vielen Jahren.

„Kommen sie gut dort an und ich hoffe, Sie finden, wonach Sie suchen."

„Ein kleines Stück von dem, was ich suche, würde mir genügen" gab sie traurig zurück.

„Ich zweifle nicht daran, dass Sie finden werden, was Sie suchen"sagte er, ehe er nickte und davon ging.

„Danke" rief Hermine ihm nach.

Sie wandte sich in die Richtung, die er ihr angegeben hatte und begann zu gehen. Es machte ihr nichts aus, wenn sie die ganze Nacht brauchen würde, um diesen ort zu finden; was hatte sie auch sonst zu tun? Nichts. Dasselbe, wie jede Nacht.

Sie fühlte sich nur ein wenig schuldig, weil sie Ginny so abrupt verlassen hatte. Sie konnte sich nicht mal mehr daran erinnern, wann sie das letzte Mal den Drang verspürt hatte, zu anderen Lebenden Kontakt aufzunehmen. Irgendwie hatte sie begonne, dass Gefühl der Leere in ihrem Inneren zu lieben; es war, als sei sie selbst ein Teil der Denkelheit, ein Teil jener hohlen Leere geworden- und sie hatte dem willends nachgegeben.

Sie hatte keinen Grund, zu dieser Kathedrale zu gehen. Vielleicht hoffte einfach nur ein kleiner Teil ihres Herzens, dort etwas zu finden, dass den Schmerz in ihrem Herzen zu lindern vermochte. Vielleicht war es dumm, so zu denken, aber sie ging einfach weiter; sie konnte jetzt nicht mehr zurück, nicht mehr, nun, da sie so nah an ihrem Ziel war.

Ehe sie wusste, was geschah blieb sie stehen, und sie fühlte Gras unter ihren Füßen, sah auf und sah die ehrfurchtgebietenden Wände von St. Brigid. Sie holte tief Luft, stieg die Steinstufen hinauf und erreichte die große hölzerne Tür. Sie zuckte mit den Schulten, um die Zweifel in ihrem Inneren zu beantworten, und mit einem Hauch von Hoffnung im Herzen öffnete sie die Tür und trat ein.

Anmerkung: Also, das ist die Stelle, an der ihr den Prolog nochmal lesen solltet, der schließt nämlich an dieses Kapitel an...danach geht es dann mit dem nächsten Kapitel weiter...das ist nämlich noch nicht das Ende...