Anmerkung: WOW! Danke für eure vielen, lieben Reviews, sie haben mich echt umgehauen! Und SORRY, dass es erst jetzt weitergeht, ich hoffe, ihr habt noch Interesse!


D U N G E O N S

Sag' es mir,
Wann wirst du endlich verstehen?
Dass nur, wenn du kapitulierst,
Die Schatten von dannen gehen.

- 2 -

S
everus maß Weasley mit kalten Blicken.

Das Mädchen stand mit wirren, etwas feuchten Haaren direkt vor seinem Schreibtisch; in voller Quidditchtrainingsmontur, an der Schnee klebte, der nun zu schmelzen begann.

Nur ein Weasley brachte es fertig, sein Büro einzusauen.

Ihre Wangen waren gerötet, wohl vom kalten Wind draußen, und ihre Brust hob und senkte sich im schnellen Tempo. Sie schien den Weg vom Quidditchfeld bis zu seinem Büro gerannt zu sein.

„Sie müssen die Dreistigkeit in Person zu sein, dass Sie es wagen, zu spät zu kommen, Weasley", begann er schnarrend.

In Weasleys herbstbraunen Augen blitzte zuallererst Trotz auf, gefolgt von unterdrückter Streitsucht.

Aber selbst sie würde es sicher nicht riskieren, ihn zu reizen.

„Entschuldigen Sie, Sir", begann sie und versuchte wenigstens reuevoll zu klingen. Sie senkte kurz den Blick.

Ihre langen Wimpern warfen Schatten auf ihre Wangen; schemenhaft, flüchtig. Das grünsilbrige Licht, das die Kugellampen spendeten, ließen ihr rotes Haar aufschimmern.

„Ich... ich habe trainiert und nicht mehr auf die Zeit geachtet."

Severus hob eine Augenbraue. Natürlich. Was gab es Wichtigeres als Quidditch. Die Gryffindors waren doch ohnehin allesamt besessen von dieser Sportart, und seit sie seit Potters erstem Schuljahr ununterbrochen den Hauspokal gewonnen hatten, waren sie nahezu größenwahnsinnig geworden.

„Sie wollen damit sagen, dass Sie vergessen haben, sich um acht Uhr Ihre Strafarbeit abzuholen?", erkundigte er sich scheinbar beiläufig; sein lauernder Unterton sollte beweisen, dass er sie jederzeit einkreisen konnte, wie eine Raubkatze ihre Beute.

Ihr Freund Creevey war pünktlich da gewesen und hatte versucht, sein Erstaunen über ihr Fortbleiben zu verbergen und behauptet, Weasley sei auf der Krankenstation. Für diese Lüge hatte Snape ihm einen weiteren Strafaufsatz aufgegeben und zwanzig Punkte abgezogen. Er hatte dem Jungen eine Menge Strafarbeiten aufgebrummt, die ihn lange beschäftigen werden, und er würde auch bei Weasley gnadenlos sein. Irgendwann mussten ihre permanenten Streiche und das nachfolgende wirre Lügen einmal ein Ende haben.

Er hasste es, angelogen zu werden. Niemand tat dies ungestraft.

Weasley hatte indes ihre Augen aufgerissen. „Nein, Sir, ich habe es nicht vergessen!", verteidigte sie sich und lachte kurz und nervös. „Wissen Sie, ich... ich bin Kapitän des Quidditchteams und habe eine Menge zu tun, weil--"

„Ich will Ihre Ausreden gar nicht hören, Weasley!", unterbrach Severus sie scharf.

Weasley ließ ihren Redeschwall verstummen und schob leicht ihre Unterlippe vor; sie schien schnell trotzig zu werden.

„Wenn die Pflichten eines Kapitäns Sie überfordern, Weasley, dann treten Sie zurück und überlassen Sie diese verantwortungsvolle Aufgabe einen anderen", höhnte er. „Sie haben ohnehin von Anfang an den Eindruck gemacht, als wären sie damit überlastet."

Weasley starrte ihn an. Ihre Augen verengten sich und sie presste ihre Lippen zusammen. Ihre rechte Hand, die ihren Besen hielt, verkrampfte sich, ihre Linke ballte sich zur Faust, obwohl der Arm reglos herabhing.

Oha. Da hatte er offensichtlich einen wunden Punkt getroffen.

Severus grinste in sich hinein; erst einige Augenblicke später schalt er sich selbst, sich wie ein schadenfroher Schuljunge zu benehmen. Aber vielleicht lag es daran, dass er die Weasleys noch nie leiden konnte. Sie waren überheblich, ungehobelt und stolz darauf, scheiße in Zaubertränke zu sein. Letzteres hatte er ihnen noch nie verzeihen können.

„Ich bin überhaupt nicht als Kapitän des Quidditchteams von Gryffindor überfordert", presste Weasley zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Sie hielt ihren Blick aufrecht; zornig schaute sie direkt in seine Augen.

Severus lehnte sich zurück, die Hände hinter seinen Kopf verschränkend. Ein grimmiges Lächeln umspielte seine schmalen Lippen. Sie war in der Tat so unverschämt frech, wie ihre Brüder Fred und George.

„Seit Sie Kapitän sind, haben sich nicht nur ihre schulischen Leistungen verschlechtert, Weasley, seitdem versuchen Sie auch ihren Stress durch Störungen und Provokationen im Unterricht zu verarbeiten", meinte er kühl. Er musterte sie abfällig. „Und das ist nicht nur mir aufgefallen."

Weasley funkelte ihn erbost an. „Das ist pure Einbildung, verdammt!", rief sie empört aus und stampfte mit dem Fuß auf.

Es schien wirklich ein wunder Punkt zu sein. Ihr musste wohl bewusst sein, dass es viel Arbeit war. Aber warum traf es sie so, wenn er behauptete, sie sei damit überfordert? Immerhin hatte Gryffindor in diesem Schuljahr fast nur Siege eingefahren. Aber statt damit nüchtern zu argumentieren, wurde sie reizbar. Severus war verwundert und obwohl es ihn nicht interessierte, fragte er sich, ob es irgendwelche internen Probleme bei den Gryffindors gab, dass Weasley Kapitän war, und niemand anders. Oder – gegenteilig – niemand anderes den druckbelasteten Job nach mehreren glorreichen Ären erfolgreicher Kapitäne, wie Wood oder Potter, übernehmen wollte und sie ihn durchziehen musste?

„Ich bin überhaupt nicht im Stress und ich habe mich auch nicht in der Schule verschlechtert!"

Severus verdrängte mit Leichtigkeit seine Gedanken und setzte eine gefährliche Maske auf. Er mochte solche unkontrollierten Ausbrüche seitens der Schüler überhaupt nicht. „Sie sollten darüber nachdenken, wie Sie sich in bestimmten Situationen zu verhalten haben, Weasley", entgegnete er schroff. „Ihr Temperament, so typisch für Ihre Familie, muss doch nicht jedes Mal mit Ihnen durchgehen."

Weasley atmete zischend aus. „Hören Sie auf, meine Familie zu beleidigen!", sprach sie feindselig aus.

Kurz danach schlug sie ihre freie Hand auf ihren Mund, offenbar bemerkend, wie respektlos sie geworden war. Ihre Augen waren weit aufgerissen.

„Ich glaube nicht, dass Sie es sich derzeit leisten können, frech zu werden, Weasley", warnte Severus sie mit leiser, öliger Stimme. „Zehn Punkte Abzug für Ihr unangebrachtes Verhalten."

Kurzes Schweigen legte sich über sie nieder. Nur das sanfte Knistern des Feuers im Kamin durchbrach die Stille, gefolgt von lautlosem Tanz der Schatten.

Durch ihre großen Augen bemerkte er plötzlich, dass ihre braunen Pupillen sanfte Goldschattierungen aufwiesen. Er runzelte die Stirn und sagte sich, dass ihn Wealseys Augenfarbe nicht zu interessieren hatte.

Weasley nahm ihre Hand wieder herunter. Zumindest hatte sie den Anstand, betreten zu Boden zu schauen. „Entschuldigung, Sir."

Severus musterte sie missmutig.

Es war Zeit, zum eigentlichen Grund für ihr Dasein in seinem Büro zu kommen.

-#-

Ginny wagte noch nicht, ihren Blick zu heben, versuchte aber, Snape unter ihren dichten Wimpern flüchtig zu beobachten, um ihre missliche Lage besser einschätzen zu können.

Sie sollte wirklich aufpassen, was sie in seiner Gegenwart sagte. Mit dem Zaubertrankmeister war nicht zu spaßen; er hasste Respektlosigkeit und konnte schnell wütend werden. Und für seinen Zorn wurde er immerhin von der ganzen Schülerschaft gefürchtet.

Auf seinem Schreibtisch lagen beschriftete Pergamentrollen; Hausaufgaben von Schülern, die Snape korrigiert hatte, ehe sie sein Büro betreten hatte.

Die Blässe seines Gesichts hob sich wie immer von seiner schwarzen, viktorianisch gehaltenen Robe ab und die dunklen, fast schulterlangen Haare fielen ihm leicht ins Gesicht. Er hatte markante, aber edle Züge, fand Ginny.

„Nun, kommen wir auf Ihre und Creeveys Untat in meinem Unterricht zurück", begann er unheilvoll.

Ginny sah auf und war mit einem durchdringenden Blick konfrontiert.

„Sie scheinen sich ja mit aller Macht Ihren und Creeveys eroberten ersten Platz der Unruhestifter verteidigen zu wollen, hm, Weasley?", eröffnete Snape das eigentliche Gesprächsthema, was nicht anders, als unangenehm werden konnte.

Ginny hasste es, wie er ihren Namen aussprach. Er tat es voller Verachtung, immer, und egal, wen er von ihrer Familie gerade ansprach.

„Nein, Sir", sagte sie leise.

„Und wie erklären Sie sich den Zwischenfall in meinem Unterricht?" Snapes Augenbrauen hoben sich fragend, während seine schwarzen Augen sie anblickten, als könnte er bis zu ihrer Seele schauen.

Ginny fröstelte kurz, als sie sich erinnerte, wie Harry ihr einmal vom Okklumentikunterricht erzählt hatte und Snape so etwas wie ‚Gedanken lesen' beherrschen würde. Es war zwar kein richtiges Gedanken lesen, ging aber so in etwa in diese Richtung.

Sie blinzelte und wandte den Blick ab, um ihre Seele vor fremdes Eindringen zu schützen.

„Das... das war ein Versehen", log sie mit erzwungener ruhiger Stimme.

„Natürlich. Fünf Punkte Abzug für das Anlügen eines Lehrers", drang Snapes höhnische Stimme an ihr Ohr.

Ginny sah ihn wieder an, entrüstet. „Aber..."

Snape hob die Hand du sie verstummte. „Passen Sie auf, was Sie sagen, Weasley", warnte er sie kalt. „Auch meine Geduld kennt ihre Grenzen."

Ginny nickte und trat unruhig von einem Fuß auf den anderen. Snape stierte sie an, auf eine Erklärung wartend, und so unnachgiebig, dass es ihr nicht gerade leicht fiel, nachzudenken. Sollte sie trotzdem lügen? Aber sie wusste ja nicht, inwieweit Colin alles zugegeben hatte. Im Grunde wäre es egal, denn Snape würde es ja sowieso herausfinden. Allerdings wäre es ziemlich unbedacht, alles so einfach zuzugeben.

Ginny pustete ihren Atem aus und schob ihre Unterlippe zwischen die Zähne. Womit hatte sie das eigentlich verdient?

„Es... es war doch nur ein kleiner Knallforsch", versuchte sie murmelnd ihren Kopf aus der Schlinge zu ziehen.

Snape kniff die Augen zusammen. „Einen Knallfrosch, mit dem Sie und Ihr verzogener Freund den Trank eines Slytherins vernichten wollten", knurrte er.

„Nein!", rief Ginny entrüstet. Das hatten sie wirklich nicht vorgehabt, auch wenn es eine lustige Idee war.

Der Groll in Snapes Augen wurde zu Sarkasmus. „Ach ja, ich vergaß. Der gerechte Sinn der Gryffindors."Er schnaubte.

„Das hatten wir wirklich nicht vor", beteuerte Ginny. „Wir... wir wollten Sie einfach nur ein wenig ärgern..."

Oh, scheiße.

Das hätte sie diplomatischer ausdrücken sollen. Sie hielt kurz den Atem an ob ihrer schlechten Wortwahl.

Snape sah sie finster an. „Mich ärgern?", wiederholte er lauernd. „So, so..."

„Also, nicht wirklich ärgern", korrigierte Ginny sich hastig. „Wir... wir fanden es einfach nur witzig, einen Kallfrosch explodieren zu lassen. So inmitten des Ganges im Klassenraum, verstehen Sie?"

„Ich verstehe, aber nicht, was daran witzig sein soll", meinte Snape kalt.

Ginny lachte nervös, hörte damit aber abrupt auf, als sein Blick sich verhärtete.

Bei Merlin, in eine bessere Scheiße hätte ich mich wohl nicht reiten können.

„Das war auch nicht witzig", versicherte sie ihm schnell. „Das war albern. Es wird auch nicht wieder vorkommen, versprochen!"Gespannt und etwas unsicher wartete sie seine Reaktion ab, ihn aus halbgeschlossenen Augenlidern beobachtend.

Snapes schwarzes Haar war von den Fackeln in den Farben seines Hauses getaucht und die Schatten begannen ein Spiel.

Er musterte sie unfreundlich. „Ich will lieber nicht wissen, wie ernst Sie es mit Ihren wankelmütigen Versprechungen nehmen."Er wedelte abwinkend mit der linken Hand. „Gut, gut, bewenden wir es dabei. Ich möchte, dass Sie einen Aufsatz innerhalb der nächsten Woche über den Trank der Illusionen schreiben, bezüglich der Herstellung, der Wirkung, der Zutaten, der Nebenwirkungen und Risiken, sowie Geschichte. Dreißig Zoll lang."

Ginny riss die Augen auf. „Dreißig Zoholl?", echote sie ungläubig.

„Wollen Sie meine Vorangehensweise, Ihnen wenigsten etwas Erziehung einzubläuen, kritisieren, Weasley?", fragte Snape und funkelte sie aus verengten Augen an.

Ja, das wollte sie. Sie wollte seine Ungerechtigkeit kritisieren, seine Gemeinheit, einfach alles.

„Nein, Sir, natürlich nicht."Ginny lehnte sich mutlos nach vorne gegen die Schreibtischkante, um Halt zu finden und lenkte den Blick zu den Regalen. Finster starrte sie auf eine tote Eidechse in einem der Glasbehälter. Feiner Staub lag auf dem Verschluss und sie fragte sich unwillkürlich, wie lange das Tier wohl schon darin eingelegt war.

„Wissen Sie, ich habe es mittlerweile einfach satt, Sie und Creevey ständig zu tadeln, weil Sie sich nicht an die Schulregeln halten", fuhr Snape schnarrend fort.

Ginny starrte ihn an; etwas in seiner Stimme hatte sie aufhorchen lassen. Etwas Lauerndes, Hinterhältiges.

„Ich werde es diesmal nicht nur bei einem Strafaufsatz belassen, da Sie bekanntermaßen nicht aus Ihren Fehlern lernen."

Ginny gefiel das Ganze überhaupt nicht. „Was meinen Sie damit, Sir?", fragte sie hektisch. Sie strich sich eine lose Haarsträhne aus dem Gesicht. „Ich habe Ihnen doch gesagt, dass es mir leid tut und ich nie wieder Ihren Unterricht stören werde."

Das war sogar ernst gemeint. Zumindest so lange, bis ihr und Colin eine neue Idee eingefallen war, wie sie die Lehrerschaft ärgern konnten.

Snape lächelte bedrohlich. „Sie nehmen es mir sicher nicht übel, wenn mir dies nicht genügt. Sie werden mir für die nächsten drei Monate jede Woche einen Aufsatz von zwanzig Zoll schreiben, dessen Thema ich Ihnen jeweils montags bekannt gebe. Abgabetermin ist freitags. Creevey wird dies auch tun müssen, aber selbstverständlich bekommen Sie unterschiedliche Aufgaben."

Ginny glaubte, sich verhört zu haben. Drei Monate lang Zusatzaufsätze? Das konnte doch nicht wahr sein! Dieser dämliche Schlangenfresser. Ginny versuchte, ihre Aufruhr herunterzuschlucken. Wenn sie sich jetzt aufregte, würde er noch gemeiner werden.

Am liebsten wollte sie ihn zum Mond hexen.

„Sie und Creevey haben bis Januar Ausgehverbot", setzte Snape noch teuflisch hinzu.

Ginny schnappte nach Luft. Ausgehverbot? Bis Januar?

Sie war fassungslos. Wie hinterhältig Snape doch war! Konnte es eigentlich noch schlimmer kommen? Oh, der Mond war noch viel zu nah. Warum konnte sie ihn nicht direkt bis zum Mars wünschen?

„Außerdem werden Sie mir in den nächsten zwei Monaten jedes Wochenende abends aushelfen", fuhr Snape unbarmherzig fort. „Sie werden mein Labor putzen und aufräumen und die Zutaten, die ich für meine Zaubertränke brauche, zurecht schneiden und bereit halten."

Ginny sog entsetzt den Atem ein. Ihre Augen weiteten sich. Zwei Monate lang – was? Bestürzung bäumte sich in ihr auf, sie konnte kaum glauben, was sie soeben vernommen hatte.

„Was?" Sie konnte sich nicht mehr zurückhalten. „Zwei Monate? Aber das bedeutet, dass ich dann abends nie nach Hogsmeade kann! Und ich kann Ihnen doch gar nicht assistieren!"

Ginny spürte, wie Zorn in ihr entflammte und sie ihre Emotionen nur schwer zurückhalten konnte.

Snape verzog seinen Mund zu einem hämischen Lächeln. „Nun, das mag sein, Weasley. Die Konsequenzen hätten Sie sich überlegen müssen, bevor Sie es gewagt hatten, meinen Unterricht zu stören."

Ja, es konnte schlimmer kommen. Eindeutig. Der Weltuntergang war hereingebrochen, dessen war sich Ginny felsenfest sicher. Sie starrte Snape fassungslos an. Der Mars war vergessen, ja, selbst die nächste Galaxie war nicht weit genug entfernt!

Ihm helfen? Zwei Monate lang jedes Wochenende mit einem miesen, fiesen, tyrannisierenden Oberfinsterling verbringen und sich von ihm gnadenlos herumkommandieren zu lassen?

Oh. Bei. Merlin.

Außerdem würde sie demnach bis Anfang März abends nie nach Hogsmeade können. Oh, wie hinterfotzig er sich doch alles ausgedacht hatte!

Snape sagte etwas, aber Ginny war noch viel zu sehr damit beschäftigt, ihn entgeistert anzustarren und den Gedanken der Strafen zu realisieren.

„WEASLEY!", schallte es plötzlich ärgerlich und Ginny zuckte zusammen.

„Ja?" Leicht erschrocken sah sie Snape an, der aufgestanden war und sie ungehalten anfunkelte.

„Ich sagte, Sie können gehen! Oder haben Sie etwa noch nicht genug Strafarbeiten aufbekommen?", fügte er bissig hinzu. „Zudem werden Sie es schon lernen, mir zu assistieren, Weasley. Denn wehe Ihnen, wenn Sie auch nur irgendetwas falsch machen."

Ginny zog ihre Augenbrauen zusammen, ihn wütend anvisierend. Sie stolperte zwei, drei Schritte nach hinten und musste tief Luft holen, weil ihr der Zorn den Atem zu rauben schien. Ihren Besen hielt sie so fest umklammert, dass ihr Knöchel weiß hervortrat.

Ihre Gedanken kreisten sich im schwindelerregenden Tempo ob dieser vielen, ungerechten Strafarbeiten.

Sie spürte, wie sanfter Jährzorn in ihr sämtliche Barrieren durchbrach. Den Schock überwand und ihren Verstand erklimmte. Noch ehe sie ihn erfassen und kontrollieren konnte, hatte sie ihren Mund schon geöffnet.

„Ich wünschte, ich könnte Sie in ein anderes Universum hexen, weit weg von hier, wenn auch nur die kleinste Möglichkeit dafür bestünde!", rief sie aus.

Snape sah sie entgeistert an.

Ginny merkte, was sie da soeben gesagt hatte und starrte erschüttert zurück. Im schwindelerregendem Tempo hatte sie die Kontrolle über sich selbst zurück. Sie konnte kaum glauben, dass sie das soeben gesagt hatte. War sie lebensmüde? Warum stürzte sie sich nicht gleich vom Astronomieturm?

„Uhm", machte sie, die Röte spürend, die ihr ins Gesicht geschossen war. „Ich gehe jetzt."

Sie drehte sich eilig um und wollte zur Tür fliehen.

„Stopp, Weasley", befahl Snape leise, aber herrisch. Eiskalt.

Ginny hielt an und drehte sich langsam um. Nur noch drei Schritte trennten sie von der Tür. Sollte sie es wagen und einfach wegrennen? Aber sie würde sich vor einem Nachspiel ihrer dreisten Worte ohnehin nicht drücken können...

Angespannt hielt sie den Atem an und wartete ab.

Snape hatte sie aus verengten Augen fixiert; in den schwarzen Pupillen blitzte es vor unterdrückter Wut. Er ging um seinen Schreibtisch herum und kam näher; sein Umhang bauschte eindrucksvoll auf.

Ginny atmete aus und wich unwillkürlich zurück, bis sie plötzlich mit ihrem Rücken gegen die Tür stieß.

„S-Sir, das war nicht so gemeint", versuchte sie sich hastig herauszureden, aber sie verstummte, als Snape dicht vor ihr zum stehen kam.

Auf einmal sah sie in ihn nicht mehr Snape, den gemeinen Lehrer, sondern den gefährlichen Spion. Auch wenn er für den Phönix Orden arbeitete, Dumbledore ihn vertraute, war er trotz allem ein Todesser. Er trug das Dunkle Mal auf seinem Unterarm, er hatte zumindest in der Vergangenheit für eine kurze Zeit Voldemort loyal gedient.

Eine Gänsehaut lief Ginny den Rücken herunter und sie ärgerte sich selbst darüber.

Es war nur Snape. Zaubertranklehrer. Vertrauter Dumbledores. Er würde ihr nichts tun.

„Sie spielen wohl gerne mit ihrem Leben, hm, Miss Weasley?", fragte Snape nebenbei, während er sich etwas vorbeugte und seine beiden Hände links und rechts neben Ginnys Kopf an der Tür abstützte und sie somit einkesselte.

Ginny sah geradewegs in seine Augen, so dunkel, so schwarz, wie lichtlose Diamanten. Es funkelte in ihnen gefahrvoll, er hielt ihren Blick eisern gefangen und erlaubte ihr nicht, wegzuschauen. Um seine Lippen lag ein harter Zug. Sie nahm den sanften Geruch von milder Pfefferminze wahr.

Offenbar versuchte er selbst, die Ruhe zu bewahren, um sie nicht einfach zu verhexen.

Sie schluckte. „Nein, Sir", antwortete sie leise. Sie presste sich mit ihrem Rücken hart gegen die Tür, als hoffte sie, diese würde nachgeben. Aber sie hoffte vergebens.

Snape lehnte sich wieder etwas zurück und nahm seine Hände herunter. Er lächelte raubtierhaft.

„Für die nächsten zwei Wochen erwarte ich jeden Tag eine schriftliche Zusammenfassung von bisher vierzehn behandelten Zaubertränken in diesem Schuljahr, die sie mir pünktlich um acht in meinem Büro abgeben", verkündete er boshaft. „Sie wissen schon... Zubereitung, Zutaten, Wirkungen, Nebenwirkungen, Geschichte."

Ginny schloss kurz frustriert ihre Augen.

Sie würde in der nächsten Zeit nur noch mit dem Fach Zaubertränke beschäftigt sein. Wann sollte sie all' diese Aufsätze schreiben, wo sie zum einen keine Zeit dafür hatte, weil sie eine Quidditchmannschaft zu trainieren hatte, sie ihr letztes und wichtigstes Schuljahr absolvierte und die Lernanforderungen ohnehin sehr hoch waren und sie zum anderen keine Ahnung von Zaubertränke hatte, weil sie lieber mit Colin herumalberte, anstatt konzentriert zuzuhören oder regelmäßig Hausaufgaben zu machen, die sie nicht von irgendwem abschrieb? Zaubertränke war einfach nicht ihr Ding. Sie interessierte sich nicht dafür. Sie hasste dieses Fach. Sie hasste Snape.

Als sie die Augen wieder öffnete, stand Snape noch immer vor ihr, grimmig auf sie hinabschauend.

„Abschließend macht das noch siebzig Punkte Abzug", schloss er kalt. „Und nun gehen Sie, ehe ich dafür sorge, dass Sie von der Schule fliegen."

Ginny ließ sich das nicht zweimal sagen. Sie wirbelte herum, riss die Tür auf und stürmte davon, hinauf zum Gryffindorturm, in ihre heile, sorgenlose Welt.


TBC.

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