Keuchend saßen sie in der Dunkelheit. Sarina klammerte sich an Aragorn, jedenfalls glaubte sie das. Als Gandalf jedoch ein Licht an seinem Stab entzündete, erkannte sie, dass es keineswegs Aragorn war. Es war Boromir.
Schockiert zuckte Sarina zurück und kroch rückwärts von Boromir weg. „Igitt!" stieß sie hervor. „Hättest du mir nicht sagen können, dass du nicht Aragorn bist?"
Boromir betrachtete sie ein wenig verwirrt, dann rappelte er sich schulterzuckend auf.
Sarina sah sich um. „Aragorn? Wo bist du?"
„Hinter dir, Schatz..." erwiderte eine sanfte Stimme hinter ihr.
Erleichtert schmiegte Sarina sich an ihn, als ein Grummeln sie aufschrecken ließ. „Könnten wir jetzt bitte weiter?" knurrte Gandalf mit bösem Blick.
Amanda sah geschockt, wie Sarina sich an Boromir klammerte. Als Sarina ihren Fehler bemerkte, wandte sich Amanda an Legolas. „Was für ein Glück, dass mir das nicht passieren kann!" Sie drückte sich an ihren Elben und Legolas hielt sie fest im Arm. Doch in diesem Augenblick fiel Amandas Blick auf etwas, das sie zuerst nicht identifizieren konnte.
„Du, Legolas, was ist denn das?" Sie zeigte auf ein weißes, kantiges Etwas, dass in einer Ecke lag. Legolas sah es sich an und antwortete mit gleichgültiger Stimme „Ach, das ist nur ein Zwergenskelett."
Amanda sah ihn mit großen Augen an. „Ein was?"
Auch Sarina wandte sich um und betrachtete das weiße Etwas. Dann sah sie Aragorn an. „Diese Verwandten Gimlis scheinen nicht mehr sehr lebendig, oder?"
Aragorn blickte ebenfalls hinüber und runzelte die Stirn. „Nein... Und sie scheinen es auch schon lange nicht mehr zu sein." Er ging hinüber und musterte das Skelett. „Von einem Orkpfeil getroffen..."
„Also gibt es hier Orks!" flüsterte Sarina entsetzt und klammerte sich an Aragorns Arm.
„Wir sollten sehen, dass wir hier so schnell wie möglich durchkommen." meldete sich Gandalf. „Vielleicht haben wir Glück und sie bemerken uns nicht."
Sarina warf Amanda einen Blick zu und schüttelte ängstlich den Kopf. Sie glaubte kaum, dass sie Glück haben würden.
Amanda fing Sarinas Blick auf und erwiderte ihn. Sie war sich ziemlich sicher, dass es Probleme geben würde, schließlich hatte sie den Herrn der Ringe oft genug im Kino gesehen. Doch gleichzeitig erinnerte sie sich daran, dass Aragorn im Film nicht mit Arwen Schluss gemacht hatte. So gab es eine geringe Hoffnung, dass sie nicht von Orks angegriffen werden würden. Doch zusammen mit diesem Gedanken drängte sich noch ein anderer in ihr Bewusstsein.
Es steht auf Messers Scheide..
Diese
Worte hatte Galadriel im Film gesagt. Was, wenn ihre Ankunft in
Mittelerde der Fehltritt war, der die Fahrt scheitern lassen
würde?
Energisch schüttelte sie den Kopf, um den
Gedanken loszuwerden.
Auch Sarina fühlte sich alles andere als wohl, was allerdings eher daran lag, dass sie bei jedem Schritt mehr Zwergenskelette entdeckte. Fest klammerte sie sich an Aragorns Hand. Er bemerkte, wie nervös sie war und strich ihr beruhigend durchs Haar.
Erst führte Gandalf sie eine Treppe hinauf, dann ging es in Richtung eines schmalen Stegs, der über einen tiefen Abgrund führte.
Sarina fiel jeder Schritt schwerer. Ein kalter Schauer lief ihr über den Rücken. Als sie zwei Schritte vom Anfang des Stegs entfernt einfach stehen blieb, sah Aragorn sie fragend an. „Was ist los?"
„Ich – ich kann da nicht rüber!" stotterte Sarina.
„Was? Wieso?"
„Ich – ich hab – ich hab Höhenangst." flüsterte sie verschämt und starrte auf ihre Füße.
Als sie aber Aragorns verständnisvolles Lächelnd bemerkte, atmete sie auf. Gleich danach trat er an sie heran, griff nach ihr und hob sie hoch. „Mach nur die Augen zu." sagte er amüsiert. „Dann siehst du nichts."
Aufatmend drückte Sarina ihren Kopf gegen Aragorns Schulter, mehr als froh, wenigstens nicht in den Abgrund sehen zu müssen.
Noch immer in Gedanken versunken, merkte Amanda gar nicht, wo sie lang liefen, noch interessierten sie die Zwergenskelette. Doch als Sarina plötzlich stoppte und Amanda fast in sie hineingerannt wäre, hätte Legolas sie nicht festgehalten, nahm sie wieder ihre Umgebung war.
Sie blinzelte, um in der Dunkelheit besser sehen zu können, doch sofort bereute sie es wieder, denn sie sah den Abgrund unter der Brücke, über die gerade Sarina Getragen wurde, viel zu deutlich. Zitternd atmete sie noch einmal durch, bevor sie sich von Legolas löste und mit ausgebreiteten Armen auf die Brücke lief. Vorsichtig balancierte sie auf dem schmalen Grat. Doch als sie etwa die Hälfte des Weges zurückgelegt hatte, kam sie ins Taumeln und drohte, abzustürzen.
Sie kreischte, als ihre Versuche, sich wieder zu fangen, scheiterten und sie unweigerlich zur Seite kippte. Doch in diesem Augenblick schlossen sich zarte und doch so kräftige Arme um ihre Talje und hievten sie hoch. Panisch klammerte sie sich an ihren Retter und kniff die Augen zusammen. Sie schluchzte leise und wimmerte. Erst, als sie wieder festen Boden unter den Füßen spürte, öffnete die Augen und fand sich in Legolas Armen wieder.
Er lächelte sie an und raunte ihr ins Ohr: „Gleichstand!"
Auf der anderen Seite angekommen, setzte Aragorn Sarina vorsichtig ab. Sie schlug die Augen auf und blickte nervös um sich. „Kein Grund zur Sorge." flüsterte Aragorn ihr ins Ohr. „Wir sind ja sicher auf der anderen Seite angekommen."
Im nächsten Moment hörten sie Amanda auf der Brücke kreischen.
Als Sarina Amanda schwanken sah, machte sie einen Schritt vorwärts, um ihr zu helfen, bemerkte jedoch gleich darauf, dass sie dafür auf die Brücke müsste und blieb erstarrt stehen. Aragorn legte ihr die Arme um die Hüften. „Legolas kümmert sich schon um sie." sagte er beruhigend und tatsächlich trug gleich darauf Legolas Amanda zu ihnen hinüber.
Sarina atmete auf und lehnte sich erschöpft an Aragorn. Was sie betraf sah sie Amanda mittlerweile als Freundin und sie in Gefahr zu sehen gefiel ihr gar nicht.
Als alle die andere Seite erreicht hatten (außer Amanda und Sarina schien das keinem Probleme zu bereiten, wie Sarina gekränkt feststellte) setzten sie ihren Weg fort.
Amanda zitterte immer noch und erschrak gleich wieder, als Gandalf anhielt und sagte, dass er den Weg nicht mehr kenne. Ungläubig sah sie ihn an, dann wanderte ihr Blick zu Legolas. „Das kann er doch nicht so meinen!" Hauchte sie entsetzt. Doch in Legolas' Augen konnte sie lesen, dass es wohl doch so war. Ein Schrei wollte ihrer Kehle entfleuchen, doch sie zwang sich zur Ruhe und ihre Augen suchten die Sarinas.
Sarina starrte Gandalf ein paar Sekunden ungläubig an (‚Alzheimer!" war ihr erster Gedanke. ‚Oder das ist bei dem Normalzustand.' war der zweite.) dann erwiderte sie Amandas Blick und trat neben sie. „Im Film ist doch jetzt Gollum aufgetaucht, oder?" fragte sie flüsternd. Im selben Moment hörte sie hinter sich ein Zischen und fuhr herum.
In einiger Entfernung sah sie zwei Lichtpunkte in der Dunkelheit glühen, als wären es Augen, doch gleich darauf waren sie verschwunden. Sarina wandte sich unsicher wieder an Amanda. „Hab ich mir das eingebildet oder hast du das auch gesehen?"
Amanda blickte ängstlich in die Richtung, in die auch Sarina sah. „Ja.", flüsterte sie zurück. „Was sollen wir denn jetzt machen? Sollen wir es IHM", sie zeigte mit einer eindeutigen Geste auf Gandalf, „sagen? Oder sollen wir einfach nicht reagieren und so tun, als wäre gar nichts passiert?"
Ratlos sah sie Sarina an. In diesem Augenblick hörte sie, wie Frodo zu Gandalf ging und ihm von Gollum erzählte. Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. „Nicht mehr unser Problem.", fügte sie hinzu. Dann wandte sie sich an Legolas und kuschelte sich in seine Arme. „Los geht's, lasst uns einfach durch einen der Wege gehen!" Gesagt, getan. Zielstrebig ging sie durch den einzigen Gang, der nach Oben zu führen schien, ihre Hand in der Legolas'.
Grinsend schob Sarina ihre Hand in die Aragorns und zusammen gingen sie an dem fassungslos aussehenden Gandalf vorbei und folgten Amanda und Legolas. Beim Betreten des Gangs schnupperte Sarina einmal und nickte dann zufrieden – hier stank es längst nicht so, wie bei den anderen Gängen. Sie wandte den Kopf. „He, Gandalf! Man sollte immer seiner Nase folgen!" Dann fing sie an, fröhlich zu kichern.
Nach einer Weile wurde der Gang vor ihnen breiter und schließlich erstreckte sich vor ihnen eine große Halle. Gandalf, der sich inzwischen erholt hatte und an die Spitze gehastet war, nickte zufrieden. „Hier seht ihr die große Halle und die Stadt Zwergenbingen!"
Mit großen Augen sah Sarina sich um, blickte zur Decke hinauf, die sie in der Dunkelheit über ihnen nur erahnen konnte. Sie konnte kaum glauben, dass die Zwerge das alles per Hand geschaffen hatten. „Das muss doch ewig gedauert haben, das alles hier auszuhöhlen!" flüsterte sie Aragorn zu.
Aragorn nickte. „Wahrscheinlich. Gimlis Vorfahren waren fleißig."
„Also ihm nicht besonders ähnlich." kicherte Sarina, doch zum Glück stand Gimli ein Stück entfernt und hatte nichts mitbekommen.
Amanda sah sich mit großen Augen in der Halle um, doch dann blieb ihr Blick an einer Tür am Ende der Halle hängen.
„Was ist denn das da?" Ohne eine Antwort abzuwarten lief sie los und zerrte Legolas mit sich. Sie trat gegen die Tür und diese Sprang auf. Langsamer ging sie in den Raum und sah sich um. Überall lagen Skelette herum und in der Mitte des Raumes war etwas, das sie auf den ersten Blick nicht identifizieren konnte. Sie trat näher und rümpfte die Nase. „Buärg, ein Grab..."
Sarina war Amanda mit den anderen gefolgt. Sie musterte das Grab und sah dann Amanda an. „Weiß gar nicht was du hast – ist doch nur ein Steinblock. Diese ganzen Skelette hier find ich jedenfalls ekelhafter."
„Ich könnte dich über sie hinwegtragen." säuselte Aragorn und Sarina kicherte. „In deiner Gegenwart schwebe ich sowieso vor Glück." hauchte sie und gab ihm einen Kuss auf die Wange.
Unterbrochen wurden sie von einem Aufheulen Gimlis, der an ihnen vorbei zum Grab stolperte und davor auf die Knie sank. „Balin, Balin..." jammerte er.
„Ist das der Tote?" wollte Sarina wissen, bekam jedoch keine Antwort, da im selben Moment hinter ihnen etwas rasselte.
„Pippin!" hörten sie Gandalf brüllen. „Wie kannst du es wagen einen Stein in diesen Brunnen zu werfen?"
„Brüll hier nicht so rum!" fauchte Sarina ihn an. „Du schreckst ja alle Orks auf!"
„Ich schrecke niemanden auf. Das seid ihr mit diesem Höllenlärm, den ihr veranstaltet und..." Weiter kam Gandalf nicht, denn vor der Tür war auf einmal ein Schrei zu hören. Der Schrei eines Orks. Sarina fühlte, wie ihr eiskalt wurde.
Auch Amanda hatte den Schrei vor der Tür gehört. Automatisch griff sie nach dem nächsten Gegenstand, um nicht völlig wehrlos zu sein. Bei näherer Betrachtung entpuppte sich ihre „Waffe" als Oberschenkelknochen eines Zwerges. Mit einem Quieken ließ sie ihn wieder fallen und sah sich nach etwas brauchbarerem um. Und tatsächlich: Nur ein paar Schritte von ihr entfernt lag eine Axt auf dem Boden. Sie lief hin und hob sie auf. Sie drehte sich um und sah gerade noch, wie Boromir die Tür verbarrikadierte. Dann stellte sie sich neben Legolas, der bereits einen Pfeil auf der Sehne liegen hatte, und hob die Axt. Sollten die Orks kommen, wann sie wollten, sie war bereit!
Sarina warf einen unsicheren Blick zu Aragorn, der seinen Bogen packte. Er erwiderte ihren Blick, zog einen Dolch aus seinem Gürtel und drückte ihn ihr in die Hand. „Hier, versuch einfach, dich im Hintergrund zu halten."
Sarina nickte und machte ein paar Schritte rückwärts, während Aragorn seinen Bogen spannte. Sie warf einen raschen, bewundernden Blick zu Amanda, die sich mit einer Axt neben Legolas aufgebaut hatte. Sie selbst wünschte sich eher, sich irgendwo verkriechen zu können...
Die Tür, die Boromir verrammelt hatte, erbebte unter den Schlägen der Orks. Sarina wich noch ein paar Schritte zurück und fand sich plötzlich neben Gimli wieder, der auf das Grab geklettert war. „Keine Sorge, junge Dame!" kicherte er. „Schließlich ist hier immer noch ein Zwerg, der noch nicht zu Staub zerfallen ist!"
„Das find ich schon einen Grund zur Sorge!" gab Sarina zurück, während sie schleunigst den Kopf einzog, weil Gimli mit seiner Axt herumfuchtelte und sie beinahe geköpft hätte.
Amanda spürte die Angst in ihr, doch wollte sie es nicht zugeben. Sie versuchte, ihr Zittern zu unterdrücken und griff die Axt fester.
Plötzlich durchbrachen Äxte die Tür und die hässlichen Fratzen der Orks wurden sichtbar. Augenblicklich deckten Aragorn und Legolas die Feinde mit einem Pfeilhagel ein, doch es waren zu viele. Sie drangen in den Raum ein und verwickelten alle Anwesenden in das Kampfgeschehen. Schneller, als ihr lieb war, fand sich Amanda im Zweikampf mit einem Ork wieder, der ihr ganz offensichtlich den Kopf abtrennen wollte. Doch Amanda hielt nicht viel davon, ihn gewähren zu lassen und ging ihrerseits mit der Axt auf ihn los. Mehr durch Zufall als beabsichtigt fand die Axt ihren Weg durch die Deckung des Orks und er fiel tot vornüber.
Entsetzt sah Amanda auf die Leiche vor ihren Füßen. „Amanda, hinter dir!" Legolas' Ruf löste ihre Starre und sie drehte sich gerade rechtzeitig um, um in das missgestaltete Gesicht eines Trolls – denn das musste dieses Wesen sein – zu sehen. Panisch schrie sie auf und suchte ihr Heil in der Flucht, doch der Troll folgte ihr, bis er sie schließlich in die Enge getrieben hatte und sie sich zitternd an die Wand drückte.
In diesem Moment sprang Legolas auf den Nacken des Trolls und jagte Pfeile ins Genick des Ungetüms, bis dieses tot zu Boden polterte.
Erleichtert atmete Amanda auf und warf sich in Legolas' Arme. „Mein Held..", flüsterte sie ihm ins Ohr, bevor sich beide wieder ins Kampfgetümmel warfen.
Sarina stolperte vor den Orks immer weiter zurück, bis sie plötzlich bemerkte, dass sie noch schneller flüchtete als die Hobbits. Das durfte doch nicht wahr sein! So feige war sie nicht!
Sarina war sich nicht sicher, ob sie nun mutig oder schlicht dumm war, doch mit erhobenem Dolch rannte sie vorwärts und stürzte sich auf den nächstbesten Ork. Dieser schien allerdings sehr rasch zu merken, dass er keine geübte Kämpferin vor sich hatte. Schnell griff er sie an, und Sarina war gezwungen, wieder zurückzuweichen.
Der Ork schien ihr sein Messer in den Leib rammen zu wollen, doch Sarina warf sich rechtzeitig zur Seite. Dabei stieß sie gegen etwas, das daraufhin röchelte und zu Boden stürzte. Vollkommen verblüfft stellte sie fest, dass sie gerade einen Ork erstochen hatte.
Auch der Ork, gegen den sie eigentlich kämpfte, schien überrascht. Er musterte sie etwas verwirrt und Sarina fragte sich, ob er vielleicht aufgeben würde. Natürlich war das ein völlig abwegiger Gedanke, denn schon stürzte der Ork sich wieder auf sie und sie taumelte rückwärts, wobei sie wieder gegen etwas prallte. Das etwas drehte sich um und sie erkannte entsetzt, dass es ein zweiter Ork war, der nun mit seinem Schwert ausholte. Sarina warf sich zu Boden und sorgte damit dafür, dass der Ork versehentlich den anderen Ork erstach.
Sarina nutzte die Verwirrung des Orks, um davon zu eilen und sich an Aragorns Seite zu stellen. Wenn sie schon kämpfen musste, dann war sie hier jedenfalls sicherer.
Als sie sich umblickte, bemerkte sie plötzlich auch den Troll, der auf dem Boden lag. Ein Schauer lief ihr über den Rücken und sie wandte sich rasch ab.
Amanda kämpfte währenddessen verbissen weiter. Und obwohl sie nicht wirklich eine Meisterin im Kampf und schon gar nicht in der Handhabung einer Axt war, stieg ihre Abschussquote kontinuierlich. Stolz ließ sie die Axt auf einen Ork herabsausen und lächelte kalt, als ihr zehntes Opfer das Zeitliche segnete.
Sie fuhr herum, als ein Aufschrei hinter ihr ertönte. Frodo hatte es irgendwie geschafft, sich von einem Ork überwältigen zu lassen und lag nun mit einem Speer in der Brust in einer Ecke. Geistesgegenwärtig sprang Amanda vor und hieb dem Ork mit einem sauberen Schlag den Kopf von den Schultern. Zufrieden tätschelte sie die Axt. Langsam bekam sie Übung.
Als sie sich wieder dem Kampfgeschehen zuwenden wollte, musste sie feststellen, dass es bereits beendet war. Überall lagen tote Orks auf dem Boden und die Gefährten, die gerade Frodo neben Amanda entdeckt hatten, sammelten sich um diesen.
Sie seufzte. Eigentlich war es schon fast schade, sie war gerade erst richtig in Schwung gekommen...
Sarina stand an Aragorns Seite und schaffte es nun tatsächlich auch, weder versehentlich noch durch die Hilfe eines anderen Orks einige der Gegner zu erledigen. Sehr zufrieden kämpfte sie weiter, bis keiner der Orks mehr auf den Füßen stand. Als sich niemand mehr rührte, wechselte sie einen Blick mit Aragorn und lächelte. Auch er lächelte, doch dann plötzlich wechselte sein Gesichtsausdruck und er sah entsetzt aus.
„Was ist denn los?" fragte Sarina verwirrt. Aragorn schüttelte den Kopf und winkte ihr rasch, ihm zu folgen. Zusammen eilten sie dorthin, wo Amanda stand. Nun sah Sarina auch, dass Frodo mit einem Speer in der Brust auf dem Boden lag.
Dann hörte sie Gimli. „Wir haben versagt! Der Ringträger ist gefallen!"
„Wieso das denn?" fragte Sarina verwirrt. „Er hat doch dieses Mithril-Kettenhemd an."
In dem Moment hustete Frodo und rührte sich.
Amanda blickte auf Frodo und dann auf Sarina. „Was heißt hier Mithril-Kettenhemd? Bedeutet das, dass ich ihn gar nicht hätte retten müssen?" Langsam dämmert ihr wieder, dass Sarina ja Recht hatte und sie sah trotzig auf den Boden. Legolas kam zu ihr und hob ihr Kinn. Er blickte ihr in die Augen und küsste sie, ohne etwas zu sagen.
Glücklich erwiderte Amanda den Kuss und sie hätten ewig so stehen können, wenn nicht Boromir gewesen wäre, der sie alle zur Tür drängte und dabei leider keine Rücksicht auf das Liebespärchen nahm. Fluchend folgten ihm Legolas und Amanda aus dem Raum. Draußen angekommen sahen sie, dass die Orks am fliehen waren. Nach einem Augenblick der Verwirrung erkannten sie auch den Grund: Feuer. Feuer wurde am Ende der Halle sichtbar. Auch Legolas musste es gesehen haben, denn er schrie plötzlich auf: „Ai! Ein Balrog!" Amanda sah ihn an. „Ein was?"
Sarina blickte ebenfalls hinüber. Ein Balrog? Das war doch dieses Vieh gewesen, das Gandalf von der Brücke in den Abgrund gerissen hatte, oder? Na ja, um Gandalf tat es ihr eigentlich nicht leid... Und außerdem kam er doch eh wieder, wenn er erst seinen Mantel gebleicht hatte...
Die anderen drängten nun voran und sie rannten durch die Halle zurück und dann eine schmale Treppe hinunter. Sarina hatte schon die Hälfte hinter sich gebracht, als ihr Blick plötzlich zur Seite fiel... Und in den Abgrund unter sich.
Sie kreischte laut und blieb starr stehen, weswegen Aragorn gegen sie prallte. Zum Glück schafften es beide, das Gleichgewicht zu bewahren und Aragorn hob sie eilig hoch und trug sie das restliche Stück.
Glücklicherweise verstand Amanda nicht, wieso Sarina aufgeschrieen hatte, sonst wäre sie sicherlich abgestürzt. So aber rannte sie einfach den Anderen hinterher und achtete nicht groß auf den Weg, bis Boromir plötzlich stehen blieb und Legolas in ihn reinrannte. Amanda griff nach Legolas und sie fielen alle drei nach hinten, Legolas in Amandas Arme und Boromir in die Legolas'. Entsetzt sprang Amanda auf und warf Boromir von Legolas runter. Eifersüchtig trat sie ihm in die Seite und ließ sich dann selbst auf Legolas fallen.
Diesem schien das mehr als recht zu sein, denn keine Widerworte waren von ihm zu vernehmen. Dies hätte auch daran liegen können, dass er und Amanda zu beschäftigt waren, um irgendwas zu sagen und außerdem spricht man nicht mit vollem Mund...
Leider wurde ihre idyllische Zweisamkeit von einem äußerst zornigen Zauberer unterbrochen. Fluchend rappelten Amanda und Legolas sich wieder auf und weiter ging die Reise. In ihrem Inneren verwünschte Amanda Gandalf und seine absolut nicht vorhandene romantische Ader.
Sarina, die erstens außer Atem war und der zweitens die Füße weh taten, klammerte sich weiterhin an Aragorn und ließ sich von ihm den Rest des Wegs tragen.
So erreichten sie die Brücke von Khazad-Dûm. Sarina sah über Aragorns Schulter, dass hinter ihnen Feuer loderte. „Ist das der Balrog?" fragte sie ihn flüsternd.
Aragorn warf einen Blick zurück und in eben diesem Moment tauchte in den Flammen ein riesiges Ungetüm auf. Sarina kreischte und vergrub das Gesicht an Aragorns Schulter, als hoffte sie, dadurch würde das Monster wieder verschwinden.
Aragorn beschleunigte seine Schritte, ebenso wie die anderen, und sie überquerten die Brücke. Auf der anderen Seite angekommen setzte Aragorn die zitternde Sarina ab und zog sie fest in seine Arme.
In der Mitte der Brücke stand Gandalf, vor ihm der Balrog. In diesem Moment verwünschte Sarina sich für ihre gemeinen Gedanken von vorhin. Diesem Ungeheuer gegenüberzustehen wünschte sie niemandem, nicht einmal Gimli.
Mit angehaltenem Atem sah auch Amanda die Szene, die sich vor ihren Augen abspielte. So imposant hatte sie sich den Balrog nicht vorgestellt. In ihr kämpften Mitleid für Gandalf und Genugtuung miteinander, bis schließlich doch das Mitleid siegte. Panisch sah sie sich um. „Wir müssen ihm helfen!", rief sie plötzlich und machte Anstalten, zurück zur Brücke zu rennen. Legolas schrie ihr nach, doch sie Kümmerte sich nicht darum. Vor ihr sah sie, wie Gandalf den Stab hob und auf die Brücke sausen ließ. „Du kannst nicht vorbei!" Mächtig und ehrfurchtseinflößend klangen die Worte in Amandas Kopf wieder.
Gandalf drehte sich um, doch da kamen die Riemen der Peitsche des Balrogs wieder zum Vorschein und erfassten Gandalfs Knöchel. Während Gandalf das Gleichgewicht verlor, legte sich ein Arm um Amanda und stoppte abrupt ihren Lauf. Entsetzt sah sie auf Gandalf. „Flieht, ihr Narren!" Gandalf fiel. „Gandalf!", kreischte Amanda. Sie wehrte sich aus Leibeskräften gegen den, der sie festhielt und schaffte es tatsächlich, sich frei zustrampeln. Doch sie kam nicht weit. Nur ein paar Meter weiter wartete Legolas auf sie und hielt sie fest. „Scht, Liebes. Komm, ganz ruhig, alles wird gut..", versuchte er, sie zu beruhigen. Amanda brach in Tränen aus und sackte in Legolas Armen zusammen.
Sarina zuckte zusammen, als Amanda losrannte. Sie selbst verspürte nicht die geringste Lust, dem Balrog näher zu kommen als unbedingt nötig, doch gleichzeitig befiel sie Angst um ihre Freundin. Sie ließ Aragorn los und machte einen unsicheren Schritt ihr nach, doch Aragorn hielt sie fest. „Lass nur", flüsterte er ihr ins Ohr. „Die anderen kümmern sich um sie."
Sarina drückte sich an ihn und starrte wieder auf Gandalf, bis dieser von der Brücke gerissen wurde. Ein lauter Schrei entkam ihr, als er fiel. „Gandalf!" Sie hörte, wie ihre Stimme sich mit der Amandas vermischte.
Sarina klammerte sich zitternd an Aragorn, Tränen liefen über ihr Gesicht. Er strich ihr durchs Haar. „Ja, Liebes, ich weiß... Aber wir schaffen das schon, wir kommen auch so weiter, ganz bestimmt...", flüsterte er. Seine Stimme klang rau und heiser.
Ja, sie würden weiterkommen, und Gandalf würde auch nicht sterben, das wusste sie ja... Und dennoch, es war schrecklich gewesen zuzusehen, wie er in den Abgrund gerissen wurde, so wenig Sinn für Romantik er auch hatte.
Langsam beruhigte sich Amanda wieder, aber sie nahm ihre Umgebung noch immer nicht richtig wahr. Nur verschwommen bemerkte sie, wie sie weiterliefen, immer Richtung Ausgang. ‚Er kommt wieder. Er kommt wieder.', wiederholte sie in Gedanken, um sich zu beruhigen, doch es wollte nicht wirklich klappen. Zwar wurde ihre Sicht klarer und ihr Atem ruhiger, aber innerlich war sie zu tiefst erschüttert.
Plötzlich standen sie im Freien.
