Personen, Daten und Orte habe ich mir von Prof. Tolkien ausgeliehen. Sie werden unbeschadet zurückgegeben.
Diese Story schrieb ich nicht, um Geld damit zu verdienen. Jetzt und auch in Zukunft nicht.

Personen: Alle die wir lieben.

Also ich versuche es mal. Eigentlich mag ich Storys nur mit Beiden Brüdern. Aber dann hatte ich diese im Kopf. Und da gab es keinen Boromir mehr. Schade!
Nach der Krönung und den Hochzeiten nimmt Aragorn sein Amt als König wahr. So wie sein junger Statthalter sein Amt wahrnimmt.
Aragorn ist ja bekanntlich weit mit Boromir gewandert. Er hat ihn kennen und schätzen gelernt. Den tapferen Krieger und Kämpfer.
Während sein Bruder eher eine sanfte Natur war. Aragorn kann sich nicht so recht mit diesem jungen Mann anfreunden. Als dann einige merkwürdige Dinge passieren, fällt der Verdacht auf Faramir.
Faramir saß steif in dem Sessel, der unter dem Fenster in der Bibliothek stand.
Seine Hände lagen auf seinen Oberschenkeln und er starrte ins Leere.
Heute hatte ihn der König zum Essen rufen lassen. Bisher konnte er immer mit Eowyn in ihren Gemächern speisen.
Weit ab von all den anderen!
Die Vorstellung gleich in dem großen Speisesaal zu gehen, indem er so häufig mit seinem Vater und seinem Bruder gegessen hatte, schmerzte ihn.
Noch immer war er traumatisiert durch die Ereignisse des Ringkrieges.
Sein geliebter Bruder war tot, so wie auch sein Vater.
Und bisher wollte ihm keiner die Umstände des Todes seines Vaters sagen.
Das letzte woran er sich erinnerte, waren Feuer und Rauch.
Aber was hatte das mit seinem Vater zu tun?

Der König war gekommen und hatte sein Amt aufgenommen.
Der einzige Mensch der ihm Zuversicht gab und den Mut weiter zu leben, war Eowyn. Manchmal konnte er nicht glauben, dass diese wunderschöne Schildmaid aus Rohan ihn wirklich liebte.
Sein ganzes Leben lang hatte er nur die Liebe seines Bruders gehabt.
Sein Bruder war ihm Vater und Mutter gewesen. Er war sein Lehrer und Freund. Jetzt war er tot.
Länger konnte er nicht warten, er musste jetzt gehen.
Seufzend stand er auf und ging den unvermeidlichen Weg. Seine Beine waren schwer, so wie auch sein Herz.

Aragorn hatte bis jetzt nur ein paar mal die Gelegenheit gehabt, um mit Faramir zu sprechen.
Heute hatte er alle zum Essen rufen lassen.
Faramir war so anders als sein Bruder. Äußerlich waren sie sich sehr ähnlich, aber die Wesenszüge waren so grundverschieden.
Boromir war ein stolzer, herrischer Mann. Ein tapferer und mutiger Kämpfer. Aber er hatte auch viel Herz.
Oft hatte er mit den Hobbits gealbert und gelacht.
Und letztendlich hatte er sie mit seinem Leben verteidigt.
Aragorn hatte ihn gemocht. Er wusste, dass Boromir ihm als König gefolgt wäre. Es waren seine letzten Worte gewesen.
Und Aragorn erinnerte sich an den Schmerz, den er in dieser Stunde verspürte. Er erinnerte sich an den Schmerz und seine Tränen für diesen Mann.
Schmerz und Tränen für den Mann, der eigentlich sein Stadthalter hätte sein sollen!
Faramir dagegen war ruhig und besonnen. In seinen blauen Augen war nie zu erkennen, was er dachte. Oder was er fühlte.
Er war immer korrekt und bemüht ihm zu Diensten zu sein.
Aber irgendwie konnte er nicht viel mit ihm als Mensch anfangen.
Das steife Verhalten des jungen Mannes verunsicherte ihn.
Aragorn erinnerte sich, dass Boromir ein paar mal seinen Bruder erwähnte.
Als er von ihm sprach, war die Liebe zu seinen Bruder zu hören und in seinem Gesicht zu lesen.
In Elronds Rat erwähnte er, dass er mit ihm auf der Brücke in Osgiliath stand, als sie fiel.
Nur vier Männer konnten sich damals schwimmend zum Westufer retten. Darunter auch die Brüder.

Sie hatten bereits alle ihre Plätze eingenommen.
Aragorn saß an einem Ende des großen Tisches. An seiner rechten Seite saß Arwen.
Der linke Platz war noch verwaist, dort sollte sein Stadthalter sitzen.
Ja, es waren alle gekommen! Gandalf, Gimli, Legolas und die vier Hobbits.
Frodo schien auch wieder erholt. Obwohl er noch immer einen Verband an seiner Hand trug.
Der Raum war erfüllt von unbeschwerten Geschnatter und Lachen.
In Aragorn kroch ein wenig Unmut herauf. Er hasste Unpünktlichkeit!

Arwen sah in dem Gesicht ihres Gatten die aufkommende Stimmung. Sie legte ihm sanft eine Hand auf den Arm.
Aragorn sah sie an. Sie flüsterte: „Er wird kommen. Lasse ihm die Zeit."
Als ein Flügel der großen Türe sich öffnete, verstummten die Gespräche.
Alle sahen zur Türe.
Sie sahen einen stolzen, jungen Mann, mit blonden, langen Haaren, den Raum betreten.
Er trat zu dem Tisch und verbeugte sich vor dem König. Dann nahm er seinen Platz ein.
Aragorn eröffnete das Essen.
Auch während des Essens war eine fröhliche Unterhaltung im Gange.
Nur Faramir beteiligte sich nicht.
Einmal sah er, wie Eowyn zum König hin auflachte und ihre Augen blitzten ihn an.
Es gab ihm einen Stich in seinem Herzen. Wie gern würde er auch so unbeschwert sein!
Zu reden und zu lachen!
Einige male sprachen ihn die Hobbits an. Er spürte, dass sie versuchten ihn aufzumuntern.
Seine Antworten waren steif und hölzern.
Außer ihm, hatten alle anderen gemeinsam etwas erlebt. Sie alle waren gemeinsam gewandert und haben Abenteuer erlebt.
Während er in dieser Zeit in Ithilien an der Seite seiner Männer gekämpft hatte.

Ein paar mal beobachtete Eowyn besorgt ihren Gatten. Auch ihr fiel auf, wie steif und verschlossen er war.
Sie sah seine umschatteten Augen. Und sie spürte seine Unsicherheit, die er mit Arroganz zu verdecken suchte.

Aragorn sah erstaunt auf, als Faramir sich erhob und sich in seine Richtung verbeugte.
„Mein König, bitte erlaubt mir, mich von der Tafel zu entfernen."
Aragorn war verwirrt. „Ihr könnt gehen."
Er sah Faramir hinterher, bis er die Türe hinter sich schloss.
Auch die Gespräche der anderen waren verstummt.
Gimli zupfte an seinem Bart und sah Aragorn an.
„Aragorn, jeder Fels hat mehr Leben in sich, als Dein Stadthalter."
Eowyns Stimme peitschte durch den Raum. „Hütet Eure Zunge, Herr Zwerg. Ihr sprecht von meinem Mann."
Gandalf sah dem Zwerg scharf ins Gesicht. „Urteile nicht über Menschen die Du nicht kennst."
Alle sahen den Zauberer überrascht an. Überrascht über die Schärfe der Stimme Gandalfs!

"Ihr alle kennt ihn nicht. Ihr wisst nicht, was er in seinem Leben durchgemacht hat. Sein Vater hat ihm das Leben zur Hölle gemacht."
Die Hobbits sahen den Zauberer mit offenem Mund an, als er weitersprach.
„Woher soll er wissen, was richtig ist? Zeit seines Lebens durfte er an diesem Tisch nicht reden.
Freunde hatte er keine. Faramir hatte nie die Chance seine Gefühle zeigen zu dürfen. In seinem Herzen war er nie ein Kämpfer, aber er musste kämpfen. Und er tat es, für sein Land, für sein Bruder und um die Anerkennung seines Vaters zu erlangen."
Gandalf sah ihnen allen nacheinander in die Augen.
„Sein ganzes Leben war ein Kampf. Als die Brüder noch Kinder waren, war ich mal zu Besuch in der Stadt.
Ich speiste mit dem Truchsess und seinen Söhnen. Boromir hatte sich verschluckt und musste husten.
Dabei spuckte er ein Stück Fleisch aus. Denethor hat es ignoriert, Faramir bemühte sich nicht zu lachen, aber ein Grinsen konnte sich der kleine Junge nicht verkneifen."
Jetzt fing Gandalfs Blick den des Königs ein.
„Am nächsten Tag war ich mit Faramir in den Archiven verabredet. Er kam nicht."
Pippin konnte sich nicht mehr beherrschen. „Warum ist er nicht gekommen?"
Gandalf sah dem Hobbit in die Augen. „Sei nicht so ungeduldig, Peregrin Tuk."
Dann schaute er wieder in die Runde.
„Ich suchte ihn! Fündig wurde ich in den Häusern der Heilung. Er sagte, er hätte sich beim
Schwertkampf-Üben verletzt. Aber wie bekommt man Peitschenstriemen auf den Rücken vom Schwert-Kampf?"
Es war Stille in dem Zimmer. Nein, das hatte keiner geahnt!
Eowyn war innerlich erstarrt. Sie hatte es auch nicht gewusst. Schuldgefühle bauten sich in ihr auf.
Über ihr Leben und über Rohan hatte sie ihm viel erzählt. Aber er hatte nie etwas über seine Vergangenheit erzählt.

Faramir hatte es nicht mehr ertragen können.
Diese Unbeschwertheit, das Lachen, dass in seine Ohren drang.
Auch Eowyn schien sich prächtig zu amüsieren. Obwohl er wusste, dass es Unsinn war, beschlich ihn Eifersucht.
Eifersucht auf ihre Fähigkeit Gefühle auszuleben.
Seine Schritte führten ihn in dem Flügel des Gebäudes, wo die Räume seines Bruders und die seinen waren.
Auch die Gemächer seines Vaters waren in diesem Flügel. Dann fand er sich in dem Arbeitszimmer seines Bruders wieder.
Wie oft war er all die Jahre in diesem Raum gewesen?
Wie oft hatten er und Boromir hier zusammen gesessen und geredet oder gelacht?
In einer Ecke des Raumes war auf einem Ständer die Rüstung Boromirs. Er ging dort hin, um sie zu berühren.
Seine Hand glitt fast zärtlich über den Helm der Rüstung.
Boromir hatte ihn nie getragen.
Denethor hatte ihn immer wieder gemahnt deswegen, aber sein Bruder hatte darüber nur gelacht.
In der Aufregung der vergangenen Wochen hatte er keine Zeit gefunden, um über Boromir zu trauern.
Er hatte es nicht an sich rankommen lassen, hatte es verdrängt.
Wochenlang hatte er mit dieser Fassade aus Arroganz und Stolz seinen Schmerz gegenüber den anderen Menschen verborgen.
Auch Eowyn gegenüber.
Hier in den Räumen Boromirs verließ ihn seine Beherrschung. Auch als Kind hatte er in diesen Räumen oft geweint.
Langsam brach er in die Knie und ließ seinen Tränen ihren Lauf. Keiner war hier, der diese Schwäche sehen oder hören würde.
Seine Fassade fiel von ihm. Und er ließ es zu.
Er ließ seinen Schmerz über den Verlust seines geliebten Bruder unbeherrscht heraus.
Faramir kniete vor der Rüstung seines toten Bruders und erlaubte sich seinem Schmerz hinzugeben.

Jetzt war Eowyn doch besorgt.
Es war spät, aber Faramir war noch immer nicht gekommen.
Sie hatte sich schon umgezogen und trug ihre Schlafrobe. Voller Unruhe ging sie in den Gemächern, die sie mit Faramir teilte umher.
Wo blieb er nur?
Es klopfte an der Türe. Sie fuhr herum. „Kommt herein."
Voller Überraschung sah sie Aragorn den Raum betreten. „Verzeiht, wenn ich störe."
Einen Moment war es ihr unangenehm, da sie nur die Schlafrobe trug.
„Ihr stört nicht."
Aragorn schloss die Türe und sah sie an. „Ich wollte nur kurz mit Faramir sprechen."
Ihre Stimme war bekümmert. „Er ist noch nicht gekommen. Ich weiß nicht wo er ist. Die Räume, in denen ich ihn vermutet hätte, ist er nicht."
Aragorn war erstaunt. „Er ist nicht hier?"
Er hatte gespürt, dass in Faramir irgendetwas vorging. Aragorn wusste auch, dass der junge Mann eine Mauer um sich aufgebaut hatte.
Gandalf hatte noch mit ihm über Faramir gesprochen, hatte ihm einiges aus dem Leben des zweitgeborenen Sohnes des Truchsess erzählt.
Dies war der Grund, der ihn hierher führte. Es verlangte ihm, mit Faramir zu sprechen.
Einen Moment überlegte er, dabei fiel ihm wieder die Schönheit Eowyns auf.
Ihre leuchtenden blauen Augen, ihr seidiges blondes Haar. Das Nachtgewand ließ einen Blick auf ihren makellosen Körper zu.
Schnell wendete er seinen Blick von ihr ab.
„Vielleicht finde ich ihn. Ich wünsche Euch eine geruhsame Nacht." Dann verließ er das Zimmer.