Disclaimer: siehe Kap. 1

Kapitel 3

Durch ein lautes Geschrei vor seinem Schlafgemach, war der Herr des Goldenen Waldes erwacht. Leicht missgelaunt erhob er sich von seiner Schlafstatt, um der Ursache der Störung auf den Grund zu gehen, und den Verursacher zur Rede zu stellen. So stand er von seiner Schlafstatt auf und ging zum Fenster hinüber. Bevor er es öffnete, konnte er bereits die Elbenkinder auf dem Ast erblicken.

Mit ernster Miene öffnete er das Fenster, doch schien dies zu plötzlich zu geschehen, denn er sah einen der Jungen das Gleichgewicht verlieren und fallen.

Geistesgegenwärtig griff Celeborn zu, und erwischte Orophin am Arm, zog ihn auf die sichere Plattform zurück.

Dann sah er die zwei Elbenkinder an, die vor ihm vor dem Fenster standen.

„Ich habe euch schon einmal gesagt, dass dies kein Spielplatz für kleine Elben ist. Es wird nicht immer jemand da sein, der euch auffangen kann, wenn ihr herunterfallt."

Und mit etwas wütender Stimme, dass die Kleinen leicht zusammenfuhren, fuhr er fort:

„Und außerdem möchte ich nicht in den frühen Morgenstunden von einer Bande Kinder aus meinem Schlaf gerissen werden. Jetzt verschwindet von hier."

Rúmil, der bis dahin zitternd auf seinem Ast geblieben war, beachtete der Elb dabei nicht, vielleicht hatte er ihn auch nicht registriert, weil er weiter oben in den Ästen saß.

Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, schloss Celeborn die Fenster wieder, und verschwand somit aus dem Blickfeld der Kinder.

Nach einigen Minuten, in denen Haldir und Orphin nur still und erleichtert dagestanden hatten, hörten sie ein leises Wimmern.

Rúmil befand sich noch immer auf seinem Ast, und hielt diesen fest umklammert. Die Augen fest geschlossen wimmerte er: „Ich will runter."

Seufzend machte Haldir sich daran, über die Äste zu seinem jüngeren Bruder hoch zu klettern.

„Du musst die Augen aufmachen.", sagte er.

„Nein.", widersprach ihm sein Bruder.

„Hab Angst."

Haldir kletterte noch ein Stück weiter, bis er auf gleicher Höhe mit Rúmil war. Beruhigend legte er einen Arm um ihn.

„Hab keine Angst, ich helfe dir. Es ist ganz einfach.", sprach er, und zusammen mit seiner Hilfe schaffte Rúmil es schließlich, die letzten Meter wieder nach unten zu klettern.

Seit dem Morgen, als Orophin vom Mallorn hinabgestürzt war; was er sicher nicht unbeschadet überstanden hätte, hätte nicht Celeborn so schnell reagiert und ihn gepackt; war Haldir für seinen anderen Bruder fast ein Held. Zwar erzählte Rúmil es niemanden, da es ihm peinlich gewesen wäre, vor den anderen Kindern zuzugeben, dass er Angst hatte. Haldir jedoch war für ihn nun etwas Besonderes. Er wusste, dass er seinem älteren Bruder alles anvertrauen konnte, ihm alles sagen konnte, was ihn beschäftigte, er konnte zu ihm gehen, wenn er Angst hatte, denn er war sich sicher, dass Haldir ihn nicht auslachen, oder anderen Elben davon erzählen würde.

Celeborn hatte nach dem Ereignis beschlossen, ein besonderes Auge auf die drei Brüder zu haben. Insbesondere der älteste der drei, der eigentlich kaum mehr nach einem Kind, sondern einem jungen Krieger aussah, hatte an jenem Morgen sine Aufmerksamkeit erregt. Und er nahm sich vor, diesen Elben nach einigen Jahren, wenn dieser die Schwelle des Mündigwerdens überschritten hatte, näher kennen zulernen.

Einige Jahre waren nun schon ins Land gezogen. Haldir's Brüder hatten das Alter von hundert Jahren bereits um einige Jahre überschritten. Genauso wie ihr älterer Bruder entschieden sie sich dazu, sich auf das Bogenschießen zu spezialisieren, doch auch im Schwertkampf trainierten sie, wenn sie darin auch nicht ganz so gut waren.

Dennoch reichten ihre Fähigkeiten bald aus, um in den Dienst der Wächter eingeteilt und durften zu ihrem Glück mit ihrem Bruder zusammenarbeiten, wenn sie auch eine halbe Stunde Fußweg voneinander trennte, während ihrer Dienstzeit.

Anders als Haldir nahmen sie ihre Aufgabe jedoch viel gelassener. So auch an jenem Tag, der Haldir's Schicksal entscheiden sollte.

Den jüngeren Wächtern war es nach Monatelangem herumsitzen in den Ästen, und stundenlangem Hineinstarren in die Wälder, langweilig. Rúmil hatte sich erwartet, irgendetwas zu tun zu bekommen, dass irgendjemand vorbeikam, ein paar Orks vielleicht, an denen er seine Fähigkeiten mit seinen Waffen ausprobieren könnte. Doch in den ganzen Monaten geschah nichts.

Irgendwann kletterte er von seinem Posten herunter, und machte sich auf den Weg zu Haldir, dessen Posten nur eine knappe halbe Stunde entfernt lag. Er war sich sicher, dass sich dieser auch langweilen, und sich über etwas Gesellschaft freuen würde.

Kaum hatte er sich von seinem Platz entfernt, huschten hinter ihm einige Wesen vorbei, den Weg in Richtung der Stadt folgend.

Mit den Gedanken bei seinem Bruder, dachte Rúmil jedoch nicht an irgendwelche Gefahren, sondern sagte sich, dass dies wohl ein Reh gewesen sein würde.

Rúmil folgte den von Blättern bedeckten Weg eine Weile, bis er von weitem Haldir's Posten entdecken konnte.

Dieser sprang sofort herunter, und kam seinem jüngeren Bruder entgegen, doch zeigte er nicht die Freude, die sich der andere erhofft hatte.

„Rúmil, was machst du hier?!", rief Haldir barsch, ohne auch nur zu grüßen.

„Haldir, ich wollte nur kurz...", begann Rúmil, durch den harten Ton Haldir's etwas verunsichert.

Er wurde jedoch von diesem unterbrochen.

„Still. Was bringt dich dazu deinen Posten zu verlassen? Du weißt, dass es unter Strafe verboten ist, sich von den Wachposten zu entfernen, wenn kein wichtiger Grund vorliegt. Also sag mir, was ist los?"

Rúmil schwieg und fand den Waldboden plötzlich viel interessanter als die den Rest der Umgebung.

Schon wollte Haldir ihn zurechtweisen, doch hielt ihn etwas ab. Er wandte den Kopf herum und horchte angestrengt. Da hörte er es wieder, diesmal deutlicher. Ein tierähnlicher Laut, mehr ein Johlen, halb knurrend halb grunzend zerriss die Stille des Waldes. Nur allzu deutlich war, um welch finstere Kreaturen es sich hierbei handelte.

„Orks!", rief Haldir, während er seinen Bogen schnappte und losrannte.

„Sie wollen zur Stadt. Beeil dich!"

Dies musste er jedoch nicht extra erwähnen, denn Rúmil wusste, was es bedeuten würde, sollten es die Kreaturen schaffen, bis in die Stadt vor zu dringen.

Die Elben waren nicht auf einen Angriff vorbereitet. Es war ruhig und für die Sicherheit der Stadt garantierten von allen Seiten jeweils drei Wachposten, die wiederum knappe

dreißig Gehminuten auseinander lagen.

Rúmil wusste, weshalb sein Bruder sich so sehr beeilt. Er war der letzte Posten vor der Stadt gewesen und da er gegangen war, hatte er den Orks eine Willkommene Gelegenheit gegeben, durch das Netz der Wächter hindurch zu schlüpfen.

Da sie sich rennend fortbewegten, benötigten sie fast die Hälfte der üblichen Zeit, als sie an Rúmil's Posten vorbeikamen. Fast beiläufig sahen sie nach den Spuren, die die Orks hinterlassen hatten, doch da sie bereits wussten, wohin die dunklen Geschöpfe gingen, verschwendeten sie keine Zeit mit dem untersuchen der Spuren.

Bald waren sie nur noch eine Wegbiegung vom Eingang der Stadt entfernt, als sie ein lautes Krachen, und kurz darauf einige erschreckte Schreie vernahmen.

Noch im Lauf nahm Haldir seinen Bogen zur Hand, riss mehrere Pfeile aus dem Köcher.

Keinen Moment später sausten diese auf die Feinde zu, die das nur halb geschlossene Tor durchbrochen hatten und nun dabei waren, in den vorderen Bereich der Stadt einzudringen, und den Flüchtenden hinterher zu springen.

Sie kamen jedoch nicht weit, denn die Pfeile Haldir's streckten die vordersten Orks nieder, und auch Rúmil tötete einige der Orks. Es dauerte auch nicht lange, da prasselte ein Regen von Pfeilen auf die letzten Feinde herab. Sehr schnell waren die Galadhrim den Kämpfenden zu Hilfe geeilt.

Nun, als die Gefahr gebannt war, trat einer von ihnen zu den beiden Brüdern, wissend, dass einer von ihnen den Posten vor der Stadt besetzen sollte, doch wusste er nicht welcher.

„Sagt! Wer von Euch ist zum Bewachen des Postens vor der Stadt eingeteilt? Lord Celeborn wünscht denjenigen zu sprechen, sofort!"

Haldir wandte den Blick zu seinem Bruder, der ihn mit einem für Außenstehende undeutbarem Blick ansah. Doch Haldir sah in dem Blick den jungen Rúmil von früher wieder, den Rúmil, der sich vor der Höhe der Bäume fürchtete.

Unmerklich schüttelte er seinen Kopf, um die Erinnerung zu vertreiben und ging dann, bevor Rúmil auch nur ein Wort sagen konnte, auf den Galadhrim zu, und antwortete diesem.

„Ich war für den Posten eingeteilt."

„Dann folgt mir bitte."