Kapitel 4
Nie war ihm die Zeit länger vorgekommen, als an diesem Tag. Selbst auf die Frage seiner Brüder, wie es ihm bei Celeborn ergangen sei, nahm er nicht richtig wahr.
„Es ist alles in Ordnung.", sagte er nur abwinkend, während er darüber nachdachte, wie er sich vor der bevorstehenden Jagd drücken könne.
Absagen konnte er nicht, ganz gleich welche Aufgaben ihm einfallen würden, die er noch zu erledigen hätte, seinem Lord hätte das nicht von der Jagd abgehalten, er stand ja in der Position, Haldir von seinen Aufgaben zu entlasten.
Schließlich entschloss sich Haldir, nach langem Grübeln, einfach so zu tun, als habe er die Verabredung vergessen und würde einfach nicht erscheinen.
Er war sich sicher, dass sein Plan aufgehen würde, insbesondere, nachdem gegen Abend kein Celeborn bei ihm eingetroffen war.
Erleichterung breitete sich langsam in ihm aus, doch wurde ihm diese schlagartig genommen, als plötzlich einer der Soldaten vor seiner Behausung stand.
„Verzeiht die Störung, doch ich habe Befehl, euch zu Lord Celeborn zu führen. Würdet ihr mir bitte folgen?"
Leise seufzte Haldir, er hatte sich zu früh gefreut und konnte nun nur noch drauf hoffen, dass die angekündigte Jagd glimpflich ablaufen würde, zumindest was ihn betraf.
Anders, als er jedoch erwartet hatte, begab sich der Elb, der ihn zu Celeborn bringen sollte nicht zu dessen Behausung, sondern begab sich direkt in den Wald.
Schweigend folgte er ihm eine Weile, bis die Gestalt von Celeborn auszumachen war. Dann ließ der Soldat ihn alleine weiter gehen und drehte sich um, sich auf den Weg zurück in die Stadt machend.
Haldir atmete derweil tief durch und trat dann auf Celeborn zu.
Als er ihn erkannte, verschlug es ihm fast den Atem.
Celeborn hatte sich zu diesem Abend in grünliche Leggings, sowie einer hellbraunen Tunika gekleidet, dessen Stoff mit feinen silbernen Fäden durchzogen war.
Seine Haare hatte der Lord zu Kriegerzöpfen zusammengebunden und an dem Baum neben ihm lehnten griffbereit seine Waffen.
Haldir war von diesem Anblick etwas verwirrt, dann hörte er Celeborn's Stimme.
„Ich dachte, meine Anweisungen wären deutlich gewesen?"
Mit einem Handzeichen forderte Celeborn die Wachen auf, Haldir seinen Dolch abzunehmen und ihn nach weiteren Waffen zu durchsuchen.
Mit Unbehagen ließ Haldir diese Prozedur über sich ergehen. Dann wandte er sich fragend und in anmaßendem Tonfall an Lord Celeborn.
„Wärt ihr vielleicht so freundlich, mir zu sagen, was dieser ganze Aufzug hier soll?"
Darauf sah ihn dieser missbilligenden Blickes an.
„Nun, ich werde dir sagen, was du wissen musst.", antwortete er in ebenso überheblichem Tonfall.
„Ich bin der Jäger, und du wirst das Wild sein."
Haldir konnte sich noch gerade so zusammenreißen, nicht nach Luft zu schnappen, als er diese Worte hörte. Doch Celeborn bemerkte sein Erschrecken nicht, oder tat so, als würde er es nicht bemerken, denn er fuhr in seiner Rede fort.
„Ich werde so gnädig sein, dir einen Vorsprung zu lassen. In fünf Stunden ist die Jagd beendet. Solltest du es schaffen, mir entkommen, so kannst du gehen. Kriege ich dich, so werde ich mir etwas von dir nehmen!"
Bei letzteren Worten erschien ein leichtes Lächeln auf Celeborn's Gesicht, während er leicht mit seinen Fingern über die Wangen des Elben vor ihm strich.
„Und nun geh. Ich werde dir zwanzig Minuten Vorsprung geben. Und noch etwas: versuche gar nicht erst, Hilfe bei den Wachen zu bekommen. Ich habe sie selber für diese Stunden eingeteilt, und sie haben ihre Befehle."
Haldir wollte noch etwa entgegnen, doch wurde er von Celeborn unterbrochen.
„Genug jetzt!"; stieß dieser mit herrischer Stimme hervor.
„Deine Zeit läuft ab, schöner Elb. Lauf los!", wurde Haldir aufgefordert, der sich das nicht zweimal sagen ließ und sich in Bewegung setzte. Er wusste, er hatte nur diese eine Chance, er musste es nur schaffen die ganzen Stunden durchzuhalten. Daher bemühte er sich sehr darin, seine Spuren zu verwischen und falsche Spuren auszulegen.
So schaffte er es, eine ganze Weile unentdeckt zu bleiben und er war sich ganz sicher, den Elbenlord abgeschüttelt zu haben, nun müsste er noch ein bis zwei Stunden durchhalten und hätte dann das Spiel von Celeborn überstanden, als er plötzlich etwas aufblitzen sah.
Der Dolch zerschnitt die Verschnürung seiner Tunika, noch bevor er sich vollends umgedreht hatte. Lächelnd stand Celeborn dort, mit einem Dolch in der Hand, Haldir's Dolch, und sah ihn triumphierend an.
„Was habt ihr vor?", fragte Haldir beunruhigt, als er den Blick seines Lords auf sich ruhen sah, ein Hauch von Gier blitzte darin auf, kurz nur, doch für Haldir klar zu sehen.
Erneut musste er an dessen Worte denken, die dieser zu Begin der Jagd gesprochen hatte. „Kriege ich euch, so werde ich mir etwas von euch nehmen!"
Panik kroch langsam in ihm hoch. Seine Füße reagierten schneller, als er denken konnte, drehten sich und trugen ihn fort. Doch er kam nicht sehr weit.
Grob griff eine Hand in sein langes Haar, riss ihn zurück, und stoppte so seinen Lauf.
Haldir kam um ein schmerzhaftes Aufstöhnen nicht zurück, dennoch versuchte er seine Fassung zu wahren.
Scheinbar unbeeindruckt sah er den älteren Elben an.
„. Ich habe euer Spiel lange genug mitgespielt und ich denke dass Ihr mich nun gehen lassen solltet."
Langsam, beinahe unmerklich schüttelte der Lord seinen Kopf.
„Ich sagte ich werde mir etwas nehmen. Und glaubt mir, es ist mir gleich ob du es mir freiwillig geben wirst."
Diese Entgegnung glich einem Versprechen, und Haldir befürchtete, dass sein Lord dieses Versprechen halten würde, denn noch nie hatte Lord Celeborn ein Versprechen gebrochen.
Langsam trat der Ältere nah an den jungen Elben heran.
Haldir's Gedanken überschlugen sich, als er versuchte, irgendeinen Ausweg aus dieser nicht sehr annehmen Situation zu finden.
„Ihr wollt euch doch nicht so weit herablassen…. Nur ein einfacher Krieger….", stammelte er, während er innerlich über seine Unsicherheit fluchte.
Celeborn hatte jedoch nicht vor, sich weiterhin Haldir's Gestammel anzuhören.
Mit einer raschen Bewegung griff er erneut in das seidige Haar des Elben, riss dessen Kopf zurück und presste gierig seine Lippen auf die des anderen.
Erschrocken jaspste Haldir nach Luft.
Celeborn nutzte diesen Moment aus, um mit seiner Zunge tief in Haldir's Mund zu fahren und kostete diesen genüsslich, dessen Befreiungsversuche ignorierend.
Erst als der Lord von ihm abließ, kam es Haldir in den Sinn nach ihm zu schlagen, denn eine andere Verteidigung blieb ihm nicht. So versuchte er alle Kraft in einen Schlag zu bringen, doch nur wenige Sekunden später fuhr ihm ein stechender Schmerz durch den Arm.
Mit einem zischenden Geräusch ging er langsam zu Boden, als sein Arm auf den Rücken gedreht wurde mit solcher Intensität , das er glaubte, es würden ihm bald die Knochen gebrochen werden. Dass er sich mit seinem Niederlassen nun endgültig in eine aussichtslose Situation manövriert hatte, erkannte er nur wenige Momente später.
Mit seiner freien Hand Zerrte der ältere Elb nahezu ungeduldig Haldir's Leggings ein Stück herab, doch Haldir blieb nicht die Zeit, sich über diese Behandlung zu beschweren.
Brennender Schmerz durchzuckte ihn, als Celeborn so plötzlich in ihn eindrang.
Zum Teil aus Überraschung doch überwiegend wegen des Schmerzes hallte Haldir's Schrei durch die Stille der Nacht. Gequält warf er seinen Kopf hin und her, stieß mit seinem freien Ellenbogen zurück, seine letzten Kraftreserven in den Hieb steckend.
