- Das 4. Schuljahr-

Liebes Tagebuch.

Heute wurde Aberforth eingeschult.

Er war echt aufgeregt und es war irgendwie komisch zu sehen, wie er auf dem Stuhl in der großen Halle saß und in ein Haus gewählt wurde.

Er ist übrigens nach Hufflepuff gekommen. Meiner Meinung nach ist dass das richtige Haus für ihn, er ist immer so ruhig und hilfsbereit und so, du weißt was ich meine.

Er war zwar ein wenig traurig, dass er nicht mit mir in einem Haus ist, aber vielleicht lernt er so, ein wenig selbstständiger zu werden.

Er hat sehr gelitten, als er alleine zu Daheim war.

Dad muss ihn ziemlich tyrannisiert haben und ihm alle Arbeit alleine machen lassen.

Ma hat ihm natürlich nicht verteidigt oder sonstiges gemacht, sie hat sich kein bisschen verändert.

Schade, das man nicht über die Sommerferien in Hogwarts bleiben kann.

Wirklich gefreut hab ich mich auch darüber, Kevin und Josie wieder zu sehen.

Aber ich glaube, Kevin ist ein wenig am schmollen, weil Josie mich erstens mit einem Kuss begrüßt hat (und ihn scheinbar nicht) und mir dann im Zug sagte, das ich süß aussehen würde.

Armer Kevin, ich glaube, er ist ein wenig eifersüchtig.

Ich sah von meinem Tagebuch auf.

Die letzten Sonnenstrahlen fielen durch die großen Fenster unseres Schlafsaals und schienen auf mein Bett.

Dabei wurde mein Bein beleuchtet.

Da dieses Jahr der Sommer besonders heiß war, trug ich eine kurze Pyjamahose und es wurde eine feine Narbe sichtbar, die sich über meinen kompletten Oberschenkel erstreckte; die Überbleibsel aus meiner Begegnung mit Grindelwald.

Ich hatte ihn nicht vergessen, im Gegenteil; jeder Gedanke an ihn und dem damit verbundenen Tod meines Großvaters ließen große Hasswellen durch meinen Körper laufen.

Damals war mir nicht richtig bewusst gewesen, was passiert war, das ganze Ausmaß mir nicht bewusst.

Aber die ersten Sommerferien daheim hatten es mir mit aller Kraft verdeutlicht.

Dass Großvater weg war. Weg, unwiderruflich.

Er konnte mir nicht mehr helfen, wenn ich mal Probleme hatte, konnte mich nicht mehr trösten, wenn ich traurig war.

Und hatte Aberforth nicht unterstützen können, die letzten 3 Jahre, bis zu seiner eigenen Einschulung heute.

Ich seufzte, lehnte mich zurück und pfefferte das Tagebuch in meine Kommodenschublade.

Fawkes, der auf seiner Stange neben dem Fenster hockte, gurrte tadelnd.

Er hatte sich während der Jahre gewaltig verändert.

Naja, ich kann eigentlich nicht wirklich Jahre dazu sagen, denn Fawkes ist ja ein Phönix.

Zwei Wochen, nachdem er geschlüpft war, hatte er die Größe eines Schwans erreicht und bekam ein rot-goldenes Gefieder.

Ein halbes Jahr, nachdem er so wunderschön ausgeschaut hatte, wurde er dann alt, er verlor seine Federn und wurde ziemlich missgelaunt.

Dann ist er in Flammen aufgegangen.

Ich hatte damals mit Kevin Zauberschach im Gemeinschaftsraum gespielt, als Toni und Jim total geschockt zu uns gerannt kamen, mit der Nachricht, das mein Vogel grade brennen würde.

Das war übrigens das erste und bisher letzte Mal, das ich die beiden nicht synchron sprechend erlebt habe.

Als ich dann nach oben gelaufen war, saß Fawkes in seiner Aschenschale, so klein wie ich ihn bekommen hatte.

Wenigstens ist mir das Ausbrüten erspart geblieben.


Fawkes schnarrte erneut und klickte missbilligend mit seinem Schnabel.

Ich stöhnte genervt, dann zog ich mein Tagebuch wieder hervor und krickelte unter den letzten Eintrag ein dein Albus

„Zufrieden?", fragte ich den Vogel und der zwitscherte als Antwort.


Als erstes fiel uns auf, das Professor Binns nicht am Tisch der Großen Halle saß.

Prof. Dippet konnte sich das scheinbar auch nicht erklären, denn er rannte hektisch hin und her und redete mit den anderen Lehrern.

Kevin lehnte sich etwas in seinem Stuhl zurück. „Was ist da los?"

Ich zuckte die schultern. „Sie wissen es scheinbar auch nicht."

„Da ist was passiert", pflichtete Josie mir bei.

Mit einem leicht mulmigen Gefühl im Bauch beugten wir uns über unseren Teller, um zu frühstücken.


Die Hallentür schwang auf und ein total aufgelöster Hausmeister kam hereingeplatzt.

Er war immer schon nah am Wasser gebaut gewesen, aber nun standen ihm wirklich Tränen in den Augen.

„Ich habe Professor Binns gefunden, Professor Dippet", sagte er mit bebender Stimme, „Aber sein Zustand ist ein wenig… nun…"

Professor Dippet hatte sich aus seinem Stuhl erhoben und sah auf den Hausmeister hinunter. „Ich höre?"

„Er ist tot, Sir!"

Ein Raunen ging durch die Menge. „Professor Binns?", sagte Professor Dippet fassungslos.

„Ja?"

Köpfe wandten sich und ein Mädchen schrie panisch auf.

Professor Binns schwebte in der Tür.

Schweben ist wörtlich zu nehmen, denn er berührte mit den Füßen den Boden nicht mehr…

Er war ein Geist.

Professor Dippet fiel fast über den Tisch, so geschockt hatte er sich vorgelehnt um ihn anzustarren.

Professor Binns flog mit trübem Blick durch die Halle, um sich wie jeden Morgen auf seinen Stuhl am Lehrertisch zu setzten.

Er bemerkte nicht, dass hunderte von Augen seinen Bewegungen folgten.


„Alles klar bei dir, Kevin?"

Mitleidig lächelnd setzte ich mich zu meinem Freund auf die Kante des Krankenbettes.

Er grinste gequält zurück. „Klasse, sieht man doch, oder?"

„Stimmt, du siehst viel besser aus als sonst."

„Ach halt den Mund, Albus."

Ich lachte und legte ihm eine Schachtel mit Schokofröschen auf den Nachtisch. „Und was lernen wir daraus?", sagte ich liebenswürdig.

„Nie wieder unachtsam beim Zusammenbrauen von Zaubertränken zu sein."

„Und warum?"

„Weil manche Mischungen zur Explosion neigen."

„Sehr schön, dafür bekommen Sie ein E, Mr. Johansson."

„Vielen Dank, Herr Lehrer."

Wir schwiegen kurz.

„Gibt es was Neues?"

„Professor Binns macht als Geist weiter Geschichte der Zauberei."

„Nicht wirklich."

„Doch", sagte ich betrübt. „Der Mann ist selbst nach seinem Tod nicht totzukriegen."

„Wo ist Josie?"

„Sie muss noch ihre Rolle Pergament für Verteidigung gegen die Dunklen Künste fertig stellen, sie lässt dich aber grüßen."

„Sie hat nie Zeit für mich."

„Quatsch, sie muss die Hausaufgaben bis morgen fertig haben."

„Sie guckt dich ständig an!"

„Ich rede ja auch die ganze Zeit."

„Aber wie sie dich anschaut, hast du das mal bemerkt?"

Ich setzte mich auf. „Hör mal Kevin, was soll das werden? Was willst du, was ich dir jetzt sage? Das ich das toll finde? Das ich in sie verknallt bin und hinter deinem Rücken mit ihr rummache?"

Kevin sah mich mit einem sehr seltsamen Gesichtsausdruck an. „Du magst sie", stellte er fest.

„Sie ist eine gute Freundin von mir, aber auch von dir, schon vergessen?"

„Sie hat mich mal gefragt, ob du je gesagt hättest, wie du sie findest."

„Na und?"

„Mensch Albus, tu doch nicht so blöd, du bist doch sonst so intelligent!"

Ich stand auf. „Ich glaube, ich gehe jetzt besser. Bis morgen."

„Grüß Josie zurück", sagte Kevin leise.


Der Gemeinschaftsraum war leer, als ich vom Krankenflügel zurückkehrte, ich hatte Kevin sehr spät besucht. Die Krankenpflegerin war bereits am schlafen gewesen und ich hatte den restlichen Tag keine Zeit gehabt.

Josie war noch wach und brütete mit verzweifelter Miene über ihrer Pergamentrolle.

Sie sah auf, als ich eintrat.

„Hey Albus, da bist du ja wieder."

Ich setzte mich zu ihr. „Ich glaube du kommst heute nicht weiter", sagte ich und blickte auf meine Uhr.

Sie seufzte. „Sehe ich genauso." Sie rollte die Rolle zusammen und betrachtete mich kritisch. „Du machst ein komisches Gesicht, was ist passiert?"

„Es ist wegen Kevin, nichts Wichtiges."

„Sag schon."

Ich zögerte kurz, doch dann berichtete ich ihr knapp von Kevins Gedanken.

„Und was denkst du jetzt?", fragte sie mich.

„Ich weiß es nicht", sagte ich offen.

Sie lächelte leicht. „Willst du gar nicht wissen, was ich von seiner Vermutung halte?"

Ein wenig skeptisch nickte ich. „Doch, schon…"

„Magst du mich, Albus?"

„Was für eine Frage", sagte ich entrüstet. „Natürlich!"

„Ich meine, richtig."

Ich sah in ihre Augen, die mich hoffnungsvoll anblickten und war sprachlos. Jetzt hieß es bloß nichts Falsches zu sagen.

Ich erinnerte mich an einen Rat meines Großvaters – immer auf sein Herz zu hören und zu sagen was man dachte.

„Ja, richtig."

„Liebst du mich?"

Pause.

Das Kaminfeuer knisterte leise.

„Ich liebe dich, Albus. Seit ich dich kennen gelernt habe."

Hör auf dein Herz.

Wieder zögerte ich kurz, doch ich faste einen Entschluss.

„Ich liebe dich, Josie."

Ich ließ die Diskussion mit außer Acht.

Es war mir egal, ob er neidisch war oder nicht.

Als sie näher an mich ranrückte, wehrte ich mich nicht gegen ihren Kuss.

Im Gegenteil.

Ab dem Zeitpunkt zeigte Kevins und meine Freundschaft erste Risse.