Meine Augen mussten sich eine Weile an Licht gewöhnen, dann setzte ich mich steif auf.
Mir tat alles weh.
Und mir war ziemlich schwindelig, deswegen trank ich hastig das Glas Wasser aus, das neben meinem Bett auf einem kleinen Nachttisch stand.
Ich stellte das Glas klirrend zurück und davon wurde die Krankenschwester auf mich aufmerksam.
„Du bist wieder wach!", sagte sie erleichtert, wuselte zu mir rüber und befühlte meine Stirn.
„Du hattest schlimmes Fieber", erklärte sie mir, als sie meinen fragenden Blick bemerkte. „Sehr schlimmes. Ich weiß nicht genau, was du gemacht hast, aber dein Körper war derartig geschwächt, das ich dachte, du stirbst mir weg!"
Ich schluckte und ließ mich gehorsam untersuchen.
„Wie lange liege ich schon hier?"
„Seit einer Woche", sagte sie betont gleichgültig, doch es traf mich ziemlich. „Eine Woche?"
„Ja." Sie sah mich ernst an. „Deine Nase habe ich leider nicht mehr richtig hinbekommen. Du hast sie dir gebrochen und leider sind unsere medizinischen Möglichkeiten noch nicht besonders ausgereift. Willst du es sehen?"
Ich nickte ängstlich und sie reichte mir einen kleinen Handspiegel.
Ungläubig sah ich auf das, was mir der Spiegel zeigte.
Ich meine, es sah nicht so schlimm aus, das ich mich von einem Haus stürzen möchte, aber… na ja, sie war ziemlich krumm, fast wie ein Schnabel eines Vogels.
Ich sah unglücklich zu ihr hoch und sah, dass sie weinte. „Was ist?"
„Du tust mir so leid, Kleiner."
„So schlimm ist das mit der Nase nicht…"
„Das meine ich nicht. Dein Bruder kommt gleich, er muss dir etwas… etwas Wichtiges sagen." Sie zog ein Taschentuch hervor und schnäuzte sich geräuschvoll.
Mir wurde ganz anders. War etwas mit Josie oder Kevin passiert? Oder mit einem anderen Freund?
Die Tür schwang auf und Aberforth trat herein.
Ich war so hibbelig, das ich fast aus dem Bett gesprungen wäre.
„Was ist passiert, Aberforth?"
Er stand da, in einem langen weißen Wollpulli mit viel zu langen Ärmeln und starrte mich einfach nur an.
„Aberforth?"
Eine Träne perlte seine Wangen hinunter, doch dann straffte er seine Schultern und kam zu mir ans Bett.
„Was ist passiert?", wiederholte ich verzweifelt.
„Sie sind tot", sagte Aberforth leise. Ich erschrak über seine raue, dunkle Stimme, die unheimlich ruhig war, was überhaupt nicht zu seinen Augen passte.
„Wer?"
Aberforth beachtete mich gar nicht richtig. Er sah mich an und tat es doch nicht richtig.
„Sie sind tot, Albus."
„Wer verdammt noch mal? Wer ist tot?"
„Sie haben sie umgebracht. Die, die Großvater umgebracht haben und die auch dich töten wollten."
„Nicht…"
„Vater und Mutter wurden gestern tot in unserem Haus aufgefunden worden. Sie müssen kurz vor dem Angriff auf dich getötet worden sein."
Das 6. Schuljahr -
Liebes Tagebuch.
Es tut mir Leid, das ich dir so lange nicht mehr geschrieben habe, aber es ist so viel passiert, dass ich es einfach vergessen habe.
Zuletzt habe ich dir ja geschrieben, als ich im Krankenflügel saß. Dann möchte ich auch ab da erzählen.
Aberforth hat den Tod von Vater und Mutter nicht verkraftet.
Zwei Tage, nachdem er mir am Krankenbett die Nachricht übermittelt hatte, war er in das St. Mungo Hospital der Zauberer eingeliefert worden und liegt seit dem auf einer Abteilung für langfristige Aufenthalte.
Er ist verrückt geworden, meint einer der Heiler, der dort arbeitet. Durchgedreht. Hat den Verlust nicht verkraften können.
Ich wünschte, ich wäre auch durchgedreht, aber leider bin ich es nicht.
Ich weiß immer noch alles, was letztes Jahr passiert ist.
Aber ich habe mich verändert, sagen Josie und Kevin.
Sie haben es nicht ertragen können, dass ich mich immer so zurückgezogen habe und dass ich nicht mehr der Alte wäre.
Josie hat sich von mir getrennt, Kevin hat unsere Freundschaft gekündigt.
Jetzt bin ich alleine.
Aber ich habe ja noch Fawkes, deswegen ist es nicht so schlimm.
Er hat immer zu mir gehalten und auch wenn er nicht sprechen kann, weiß ich dass er mich versteht.
Ich lerne sehr viel. Ich hab ja nichts anderes mehr zu tun.
Den Sommer habe ich in einem Heim verbracht und ich hatte viel Zeit zum lesen.
Ich möchte stärker werden.
Ich habe die Kraft sie zu besiegen und ich werde auch ihren Meister umbringen.
Ich bin inzwischen so stark geworden, dass ich einen Baum mit einem Wink in Flammen aufgehen lassen kann.
Aber das ist nicht gut genug.
Grindelwald hat vor einer Woche eine Zauberschule in Norwegen überfallen, sie war kleiner als Hogwarts, doch die Zauberer dort waren auch stark, trotzdem konnte er die Schule vernichten.
Ich werde Großvater, Mutter, Vater und all die Zauberer rächen, die Grindelwald auf dem Gewissen hat.
Morgen beginne ich mit den Unverzeihlichen Flüchen.
Wünsch mir Glück das ich es schaffe, denn ich muss es schaffen.
Ich werde gegen ihn kämpfen.
Ich werde nicht länger davonlaufen.
Aberforth zuliebe.
Und aus Rache.
Dein Albus.
