Es geht endlich, endlich weiter in Wien! Werden Alfie und Herbert sich noch länger wie bei ersten Ehezwist aufführen? Wird Graf von Krolock mit dem turbulenten Familen'leben' zurechtkommen? Wird Sarah die Kekse retten? Ihr erfahrt es hier:


Graf von Krolock schnüffelte. Es roch verbrannt.

Langsam erhob er sich und wanderte in die Küche. Dort schaufelte Sarah Weihnachtskekse aus dem Backofen in eine Porzellanschale. Sie seufzte. „Beinahe wären sie wieder verkokelt, dabei hab ich mir sogar die Eieruhr gestellt...aber bei Lebkuchen muss man so aufpassen..."
Graf von Krolock nickte geistesabwesend und schickte sich an, die Küche wieder zu verlassen. Der Klaps auf seine Finger veranlasse ihn nur dazu, sehr schnell aus der Tür zu schlüpfen.
„...ich sollte die Kekse verstecken.", murmelte Sarah.

Als der Vampir den Kopf ins Wohnzimmer steckte, erkannte er auf dem weißen Sofa seinen Sohn, der in ein aufgeschlagenes Buch starrte.
„Hallo, Herbert. So früh hab ich euch gar nicht erwartet..." Grinsend ließ er sich neben dem silberhaarigen Mann nieder.
Als dessen freche Antwort ausblieb, musterte er ihn verwundert. Sein Sohn kauerte in zwei Polster eingesunken, das Buch vor sich auf dem Sofa, ohne auf die Worte seines Vaters zu reagieren. „Herbert?"
Zögernd hob dieser die Augen, nur um sie gleich wieder zu dem illustrierten Werk sinken zu lassen. Sein Vater runzelte die Stirn. „Stimmt was nicht? Wenn du Salome liest, dann sollte ich mir Sorgen machen."
„So schlecht ist Oscar Wilde nicht."
„Nein, aber deine Stimmung am Gefrierpunkt."
„Dann nutz die Gelegenheit eben zum Eislaufen."
„Okay, wenn du sarkastische Witze reißt, wird's echt kritisch."
„Danke, Herr Psychologe."
„Gern geschehen, Herr Sohnemann."
Ein kurzes Schweigen, dann beugte sich Graf von Krolock zu dem Jüngeren. „Was ist denn los?" Sanft legte er ihm den Arm um die Schultern. Dass Herbert dies gewähren ließ, war ein weiteres Indiz für eine mittelschwere Katastrophe.
„Du...hast einen großen Schwachsinn gemacht."
„Mhm."
„Jemanden beleidigt."
„Mhm."
„...Alfred."
„Mhm.."
„Das ist nicht gut..."
„Mhm..."
„Was machst du jetzt?"
„Wenn ich das wüsste, säße ich nicht hier und läse Salome."
„Das hat was für sich."
Ich will deinen Mund küssen, Jochanaan."
„...dir geht's echt schlecht."

Magda sah sich um. Autos, Straßenbahnen, Busse, Neonreklamen, Abgase, Staub, Lichter... „Hübsche Stadt.", murmelte die ehemalige Magd verdrießlich. „Und das ist erst der Bahnhof."
Sie winkte einem der Autos, welche die Aufschrift ‚Taxi' trugen, und kletterte in das Vehikel, warf ihre Koffer auf den Nebensitz und nannte dem brummigen, weil müden Fahrer die Adresse. Dieser startete das Auto und zuckelte los. Im Vorbeirauschen beobachtete Magda das Treiben auf den dunklen Straßen. Es war zwar schon nach Mitternacht, doch das hielt einige Bewohner der Stadt nicht davon ab, sich munter in Gruppen zu tummeln. Teilweise sprudelte es vor Leben, andere Teile, die sie durchfuhren, waren so total menschenleer, als käme man dort nicht auf die Idee, zu atmen.
Nach beinahe fünfzehnminütiger Fahrt hielt das Taxi vor einem Altbau, der jedoch sehr schön im Stil der Monarchiezeit restauriert war und trotz seiner imposanten Größe recht sympathisch wirkte. Der Taxilenker half ihr, die Koffer zu den Stufen zu hieven, dann nahm er die Bezahlung entgegen. Stirnrunzelnd merkte er an: „Das sind aber Leu...wir haben Euro!" Magda zögerte kurz. Wie hatte ihr es der Graf beschrieben? Euro, Euro... Etwas unsicher zählte sie dem Mann zwei Scheine in die Hand, woraufhin dieser grummelnd abzog.
Magda stöhnte. Das fing nicht gut an.
Und die Stufen bis ins Dachgeschoss kamen noch.

Sarah platzierte eine Schüssel Salat in der Mitte des Tisches, dann trat sie zurück und bewunderte ihr Werk. Ein weihnachtlich gedeckter Tisch, feines Geselchtes im Rohr und ein fruchtiger Rotwein in der Flasche. Das konnte sich sehen lassen.
Schritte an der Tür lenkten ihre Aufmerksamkeit von dem kulinarischen Kunstwerk ab. An der Glastüre erhaschte sie einen Schemen Alfreds, was sie spontan dazu bewog, desselben Gesellschaft zu suchen.
Hintergedanken hat jeder.

„Alfie? Könntest du die Weingläser aus dem Schrank holen? Und frag bitte Breda, ob ich noch seine eingelegten Zwiebeln für den Käse verwenden darf."
Alfred nickte, immer noch missgelaunt. „Ja, mach ich. Aber nenn mich bitte nicht ‚Alfie'!"
Sarah lächelte. „Wieso nicht? Das klingt so niedlich...und Herbert nennt dich doch auch so."
„Gerade deswegen!"
Ein verwunderte rothaarige Schönheit blickte einen griesgrämigen blonden Jüngling hinterher. Isolde...äh, Sarah kratzte sich am Kopf. „Wirklich, da hat sich jemand was verbruzelt..."

-dingdingdingdong-

Graf von Krolock blickte verwundert auf. „Magda scheint da zu sein."
Sein Sohn schaute unglücklich drein. „Freut mich." Der ältere Vampir tätschelte seinem niedergeschlagenen Sohn noch einmal den Kopf, dann richtete er sich auf. „Komm, wenn sie schon die lange Reise hinter sich gebracht hat, wollen wir sie auch ordentlich begrüßen." Herbert sah das ein und folgte seinem Vater. Außerdem duftete es nach Lebkuchen.

Sarah hatte die Tür als Erste erreicht, und riss sie schwungvoll auf. „Hallo, Magda!" Stürmisch fiel sie der immer noch jungen Frau um den Hals. Diese drückte sie liebevoll zurück. „Schön, dich wiederzusehen, Sarah!"
Auch Graf von Krolock war in den Türrahmen getreten. „Gute Reise gehabt, Magda?" Lächelnd begrüßte er sie. „Jaja, alles in Ordnung. Aber die Züge hier, mein Gott, das ist furchtbar, und dann das Geld..."
Von Krolock grinste. „Als sie noch Schilling hatten, war es auch nicht besser."
Sarah kicherte. „Stimmt...komm rein! Es gibt was ganz Feines...wenn die Nachspeise nicht inzwischen von meinem Göttergatten verspeist wurde."
Magda kicherte. „Da heiratet ihr, und findet es nicht mal der Mühe wert, mir einen Brief zu schreiben? Wo ich doch extra Deutsch gelernt habe..."
Sarah schüttelte vehement den Kopf. „Nein, nein, wir sind nicht verheiratet. Aber..."

„...streiten tun sie wie ein altes Ehepaar.", kam es von Herbert, der nun auch die angekommene Vampirin begrüßte. Magda schnappte sich sein Gesicht zwischen ihre Hände und warf einen kritischen Blick darauf. „Dir geht's ziemlich mies."
Herbert ließ seinen Kopf stöhnend auf ihre Schulter fallen. „Könige haben auch nur einen Hals wie andere Leute..."
Verwirrt schob Magda den silberhaarigen Vampir von ihrer Schulter. „Bitte?"
Graf von Krolock trat eilig dazwischen. „Es gibt...anscheinend Streit mit Alfred."
„Aaaaaaachso."

„Wenn man von der Sonne spricht, geht sie auf.", murmelte der Sohn des Grafen, als besagter ehemaliger Assistenzwissenschaftler aus dem Esszimmer zu dem Grüppchen bei der Tür stürmte. Eilig wischte er sich die verirrten Haare aus dem Gesicht und bedachte Magda mit einer herzlichen Umarmung. „Hallo! Tut mir leid für die Verspätung, aber Sarah hat mir ad hoc noch ein bisschen Arbeit aufgehalst. War die Reise gut? Wie geht es Chagal?"
Magda kicherte. „Der ist fast ausgeflippt, als ich ihm eröffnet hab, dass ich vorhab, nach Wien zu fahren...Aber, pff, da hat er mir nichts dreinzureden. Ich freu mich, euch zu sehen!"

Munter schwatzend wurde Magda von Sarah durch die Wohnung geführt, während Koukol das Gepäck der jungen Frau zu dem Gästezimmer brachte, das schon vorbereitet auf sie wartete.

Alfred arrangierte noch schnell eine kunstvolle Obstschale auf dem Esstisch, und gesellte sich dann zu Sarah und Herbert in die Küche, um letzte Instruktionen das Abendmahl betreffend zu erhalten.
Sarah schüttelte jedoch auf seine Anfrage hin den Kopf, und entwischte, bevor Alfred sie noch weiter löchern konnte, aus der Küche.
„Ach, du weißt doch, wenn's um ein Festmahl geht, lässt sie sich nicht mal von Koukol was dreinreden...", merkte Herbert mit einem halben Grinsen an. Alfred funkelte ihn kurz an. „Genau wie du, wenn's um deine Meinung geht, was?"
„Äh...vielleicht...Aber bitte, lass mich doch mit dir reden!"
Hastig schnappte Herbert den Arm des anderen, als dieser den Raum verlassen wollte. Alfred zögerte kurz, doch er wandte sich zu dem Grafensohn um. „Gut."

Herbert holte tief Luft. Entschuldigungen waren schwer, sehr schwer. Und für ihn ganz besonders. Aber er wollte nicht, dass, wenn Alfred Grund zu Anschuldigungen hatte, diese leichhin und ungerechtfertigt abgetan wurden. Schon vor langer Zeit hatte er verstanden, dass er Alfred nicht als Unterlegenen behandeln durfte. Was für ihn Witz und Schabernack war, stellte für Alfred handfeste Beleidigungen oder Verletzungen seines Stolzes und Gefühls dar. Nicht zu vergessen, hatte dies keinen guten Einfluss auf die Affäre, in der sie steckten. Denn Herbert hatte nicht nur einmal zu spüren bekommen, wie resolut Alfred, wenn es um die Verweigerung von romantischer Zweisamkeit ging, sein konnte.

„Alfred, ich wollte dich nicht verletzen. Es...es tut mir sehr leid, dass ich...öfters Blödsinn rede." Unsicher lehnte er sich gegen die Arbeitsfläche, holte abermals Luft und fuhr fort, stockender als zuvor. „Ich pflege nun mal einen sehr saloppen Umgang mit möglicherweise provokativen Witzen...und ich...ach, verdammt, ich hab's nicht so gemeint!"

Das Schneetreiben vor dem Fenster betrachtend, vermied Herbert den Blickkontakt mit Alfred. Nicht nur, dass er sich für eine so lahm klingende und aus einem beliebigen Schundroman stammende Entschuldigung gehörig überwinden musste, sondern auch, dass Alfreds Reaktionen jedes Mal anders waren. Manchmal fiel er Herbert um den Hals, und vergaß die Sache in Sekunden, andere Male ignorierte er die Entschuldigung umsichtig und schmollte tagelang. Und da sage einer, Wissenschaftler berechnen alles voraus.

Alfred war sich ebenso unsicher wie Herbert, wie mit dem silberhaarigen Vampir zu verfahren sei. Etwas hilflos kratze er sich am Kopf und musterte den anderen aus den Augenwinkeln.

Wenn Herbert sich entschuldigte, dann tat es ihm wirklich leid. Der Grafensohn war nicht der Typ, der seine Fehler zugab oder sie entschuldigte, eher versuchte er, sie zu rechtfertigen. Wenn er also, selbst mit einer so unsicheren Entschuldigung sich dem Problem ernsthaft stellte, wusste Alfred, es hatte einen langen Weg gebraucht. Umso schwerer tat er sich, dem anderen nicht zu vergeben. Und eigentlich fühlte er sich mit der jetzigen Situation mehr als unzufrieden.

Alfred seufzte. Er wusste, noch bevor Herbert zu ihm gekommen war, dass er ihm verzeihen würde. Wie eigentlich immer. Alfred starrte den Tisch niedergeschlagen an.
„Ich bin viel zu gutmütig..."

„Was?" Herbert wirbelte herum, so schnell, dass Alfred zusammenzuckte. ‚So nervös braucht er auch nicht zu sein...'
Der blonde Vampir seufzte abermals und schloss den Raum zwischen ihnen. Lächelnd legte er Herbert seine Arme um den Hals und lehnte seine Stirn gegen die des anderen Vampirs.
„Du Idiot."
In Herberts Augen blitzte Erleichterung und wiedergewonnener Schabernack auf.
„Bin ich aber froh, dass ich ein Idiot bin."
„Ja, das bist d..."
Ein beinahe einminütiges Schweigen breitete sich in der Küche aus.

Sarah riss die Küchentür auf. „Burschen, kommt essen! Wir warten sch...oh. Verzeihung." Sie zog die Tür behutsam wieder zu.
Im Esszimmer zurück empfing sie der entnervte Blick des Grafen. „Kommen die beiden dann mal?"
Sarah kicherte. „Gib ihnen die fünf Minuten Gnadenfrist, sie haben ihr Problem anscheinen gelöst..."
Magda blickte auf von dem Koffer, in dem sie gerade nach ihren Mitbringseln für die Familie Krolock wühlte. „Ach? Und das verkünden sie dir gleich?"
Die rothaarige Vampirin schüttelte den Kopf und nahm am Esstisch platz. „Nein. Aber was hältst du von einem eben noch zerstrittenen Liebespaar, das in der Küche rumknutscht, als gäbe es kein morgen?"


Alsöchen, da haben sich unsere zwei Haberer doch wieder gefunden... und alle Zitate stammen natürlich aus "Salome" von Oscar Wilde. verschling Das "illustrierte Buch" ist sebstverständlich eine Ausgabe, die mit den Zeichnungen von Aubrey Beardsely publiziert ist.

Aisa: Natürlich, das Porzellankind und der Tod. Nun, bei beiden hat's einen Grund, dass Herbert sie kennt. Der Tod wird derzeit von Máté Kamáras gespielt, der auch mal Herbert war, also sollte Herbie den Typen "kennen". Bei dem "Schizophrenen Komonisten" ist's ein bisschen mehr um die Ecke gedacht: eine meiner Freundinnen spielte den kleinen Amadé, also kenne "ich" und damit Herbert auch diesen. So, zufrieden? gg

Steeli: Warum Herbie die Uhr nicht haben wollte? Weiß ich doch nicht. ICH hätte sie genommen. gg

Graeflicher-Trottel: Warum nicht grün. sadistischeslachen nein, im Ernst, ich hab eine Illustration zu dieser FF gemacht, dawollte ich moderne Kleidung für ihnund hab ihm einen grünen Pulli verpasst. Damit er mir alsofür mein Bild in dem grünen Pulli Modell stehen kann, muss Herbie ihm diesen erst schenken. Kapiert? g

FaFa: Stimmt...aber es tut ihm ja leid. herbertinschutznehm Und er macht's so schnell nicht wieder.

Und nicht vergessen: geposted wird, wenn gelesen und kommentiert wird!