Uploaded: 23. August 2004
Titel: Der Blick nach OstenFanfiction: Lord of the Rings
Rating: PG-13
Teil: 2/3
Pairing: Éowyn/Faramir
Disclaimer: Alle Figuren und Orte, die in "Herr der Ringe" erwähnt werden, gehören J. R. R. Tolkien und nicht mir. Ich verdiene mit dieser Geschichte kein Geld.
Beantwortung der Reviews, über die ich mich sehr gefreut habe:
Celebne: Danke für dein nettes Review! Hab mich sehr gefreut...hier auch endlich der zweite Teil.
Jacky's Wings: Jup, jetzt gibt es mehr. Übrigens danke für deine total aufbauende Review!(rotwerd) Ich hoffe, du liest dir das hier auch noch durch...
Nun noch ein ganz großes DANKE an meine Betaleserin Susi (durchknuddel)!
Teil 2: Die Häuser der Heilung
Dunkelheit. Vollkommene Dunkelheit umgab sie. Sie fühlte unerträgliche Schmerzen, die alle von einer einzigen Stelle an ihrem Körper auszugehen schienen. Angst bemächtigte sich ihrer, da sie nur aufgrund des Schmerzes sicher sein konnte, nicht tot zu sein. Doch hatte sie nicht sterben wollen, war das nicht ihr Ziel gewesen? Es hatte sehr schnell vorbei sein sollen, doch statt ihre seelischen Schmerzen ein für alle mal zum Erlöschen zu bringen, hatte dieses Vorhaben ihr nur noch zusätzliche körperliche Schmerzen beschert. Nun lag sie hier und wimmerte leise, da sie ihren Körper nur spüren konnte, weil er überall schmerzte.
Éowyns Versuch, die Augen zu öffnen scheiterte und als sie ihren rechten Arm leicht anhob, biss sie sich auf die Lippen, um nicht vor Schmerz aufzuschreien. Das wäre ihr im Moment sowieso nicht möglich gewesen, da sie viel zu schwach war, um lautere Geräusche als ein heiseres Krächzen von sich zu geben.
Ihre Gedanken rasten, auch wenn sich ihr geschundener Körper nicht von der Stelle bewegen konnte. Sie war mit Merry in die Schlacht geritten, um Aragorn noch ein letztes Mal zu sehen, ihm beistehen zu können. Éowyn hatte eine glorreiche Heldentat vollbringen und dann sterben wollen. Nun, sie hatte den Hexenkönig von Angmar getötet - dies war sicher eine große Tat - doch was nützte dies, wenn sie nun noch lebte und vielleicht gezwungen war, das Ende Mittelerdes mitanzusehen?
Ihre Gedanken schweiften ab zu ihrem Onkel - Théoden. Ihm war das widerfahren, was Éowyn sich für sich selbst erhofft hatte. Sie hatte ihn nicht retten können, sie war zu spät gekommen.
Doch was war mit Merry, diesem tapferen, kleinen Hobbit, der ohne zu zögern mit ihr in die Schlacht geritten war? Lebte er noch, oder war auch er an ihrer Stelle gestorben?
Um dies festzustellen, musste sie es irgendwie schaffen, ihre Augen zu öffnen, denn bis jetzt umgab sie nur nichtssagende Dunkelheit.
Mühsam schaffte sie es schließlich, ihre Augenlider einen kleinen Spalt weit zu öffnen und ließ, als sie es vollständig geschafft hatte, ein erschrockenes Keuchen hören, da die Helligkeit sie vollkommen unvorbereitet traf.
Bunte Flecken kreisten vor ihren Augen und sie fühlte sich so hilflos wie zuvor. Doch allmählich klärte sich ihr Blick und Éowyn sah auf die hohe, gewölbte Decke eines Raumes, der aus weiß getünchten Steinwänden bestand. Das Licht der untergehenden Sonne brach sich an den Wänden und wurde dort reflektiert. Dies erklärte die für Éowyn im Moment fast unerträgliche Helligkeit. Sie lag in einem einfachen Bett, das eigentlich nur aus einem Rost und einem Holzrahmen bestand. Es war mit leinenem Bettzeug bezogen, das sich rauh anfühlte, wenn man darüber strich.
Neben ihrem Bett stand ein zweites, das dem ihren ähnelte, doch konnte sie die Gestalt, die darin lag, nicht sofort erkennen, da diese fast vollständig von der Bettdecke verdeckt wurde.
Als Éowyn allerdings einen zerzausten Haarschopf unter der Decke hervorragen sah, huschte ein Lächeln über ihr Gesicht. Wenn Merry hierhergebracht worden war, und man für ihn ein Bett hergerichtet hatte, konnte er auf keinen Fall tot sein. Sicher würde er genesen, genau wie sie. Doch dann stahlen sich wieder Zweifel in ihr Herz. Wer sagte denn, dass Merry lebte und dass er, wenn er jetzt am Leben war, auch am Leben bleiben würde?
Ihr düsteren Gedanken wurden unterbrochen, als die Tür des Zimmers, in dem Merry und sie lagen, vorsichtig geöffnet wurde und gleich darauf jemand eintrat, der sich schnellen Schrittes ihrem Bett näherte. Ein leiser Aufschrei, der wirklich eher einem Krächzen ähnelte, entwich ihren Lippen, als sie die Person erkannte, die nun am Fußende ihres Bettes stehengeblieben war und sie einfach nur mit einem ungläubigem Ausdruck in den Augen ansah.
Sein dunkelblondes, fast hellbraunes Haar, das von einigen helleren Strähnen durchzogen war, hing ihm etwas wirr im Gesicht und er wischte es mit einer fast ärgerlichen Geste fort. Er atmete heftig, als ob er den Weg zu ihrem Zimmer rennend zurückgelegt hätte. Ein unschöner Kratzer zeichnete sich auf seiner linken Wange ab und auf seinem Gesicht waren noch Reste des Staubes zu sehen, der bei einer Schlacht immer aufgewirbelt wurde. In seinen Augen sah sie Sorge, aber auch Erleichterung, als er einfach nur dastand und sie betrachtete.
„Éomer...", brachte sie mühsam hervor und konnte beobachten, wie sich eine verstohlene Träne ihren Weg seine Wange hinunter bahnte und dabei den Schmutz abwusch, der ihr im Weg lag.
„Weißt du, dass ich noch nie so erleichtert war, dich meinen Namen sagen zu hören, Schwester?", fragte er nun leise, setzte sich neben sie auf das Bett und nahm sehr vorsichtig ihre Hand, als habe er Angst, sie könne durch unbeabsichtigt rauhe Behandlung zerbrechen. Éowyn wollte anfangen zu sprechen, doch er legte seiner Schwester seinen Zeigefinger auf den Mund.
„Du bist noch sehr geschwächt und ich musste Aragorn versprechen, dass dich mein Besuch nicht zu sehr aufregt - ansonsten hätte er mich gar nicht hier hineingelassen." Nun grinste Éomer seine Schwester sogar an, als er sich vorstellte, wie Aragorn hier hereingestürmen und ihn ziemlich unsanft wieder hinausbefördern würde.
„Aragorn? Er lebt also noch?"
Der erleichterte Blick seiner Schwester traf seinen. „Wenn er nicht gewesen wäre, wärst du nun wahrscheinlich tot.", stellte er ziemlich trocken fest.
Eine Weile schwieg Éowyn und er wollte sie gerade nach dem Grund fragen, als sie doch wieder das Wort ergriff.
„Als ich aufwachte, wäre es mir lieber gewesen, wenn ich in der Schlacht gestorben wäre. Denn deshalb habe ich ja mitgekämpft. Ich wollte für die in die Schlacht reiten, die ich liebe und auch für sie sterben. Ich wollte alle meine seelischen Schmerzen durch körperliche Schmerzen abtöten. Doch das muss sich für dich jetzt alles sehr verwirrend anhören."
Sie sah Éomer an. „Aragorn konnte meinen Körper heilen, aber nicht mein Herz. Dieses Herz schlägt noch und jeder Schlag verursacht mir nur neue Pein. Doch dass du hier bei mir bist, lindert diese Pein ungemein."
Éomer drückte ihre Hand und erwiderte sehr leise: „So ist meine Schwester der Meinung, dass sie nur durch Aragorns Liebe geheilt werden kann?"
Als Éowyn mit Tränen in den Augen nickte, sah es so aus, als ob er etwas sagen wolle, doch er schloss seinen Mund wieder, ohne dass ein Ton ihm entwichen wäre.
Die beiden Geschwister fuhren auf, als die Tür des Zimmers geöffnet wurde und einige heilkundige Frauen in den Raum traten. Auf ein Nicken von Éomer betteten sie Merry sanft auf eine mitgebrachte Trage und verließen dann mit dem Hobbit den Raum.
Auf den fragenden Blick Éowyns teilte er ihr mit: „Sie bringen ihn noch einmal zu Aragorn, aber sei unbesorgt, Schwester - genau wie du wird auch der kleine Hobbit genesen."
Nachdem Éomer ihr einen sanften Kuss auf die bereits wieder kühlere Stirn gegeben hatte, verließ er sie mit den Worten:
„Du weißt hoffentlich, dass Aragorns Liebe niemals dir gelten wird. Du weißt es, du wirst es akzeptieren müssen und trotzdem nicht daran zugrunde gehen. Er hat nicht deinen Körper geheilt, damit du nun vor Seelenqualen stirbst. Bedenke immer wer du bist, Schwester. Du brauchst keinen Waldläufer aus dem Norden, um weiterzuleben."
Damit schloss sich die Tür hinter ihrem Bruder und sie war wieder einmal allein. Allein mit sich selbst und ihren Gedanken. Doch nun wusste Éowyn, was sie zu tun hatte. Sie musste die Gedanken an Aragorn aus ihrem Kopf verbannen, sonst konnte sie unmöglich genesen. Es würde eine harte Prüfung werden, doch sie würde sie bestehen, dessen war sich die Schildmaid Rohans sicher.
Einige Tage später fiel das morgendliche Sonnenlicht nur gebremst durch die Blätter der Bäume, die in den Gärten, die sich hinter den Häusern der Heilung befanden, auf den Boden, auf dem saftiges, grünes Gras und ein wahres Meer von wild blühenden Blumen wuchsen.
Auf ihrem Weg trafen sie auch Éowyns Gesicht und das Licht spiegelte sich in den Freudentränen, die ihr über die Wangen rannen. Sie war frei - frei, nicht mehr in ihrem Zimmer ausharren zu müssen, sondern hier draußen in den wundervollen Gärten Minas Tiriths umherwandern zu können.
Um dieses Privileg zu erringen, hatte sie so manchen Kampf mit ihren Pflegern ausfechten müssen. Doch schließlich war es ihr gelungen, sie davon zu überzeugen, dass sie durch den Einfluss von Sonnenlicht und frischem Wind viel eher genesen würde, als in einem stickigen Krankenzimmer. Lachend sah sie sich selbst vor Augen, entschlossen um die ersehnte Freiheit kämpfend:
„Ich möchte euch wahrlich nicht verletzen, aber wenn ich sage, es ist besser für mich, an der frischen Luft zu sein und endlich einmal wieder den Duft von Blumen einzuatmen, unter Bäumen umherzugehen, deren Blätter im Wind leise rascheln, dann ist das auch so. Ich werde keine andere Entscheidung akzeptieren, ihr müsst mich einfach hinauslassen! Ich möchte ja nicht den ganzen Tag draußen verbringen, sondern nur ein paar Stunden - ist das etwa zuviel verlangt?"
An ihr energisches Verhalten dachte Éowyn nun etwas beschämt zurück, aber es war ihr wenigstens von Nutzen gewesen. Ihre regelmäßigen Spaziergänge durch die Gärten Minas Tiriths hatten auch zur Folge, dass sie allmählich immer sicherer auf den Beinen wurde. Am Anfang hatte sie stirnrunzelnd hinnehmen müssen, dass eine ihrer Pflegerinnen sie begleitete.
An sich war das nicht schlimm, da sie alle Menschen, die in den Häusern der Heilung arbeiteten, auf irgendeiner Weise liebgewonnen hatte und mochte. Doch diese Frauen setzten immer voraus, dass sie sich bei ihren Spaziergängen langweilen würde und deshalb dringend Unterhaltung benötigte. Dabei wäre sie doch viel lieber alleine gewesen, um nachzudenken. Sie brauchte einfach etwas Zeit für sich, um die unlängst geschehenen Ereignisse besser verarbeiten zu können.
Nun, da sie fast vollkommen sicher gehen konnte, durfte sie zum Glück alleine umherschlendern und eine fast absolute Stille genießen, die nur vom Gezwitscher der Vögel und vom leisen Flüstern des Windes unterbrochen wurde.
Ein plötzlicher Schwächeanfall ließ sie sich an einem Pfeiler der massiven Mauer abstützen, die die Gärten schützend umgab. Beinahe erleichtert schloss sie die Augen, da sie das erste mal seit Stunden nicht darauf achten musste, nicht den Halt zu verlieren. Denn wenn sie ihn verlor, musste sie gleichzeitig zugeben, dass sie doch noch nicht ohne Begleitung auskam und Éowyn hätte sich keine grausamere Strafe ausdenken können, als wieder diesen geschwätzigen Personen ausgeliefert zu sein, die sich 'Heilerinnen' nannten. Als sie die Augen wieder aufschlug, traf ihr Blick auf hellblaue Augen, die sie besorgt musterten.
„Ist Euch nicht wohl?"
Wieder traf sie der besorgte Blick des Mannes, der wie aus heiterem Himmel vor ihr aufgetaucht war. Er war groß und schlank, machte aber trotzdem den Eindruck, viele Schlachten miterlebt zu haben. Nach seinen blauen Augen, die einen leicht traurigen Ausdruck innehatten, fiel ihr sein halblanges, rotbraunes Haar auf, dass ihm lockig über die Schultern fiel.
Jetzt erst bemerkte Éowyn, dass sie den Mann vor sich viel zu genau musterte, um sich noch höflich zu verhalten. Beschämt senkte sie kurz den Blick, nahm aber ein Lächeln auf seinem Gesicht wahr, als sie ihm erneut in die Augen sah.
„Verzeiht, es war etwas unhöflich von mir, mich so hinterrücks anzuschleichen und mich dann nicht einmal vorzustellen. Mein Name ist Faramir, ich bin der Sohn des Truchsessen von Gondor. Nun...eher gesagt müsste ich nun sogar der Truchsess selbst sein, denn Denethor ist tot...".
Er schwieg eine Weile und fragte dann: „Wärt ihr so freundlich, mir Euren Namen zu nennen?"
Sie schluckte leicht und antwortete: „Ich bin Éowyn, man nennt mich auch 'Die Schildmaid Rohans'." Als sie die respektvolle Haltung bemerkte, die Faramir nun unwillkürlich annahm, fügte sie schnell hinzu: „Mein Titel tut aber nichts zur Sache...ich...ich nahm an der Schlacht auf den Pelennor-Feldern teil und eigentlich wollte ich von dort auch nicht wieder zurückkehren, jedenfalls nicht lebend. Ihr seht also, dass Ihr mir keinerlei Respekt entgegenbringen müsst, schon gar nicht für ein solch feiges Vorhaben."
Erstaunt hielt sie inne. Sie hatte nicht einmal ihrem eigenen Bruder verraten, weshalb sie mit in die Schlacht geritten war und nun erzählte sie es diesem schweigsamen Mann, den sie vor wenigen Minuten zum ersten Mal getroffen hatte? Was war nur in sie gefahren?
Doch als Faramir ihr fast auffordernd seine Hand entgegenstreckte, legte Éowyn die ihre vertrauensvoll hinein und schweigend gingen sie ein Stück an den herrlich blühenden Blumenbeeten vorbei.
„Warum erzählt Ihr mir das?", vernahm sie mit einem Mal wieder seine ruhige, sehr sanft klingende Stimme.
„Ich weiß es nicht. Vielleicht, weil ich zu lange geschwiegen habe."
Als diese Worte ihren Mund verließen, wusste sie genau, dass sie nie etwas wahreres als das gesagt hatte. Es tat so unendlich gut, einem Menschen nur ein paar Sätze zu sagen und zugleich zu wissen, dass er auch das von ihr Unausgesprochene verstand und akzeptierte.
„Doch das, wovon Ihr redet, ist mir nicht so fremd, wie Ihr vielleicht glaubt." Éowyns fragender Blick traf diese unergründlich scheinenden, blauen Augen und Faramir fuhr fort, zu sprechen.
„Auch ich bin in die Schlacht geritten, um zu sterben. Ich wollte sterben, da ich die Liebe meines Vaters anders nicht erringen konnte. Er sprach es nicht aus, aber ich weiß, dass er mir auftrug, in die Schlacht zu reiten, um auf dem Schlachtfeld ruhmreich zu sterben. Nur dann war ich in seinen Augen genau so viel wert wie mein älterer Bruder Boromir. Boromir gehörte einst der Gemeinschaft des einen Ringes an, er wurde jedoch getötet. Die Überreste seines Horns, des Horns von Gondor, das er stets um den Hals trug, wurden bei uns angespült. Das brach meinem Vater das Herz.
Boromir hatte stets einen besonderen Platz im Herzen meines Vaters, einen Platz, dem ich nie auch nur ansatzweise nahe kommen konnte. Die Heiler hier konnten meine körperlichen Wunden erstaunlich schnell heilen, doch meine Seele schmerzt noch immer.
Vielleicht ist das eine Entschuldigung für mein Verhalten...ich habe Euch schon lange von Weitem zugesehen, wie Ihr in diesen wunderschönen Gärten umherwandeltet. Bei allen anderen, die hier die Behandlung der Heilkundigen genießen, entdeckte ich die wiederkehrende Lebensfreude in ihren Gesichtern. Nur über Euch schien ein unsichtbarer Schatten zu schweben - so wie auch über mir."
Éowyn sah ihn eine Weile an und brachte kein einziges Wort über die Lippen. Doch zum ersten Mal seit langer Zeit stahl sich ein Lächeln auf ihr Gesicht, das sie beinahe glücklich erscheinen ließ.
„So suchtet ihr den Tod, um Liebe zu erlangen, während ich den Tod suchte, um die Liebe in meinem Herzen auszulöschen. Mir scheint, wir beide haben endlich eine uns verwandte Seele gefunden."
