Titel: Liebe lieber ungewöhnlich
Autor: Cyrrer aka Laren
Warnungen und Disclaimer: siehe erster Teil


Quatre sah seinem völlig verwirrten Freund stirnrunzelnd hinterher. Er hätte nie gedacht, dass das von ihm arrangierte Treffen von Heero mit Trowa, Wufei und Duo diesen derart aus der Bahn werfen würde. So langsam bekam er doch starke Bedenken, ob sein Kuppelplan vielleicht doch nicht die beste aller Ideen gewesen war.

Energisch schüttelte Quatre seinen Kopf. Nein, es hatte doch alles so perfekt ausgesehen. Er hatte gleich nachdem er Duo kennen gelernt hatte gewusst, das diese beiden hervorragend zusammenpassen würden. Duos fröhliche Lebensart war genau das was Heero fehlte. Duo würde ihm schon zeigen, das es neben dem Studium –Heeros Mission – auch noch wichtigeres im Leben gab. Es konnte Heero überhaupt nicht schaden etwas lockerer zu werden.

Und Duo – Quatre kannte diesen noch nicht lange genug um es 100ig zu wissen – aber er hatte sehr schnell den Eindruck gewonnen das der Langhaarige sich nach jemand stabiles, einer starken Schulter zum anlehnen sehnte. Genau das würde ihm Heero bieten können.

Also, schlicht und ergreifend, ein perfektes Paar. Es schadete in Quatres Überlegungen natürlich nicht, das er genau Heeros Geschmack kannte und wusste wie sehr diesem Duo auch vom Aussehen her gefallen würde. Bei Trowas Freund war er sich zwar nicht so absolut sicher, aber auch als ein neutraler Beobachter musste Quatre zugeben, das sein Zimmernachbar sich in Sachen gutes Aussehen nicht verstecken brauchte.

Quatre war schon vor Wochen klar geworden das diese zwei wie für einander bestimmt waren. Die beiden passten einfach zu gut zusammen, als das die Gelegenheit sie zu verkuppeln nicht genutzt werden durfte. Das wäre ja beinahe einem Verbrechen gleich gekommen. Und er hatte die ganze Zeit versucht sie zusammen an einen Tisch zu bringen.

Was hatte sich sein Freund dagegen gesträubt. Wahrscheinlich weil Heero aus irgendeinem unbekannten Grund genau ahnte, dass Quatre Hintergedanken hatte und das Unausweichliche verhindern wollte. Heero schien was das Kuppeln anging eine Art Radarsystem zu besitzen, das bei der kleinsten ‚Gefahr' sofort Alarm schlug. Trotz der ganzen Anstrengungen die Quatre deswegen ertragen hatte, musste er bei diesem Gedanken schmunzeln.

Allerdings, als die zwei sich dann tatsächlich begegnet waren, da hatte es für einige Zeit so ausgesehen als würde überhaupt nichts nach Quatres ach so gut durchdachtem Plan gehen. Beim ersten Blick, ja da hatten die zwei sich noch angelächelt – OK Heero hatte nicht gelächelt, er hatte nur gestarrt und Duo fast mit den Augen verschlungen. Alles schien super zu laufen.

Aber dann hatten die beiden sich einfach nicht mehr an Quatres Drehbuch gehalten sondern angefangen sich gegenseitig anzugiften. Und das auf eine ziemlich bösartige Art und Weise.

Quatre hatte wirklich nicht gewusst was er machen sollte. Die ganze Situation war ihm richtig peinlich geworden. So sarkastisch hatte er seinen besten Freund noch nie erlebt. Nun gut, Duo hatte ihm ja auch genug Zündstoff geboten. Quatre konnte immer noch nicht glauben, was der Langhaarige alles für Beleidigungen von sich gelassen hatte. Das ganze wirkte eher wie Hass auf dem ersten Blick, statt der erhofften Liebe.

Quatre seufzte tief. Er hatte sich vorhin schon damit abgefunden das sein schöner, perfekter Plan zum grandiosen Scheitern verurteilt war. Aber dann mussten Heero und Duo ihn ein weiteres Mal überraschen.

Ausgerechnet die beiden waren zum Küchendienst beordert worden – wenn man es recht bedachte eigentlich die dümmste Idee die jemand haben konnte. Zumindest dann wenn diesem jemand etwas an seinem Geschirr lag. Niemand von ihnen wusste genau was in dieser Küche passiert war, aber es musste etwas Entscheidendes gewesen sein. Denn das nächste was sie von den beiden hörten, waren Geräusche die auf alles, nur nicht auf Hass, hindeuteten.

Quatre schüttelte noch energischer seinen roten Kopf. Bei dem Gedanken an vorhin war er sofort wieder schamvoll errötet. So kannte er Heero nun wirklich nicht. Obwohl er die beiden für ein perfektes Paar hielt, hätte er garantiert nie vermutet, dass diese sofort im Bett landen würden. Pff, man lernte also doch nie aus.

Was sich neckt, das liebt sich. Dieser Spruch war Quatre als erstes in den Sinn gekommen war. Und für kurze Zeit hatte er sich selbst dazu gratuliert, doch alles richtig gemacht zu haben. Es war doch wirklich nett, wenn endlich mal ein Kuppelversuch zu klappen schien. OK, seine bisherigen Fehlversuche lagen eher an Heeros Sturheit als seinem Ungeschick als Kuppler, aber trotzdem war es schön endlich mal ‚gewonnen' zu haben.

Aber dann machten ihm diese beiden schon wieder einen Strich durch die Rechnung. Er wusste wieder nicht was passiert war, aber anstatt einzusehen wie gut sie zueinander passten und ein Paar zu werden, schienen die beiden in ihrer Gefühlsachterbahnfahrt schon wieder die Richtung gewechselt zu haben. Ob sie sich gestritten hatten? Es musste auf jeden Fall etwas sehr ernstes gewesen sein, ansonsten wäre Heero nicht so völlig neben sich gestanden. Was auch immer es war, es hatte seinen Freund ganz schön aus der Bahn geworfen. Normalerweise gehörte Heero nicht zu den Menschen die unschuldige Wände verprügelten.

Eigentlich hatte Quatre nicht vorgehabt, sich weiter in die Sache einzumischen als es Not tat. Gut, er hatte dafür gesorgt das die beiden sich kennen lernten, aber er hatte sich fest vorgenommen, aus jedem weiteren Schritt seine Finger raus zulassen – nun gut er hätte Heero wahrscheinlich noch ein-, zweimal angeschubst, wenn es beim ersten Treffen nichts geworden wäre, aber mehr nicht.

Doch jetzt konnte er sich wirklich nicht zurückhalten. Was zum Teufel war nur zwischen den beiden geschehen? Es war frustrierend das Heero das nicht verraten wollte und er deshalb auf Vermutungen angewiesen war. Nach dem zu urteilen, wie Duo sich heute beim Mittagessen benommen hatte, lag die Mutmaßung nahe, das dieser wieder irgendeinen Streit angefangen hatte. Einen unheimlich heftigen, oder Heero wäre nicht so erschüttert gewesen. Und das konnte Quatre nicht zulassen.

Die ganze Sache sollte schließlich als Sinn haben das sein Freund das Leben mehr bejahte und nicht das er noch tiefer in sein Schneckenhaus zurück gedrängt wurde. Er mochte es gar nicht wenn seine Pläne nicht aufgingen. Und er mochte es noch weniger wenn jemand seinen Freunden wehtat. Das würde er nicht ungestraft so stehen lassen.

Es musste einfach so sein, das Duo an dem ganzen hier die Schuld trug. Quatre kannte Heero zu gut, als das er etwas anderes annehmen konnte. Resolut schob Quatre das Kinn nach vorn. Er würde jetzt zu Duo gehen und herausfinden was hier genau schief gelaufen war. Und danach würde er Duo ordentlich die Leviten lesen. Niemand tat seinen Freunden weh ohne seinen Zorn zu spüren zu bekommen!

Energisch trat er an Duos Tür. Kurz überlegte er sogar, ob er anklopfen sollte, schalt sich dann aber selbst dafür aus. Er musste sein höfliches Selbst jetzt für ein paar Minuten nach hinten drängen. Bestimmt drückte er die Klinke herunter und trat in einer schnellen Bewegung ein.

Als er den ersten Schritt in den Raum geschafft hatte, musste er erst kurz innehalten und erst einmal alles auf sich einwirken lassen. Er hatte nicht damit gerechnet den Raum so vorzufinden. Das erste was ihm auffiel war das der ganze Raum nach Sex zu schreien schien.

Duos Klamotten lagen wild verstreut auf dem Boden, bildeten trotzdem einen unmissverständlichen Wegweiser hin zum großen Bett. Sekundenkurz errötete Quatre wieder bei dem flüchtigen Gedanken, das bis gerade eben Heeros Kleider ihnen Gesellschaft geleistet hatten. Daran zu denken das sein ordnungsfanatischer Freund ohne darüber nachzudenken alles wild von sich schmeißen würde war sehr ungewöhnlich.

Als nächstes war zu bemerken das es eindeutig nach Sex roch. Es war unmissverständlich klar was vor kurzer Zeit noch hier vorgegangen war. Dazu musste Quatre nicht erst mit seinem Blick die gebrauchten Kondome streifen – wenigstens waren die beiden nicht unvorsichtig gewesen. Quatre beschloss sich nicht mehr peinlich berühren zu lassen. Immerhin hatte er schon vorher genau gewusst was hier zwischen Duo und Heero passiert war. Nun ging es darum herauszufinden was danach passiert war.

All seine Beobachtungen nahm Quatre in einem Bruchteil einer Sekunde in sich auf. Dann erst begann er etwas Merkwürdiges zu bemerken. Irgendwas schien nicht richtig zu sein. Passte nicht zu dem was er hier drinnen dachte vorzufinden.

Zunächst einmal ging ihm auf, das es kein direktes Licht im Zimmer gab. Die Jalousien waren noch unten, sicher durch die Ritzen kamen einige Lichtstrahlen die den Raum nicht im völligen Dunkeln ließen, aber die einzige wirkliche Lichtquelle war die Lampe im Flur. Als Quatre hastig die Zimmertür hinter sich schloss war der Raum sofort in eine stark gedämpfte Beleuchtung gehüllt. Es waren nur noch Schemen zu erahnen, nichts genaues mehr zu erkennen.

Quatre wusste nicht genau wieso, aber diese Dunkelheit erschien ihm falsch. Sicher während des – äh – Sexs der beiden könnte man eine dämmrige Beleuchtung als romantisch empfinden, aber das war doch jetzt vorbei. Wieso sollte Duo noch im Dunkeln ausharren?

Und genau bei diesem Gedankenblitz bemerkte Quatre was ihn noch an diesem Raum störte. Wo war Duo? Sollte der Langhaarige jetzt nicht im Angesicht seines Triumphs über Heero – oder was auch immer das ganze zwischen ihnen bedeutete – hier irgendwo hocherhobenen Hauptes sitzen? Quatre musste zu seiner Schande gestehen das er genau dieses Bild erwartet hatte. Einen grinsenden Duo der sich darüber freute Heero – auf welche Art und Weise auch immer – eins ausgewischt zu haben. Dieses Bild hatte Quatres Wut auf den Langhaarigen genährt.

Er hatte ganz sicher nicht erwartet, ihn im Dunkeln, auf seinem Bett zusammengekauert, vorzufinden. Denn nur dort konnte er sein, wenn Quatre den Schemen auf dem Bett richtig deutete. Und er hatte erst recht nicht erwartet Duos Tränenverhangene Stimme leise „Heero?" flüstern zu hören.

Verdammt! Quatre hielt kurz in seinem Weg zum Bett inne. Die Situation schien schon wieder anders zu sein, als gedacht. Was zum Geier war nur zwischen den beiden vorgefallen? Aber was auch immer es war, Duo schien es genauso wenig zu erfreuen wie Heero. Eigentlich wagte Quatre es nicht mehr zu hoffen, aber vielleicht war ja doch noch nicht alles verloren. Vielleicht brauchen die zwei Dummköpfe nur einen weiteren Schubs in die Richtige Richtung?

Quatre atmete tief ein und versuchte sich so schnell wie möglich zu fangen und allen Ärger der sich in ihm aufgestaut hatte fortzudrängen. Er hatte keine Ahnung was er tun sollte, aber er würde sein bestes versuchen. Irgendwie war ihm klar das er das den beiden schuldete.

„Nein Duo, ich bin's, Quatre," sagte er so sanft wie möglich. Mit einem weiteren Schritt war er am Bett angelangt. Ohne weiter darüber nachzudenken setzte er sich auf die Kannte. Das war zwar nicht unbedingt bequem, aber es würde sicher der Unterhaltung nicht nützlich sein, wenn er wie ein zorniger Racheengel über dem zusammengekauerten Duo schwebte.

Unendlich langsam zog Duo einen Teil der Decke – in die er sich verkrochen hatte – von seinem Gesicht weg und starrte Quatre an. Quatres Augen hatten sich inzwischen an die diffusen Lichtverhältnisse gewöhnt und konnte deshalb recht klar den Unglauben in dem Blick des Langhaarigen erkennen. Genauso klar wie die Tränenspuren.

„Was... was willst du hier, Quatre?" brachte Duo hervor.

„Ich bin hier um herauszufinden was passiert ist. Neben dem offensichtlichen. Ich bin hier um zu erfahren warum mein bester Freund vorhin frustriert das Treppenhaus getreten hat."

Quatre meinte zu erkennen, das Duo ängstlich zurückzuckte. Darum sprach er sanft weiter. „Kannst du mir eine Antwort auf diese Fragen geben?"

Mit einem gequälten Gesichtsausdruck kniff Duo seine Augen zusammen. „Ich will da jetzt nicht drüber reden," keuchte er.

Quatre musste an sich halten um nicht aufzulachen. Genau die gleichen Worte hatte Heero verwendet. „So, du willst also nicht darüber reden. Wollte Heero auch nicht. Aber das ist mir egal. Ich will jetzt wissen warum mein bester Freund völlig durch den Wind ist. So wütend hab ich ihn kaum je gesehen. Dafür muss es einen Grund geben. Also was genau ist hier passiert?"

Quatre legte in einer beruhigenden Geste seine Hand auf Duos von der Decke eingehülltem Bein. Dieser zuckte bei der Bewegung wieder zusammen und Quatre gefiel es gar nicht so recht das der Langhaarige so ängstlich war.

„Sag es mir, vielleicht kann ich helfen."

Ein kurzes, fast schmerzhaft spöttisches Grinsen überflog kurz das Leid auf Duos Gesicht. „Was gibt's da schon zu helfen? Ich hab mal wieder alles kaputt gemacht. Das typische Maxwell-Pech hat wieder zugeschlagen. Kann ja auch nicht angehen, das ich einmal Glück haben sollte."

Eine sehr kryptische Antwort. Aber mehr schien nicht aus Duo herauszuholen zu sein. Quatre bezweifelte das er mehr erfahren würde, auch wenn er noch stundenlang auf den Langhaarigen einreden würde.

„Quatre?" Duos Stimme klang furchtbar verzagt, so als würde er sich nicht sicher sein, ob er es wagen konnte diese Frage zu stellen. „Stimmt es? Ist Heero wirklich nicht reich und nur wegen einem Stipendium an deiner Uni?"

Quatre war sich nicht sicher, warum diese Frage, dieses Thema so wichtig für Duo war. Aber warum auch immer, es schien sehr bedeutungsvoll für sein Gegenüber zu sein. „Ja, das stimmt.", antwortete er deshalb schlicht.

Duo kniff wieder gequält seine Augen zusammen und murmelte leise etwas das sich wie „Das war ja so klar," anhörte.

Die nächsten Momente passierte nichts. Duo schien sich wieder in sein Schneckenhaus zurückzuziehen. Quatre wusste das ihre Unterhaltung sich dem Ende entgegen neigte, deshalb wollte es noch einmal mit einem Schubs versuchen. „Duo, was auch immer hier geschehen ist, du solltest mit Heero darüber reden."

Duo riss erschrocken seine Augen auf. Quatre meinte den Anflug von Panik und großer Angst darin zu lesen. „Das geht nicht! Er ist wütend auf mich!" nuschelte der Langhaarige und begann unkontrolliert zu zittern.

Konnte es sein das Duo Angst hatte, das Heero handgreiflich werden würde? Quatre war sich nicht sicher. Aber es war unbestreitbar, das Duo vor irgendetwas Angst hatte. Und ein wütender Heero war schon ein beeindruckendes Bild. Offenbar hatte es auch nicht geholfen, das er Duo erzählt hatte, das Heero seine Wut an der Wand ausgelassen hatte. Irgendwie musste er den Langhaarigen beruhigen.

„Duo, selbst wenn Heero wütend ist würde er dir niemals etwas tun."

Duo reagierte nicht wirklich auf seine Worte, sondern drehte sich von ihm fort. „Es ist besser wenn ich ihm nie wieder begegne. Ich hab ihm wehgetan."

Ah, zumindest dies gab sein Gegenüber nun zu. Langsam stand Quatre auf. „Gerade wenn du ihm wehgetan hast – und dies bereust - solltest du mit ihm reden. Das schuldest du ihm und das schuldest du dir. Er hat Dienst bis 23:00 Uhr, dann wird er hierher kommen um mir meinen Schlüssel wiederzubringen."

Mit diesen Worten ging Quatre aus dem Raum. Er hoffte das Duo einsehen würde, dass das der einzig richtige Weg war, aber er war sich nicht sicher ob dieser seine Angst würde überwinden können. Auf jeden Fall würde Quatre jetzt die anderen zwei Bewohner des Hauses vorwarnen, damit sie zu der gegebenen Zeit nicht im Wege stehen würden.