Willkommen in Dimmsdale, verdammt nochmal!
„Fuck!
Verdammte Scheisse, ist diese bekackte Rostmühle denn zu nichts
mehr zu gebrauchen?"
Jeffrey
Lebowski, der von allen nur „der Dude" genannt werden möchte
und es auch wird, wachte langsam auf. Er bemerkte sofort, dass das
Auto, in dem er sich befand, sich nicht mehr bewegte.
„Wir
fahren nicht mehr. Walt, warum fahren wir nicht? Sind wir schon da?"
murmelte er.
„Nein
Dude", antwortete sein bester Freund Walter leicht genervt, „wir
sind nicht da. Sonst würde ich jetzt fröhlich um dieses
Scheissmobil von einem Auto herumtanzen und dabei ein lustiges Lied
auf den Lippen haben. Stattdessen sitze ich aber noch hier und fluche
lauthals, weil unser fahrbarer Untersatz jetzt endgültig ins
Koma gefallen, vielleicht sogar schon gestorben ist."
Der Dude
bemerkte, dass unter der Motorhaube Qualm hervor drang. Er beschloss
nichts zu sagen, um Walter nicht noch weiter zu verärgern. Er
hätte ohnehin nichts sagen können, weil Walter einfach
weitermachte:
„Weißt
du Dude...weißt du was mit den Autos von Heute nicht mehr
stimmt?"
„Nein
Walter, ich weiss es nicht."
„Sie
werden nicht mehr in den USA gebaut. Alle Fabriken stehen jetzt in
Mexiko und die Autos werden von Mexikanern gebaut. Ich will jetzt
hier natürlich in keinster Weise behaupten, dass der Mexikaner
oder überhaupt der Lateinamerikaner an sich ein schlechterer
Arbeiter wäre, als der durchschnittliche US-Bürger, nein,
ich bin mir sicher, dass sie sogar noch härter arbeiten als wir,
aber sie haben nicht so hohe Qualitätsstandards wie wir. Wenn
sie eine Schraube festgezogen haben, kontrollieren sie sie nicht
weiter, während die gute, alte amerikanische Qualitätskontrolle
anschließend noch so lange an jeder beschissen kleinen Schraube
rüttelte, bis sie sich wirklich zu 100 Prozent sicher sein
können, dass der Wagen läuft."
„Walter."
„Was?"
„Walter."
„Was?"
„Als
erstes mal, warst du schon mal in einer mexikanischen Fabrik?"
„Ob
ich..nein, wann sollte ich eine mexikanische Fabrik besucht haben?
Und zu welchem Zweck?"
„Warst
du überhaupt schon mal in Mexiko?"
„Ja. In
meiner Jugend. Es wird dich vielleicht wundern, aber auch ich war mal
ein Teenager, der mit seiner Freizeit nichts besseres anzufangen
wusste, als am Wochenende über die Grenze zu fahren und sich
hemmungslos zu besaufen, aber worauf willst du hinaus?"
„Worauf
ich hinaus will?"
„Ja,
worauf willst du hinaus."
„Als
erstes mal ist es völlig egal wie viele Mexikaner, Peruaner,
Argentinier oder Vietnamesen..."
„Hey,
Vietnam hast du dieses mal ins Spiel gebracht!"
„Ja,
gut, es ist egal, wer an diesem Auto geschraubt hat. Selbst wenn wir
so einen bekackten Gremlin unter der Haube hätten, wäre es
jetzt viel wichtiger, wie wir zur Nationalen Bowlingmeisterschaft in
Middleton kommen. Ach ja, wo sind wir jetzt eigentlich?"
„Dimmsdale",
sagte Walter etwas eingeschnappt. „Am Ortseingang stand Dimmsdale."
Der Dude
öffnete das Handschuhfach und eine Lawine an Krimskrams schlug
ihm entgegen. Den Höhepunkt markierte aber eine Pistole, aus der
sich nach dessen ungebremsten Fall ein Schuss löste. Die Kugel
verfehlte den Dude nur knapp und durchschlug das Seitenfenster neben
ihm. Der Dude verharrte vor Schreck bewegungslos.
„Scheisse,
ist dir was passiert?" fragte Walter aufgewühlt.
„Nein,
mir geht's gut", antwortete der Dude leise, wurde aber schnell
lauter. „Fuck! Warum hast du eine ungesicherte Kanone im
Handschuhfach..."
Walter
fiel ihm sofort ins Wort: „Warum ich eine ungesicherte Kanone im
Handschuhfach habe? Weil die USA ein unsicherer Ort sind, vor allem
auf den Straßen. Das waren sie sogar schon, bevor George W.
Bush unser aller Herr und Meister wurde. Wenn ich jetzt also keine
Waffe dabei hätte, wäre ich schneller tot, als du
„verfassungsmäßiges Recht, eine Waffe zu tragen" sagen
kannst. Die Waffe ist deshalb nicht gesichert, weil es Zeit kostet,
sie zu entsichern. Es dauert schon lange genug sie aus dem
Handschuhfach zu holen und wenn ich sie dann noch erst entsichern
muss, haben mich die Gangster, Terroristen oder wer mich sonst so
bedroht schon in den Arsch penetriert, bevor ich auch nur die Chance
hatte, ihnen ihr kriminelles Gehirn aus dem ebenso kriminellen
Schädel zu pusten, genau so, wie es mein verdammtes Recht ist.
Und ausserdem, warum fummelst du an meinem Handschuhfach herum?"
„Gibst
du mir jetzt die Schuld, dass deine bekackte Waffe mich fast
umgebracht hatte? Ich habe nur nach einer beschissenen Straßenkarte
gesucht, damit ich weiss, wie weit wir von Middleton weg sind."
„Niemand
gibt dir hier die Schuld, verdammt. Und die Straßenkarte ist
auf dem Rücksitz."
Der Dude
sah nach hinten, konnte aber keine Straßenkarte sehen. Was er
aber sah, war der dritte Mann in ihrem Bowlingteam, der trotz des
Krachs fest schlief.
„Hey
Walt, ich kann keine Karte sehen, aber ich glaube Jesus sitzt
darauf."
Walter
drehte sich jetzt auch um.
„Verdammt,
warum schläft der noch? Ich meine nach all dem Geschrei und dem
Schuss und dem zersplittertem Glas und dem weiteren Geschrei sollte
ein normaler Mensch doch langsam aufwachen."
„Der Typ
wird mir immer unheimlicher."
„Ich
weiss was du meinst. Nicht nur in Momenten wie diesen wünschte
ich mir, dass Donnie noch am Leben wäre. Wir hätten ihn
nicht in unser Team aufnehmen sollen. Hey! Jesus!"
Jesus
schnarchte weiter. Jetzt wurde Walter brutal. Er griff sich mit
Daumen und Zeigefinger eine von Jesus' Brustwarzen und drehte sie
kurz aber fest um. Der gewünschte Erfolg stellte sich schnell
ein. Jesus wachte schreiend auf.
„AAAAAAAAAH!
Fuck, was zum...verdammt nochmal, Finger weg von Jesus' Nippeln!"
„Okay,
hören wir auf von deinen Nippeln zu reden und kommen zu deinem
Arsch. Der sitzt nämlich auf der Straßenkarte."
Jesus
strafte Walter mit dem bösesten Blick den er hatte und zog
langsam die Karte unter seinem Gesäß hervor (A/N: Ich
dachte es wäre nett, wenn ich mit „Gesäß" mal ein
feineres Wort wähle.) und gab sie Walter, der sie dann auch
umgehend studierte.
„Hey
Dude", sagte Jesus. „Da steigt Qualm unter der Motorhaube
hervor."
„Ja,
Jesus, das...wissen wir bereits. Darum stehen wir hier."
„Aha.
Wisst ihr auch, was mit dem Fenster passiert ist?"
„Ja,
Jesus, auch das wissen wir. Ich erzähle es dir später."
Walter
unterbrach die Unterhaltung: „Okay, eine gute und eine schlechte
Nachricht. Die schlechte ist, dass wir es vermutlich nicht mehr
rechtzeitig nach Middleton schaffen werden."
„Fuck!"
schrie Jesus, behielt das „Ich wusste es!" aber lieber für
sich. In all den Jahren hatte er doch so etwas wie Angst vor Walter
entwickelt. Es ließ es sich nicht immer anmerken, aber ja, er
hatte Angst vor Walter.
„Jetzt
kommt hoffentlich eine wirklich gute Nachricht", sagte der Dude.
„Ja,
genau die kommt jetzt. Ich kenne Dimmsdale, zumindest vom Namen her.
Ich habe kürzlich etwas darüber gelesen. Dimmsdale hat eine
ausgezeichnete Bowlingbahn. Nicht nur die Erste in den USA, die mit
dem brandneuen CJH 313 Hydraulik-Kegelräumsystem ausgestattet
ist, sie ist auch eine offizielle Turnierbahn des Internationalen
Bowlingverbandes."
„Soll
heissen, wir können nicht am Turnier teilnehmen, sind aber
trotzdem Meilen gefahren um Bowling zu spielen, anstatt einfach zu
Hause zu bleiben und dort zu bowlen."
„Nein
Dude. Du liegst weit daneben. Eine Sonderregelung besagt nämlich,
dass offizielle Turnierteilnehmer nicht zwingend am Austragungsort
erscheinen müssen, wenn ein Notfall oder z. B. so etwas wie eine
Autopanne vorliegt. In diesem Fall können sie einfach, zumindest
für einen Tag, auf einer Bowlingbahn ihrer Wahl am Turnier
teilnehmen."
„Vorausgesetzt
sie ist eine offizielle Turnierbahn des Internationalen
Bowlingverbandes!" fügte der Dude optimistisch hinzu.
„Genau
wie die hier!" rief Jesus.
Walter
nickte zustimmend und der Dude und Jesus brachen in Freudenschreie
aus.
„Alles
was wir tun müssen", unterbrach Walter sie, „ist uns
unverzüglich telefonisch melden."
„Unverzüglich
bedeutet jetzt, oder?"
„Genau."
„Okay,
habt ihr ein Handy dabei?" fragte Jesus.
„Ich
vertraue diesen Dingern nicht", sagte Walter und der Dude zuckte
mit den Schultern. „Sehe ich so aus, als ob ich mir so ein Ding
leisten könnte? Warum hast du keins, Jesus?"
„Alle
haben doch heute Handys, aber Jesus ist nicht wie die Anderen. Jesus
schwimmt nicht mit dem Strom. Jesus ist etwas besseres."
„Sieht
Jesus hier auch eine Telefonzelle?"
Die Drei
sahen sich um, doch nirgends war ein Telefon in Sichtweite. Walter
verließ das Auto.
„Wo
willst du hin?"
„Ich
klingele an dem Haus dort an und frage höflich an, ob ich das
Telefon benutzen darf, Dude. Es ist ein beschissener Notfall, die
werden Verständnis dafür haben."
Als Walter
an der Haustür angelangt war, setzte er sein freundlichstes
Gesicht auf und betätigte die Türklingel. Nur ein Blinzeln
darauf öffnete sich die Tür und ein kleines, hyperaktiv
wirkendes Mädchen mit einer riesigen Brille und einer sehr
auffälligen Zahnspange steckte vorsichtig ihren Kopf hinaus.
„Ja?"
fragte Trudy.
Walter
räusperte sich und sagte so freundlich wie er nur konnte: „Guten
Tag meine Kleine. Meine beiden Freunde und ich haben eine Autopanne,
wie du da hinten sehen kannst. Könntest du bitte deine Eltern
holen und sie fragen, ob wir ihr Telefon benutzen können?"
„Meine
Eltern sind nicht hier", sagte Trudy leise und sah sich verängstigt
um. Walter bemerkte die Furcht in ihren Augen und beugte sich zu ihr
runter.
„Du
brauchst keine Angst vor mir zu haben."
„Vor
ihnen habe ich keine Angst, aber AAAAAAH!"
Die Hand
ihrer großen Schwester Vicky kam hinter der Tür hervor und
zog sie an den Zöpfen zur Seite.
„Was
wollen sie?" fragte Vicky Walter.
Walter
richtete sich langsam wieder auf und versuchte sich nicht anmerken zu
lassen, dass Trudys schriller Schrei ihn fast zu Tode erschreckt
hatte.
„Einen
wunderschönen guten Tag, junge Dame. Wie sie sehen können,
haben meine Freunde und ich eine kleine Autopanne. Wäre es
möglich hier zu telefonieren?"
„Ja, in
einer Telefonzelle."
Mit diesen
Worten knallte Vicky Walter die Tür vor der Nase zu. Sowohl
irritiert als auch etwas verärgert klingelte er erneut. Vicky
öffnete ruckartig und rief: „Was?"
Der leicht
reizbare Walter biss die Zähne zusammen, um ihr nicht gleich an
die Gurgel zu springen.
„Ich
möchte ihnen für den Hinweis mit der Telefonzelle danken,
nur leider sind wir nicht von hier und wissen nicht, wo wir eine
finden können. Ausserdem haben wir es eilig und müssten
wirklich, ganz dringend telefonieren."
Vicky
überlegte kurz, hielt dann ihre Hand auf und sagte: „50
Dollar. Wenn es ein Ortsgespräch ist."
Walter
hatte sich bemüht. Er hatte sich wirklich bemüht. Und wie
er sich bemüht hatte! Jetzt machte es aber „Klick" und der
Schalter in seinem Kopf sprang von „nett" auf „wie immer".
„50
Dollar für ein bekacktes Ortsgespräch? Wer hat dir denn
ins Gehirn geschissen, du dummes Miststück? Meinetwegen kannst
du in deiner Freizeit so viele kleine Mädchen quälen wie du
willst, doch ich war in Vietnam! Ich bin nicht so einfach
einzuschüchtern, schon gar nicht von irgend so einem dummen
Teenie, der..."
Vicky ging
einfach zurück ins Haus und knallte die Tür hinter sich zu,
doch das machte Walter nur noch wütender.
„Was,
verdammte Scheisse nochmal, soll das? Es sind nicht so viele
Amerikaner in Vietnam gestorben, nur damit du einem Reisenden in Not
einfach jede Hilfe verweigerst und ihm die Tür vor der Nase
zuknallst?" Er trat einmal gegen die Tür. „Leck mich! Hast
du gehört was du machen sollst? Hey, lasst mich los!"
Der Dude
und Jesus kamen angerannt und zogen Walter von dem Haus weg, bevor er
noch mehr Ärger machte.
„Was zum
Teufel nochmal ist da los, Walter?" wollte der Dude wissen.
„Dieses
Mädchen da drin versucht unsere Situation einfach so auszunutzen
und verlangt 50 Dollar für ein Telefongespräch. Ausserdem
scheint sie kleine Kinder zu verprügeln!"
„So wie
Millionen Andere auf der Welt auch, aber wir gehen einfach zum Haus
nebenan und fragen da, ob wir telefonieren dürfen."
„Dude,
das verbiete ich dir."
„Was
verbietest du mir? Zu den Nachbarn dieses Mädchens zu gehen?"
„Ganz
recht. Und Jesus verbiete ich es auch."
„Walt,
du kannst es uns nicht verbieten."
„Und ob
ich das kann! Hier geht es jetzt nicht nur um unser bekacktes Auto
oder unser bekacktes Bowlingturnier, es geht ums Prinzip."
„Bitte
nicht ums Prinzip", stöhnte der Dude, „deine Prinzipien
haben uns bis jetzt immer nur Ärger eingehandelt. Komm Jesus,
wir gehen nach nebenan."
„Oh
nein, Dude. Jesus ist diesmal auf Walters Seite."
„Danke
Jesus. Du siehst Dude, selbst Jesus hat begriffen worum es hier
geht."
„Ja. Man
kann vieles über mich sagen, aber nicht, dass Jesus nicht für
seine Prinzipien eintreten würde."
„Das
sind gar nicht deine Prinzipien, das sind Walters!"
„Das
Prinzip der Nächstenliebe und der Hilfsbereitschaft gehört
allen Menschen. Der Mann, nach dem mich meine Mutter benannt hat, kam
nicht vom Himmel herab, damit die Jugend von Heute das wieder
vergisst!"
„Macht
doch was ihr wollt!"
Der Dude
ging zurück zum Auto und wartete einige Sekunden, bis Walter und
Jesus ihn nicht mehr beachteten. Dann ging er zum Haus auf der
gegenüberliegenden Straßenseite und klingelte an. Eine
ältere Dame öffnete die Tür.
„Ja,
junger Mann?"
„Einen
schönen guten Tag wünsche ich. Es tut mir leid, dass ich
sie störe, aber ich hatte leider eine Autopanne und müsste
jetzt einige sehr wichtige Anrufe tätigen.Dürfte ich bei
ihnen telefonieren oder wüssten sie zumindest, wo ich die
Möglichkeit dazu hätte?"
Die alte
Dame betrachtete den langhaarigen Mann in den ungewaschenen Kleidern
von oben bis unten – und bat ihn in ihr Haus.
„Natürlich
dürfen sie hier telefonieren. Kommen sie doch bitte herein."
„Vielen
Dank."
10 Minuten
später.
„Nochmals
vielen Dank, vor allem für die leckeren Plätzchen." rief
der Dude, als er das Haus der alten Dame verließ.
„Nichts
zu danken. Sagen sie mir, wie das Bowlingturnier gelaufen ist!"
„Das
werde ich! Wiedersehen!"
„Auf
Wiedersehen!"
Der Dude
holte noch ein Plätzchen aus der Tüte, die ihm die alte
Dame mitgegeben hatte und ging zurück zum Auto. Er kam dort
zeitgleich mit Jesus und Walter an, die nicht sehr glücklich
aussahen.
„Was ist
los?" fragte er.
„Nichts",
antwortete Walter.
„Habt
ihr etwas erreicht?"
„Halt
den Mund, Dude! Wir wollen nicht mehr darüber reden!"
„Was ist
denn..."
„Verdammte
Scheisse, hörst du schlecht?"
„Ist ja
schon gut. Hab übrigens bei der Bowling - Organisation
angerufen, es geht alles klar. Die schicken einen Schiedsrichter zur
Bowlingbahn. Und das Auto können wir in der Einfahrt der alten
Frau dort hinten parken Ihr Sohn hat eine Autowerkstatt und sie wird
dafür sorgen, dass er uns einen guten Preis macht. Wollt ihr ein
Plätzchen?"
Walter und
Jesus nahmen wortlos jeweils ein Plätzchen aus der Tüte.
Gleichzeitig
ein paar Straßen weiter, im Haus der Familie Turner.
„Familienversammlung!"
rief Mr Turner, das stolze, wenn auch ziemlich merkwürdige
Oberhaupt der Familie.
„Was
gibt es, Liebling?" fragte seine nicht weniger merkwürdige
Frau. „Ist die Toilette schon wieder verstopft?"
„Besser.
Es ist ein dringender Notfall eingetreten. Ein Bowling-Notfall!"
„Bowling?"
Timmy, der
Sohn der Turners, war nicht gerade als großer Bowling-Fan
bekannt. Schon gar nicht, wenn seine Eltern dabei im Spiel waren.
„Ganz
recht, mein Sohn. Bowling. Soeben bekam ich einen Anruf vom Obersten
Bowlingmann."
„Hat er
endlich eine intelligentere Bezeichnung für seinen Status
gefunden als „oberster Bowlingmann"?"
„Natürlich
nicht! Aber einige hilflos gestrandete Meisterschaftsteilnehmer
brauchen unsere Hilfe! Während sie auf unserer schönen
Dimmsdaler Bowlingbahn mit dem noch schöneren, brandneuen CJH
313 Hydraulik-Kegelräumsystem heute ihr Meisterschaftsspiel
spielen werden, brauchen sie natürlich einen fähigen
Schiedsrichter, sowie einen fähigen Ersatzschiedsrichter, für
den Fall, dass einer der beiden während des Spiels ausfällt."
Timmy
schwante schlimmes.
„Und ihr
beiden..."
„Genau",
vollendete Mr Turner den Satz seines Sohnes. „Deine Mutter und ich
wurden darum gebeten, innerhalb der nächsten 20 Minuten vor Ort
zu erscheinen und unsere Pflichten als erster und zweiter
Meisterschaftsschiedsrichter auszuüben."
Timmy zog
eine handvoll Konfetti aus seiner Hosentasche, warf es gelangweilt in
die Luft und jammerte: „Juhu."
„Ganz
recht, mein Sohn. Juhu. Das bedeutet nämlich, dass du den Abend
mit deiner Lieblingsbabysitterin verbringen darfst. Vicky ist schon
auf dem Weg hierher und weil sie so kurzfristig vorbeikommen muss,
bekommt sie einen Großteil von dem Geld, dass wir eigentlich
zurückgelegt hatten um dir eine hervorragende Schulausbildung zu
ermöglichen. Doch sie ist jeden Cent wert."
So sehr
Timmy es auch hasste den Abend auf der selben Bowlingbahn zu
verbringen, wie seine Eltern, die Aussicht auf Folterung durch seine
verhasste Babysitterin ließ Ersteres wie einen Tanz auf
flauschigen Weidenkätzchen aussehen.
„Mom.
Dad. Ich will mit euch mitkommen."
Erschrocken
starrten die erwachsenen Turners ihren Sohn an.
„Aber
Timmy, ich dachte, du willst nie wieder zusammen mit uns auf die
Bowlingbahn?"
„Wie...äh...kommt
ihr denn darauf?"
„Weil du
uns zu Weihnachten eine Karte geschenkt hast auf der stand, dass du
nie wieder mit uns zusammen auf die Bowlingbahn willst!"
„Das...war
ein Aprilscherz."
„Zu
Weihnachten?"
„Darum
ist es ja auch so witzig. Ho ho ho, April April!"
Timmys
Eltern sahen sich skeptisch an. Diese Geschichte, so war sich Timmy
sicher, war derart an den Haaren herbeigezogen, dass sie ihm niemals
glauben würden.
„Okay,"
sagte Mr Turner schließlich. „Du darfst mitkommen."
Manchmal
vergaß Timmy, wie leichtgläubig seine Eltern waren.
Nur kurz
darauf war die gesamte Familie Turner, inklusive der Zauberpaten
ihres Sohnes, auf dem Weg zur Bowlingbahn.
