Strike!

Wie wohl so ziemlich jeder in ihrer Situation wussten weder Walter noch der Dude genau, was sie jetzt sagen sollten.
Der Dude probierte es nach einer guten Minute des Schweigens schließlich mit einem: „Wie...geht's dir, Mann?"
„Och, ich bin tot. Aber abgesehen davon ist alles in Ordnung. Der Himmel ist echt klasse. Wenigstens glaube ich, dass ich im Himmel bin, irgendwie hat niemals jemand mit mir darüber geredet. Aber es muss der Himmel sein. Oder die Hölle ist nicht so schlimm, wie sie immer beschrieben wird."
„Halt die Klappe, Donnie", sagte Walter.
Auch wenn er es nie zugeben würde, es hatte ihm gefehlt, das zu sagen. Donnie hingegen hatte noch nie Probleme mit so etwas.
„Das hat mir gefehlt, Walt. Sagt mal, warum ist Jesus bei euch im Team?"
„Oh, das ist eine lange Geschichte", antwortete der Dude. „Wenn man ihn näher kennt, ist er gar nicht so ein übler Kerl. Ja, einer von denen, für die du dich ständig bei deinen Mitmenschen entschuldigen musst, aber eigentlich ist er ganz in Ordnung."
Donnie nickte. Der Dude nickte. Donnie nickte zurück. Auch der Dude nickte wieder. Walter hustete.
Donnie sagte wieder etwas: „Bevor ich es vergesse. Der Junge, den ihr sucht, dieser Timmy, der kommt jeden Moment hier vorbei. Er ist nur im Luftschacht, also würdet ihr ihn vermutlich übersehen. Wollte ich nur anmerken."
„Darum bist du extra aus dem beschissenen Totenreich zurückgekommen?"
„War doch nett von mir, Walt."
„Ja, aber warum extra dafür? Du hattest Millionen verdammter Gelegenheiten uns vorher zu besuchen, aber du kommst erst jetzt und nur dafür?"
„Ach Walt, lass ihn doch. Donnie hat bestimmt gute Gründe dafür."
„Hast du, Donnie?"
„Ja."
„Welche."
„Kann ich nicht sagen. Aber bringt den Jungen wieder zurück zu seinen Eltern. Vertraut mir ausnahmsweise mal."
Walter legte seine Hand auf Donnies Schulter. Zu seiner Überraschung funktionierte es sehr gut, trotz der Geschichten, die man so über Geister und ihre Greifbarkeit kennt.
„Donnie, wir haben dir immer vertraut und ich sehe keinen Grund um jetzt damit aufzuhören."
„Cool. Ich gehe dann wieder."
„War aber ein kurzer Besuch."
Donnie nickte. Der Dude nickte zurück.
„Lass dich mal wieder blicken", sagte Walter.
„Ich schau mal was sich machen lässt, aber wir sehen uns ja so oder so. Bis dann."
Mit diesen Worten verschwand Donnie wieder dahin, wo er hergekommen war.
Der Dude und Walter sahen sich gegenseitig an.
„Weißt du, Walt, irgendwie wünschte ich, er hätte das mit dem „so oder so" nicht gesagt."
„Früher oder später sterben wir alle. Wärst du in Vietnam gewesen, wüsstest du das."
„Sicher." Der Dude sah nach oben zum Lüftungsrohr. „Hörst du das auch?"
„Scheint der kleine Scheisser zu sein."
„Scheisse, nenn ihn nicht so. Sein Name ist Timmy."
Walter schlug einmal mit der Faust von unten gegen das Lüftungsrohr und rief: „Hey Timmy, bist du das?"
Das Rohr setzte sich. wie eigentlich immer, aus vielen einzelnen Segmenten zusammen. Timmy befand sich in genau dem Segment, gegen das Walter geschlagen hatte. Zu seinem eigenen Erstaunen (wenn man davon ausgeht, dass selbst leblose Gegenstände ein Bewusstsein haben) verkraftete es den Schlag nicht besonders gut. Es trennte sich unfreiwillig von seinen Geschwistern und knallte zusammen mit Timmy und seinen Mäusen/Elfen auf den Boden.
„Au", hustete Timmy und kroch aus dem Rohr.
Der Dude half ihm hoch.
„Alles in Ordnung, Kleiner?"
„Oh, ihr seid es. Ja. Mir geht's gut. Irgendwie."
„Wir sind hier um dich wieder zu deinen Eltern zu bringen, bevor es die Anderen tun."
„Welche Anderen?"
„Dieser blaue Wichs...sorry, äh, Typ hat seine Schläger geschickt, um dich zu suchen. Und jemand Anderes hat uns geraten dich sofort wieder zurück zu bringen."
„Wer?"
„Den kennst du nicht."
Damit machten sich die Drei (plus zwei Mäuse) auf den Weg, zurück zur Bowlingbahn. Wenn sie ihn finden sollten.

Auch Shego und Jesus waren auf dem direkten Weg zurück nach oben. Shego hatte einfach keine Lust mehr, nach dem Dude und Walter zu suchen und sie hatte schon gar keine Lust dazu, mehr Zeit als nötig alleine mit Jesus zu verbringen. Jesus sah das natürlich anders.
„Wir könnten essen gehen. Ich mache ein ausgezeichnetes Puerco Bibil. Das ist..."
„Ja, ich weiss, mexikanisches Schweinefleisch."
„Und?"
„Kein Interesse."
„Aber es ist wirklich hervorragend! Kennst du „Irgendwann in Mexiko"? Johnny Depp würde mich töten, weil es so gut ist."
„Das kann ich auch, ohne dein Essen zu kosten."
„Oh, ich liebe es, wenn du mir mit dem Tod drohst."
Shego fasste sich verzweifelt an den Kopf und murmelte: „Okay, bleib ruhig. Du hast so ziemlich alles versucht. Aber auch wenn du in deinem Leben so einiges getan hast, das hier hast du sicher nicht verdient."
Plötzlich riss sie eine Hand auf ihrer Schulter, aus ihrem Selbstgespräch.
„Hey, ist alles in Ordnung mit dir?"
„Ich zähle bis drei, dann werde ich dir auch noch den Arm brechen, wenn du bis dann deine Hand nicht von meiner...ach was soll's. Her mit dem Arm."
Shego schnappte sich Jesus' Arm. Er hätte ohne Zweifel einen Grund mehr gehabt, um so bald wie möglich das nächste Krankenhaus aufzusuchen, wären nicht zufällig in diesem Moment der Dude, Walter und Timmy um die Ecke gekommen. Ohne zu zögern lief Walter auf Shego zu und stieß sie von hinten mit seinem vollen Körpergewicht zu Boden. Shego hatte durchaus Humor, aber über so etwas konnte sie natürlich überhaupt nicht lachen. Sie sprang auf und wollte sich mit ihren glühenden Händen auf Walter stürzen, doch er bleib nur ganz ruhig stehen und verpasste ihr, als sie nah genug war, eine schallende Ohrfeige. Völlig irritiert blieb sie daraufhin stehen, während Walter sich zu Timmy drehte.
„Weißt du, Kleiner, Gewalt gegen Frauen ist absolut inakzeptabel. Sollte eine Frau allerdings vorhaben dich umzubringen, darfst du dich natürlich wehren."
Timmy nickte und der Dude fügte hinzu: „Aber natürlich sollte Gewalt immer nur der allerletzte Ausweg sein. Am besten, du überlegst dir etwas anderes."
Timmy nickte erneut.
Shego löschte ihre Hände und sagte zu sich: „Das ist heute nicht mein Tag."
Sie freute sich schon auf den hoffentlich bald bevorstehenden Kampf mit Kim. Da wusste sie wenigstens immer, was sie erwartete.
Jesus betrachtete mit Entsetzen den roten Umriss von Walters Hand auf Shegos Gesicht.
„Fuck, was hast du getan?"
„Wer ich? Erst habe ich dich gerettet, dann habe ich mich verteidigt."
„Das ist doch kein Grund um dieses schöne Gesicht zu verunstalten."
Shego schlug so schnell, dass der Dude, Timmy und seine Elfen sich gar nicht sicher waren, ob sie überhaupt etwas getan hatte, Walter und Jesus in die Magengegend.
„Und jetzt kommt ihr alle wieder mit nach oben, damit dieser Wahnsinn endlich ein Ende hat."
Der Dude hob kapitulierend die Hände, ließ Shego an sich vorbeigehen und folgte ihr zusammen mit den Anderen. Nur Cosmo blieb grüblerisch an seinem Platz sitzen.
„Was ist? Kommst du?" fragte Wanda.
„Ja, sofort, ich denke nur über etwas nach."
„Tut das weh?"
„Etwas. Aber dieses Wort, dass der Mann da benutzt hat, was bedeutet es?"
„Welches?"
„Fuck."
„Äääh..."
Cosmo lächelte.
„Hey, das klingt lustig. Fuck. Fuck. Fuck Fuck. Fuckfuckfuckfuckfuckfuckfuckfuckfuckfuckfuck. Fuck."
„Cosmo?"
„Fuck. Fuck Fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck."
„Hör auf damit!" rief Wanda empört, doch Cosmo hörte nicht.
„Fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck, fuck."
„COSMO!"
Plötzlich machte es Poof! und Cosmos Mutter erschien.
„Mama!" rief Cosmo, doch sie stemmte nur ihre Hände in die Hüften und sagte empört: „Ich will nicht, dass du diesen Mund benutzt, um mit mir zu reden."
„Da bin ich ausnahmsweise ihrer Meinung. Sie halten ihn fest, ich spüle ihm den Mund mit Seife aus."
„Einverstanden."
Und so kam es zu einer einmaligen Kollaboration zwischen Wanda und Mama Cosmo, die ihm ein für alle mal klarmachte, dass man nicht mit Wörtern um sich wirft, von denen man keine Ahnung hat, was sie bedeuten.
Sie hatte nur den Nebeneffekt, dass Cosmo sich jetzt jeden Tag ins Badezimmer schleicht, um an der Seife zu knabbern. Aus irgendwelchen Gründen kam er auf den Geschmack.

Apropos Essen.
Drakken hatte mittlerweile Hunger bekommen und sich etwas zu essen besorgt.
„Hm", sagte er mit vollem Mund zu einem seiner Handlanger, „das sind wirklich hervorragende Nachos. Wenn ihr fertig seid, müsst ihr euch auch welche holen."
„Glauben sie, dass wir dafür noch Zeit haben?" fragte Handlanger Nr. 4, ein ziemlich großer und dürrer Typ.
„Bestimmt. Wir werden alle Zeit der Welt haben."
Wie eigentlich immer in solchen Momenten, rief eine altbekannte Stimme Drakken etwas zu.
In diesem Falle rief die Stimme, die natürlich Kim Possible gehörte: „Dann sollten sie sich eine neue Uhr besorgen!"
Drakken drehte sich um, schob sich noch einen Nacho in den Mund und sagte: „Hallo."
Ron stolperte aus dem Luftschacht und fiel schreiend auf den Boden.
Noch während er da lag fragte er: „Was? Kein „Oh nein, Kim Possible"? Was ist los?"
„Ist ja nicht so, dass ich euch nicht erwartet hätte."
„Kim, ich sehe Shego nirgends."
„Macht euch um sie keine Sorgen. Die ist euer geringstes Problem."
„Wo ist sie denn?"
Drakken dachte kurz nach.
„Keine Ahnung. Ehrlich, aber ich hoffe, sie kommt rechtzeitig wieder. Es wäre zu schade, wenn sie das verpassen würde."
Schweissperlen bildeten sich überdeutlich auf Kim's Stirn. Ron merkte sofort, dass etwas nicht stimmte.
„Hey, KP, was ist? Normalerweise bist du nicht so nervös wegen Shego oder Drakken."
„Ich...weiss nicht...irgend...wie..."
„Oh, ist dir warm?" fragte Drakken mit einem fiesen Grinsen.
Kim verlor das Gleichgewicht. Ron konnte sie gerade noch auffangen.
„Was haben sie mit ihr angestellt?"
„So, da bin ich wieder", rief Shego, als sie mit den Anderen um die Ecke kam.
„Gerade rechtzeitig. Ich will Kim Possible meinen Plan enthüllen."
Shego sah sich Kim, die mittlerweile an der Grenze zur Bewusstlosigkeit in Rons Armen hing, an.
„Sind sie sicher, dass sie das noch mitbekommt? Sie sieht übel aus."
„Genau das ist ja mein Plan. Ich wollte dieses CJH 313 Hydraulik-Kegelräumsystem nie stehlen. Das war nur eine Falle um meine Erzfeindin anzulocken. Ich wusste, dass sie wie immer durch den Belüftungsschacht klettern würde, um hier herein zu kommen, also habe ich etwas an der Klimaanlage herumgespielt. Ich habe mit Hilfe einiger DNS-Proben, die ich noch von dem Tag hatte, als ich Kim geklont habe, ein Gift entwickelt, dass nur auf eine bestimmte Person anspringt. Dieses Gift habe ich als Gas in die Belüftung gepumpt und jetzt rate mal, wer diese Person ist, die auf das Gift reagiert."
„Einen Moment, Doc", sagte Shego. „So sehr ich sie auch dazu beglückwünschen möchte, dass sie allem Anschein nach diesmal wirklich Kim Possible aus dem Weg räumen konnten, frage ich mich, wie zum Teufel sie auf diesen hirnverbrannten Plan gekommen sind und vor allem, warum sie es nicht für nötig hielten, mir davon zu erzählen?"
„Du musst nicht alles wissen. Und was gibt es an dem Plan auszusetzen?"
„Mal überlegen. Das wir in dieses Kaff gefahren sind, für gar nichts? Dass sie einen groß angelegten Diebstahl, plus einer Geiselnahme inszeniert haben, nur um eine einzelne Person zu vergiften, obwohl sie den selben Effekt auch hätten erreichen können, indem sie das Gift in ihre Schule leiten oder vielleicht sogar gleich in ihr Haus?"
„Das hätte ich vielleicht machen können, aber ich...das verstehst du nicht. Dieser Plan ist viel zu komplex um dir alles zu erklären."
„Seitdem wir hier sind, hatten wir nichts als Ärger! Denken sie mal an ihr Ohr! Sie sind so ein Idiot!"
„Und du benimmst dich heute wie eine Zicke."
„Das ist keine Entschuldigung für den ganzen Zirkus den sie hier veranstalten nur um plötzlich sagen zu können: „Überraschung, ich hab etwas ganz anderes gemacht". Ausserdem nehmen sie mir die Chance, die kleine Prinzessin im Kampf zu besiegen."
„Zick! E!"
Kim ging es immer schlechter. Ron konnte nichts weiter tun, als ihre Hand zu halten. Rufus fächerte ihr mit einem Taschentuch Luft zu, während der Dude ihr ein Glas Wasser brachte. Sie war aber zu schwach, um es zu trinken. Das war zuviel für Walter. Er nahm eine Bowlingkugel in die Hand, warf sie nach Drakken und verfehlte ihn nur knapp.
„Hey, wer wirft hier mit Bowlingkugeln?"
„Ich, sie blauhäutiges, feiges, Kinder vergiftendes Stück Scheisse." Er ballte die Fäuste und ging auf Drakken zu. „Wenn sie ein Mann sind, kommen sie jetzt her und kämpfen mit mir."
Drakken fuchtelte mit den Händen herum und zeigte erst auf Shego, dann auf Walter, doch seine Kämpferin Nr. 1 zuckte nur mit den Schultern und ließ Walter passieren. Sie hatte nicht vor, ihm überhaupt nicht beizustehen, doch sie glaubte, dass Drakken ein oder zwei kräftige Tritte in den Hintern verdient hatte.
Als er merkte, dass er allein da stand, krempelte der Doktor die Ärmel hoch und ballte die Fäuste.
„O...okay. Mann gegen Mann. Rache für mein Ohr. Doch ich warne sie, ich kann..." Walter landete den ersten Schlag auf Drakkens Auge. „Au."
„Willst du noch einen? Bekommst du sofort."
Diesmal verpasste Walter ihm einen Schwinger in den Magen. Drakken ließ sich zu Boden fallen und kroch so schnell er konnte unter den Tischen hindurch.
„Ja, kriech nur. Ich bin der verdammte Godzilla, du bist das beschissene Tokyo. Du kannst dich nicht verstecken!"
Während Walter Drakken quer durch die Bowlinghalle jagte, lag Kim in den letzten Atemzügen. Der Dude schob Timmy sanft davon.
„Du solltest jetzt lieber wieder zu deinen Eltern gehen, kleiner Mann."
Timmy ging einige Schritte zurück und wandte sich an seine Zauberpaten.
„Könnt ihr denn da nichts machen?"
„Weißt du, Schätzchen, die Regeln sind da sehr streng was Krankheit und Tod angeht."
„Aber sie ist noch gar nicht tot", sagte Cosmo.
Wanda stieg mit ein.
„Und...diese Krankheit...sie ist die einzige Person im Universum auf die das Gift wirkt, also..."
„Also wünsche ich mir, dass das Gift ihr nichts anhaben kann!"
Wanda und Cosmo hoben ihre Zauberstäbe.
Immunitäten!
Kim öffnete schlagartig die Augen und rülpste kurz.
„Tut mir leid. Habe ich etwas verpasst?"
Der Dude reichte ihr das Wasserglas.
„Durstig?"
Drakken hatte sich unglücklicherweise (?) in eine Ecke verkrochen, aus der er nicht mehr herauskam. Walter packte ihn am Kragen und zog ihn zu sich herauf.
„Bitte tun sie mir nicht weh. Das erzähle ich alles meinem Cousin, der ist groß und kräftig und hat lange Haare."
„Ich werde ihn sicher auf deiner Beerdigung treffen."
Walter holte zum Schlag aus. Als er aber seine Faust mit hoher Geschwindigkeit auf das Gesicht seines Gegenübers zubewegen wollte, hielt ihn jemand am Arm fest. Drakken atmete erleichtert auf.
„Shego! Endlich. Ich nehme alles über dich zurück."
„Sag mal, Fettsack, was hältst du von einem Kampf mit jemandem, der dir gewachsen ist?"
„Das selbe, wollte ich dich gerade fragen", rief Kim hinter ihr.
Erstaunt stellten Shego, Drakken und Walter fest, dass es ihr wieder gut ging.
„Sehen sie", stöhnte Shego, „genau deshalb hätten wir uns das alles sparen können. Ihr dummes Gift war harmloser als eine 24 Stunden Grippe."
Mit einem Sprung stürzte sich Shego in den Kampf. Walter lächelte Drakken an.
„So wie es aussieht, wird ihnen wohl doch niemand zur Hilfe kommen."
„Ich habe ja noch meine...HANDLANGER! Zum Angriff!"
„Einen Moment, wir sind mit dem CJH 313 Hydraulikdings gleich soweit!"
„Vergesst das Ding, habt ihr mir nicht zugehört? Es ging nie darum?"
„Na das hätten sie uns auch gleich sagen können."
Schon eilten die Handlanger zur Rettung, Walter schlug Drakken nochmal kurz und lief los, um sich einen besseren Ort zur Verteidigung zu suchen. Er warf einen Tisch um, brach eines der Tischbeine ab und wehrte die Handlanger damit, wie mit einer Keule ab. Ron eilte ihm zur Hilfe.
„Keine bange, Ron braucht nicht lange."
„Bist du Ron?"
„Ja."
„Hoffentlich bist du ein besserer Kämpfer, als du aussiehst."
„Ich weiss, ich sehe harmlos aus, doch genau das ist meine Stärke. Ich wiege meine Feinde in Sicherheit und dann schlage ich zu. Und dann werde ich meistens von Kim gerettet, aber ich bin ein besserer Kämpfer, als viele von mir behaupten. Und von meinem Nacktmull will ich gar nicht erst anfangen."
„Ja, in deinem Alter habe ich auch mit meinem Nacktmull geprahlt."
Wie man an dieser Aussage merkt, hatte Walter keine Ahnung, was ein Nacktmull ist.
Der Dude zog Jesus am Ärmel hinter sich her.
„Komm schon, wir müssen ihnen helfen."
„Ich kann nicht, ich habe mir fast alle Finger gebrochen."
„Scheisse, wie denn das?"
„Ähm..."
„Egal, du kannst sie ja treten."
Während der Dude, der ja eigentlich bekennender Pazifist war, sich dadurch seinen Weg durch die Handlanger bahnte, indem er sie einfach beiseite schubste, verpasste Jesus jedem einzelnen einen Tritt gegen das Schienenbein oder in gewisse andere Körperteile. Sollte er einen erwischen, der schon am Boden lag, trat er gerne noch einmal die Magengegend.
Dann stand der Dude aber Handlanger Nr. 4 gegenüber, der, wie bereits erwähnt, ziemlich groß war. Er war zwar nicht gerade muskulös, aber die Größe wirkte schon etwas einschüchternd.
Nr. 4 hob seine Fäuste, fing an wütend um den Dude herumzutanzen und rief dabei ständig: „Fick dich! Fick dich! Fick dich! Ich mach dich fertig! Fick dich!"
Das kam dem Dude irgendwie bekannt vor. Zu bekannt. Er wartete den richtigen Moment ab, sprang hoch und riss ihm die zu den Uniformen von Drakkens Handlangern dazugehörige Maske vom Gesicht.
„Fuck, du bist das? Hey Walt! Sieh mal wer hier ist!"
Walter war immer noch mit Kämpfen beschäftigt und konnte nur einen kurzen Blick riskieren.
„Wer ist das?"
„Das ist einer von den Nihilisten!"
„Was für einer?"
„Wieviele beschissene Nihilisten kennst du?"
„Du meinst einer von den bekackten, deutschen Wir-schneiden-dir-den-Johannes-ab-Nihilisten?"
„Genau."
„Und welcher?"
„Der Große."
„Bestell ihm einen Gruß von mir! Und von Donnie!"
„Ähm...eigentlich bin ich kein Nihilist mehr", sagte Handlanger Nr. 4 noch schnell, bevor der Dude einen Schritt zu Seite ging und Jesus ihn mit Anlauf grüßte.
Auch Shego wollte gerade zutreten. Mit einem eleganten Sprungkick näherte sie sich Kim blitzschnell, doch sie ging nur einen Schritt zur Seite, schnappte sich ihr Bein, nutzte die physikalischen Gesetze geschickt zu ihren Gunsten aus und warf Shego von sich weg.
Vielleicht hätte Kim etwas besser zielen sollen, denn Shego landete genau in den Armen von Jesus. Dieser sah, angestachelt von dem Adrenalin in seinem Körper, endlich seine Chance gekommen, leckte seine Lippen ab und schob seinem Opfer die belegte Zunge in den Mund.
Es war, als hätte jemand eine Alarmglocke geläutet, denn aus irgendwelchen Gründen stellten alle Anwesenden, selbst die, die mit dem Rücken zu den Beiden standen, ruckartig ihre Handlungen ein, sahen, was Jesus mit Shego anstellte und dachten exakt die selben Worte: „Das ist dann wohl das Ende von diesem Trottel."
Kim machte sich sofort zu seiner Rettung auf, blieb aber nur zwei Schritte später stehen. Es passierte etwas, womit wohl niemand, ausnahmslos niemand, gerechnet hätte. Im ersten Moment sah es wirklich so aus, als würde Shego Jesus einfach den Kopf abreissen. Sie entflammte ihre Hände und holte aus, doch urplötzlich ließ sie locker. Sie löschte ihre Hände wieder und schloss sogar die Augen. Ja, es sah wirklich so aus, als ob es ihr gefiel.
„Das erste Anzeichen der Apokalypse", sagte Ron und Rufus pflichtete ihm bei.
Kim biss sich auf Unterlippe und fragte sich, ob das Gift vielleicht nicht doch noch bei ihr gewirkt hätte, oder zumindest einige Nebenwirkungen, wie Halluzinationen, hervorrief.
Der Dude strich sich durch den Bart.
„Verfluchte Scheisse. Weißt du, was das bedeutet, Walt?"
„Ja Dude. Jedesmal, wenn uns Jesus davon erzählt hat, was für ein, verdammte Scheisse nochmal, verflucht guter Küsser er sei, hat er die Wahrheit gesagt."
„Trotzdem halte ich die Geschichten über seine Schwanzlänge für mehr als übertrieben."
Jesus ließ Shego zu Boden fallen, hob die Arme und rief: „Jesus ist fertig!"
„Was war das denn?" rief Drakken vom anderen Ende der Bowlinghalle aus.
Shego antwortete: "Gerade sie sollten mich nicht verurteilen. Und bevor es irgendjemand anderes tut, solltet ihr euch erst von ihm küssen lassen."
Ron sah Kim an, doch die warf nur einen Blick zurück, der sagte: „Ja klar. Mach's doch selber."
Crocker, der sich übrigens ziemlich sicher war, dass Kims schnelle Genesung etwas magisches an sich hatte, war für eine Sekunde wirklich hin- und hergerissen, es mal zu probieren.

Nur kurze Zeit später dachte die Dimmsdaler Polizei, dass sie jetzt vielleicht mal einen Blick riskieren könnte. Wie nicht anders zu erwarten, brauchte sie die Schurken nur noch aufzusammeln.
Als Shego abgeführt wurde, hielt Jesus den Polizisten kurz auf.
„Einen Augenblick, das ist meine Verlobte."
„Nein, bin ich nicht."
„Schon gut. Du solltest nur wissen...ich werde auf dich warten."
„Brauchst du nicht. Erstens werde ich nicht lange wegbleiben, zweitens halte ich trotz deiner Qualitäten noch immer für den widerlichsten Menschen, der mir je begegnet ist."
„Möchtest du noch einen auf den Weg?"
Shego zögerte kurz. Nur eine halbe Sekunde.
„Nein. Ich habe einen Ruf zu verlieren."
„Gut, wie du meinst."
Als sie abgeführt wurde, sah Jesus ihr hinterher. Ron klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter.
„Hey Mann, sieh's locker. Da draussen sind noch jede Menge anderer hübscher Frauen. Und viele von denen wurden noch nie straffällig."
Es waren nicht Ron's Worte, die Jesus aufmunterten, es war die Tatsache, dass er jetzt endlich wieder er selber sein durfte und den sensiblen Jesus (oder zumindest was seine Definition von „sensibel" war) vergessen konnte.
Er griff sich in den Schritt und rief: „Ich weiss, und Jesus wird sie alle ficken! Ist deine Freundin Single?"
„Vor allem ist sie minderjährig."
„Jesus kann warten...Jesus kann warten."
Der Dude und Walter unterhielten sich noch mit den Turners.
„Nun, wann glauben sie, können wir das Spiel nachholen?" fragte der Dude.
„Nachholen? Das war ein Meisterschaftsspiel, sie können es also nicht nachholen."
„Fickpisse. Sorry."
Timmys Ohren wurden rot. Wanda hielt Cosmo, bevor er auch nur daran denken konnte, das Wort zu wiederholen, den Mund zu.
„Aber ihnen ist schon klar, dass hier besondere Umstände gelten? Schließlich war hier die Hölle los."
„Tut mir leid, aber im großen Bowlingregelbuch steht nichts über verrückte Wissenschaftler und Geiselnahmen."
„Aber wir ihren Sohn gerettet haben?"
„Darüber steht erst recht nichts im Buch."
Der Dude zuckte mit den Schulter.
„Naja, manchmal gewinnt man und manchmal darf man gar nicht erst teilnehmen, um zu verlieren. Dann...wünsche ich ihnen alles Gute."
Enttäuscht zogen Walter und der Dude von dannen.
„Hey!" rief ihnen Kim hinterher. „Ihr habt vielleicht nicht bowlen können, aber ihr habt geholfen, einige gefährliche Menschen hinter Gitter zu bringen."
„Oder so", sagte Walter, ohne dabei den guten Willen von Kims Aufmunterung herabwürdigen zu wollen.

Und so ging wieder alles seinen gewohnten Gang.
Die Bowlingbahn wurde wieder repariert, Drakken und Shego entkamen innerhalb weniger Tage aus dem Gefängnis, Kim, Ron und Rufus retteten mindestens einmal die Woche die Welt, Timmy wünschte sich viele, zum Teil völlig hirnverbrannte Dinge, ohne dass seine Eltern oder Crocker hinter sein Geheimnis kamen und der Dude, Walter und Jesus...naja, sie hatten Probleme nach Hause zu kommen.
Die alte Frau, bei der der Dude das Auto hatte stehenlassen, hat sich nämlich damit aus dem Staub gemacht und war unauffindbar. Sogar ihr Haus war leergeräumt. Irgendwie kamen sie dann aber doch wieder nach Hause.
Das ist allerdings eine andere Geschichte.

Ende