Ach ja, Anmerkungen des Autors stehen am Ende des Textes.

Spiel des Schicksals

A RoLW Fanfic

Kapitel 2: In letzter Sekunde

Langsam gewann Kyle sein Bewusstsein wieder. Gleichzeitig begann er die Schmerzen, die er während seiner Bewusstlosigkeit nicht mitbekommen hatte, zu fühlen. Als wären die noch nicht hart genug gewesen, war das erste, was er erblicken musste, als er seine Augen öffnete, ein Blutfleck. Aufgrund der Tatsache, dass sich seine Nase etwas seltsam (und vor allem sehr schmerzhaft) anfühlte, musste er davon ausgehen, dass es sich um sein Blut handelte. Er richtete sich mühsam auf und mit einem Mal wurde ihm bewusst, dass er sich mitten in einem Wald befand. Jetzt wichen die Schmerzen einem neuen Gefühl: Panik!

"Ruhig bleiben. Tief durchatmen!" sagte sich Kyle, aber das war leider einfacher gedacht als getan. Er brauchte eine ganze Weile, bis er wieder klar denken konnte. Jetzt galt es zu kombinieren. Ihm fiel prompt ein Buch ein, welches er vor Ewigkeiten gelesen hatte: Sherlock Holmes - A Study in Scarlet (1). Er hatte nie besonders viel von dem Buch gehalten, aber jetzt traf es ziemlich genau auf ihn zu. Er hatte nicht die geringste Ahnung, was hier abging und das Einzige, das er tun konnte, war nach Hinweisen zu suchen um sich zu erklären, wo er war und was geschehen ist. Er war in einem Wald. Gut! Aber es war garantiert kein Wald in der Nähe von San Francisco, denn die Pflanzen die hier wuchsen hätten das Klima von Kalifornien keine paar Monate überstanden. Nicht gut! Fragen wir uns doch lieber, was passiert ist. Es war inzwischen schon hell, also muss Kyle ziemlich lang rumgelegen haben. Ein Blick auf seine Uhr zeigte ihm aber nur, dass diese kaputt war. Wenn man jetzt auch noch den Zustand seiner Nase beachtete, konnte man daraus schließen, das er gestürtzt war.

"Also rekapitulieren wir:" dachte Kyle "mich hat's übel hingehauen, jeder Knochen tut mir weh und ich hab nicht die geringste Ahnung, wo ich bin! Was für Aussichten!"

Jetzt erst fiel ihm sein Handy ein. Er griff in seine Jackentasche und zog es heraus. Blöderweise war es aber in einem ähnlich brauchbarem Zustand wie seine Uhr. "VERDAMMT!" schrie Kyle, als er sein Handy auf den Waldboden schmiss. Die Panik wich jetzt mit einem Schlag der Wut. "MANTIS! WOLF! WO ZUR HÖLLE SEID IHR?"

Keine Antwort. Jetzt wäre für Kyle endlich die richtige Zeit gewesen um verzweifelt zusammenzusinken. Der spürte aber nicht das geringste Verlangen danach und lud seine Schrotflinte auf. Er wollte nur raus aus diesem Wald und zurück nach San Francisco. Wie war er überhaupt hierhergekommen. Wage erinnerte sich Kyle an einen großen Raum, diese seltsame Maschine und diese seltsame Kugel. Die Kugel! Er wollte sie anfassen, er war fasziniert von ihr. Hatte sie ihn hierhergebracht? Und wo zum Teufel war er überhaupt?

Viel zu viele Fragen für seinen dröhnenden Schädel. "Erst mal raus aus diesem Urwald, danach sehen wir weiter" Kyle lud seine Schrotflinte und machte sich auf. Er war in seiner Kindheit oft in Wäldern unterwegs gewesen, aber die waren wenigstens schön übersichtlich angeordnet. "Es lebe die Monokultur" dachte er sich, denn das, worin er sich jetzt befand, war wirklich der reinste Urwald. Dreckig, stachlig und verdammt zugewachsen, wodurch er nur mühsam vorrankam. Schon nach einer Viertelstunde bereute er es unbeschreiblich, dass er an diesem Tag kurze Hosen trug, das Gestrüpp war einfach erbarmungslos. Wäre er doch nur zu Hause geblieben und hätte sich die Nachbesprechung des Football-Matches angesehen. Stattdessen durfte er einen auf Indiana Jones machen. Endlich kam eine Lichtung. Kyle lies sich erschöpft ins Gras fallen und packte einen von Mantis Müsliriegeln aus. Haselnuss. Wie er die Sorte hasste. "Klasse, ich hab immer noch weder eine Ahnung, wo ich bin, noch wo ich hin muss. Ich bin durchgeschwitzt, meine Beine brennen, ich hab Hunger und die einzige Sorte, die mir Mantis eingepackt hat, ist Haselnuss. Was kommt wohl als nächstes?"

Hätte irgendwer Kyle darauf eine ehrliche Antwort geben können, hätte er von ihm wahrscheinlich eine Ladung Schrot ins Gesicht bekommen. "Besser Haselnuss als nichts." sagte sich Kyle und packte den Riegel aus. Als er gerade in den Riegel beissen wollte, drang das Geräusch eines brechenden Astes an sein Ohr. Instinktiv griff er zu seiner Schrotflinte und stand auf. Er blickte sich um, aber er konnte nichts sehen, was ihm verdächtig vorkam. Langsam bewegte er sich auf die Mitte der Lichtung zu und sah in den Wald. Nichts zu sehen. "War wohl nur ein Elch, oder sowas!" Er war schon dabei, sich wieder hinzusetzen, als er wieder etwas hörte. Direkt hinter ihm raschelte es. Auf alles und jeden gefasst drehte er sich um.

Nichts. Hatte er sich etwa getäuscht? Das Gras vor ihm raschelte aber schon wieder, aber er konnte nicht sehen, was da war. Plötzlich sah Kyle etwas, dass ihm das Blut in den Adern gefrieren ließ. Wenige Meter von ihm entfernt erschien mitten im Gras ein Abdruck. Ein Fussabdruck. Und noch einer. Irgendjemand (oder irgendetwas) schritt direkt auf Kyle zu und mit jedem weiterem Abdruck raschelte das Gras lauter. Kyle zielte mit der Schrotflinte dorthin, wo er den Kopf dieses Jemands (oder dieses Etwas) vermutete. Anscheinend blieb der ruhig stehen, denn es erschienen keine weiteren Abdrücke mehr.

In einem Film hätte der Held jetzt wahrscheinlich gesagt "Ich weis, dass du da bist! Zeig dich, was auch immer du bist!". Aber leider war die Sache für Kyle kein Film, er brachte vor lauter Angst keinen Ton raus. Er hielt seine Waffe fest umklammert, immer auf die Stelle gerichtet, an der er den anderen vermutete, jeder Nerv und jede Muskelfaser in seinem Körper auf Alarmbereitschaft, den Finger am Abzug. Sein Puls raste und seine Lunge lief auf Hochtouren, doch Kyle achtete nur darauf, was jetzt vor ihm passieren würde.

Mit einem lauten Schrei griff der Unbekannte an. Kyle bemerkte nicht das Messer, das der andere hielt, er bemerkte nicht, dass er eine Rüstung trug, er bemerkte auch nicht, dass es sich nicht um einen Menschen handelte. Alles, was er registrierte war, dass gerade eine Fratze, die pure Mordlust austrahlte, auf ihn zusprang. Sein Finger krümmte sich im selben Moment, ob aus Schreck, oder ob aus Reflex. Die Wucht von Kyles Ladung lies den Angreifer an den nächsten Baum fliegen. Wolf hatte ihm eine verdammt gute Flinte ausgesucht. Kyle zielte weiterhin auf die Stelle, and der der leblose Körper lag. Er war schon mehrmals in eine Schießerei verwickelt gewesen, aber noch nie zuvor hatte er jemanden auf diese Distanz getroffen. Fassungslos starrte er die Leiche an. Und nicht nur er.

Erst jetzt wurde Kyle klar, das um ihn herum noch drei andere erstaunte Gestalten standen, die, genauso fassungslos wie er, erst auf ihren toten Kameraden starrten und dann auf ihn. Aber solche Gestalten hatte Kyle noch nie zuvor gesehen. Sie hatten eine aschgraue Haut, lange, weisse Haare und Ohren, die übernatürlich spitz und lang waren. Er blickte sie erschrocken an, sie ihn genauso erschrocken zurück, denn dieser Mensch der da vor ihnen stand, hatte gerade mühelos einem ihrer Kollegen den Kopf weggeblasen. Jetzt war es nur noch eine Frage der Zeit, bis sich entweder Kyle oder seine Gegner von dem Schock erholen würden.

Und wieder mal wäre jetzt ein guter Zeitpunkt für den Filmhelden, einen obercoolen Kommentar, wie "Na, wer will als nächstes?" oder "Kommt doch her, wenn ihr euch traut!" loszuwerden. Aber Kyle stand wieder mal nur da wie angewurzelt und zielte auf die Gestalt vor ihm, immerhin noch in der Lage, seine Schrotflinte mit einem obligatorischem Pumpen für den nächsten Schuss bereit zu machen. Jene Gestalt war gerade dabei, sich wieder innerlich zu sammeln, wovon bei Kyle nicht mal ansatzweise die Rede sein konnte.

Wieder sprang der Gegner direkt auf Kyle zu, wieder bekam er eine Ladung Schrot ins Gesicht. Aber diesmal sprang auch die Kreatur, die links von Kyle stand auf ihn zu. Noch bevor er irgendetwas tun konnte, hatte Kyle ein Messer zwischen den Rippen, allerdings war er dermassen aufgeregt, dass er den eigentlichen Schmerz zunächst überhaupt nicht mitbekam. Er registrierte nur einen unangenehmen Stich im Bereich des Brustkorbs und die Tatsache, dass eine der Gestalten neben ihm stand. Reflexartig holte er aus, um dem Angreifer den Kolben seines Gewehrs spüren zu lassen, doch der wich nur gelassen aus, lachte hähmisch und schickte den Gegner mit einem harten Tritt in die Magengrube zu Boden.

Kyle krümmte sich vor Schmerzen und erst jetzt begann der Einstich richtig zu brennen. Mitleidlos schritten die zwei verbleibenden Gestalten auf ihn zu, ihre langen Masser blitzten im Sonnenlicht wie Fangzähne eines wilden Tieres. Sie würden auf ihn einstechen, bis er sich nicht mehr bewegte. Sie würden auf keinen Fall zulassen, dass er lebend davonkommt. Kyle versuchte verzweifelt an seine Pistole zu kommen, während die beiden Kreaturen ihre Messer zum Zustechen hoben. Er würde es nicht mehr rechtzeitig schaffen. Auf den sicheren Tod wartend schloss er die Augen.

Ein äusserst unangenehmes Knacken ertönte und Kyle deutete es als das Brechen eines Knochens. Nur eine Sache daran kam Kyle komisch vor. Es war nicht sein Knochen, denn ausser den Schmerzen aus dem Bereich der Magengrube und der Rippen waren keine neuen hinzugekommen. Er öffnete seine Augen wieder und sah auf Anhieb die Quelle des Geräuschs. Eine der beiden Kreaturen hatte eine Axt in ihrem Kopf stecken, in ihrem Gesicht war ein seltsam überraschter Ausdruck zu erkennen. Die andere Kreatur war bereits dabei, das Weite zu suchen, als der Besitzer der Axt selbige aus dem geteiltem Schädel zog. Beim Anblick seines Retters blieb Kyle der Atem weg. Vor ihm stand ein Hüne, mit einem Gesichtsausdruck, der einem die Haare zu Berge stehen lies und mit Muskeln, die selbst Conan den Barbaren wie eine armseelige Kreatur wirken ließen.

"Stehengeblieben, du dreckiges Spitzohr!" rief er der flüchtenden Kreatur zu und verschwand aus Kyles Blickfeld. An seine Stelle trat nun jemand anderes, eine Frau, mit einer silbernen Rüstung und einem kurzen, grünem Rock bekleidet. In ihrer Hand hielt sie einen Stab mit zwei Speerspitzen an dessen Enden. Als sie näherkam erkannte Kyle, das sie unmöglich älter als er selbst sein konnte. Sie betrachtete neugierig den am Boden liegenden Kyle. Solche Kleidung hatte sie noch nie zuvor gesehen, genausowenig eine derartige Waffe.

"He, Garak, hier liegt einer! Scheint eine üble Wunde zu haben." Kyle hörte hiner sich wieder dieses unangenehme Knacken, verbunden mit einem schmerzerfüllten Aufschrei. "Kümmer du dich darum, ich bin gerade beschäftigt. Hälst du wohl still!"

Das Mädchen bückte sich zu Kyle herab. "Alles in Ordnung mit dir?" fragte sie. Kyle stöhnte nur. Sie hatte schulterlanges, hellbraunes Haar, das sie zwar mit einem Band zusammengebunden hatte, aber das sich dennoch hinter ihrem Kopf schulterbreit ausfächerte. Aber als er auch noch sah, das ihre Ohren genau so spitz und lang waren, wie die der Kreaturen gegen die er vorher gekämpft hatte, kippte er entgültig weg. Das war echt zu viel für einen Tag. Das letzte was er noch mit seinem Bewusstsein registrierte, war, das ihm das Mädchen irgendetwas erschrocken zurief. Danach war nur noch Leere.


Zur gleichen Zeit in unserer Welt...

Nevada, USA

Fern abseits der berüchtigten Area 51 stand ein kleiner, unbeachteter Stützpunkt der US - Air Force. Wenn die ganzen Ufologen, die mal wieder die Area 51 belagerten geahnt hätten, was einige wichtige Leute gerade in den unterirdischen Gefilden der Basis zu besprechen hatten, wären sie auf der Stelle dorthin gefahren, selbst wenn vor ihnen gerade eine fliegende Untertasse am Landen gewesen wäre.

General Hawkings war gerade dabei, einige seiner Abzeichen zu polieren, als der erwartete Helikopter im Anflug war. Mit zwei Unteroffizieren im Gepäck ging er los, um Abraham Flint, persönlichen Sicherheitsberater des Präsidenten, zu begrüßen. Der stieg, wie immer makellos gekleidet, aus dem Hubschrauber aus und schritt auf den General zu. Hawkings salutierte ehrfürchtig, denn er wusste, dass Flint ein Mann mit Einfluss war. Wenn er es wollte könnte er dem Präsidenten raten, eine Atombombe über L.A. abzuwerfen, weil er da Terroristen vermutete und der Präsident würde es sofort tun. Nur wollte Flint das nicht, nicht aus Menschlichkeit, sondern weil er wusste, dass dabei für ihn kein Gewinn zu machen war. Mit einem verachtenden Blick in den Augen fragte er Hawkings:

"Was gibt es so dringendes, dass sie mich direkt aus Washington hierher rufen?" Hawkings tat so, als würde er den arroganten Ton nicht merken. Er wollte sich auf seine alten Tage keinen Ärger mit Flint einhandeln.

"Dinge, die man lieber nicht am Telefon besprechen sollte. Folgen sie mir bitte in den Konferenzraum, da klären wir die Details."

"Geht es um "Destiny"?" fragte Flint, allerdings ohne den arroganten Ton. Hawkings nickte vorsichtig.

Der Konferenzraum war ziemlich zweckmäßig eingerichtet. Ein runder Tisch, von einem guten Dutzend Stühlen umgeben, eine überdimensionale Leinwand und dicke Betonwände, die so nachbearbeitet wurden, dass sie keine Funkwellen oder gar Schall nach aussen liesen. Praktisch nirgendwo eine Möglichkeit eine Wanze unbemerkt anzubringen und im Umkreis von 15 Kilometern nur Wüste. Ein idealer Ort um Dinge zu besprechen, die nicht für fremde Ohren geeignet waren. Das einzige Möbelstück, das überhaubt nicht in den Raum passen wollte, war ein antikes Sofa, auf dem gerade ein junger, bebrillter Mann saß, der nicht so recht wusste, was er unter all den hohen Tieren hier sollte. Aston Fox. Sein Boss, Walter K. Matthews, ein älterer Herr, der problemlos als Stunt-Double von Sean Connery durchgehen könnte, saß mit dem Rücken zur Leinwand und summte irgendein Lied vor sich hin, während ein schlecht gekleidetes Muskelpaket mit einer bildhübschen Frau mit langen blonden Haaren, und ganz in blutrot gekleidet, eine Diskussion über irgendwelche Nichtigkeiten führte. In dem Moment, da sich die schwere Stahltüre zum Raum hin öffnete, trat Stille ein und die drei Personen am Tisch standen umgehend auf. Das erste, was Flint erblickte, als er den Raum betrat, war Aston, der völlig perplex auf dem Sofa saß.

"Wer ist das?" fragte Flint, und es klang fast so, als wollte er eigentlich fragen "Was ist das?"

"Das ist Aston Fox, Mr. Flint!" Matthews ergriff umgehend das Wort "Er ist in meiner Abteilung für die elektronische Überwachung zuständig! Ohne ihn hätten wir das zweite Portal nie gefunden!"

"Also haben sie es endlich gefunden!" Flint riss seine Augen auf. Die ganze letzte Woche hatte er nicht mehr richtig schlafen können, so sehr hatte ihn die Sache mit dem zweiten Portal beschäftigt, nachdem das erste nicht mehr zu verwenden war. Jetzt war es soweit! Sein Plan konnte endlich in Kraft treten. Die Stimme des Muskelpakets riss ihn jedoch mit einem Schlag aus der Träumerei.

"Nun ja..." Diese zwei kurzen Worte ließen in Flint einen unvergleichbaren Zorn aufsteigen.

"Was soll das heissen, "Nun ja"? Drücken sie sich verständlich aus, Blacktree!"

Flynn Backtree schluckte. "Wie sie wissen haben wir ja diesen kleinen Unfall beim ersten Mal gehabt. Die Sache mit Agent Denton..."

"Ja, ja, ja! Denton ist durch, aber das Portal ist zerstört und wir haben keine Ahnung, wie man es repariert, weil uns die Technik ein Rätsel ist und ohne ein anderes Portal kommt Denton nicht zurück zu uns. Aber in den wenigen Unterlagen, die nach dem Brand erhalten geblieben sind, stand was von zwei anderen Portalen. Ich kenne die Geschichte auswendig, Blacktree, ich war dabei, als wir Denton losgeschickt haben. Verdammt! Kommen sie endlich auf den Punkt!"

Die Art, wie Flint das gesagt hatte, mit beiden Händen auf den Tisch gestützt und auf den armen Blacktree blickend, als wolle er ihm im nächsten Moment erwürgen, ließ Blacktree auf seinem Stuhl zusammenschrumpfen. Er brachte keinen vernünftigen Ton heraus.Die Frau hingegen, völlig unbeeindruckt von Abraham Flints Rhetorik ergriff absolut gelassen das Wort "Nun, durch die Hilfe dieses jungen Mannes..." sie zeigte auf Aston, worauf sich jeder Blick im Raum in seine Richtung bewegte. Aston fühlte sich mit einem mal, als ob er einen Klumpen Blei verschluckt hätte.

"...konnten wir den Standort des zweiten Portals ausfindig machen. Ein einfaches Haus, mitten in San Francisco. Aber als unsere Spezialisten dort ankamen, standen bereits zwei Streifenwagen vor dem Haus, weil eine Nachbarin einen, ich zitiere, "Höllenlärm und ein geradezu göttliches Licht" bemerkt haben will..."

Matthews grinste amüsiert, während sich Flints Stimmung immer neuen Tiefpunkten näherte.

"...und es war ganz offentsichtlich, dass die Vordertür des Hauses gewaltsam aufgebrochen geworden ist. Im zweiten Stock konnten wir dann auch das Portal finden, aber allem Anschein nach..."

"Lassen sie mich raten, Miss Cotton!" unterbrach sie Flint "Allem Anschein nach haben die Eindringlinge das Portal genauso verwendet wie wir und es dabei zerstört!"

"Genau das scheint der Fall zu sein. Aber wir wissen noch nicht, ob jemand das Portal vorher verwendet hat, oder ob es einfach nur zerstört wurde." antwortete sie.

"VERDAMMT!" Flint schlug mit der Faust dermaßen auf den Tisch, dass die Kaffeetassen darauf beinahe einen Hüpfer machten. "Steckt diese vorlaute Göre dahinter?"

"Das würde ich ausschließen,..." sagte Matthews gelassen "...wenn die Einbrecher im Auftrag von McDean's Tochter unterwegs gewesen wären, hätten sie passende Schlüssel dabei gehabt und nicht gleich zwei Türen aufbrechen müssen. Kann sein, dass es einfach nur Einbrecher waren, die bei ihrer Suche nach Beute ziemlichen Mist gebaut haben."

"Wollen wir es hoffen. " sagte Flint gereizt. "Aber wenn jemand weiteres durch das Portal gekommen ist, könnte das die ganze Operation gefährden."

Er setzte sich auf einen Stuhl und zündete eine Ziggarette an. Das brauchte er jetzt, denn ohne Nikotin würde er jetzt entgültig durchdrehen. Eigentlich wollte er sich schon lange das Rauchen abgewöhnen, aber die ganze Operation zehrte so an seinen Nerven, dass er einfach nicht loslassen konnte. Er blickte zu Matthews hinüber.

"Wie haben sie das andere Portal eigentlich gefunden?"

"Fragen sie am besten ihn!" Matthews drehte sich in die Richtung von Aston, der das ganze Gespräch zwar mitbekommen, aber noch immer nicht die geringste Ahnung hatte, was er hier genau tun sollte! Als sich nun auch noch Flint in seine Richtung drehte, gesellte sich zu dem Klumpen Blei in seinem Bauch auch noch ein Wespenschwarm und zwar ein verdammt gereizter. Er holte tief Luft, und versuchte ohne große Anspielungen auf seine Informationsquellen die Geschichte zu erzählen.

"Diese...Portale, wie sie sie nennen, haben einen immensen Strombedarf, der durch mehrere Generatoren gedeckt wird. McDean scheint diese Generatoren selbst entworfen zu haben, denn ihre Bauweise ist einzigartig und es gibt zum Beispiel ein Teil, eine Art Verteiler, die bei gewöhnlichen Generatoren nicht üblich ist. Dieses Teil ist auch nicht leicht erhältlich, es gibt nur an die zehn Läden hierzulande, die so eins führen. Und vor einigen Jahren hat ein Versandhandel an eine Addresse in San Francisco einige dieser Teile gesendet, 14 Stück, genügend für vier Generatoren, zwei in Reserve als Ersatzteile. In den letzten zehn Jahren haben nur drei Person dieses Teil bestellt und derjenige, der gleich vierzehn davon wollte, das musste einfach McDean gewesen sein. Na ja, dass hab ich natürlich Mr. Matthews gesagt, weil ich dachte, das wäre wichtig und jetzt sitze ich hier."

Flint nahm einen tiefen Zug. Seine Laune war bedeutend besser als am Anfang der Sitzung. "Das haben sie sehr gut zusammengereimt. Mein Kompliment, Mr. Fox!" Er stand auf und ging auf Aston zu. Der Wespenschwarm in seinem Bauch wurde immer agressiver. Flint grinste hähmisch, als er die Angst im Gesicht des jungen Mannes bemerkte. Jetzt wurde es also erst so richtig interessant. "Aber verraten sie mir eins... Aston! Ich darf sie doch so nennen, oder!" Aston nickte verlegen. Flint holte tief Luft und fuhr fort. Jemanden so einzuschüchtern beruhigte seine Nerven mehr, als zwei Stangen Zigarretten

"Sagen sie mir eins, Aston! Das was sie über die Generatoren gesagt haben stimmt vollkommen. Wie sind sie an die Informationen über die Bauweise gekommen. An Informationen, die der allerhöchsten Geheimhaltungsstufe unterliegen?"

Aston schlug das Herz bis zum Hals. Und während er noch verzweifelt nach einer plausiblen Erklärung suchte, die weder seine Karriere, noch sein Leben gefährdete, setzte der sonst so herzensgute Matthews zum Todesstoß an. In seinem absolut ruhigen und gewohnt gelassenem Tonfall antwortete er: "Über den Hauptrechner der NSA! Sehen sich mich nicht so erschrocken an, Fox. Dachten sie etwa, ich würde die Aktivitäten meiner Mitarbeiter nicht genauer überprüfen lassen?"

Das wars dann wohl. Jetzt wurde Aston klar, warum er hierher mitgenommen geworden ist. Es gab hier nämlich keinen einzigen Zeugen, der etwas bemerken und aussagen würde. Flint stand direkt vor ihm und grinste wahrhaft diabolisch (2). Aston kannte diesen Blick aus einem James-Bond Film. Der Bösewicht hatte den Gefolgsmann, der gerade seinen Auftrag vermasselt hatte, so angesehen, bevor er ihn erschossen hatte. Man würde seine Leiche aus einem Fluss fischen und behaupten, es wäre ein bedauerlicher Unfall gewesen. Bei der Beerdigung würden Leute, die ihm nie etwas bedeutet haben, sagen, dass er noch viel zu jung gewesen war. Seine Mutter würde am Grab ihres Sohnes zusammenbrechen und fragen "Warum?". Eigentlich hätte er sich einen besseren Abgang gewünscht, aber dafür war es wohl zu spät. Gleich würde sein Gegenüber eine schallgedämpfte Pistole ziehen und ihm den Kopf wegblasen. Peng! Und aus!

Aber das tat er nicht. Im Gegenteil. Flint brach in schallendes Gelächter aus. Musste schon eine ganze Weile her sein, dass er gelacht hatte, er war ganz schön aus der Übung. Nichtsdestotrotz schien ihm die Geschichte echt zu gefallen. "Hahahahaha! Ich fass es nicht! Das ist zu köstlich, Hahahaha!" Aston blickte jetzt noch perplexer als am Anfang, aber wenigstens schien der Wespenschwarm Winterschlaf zu halten. Flint drehte sich zu Blacktree um. "Da haben sie ihre Firewall, Blacktree! Undurchdringlich, was? Hahahaha!" Aston blickte zu Matthews, aber der grinste nur zufrieden. Die ganze Situation lief genau so ab, wie er es geplant hatte. Flint sammelte sich wieder, er hatte Tränen in den Augen. "Wer hätte das gedacht. Dass uns eine mies gemachte Datensicherung weiterbringt." Als Flint das sagte, blickte Blacktree beschämt zu Boden. Oder in seinem Fall auf den Tisch. Flint hatte sich wieder vollkommen gesammelt und wandte sich Aston zu. "Mr. Fox, ich danke ihnen, dass sie mit ihren "Ergebnissen" zur richtigen Stelle gegangen sind. Aber natürlich kann ich ihr Verhalten nicht tolerieren, sie haben schließlich mit ihrem Vorgehen gegen mehr als eine Regel verstoßen"

Das Gefühl der Erleichterung, dass sich für ein paar Sekunden in Aston bemerkbar gemacht hatte, war wieder vollkommen verschwunden. Dann kam die Nummer mit der Knarre halt jetzt. Typisch Psychopaten. Erst Hoffnung machen, und dann zuschlagen. Flint fuhr unbeirrt fort: "Zur Strafe werden sie ein paar Überstunden machen und alle Schwachstellen in der Software von Mr. Blacktree ausfindig machen und ausmerzen!" Jetzt verstand Aston überhaupt nichts mehr. "Das ist alles?" fragte er unsicher. Flint antwortete ohne zu zögern: "Nein! Ich gebe ihnen ausserdem das Kommando über die Abteilung "Pathfinder"! Selbstverständlich unter den wachsamen Augen von Mr. Matthews!"

"Verzeihung, Sir! Was ist das für eine Abteilung, "Pathfinder"?" fragte Cotton interessiert

"Ich will, das diese Einbrecher ausfindig gemacht und mir überbracht werden! Lebend, wenn möglich! Das ist die Aufgabe von "Pathfinder"!" Flint drehte sich zu Hawkings der schon die ganze Zeit still dastand und nichts sagte.

"Sie werden eine Sondereinheit zusammenstellen und auf Order von Matthews oder Fox zuschlagen! Nehmen sie ihre besten Männer, wir können uns keine weiteren Fehler erlauben!"

Hawkings salutierte, erwiderte in einem lauten Ton "Sir, ja Sir!" und machte sich auf den Weg nach oben. Flint drehte sich zu Matthew um und fuhr mit den Befehlen fort. "Sie werden sich sofort mit Mr. Fox an die Arbeit machen! Inzwischen werde ich mit Miss Cotton und Mr. Blacktree die Suche nach einem weiterem Portal organisieren. Sitzen sie nicht rum, machen sie schon!"

Matthews erhob sich und ging zu Aston, der das ganze noch gar nicht fassen konnte. Während sie den Raum verließen und sich dem Ausgang näherten wurde Aston das Gefühl nicht los, dass er das alles nur geträumt hatte. Als er aber vor lauter Unachtsamkeit einen Soldaten anrempelte und hinfiel wurde ihm klar, dass das kein Traum war.

Im Traum taten die Kniescheiben nach sowas nie weh!


ENDE DES 2. KAPITELS


Anm. des Autors:

(1) - Die "Studie in Scharlachrot" ist hierzulande auch als "Späte Rache" bekannt

(2) - Für alle, die sich darunter nichts vorstellen können: Stellt euch einfach vor, Günther Öttinger würde zusammen mit Günther Jauch die Weltherrschaft an sich reissen wollen und schon mal die richtige Lache einüben.