ca. 14 Standard-Jahre später
Gemächlich trieb die Errant Venture im Orbit über Yavin 4. Booster Terriks umgebauter Sternzerstörer mit all seinen kleinen und großen Extras war selbst in dieser Galaxie, die schon so unendlich viele sonderbare Dinge gesehen hatte, eine Kuriosität und obgleich das Schiff an manchen Stellen beinahe auseinander fiel und der Strom der nicht enden wollender Reparaturarbeiten niemals versiegte, war sie doch der ganze Stolz ihres Besitzers und obendrein Anlaufstelle für Händler, Schmuggler, Piraten und all die anderen Kreaturen des Weltalls, die hier mit Vorliebe ihre Geschäfte abwickelten, Informationen austauschten oder sich einfach nur einen Drink mit einem alten Bekannten genehmigten.
Mirax Terrik Horn stand breitbeinig, die Hände in die Seite gestützt vor einem Fenster und verfolgte mit beiden Augen einen corellianischen Frachter mit bläulich spiegelnder Chromhülle, der just in diesem Moment zum Andocken ansetzte. Ihr war dieses Schiff, das in seiner äußeren Erscheinung von Mal zu Mal weniger seinem ursprünglichen Modell glich, wohl bekannt, denn sie hatte schon bisweilen selbst daran Hand angelegt. Unter der unscheinbaren und doch nahezu elegant wirkenden Fassade der Rogue, die trotz aller Umbauten und Erneuerungen eine annähernd stromlinienförmige Gestalt besaß, steckte mehr als das bloße Auge zu sehen vermochte. Versteckte Sensor- und Waffensysteme, verborgene Laderäume und das ein oder andere „Accessoire" war mit der Zeit hinzugekommen und dabei – stellte Mirax schmunzelnd fest – würde es sicher nicht bleiben. Solange die Technik Fortschritte machte, würde auch an diesem Schiff weiter herumgebastelt werden. Viele Schmuggler verpassten ihren Schiffen ein individuelles Aussehen und modifizierten sie je nach Gebrauch, Lust und Laune. Mirax selbst ging es mit ihrer Pulsar Skate nicht anders. Ein Schiff war der Inbegriff der Freiheit, die jeder, hatte er einmal davon gekostet, zu schätzen wusste. Und im Cockpit der Rogue saß jemand, der diese Einstellung mit ihr und unzähligen anderen Individuen teilte.
„Das wurde auch langsam Zeit, Rave", knurrte Mirax, griff nach einer dünnen Nerflederjacke und zog diese im Hinausgehen über.
Wenige Minuten später hatte sie Hangar 5 auf einer der zentralen Ebenen des riesigen, ehemals imperialen Schiffes erreicht. Kaum hatte sie einen Fuß in den geräumigen Bereich gesetzt, als sich auch schon, begleitet vom typischen Zischen, eine Luke an der Außenseite des soeben gelandeten corellianischen Frachters öffnete und sich langsam herabsenkte, um eine Ausstiegsmöglichkeit zu bieten. In der Öffnung erschien eine vertraute Person. Eine junge Frau mit nachlässig zusammengebundenen langen, blonden Haaren lehnte lässig im Lukenrahmen, wippte jedoch ungeduldig mit dem Fuß auf und ab. Sie trug eine schwarze lederne Fliegerjacke und dazu eine weite Hose in derselben Farbe, deren Enden in zwei schwere Stiefel gesteckt waren. Mirax musste unwillkürlich grinsen, denn auch das Schuhwerk war in einheitlichem schwarz gehalten und die Corellianerin schmunzelte bei dem Gedanken mit wem Rave die Vorliebe für diese Farbe gemeinsam hatte. So unterschiedlich der Lebensweg von Zwillingen auch sein mochte, gewisse Gemeinsamkeiten waren eben doch zu finden.
Mit schnellen Schritten eilte Rave Starm die Rampe der Rogue hinab und setzte ihren raschen Gang auf dem Hangardeck fort. Unweit von ihrem Landeplatz wartete Mirax auf sie, das breit grinsende Gesicht umrahmt von ein paar losen, dunklen Haarstränen, die sich aus ihrem Zopf gelöst hatten. „Mirax!" Sie flogen sich in die Arme und herzten sich überschwänglich. „Du kommst reichlich spät", tadelte Mirax scherzhaft und Rave löste sich aus der Umarmung. Scheinbar reumütig senkte sie die Augen und kaute zerknirscht auf ihrer Lippe herum, eine Marotte, die seit Jahren nicht hatte ablegen können. „Sorry. Du weißt ja, Geschäfte. Meine Quelle hat mich ewig auf die Ware warten lassen und anschließend bin ich noch in eine Sicherheitskontrolle der Republik geraten. Dieser verdammte Ackbar und seine Leute haben´s immer noch auf uns arme, ehrliche, hart schuftende Schmuggler abgesehen und das nach allem, was wir für sie getan haben", brummte sie übertrieben missfällig. „Und? Haben sie was gefunden?", erkundigte sich Mirax neugierig, doch ihre Freundin winkte mit einer überheblichen Geste ab. „Wo denkst du hin? Natürlich nicht. Die neuen Fächer mit dem verstärken Schutz vor Sensoren haben sich wirklich bezahlt gemacht. Naja, sie haben mich auch genug Credits gekostet. Aber was soll´s." Sie zuckte die Achseln und beide lachten. Mirax warf einen Blick auf das Chrono, das sie am Handgelenk trug. „Hast du noch Zeit etwas zu trinken, oder willst du gleich wieder los?" „Eigentlich wollte ich dich nur kurz aufspringen lassen. Mein Schiff im Hangar deines Daddy´s liegen zu lassen kann ich mir auf die Dauer nicht leisten. Er erhöht die Gebühren von Tag zu Tag", scherzte Rave und wies einladend in Richtung Rogue. Mirax kicherte, wohl wissend, dass die andere maßlos übertrieb, auch wenn es stimmte, dass Booster die „Parkgebühren" gelegentlich unwesentlich anhob, denn die Instandhaltung der Errant Venture verschlang unglaubliche Summen. „Du kannst es wohl gar nicht erwarten deine Schwester zu sehen, hm", bemerkte ihr Gegenüber lächelnd. „Stimmt. Sie fehlt mir", gestand die junge Frau und ein Spur von Wehmut lag in ihrer Stimme. „Bei den verfaulten Gebeinen des Imperators, ich verstehe nicht, wie sie es in diesem Tempel mitten im tiefsten Dschungel aushält. Jeden Tag meditieren, über die Macht philosophieren und immer das selbe eintönige Kampftraining. Ich würde eingehen!" Sie gestikulierte wild mit den Händen, um ihrem Unmut Luft zu machen.„Deshalb bist du auch nach einem halben Jahr wieder abgehauen", spöttelte ihre Schmugglerkollegin. „Ich hab es noch keinen Tag bereut!" Der Protest kam viel zu schnell, um vollkommen wahrheitsgemäß zu sein. Natürlich hatte sie es hin und wieder bedauert ihre Ausbildung zur Jedi dermaßen verfrüht abgebrochen zu haben, doch andererseits war es kein großer Verlust. Was war schon das bisschen Hokuspokus der allmächtigen Macht gegen die Möglichkeit sein eigener Herr zu sein und mit seinem Schiff jede nur erdenkliche fremde Welt besuchen zu können, zu der einen Schicksal, Zufall oder vielleicht auch die alles durchfließende Macht hinzogen? Als Rave die Entscheidung getroffen hatte Luke Skywalkers neu eröffnete Jedi-Akademie zu verlassen, hatte sich ihr Weg unaufhaltsam von dem ihrer Zwillingsschwester Naurya getrennt und das war der einzige Wehmutstropfen, der ihr ihren Entschluss bitter machte. Aufgewachsen auf Corellia waren sie ihr ganzes Leben lang immer für einander da gewesen und waren, nachdem ihre Eltern von einer Piratenbande hinterhältig ermordet worden waren, mit 17 Jahren ins Schmugglergeschäft eingestiegen. Nun, da ihr Zwilling einen anderen Pfad eingeschlagen hatte, führte Rave das Geschäft allein weiter und sie hätte es sich nie nehmen lassen damit fortzufahren. Schmuggeln war ertragreich und auf eine ganz besondere Weise abenteuerlich, denn es gehörte viel Kühnheit und Risikobereitschaft dazu direkt unter der Nase der Regierung verbotene Waren zu transportieren und Rave wickelte ihre Deals meist im Kernbereich der Galaxie ab, wo es eine Fülle von reichen Kunden gab, die es nach teuren aber illegalen Gewürzen und Rauschmitteln gelüstete. Ein Dasein als Jedi zu fristen mochte auch aufregend sein, aber Credits warf es ganz sicher nicht ab und in der Lebensphilosophie eines Händlers stand Geld nun mal an erster Stelle. Ohne die Taschen voller Zahlungsmittel zu haben konnte man sein Schiff nicht in Stand halten, was den Verlust der Unabhängigkeit bedeutete. Aber vielleicht hätte sie es in Kauf nehmen sollen, um bei Naurya zu bleiben.
Mirax räusperte sich geräuschvoll und riss die junge Frau unsanft aus ihren Gedanken. „Lass uns losfliegen, ja?", schlug sie vor. „Ich kann es kaum erwarten Corran zu sehen." Rave verdrehte die grau-grünen Augen. „Hättest du ihm dein Schiff nicht geliehen, könntest du jetzt selbst zu ihm fliegen. Warum ist er eigentlich nicht mit seinem X-Wing unterwegs?" „Der ist in der Reparatur", erklärte die andere bereitwillig, während sie zur Rogue zurück gingen. „Außerdem wollte Corran der Akademie inkognito einen Besuch abstatten und da wäre es ein wenig unpassend mit einem Raumjäger mit dem Emblem der Sonderstaffel aufzutauchen, meinst du nicht?" „Sicher und die Pulsar Skate ist ja so viel weniger auffällig." Rave verzog die Lippen zu einem spöttischen Grinsen und erklomm die Rampe ihres Frachters. Auf halbem Weg fragte sie über die Schulter hinweg: „Warum macht er denn nur so ein großes Geheimnis daraus, dass er machtbegabt ist?" „Ich könnte dich das gleiche fragen", konterte die Tochter ihres Vaters geschickt und erntete dafür ein entnervtes Stöhnen. „Es ist nicht gut für´s Geschäft", kam es knapp zurück. Sie tauschten ein unkompliziertes Grinsen und gingen schnurstracks zum Cockpit. Auf dem Weg ließ Mirax ihre Augen argwöhnisch durch das leere Schiff wandern. „Du bist allein unterwegs?" „Nicht ganz. Ich habe JL bei mir. JL?" Auf Raves Rufen hin kam ein fröhlich zwitschernder, rot-schwarz lackierter Droide um die Ecke geflitzt, in Bauweise und Mechanismus einer Astromech-Einheit nicht unähnlich. Seine Besitzerin tätschelte ihm den kuppelförmigen Kopf. „Sieh zu, dass du dich in den Bordcomputer einklickst, JL, und dann teilst du dem Hangarpersonal mit, dass wir weiterfliegen", befahl sie, woraufhin der kleine Droide gurrte und gehorsam davon rollte.
Fünfzehn Standard-Minuten später füllten die unendlichen Weiten des Weltraums das Cockpitfenster der Rogue aus, als das Schiff die Errant Venture ein gutes Stück hinter sich ließ. Mirax saß entspannt im Copilotensessel und blickte sehnsüchtig auf die grün schimmernde Oberfläche von Yavin 4 hinab. Seit Corran zur Akademie aufgebrochen war, waren mehrere Wochen vergangen und sie hatte ihn seitdem nicht mehr gesehen. Jede Faser ihres Körpers sehnte sich danach wieder mit ihrem Mann vereint zu sein und sie war ungewöhnlich erregt. Doch ihre Freundin schien seltsam steif. Sie hatte die grau-grünen Augen fest – beinahe verbissen – auf den Planeten unter ihr gerichtet und doch schien sie in anderen Sphären zu schweben. Als ihre Hände über die Steuerkonsole glitten, wirkten ihre Bewegungen mechanisch. Mirax warf ihr einen beunruhigten Blick von der Seite zu. Keine Frage, die jüngere Schmugglerin war aufgeregt. „Alles in Ordnung? Du... wirkst so... na ja.." Es fiel ihr reichlich schwer die passenden Worte zu finden. „Komisch", schloss sie zaghaft. Rave ließ die Kontrollschalter Schalter sein, lehnte sich, begleitet von einem leisen Seufzen, in den Pilotensessel zurück und wandte sich zu ihrer Begleiterin um. „Es ist nichts", wehrte sie lahm ab. „Ich bin wahrscheinlich nur ein bisschen von der Vorfreude auf das Wiedersehen mit meiner Schwester übermannt. Aber..." Sie brach ab und fuhr gedankenverloren über den blonden Haarschopf. „Aber?", drängte Mirax. Sie hatte nicht vor klein bei zu geben und Rave ohne Antwort davonkommen zu lassen. Rave zuckte die Achseln. „Vielleicht täusche ich mich, aber ich hab da so ein Gefühl, dass sich eine Menge verändern wird. Irgendetwas Großes steht bevor..." Ohne den verwirrten Blick der anderen Corellianerin zu bemerken, schloss sie die Augen und wartete darauf, dass der Autopilot sie nahe genug an den vierten Mond des Gasriesen Yavin heranbringen würde, um von dort aus das letzte Stück zur Oberfläche manuell zu fliegen. Gleich bin ich bei dir, Naurya.
Fortsetzung folgt...
Und nicht vergessen: Fleißig reviewen! Danke!!
salutieren
Rave & Naurya
