Kapitel 3
Es hatte schön öfters Schlimme Nachrichten gegeben. Doch diese schien meine beiden Brüder regelrecht sprachlos zu machen –und das passierte nicht oft, dass Sodapop wirklich sprachlos war. Ich wusste erst gar nicht was daran eigentlich so furchtbar schlimm sein sollte, es war schließlich besser für die ganze Familie. Die Eltern von Steve stritten sich ständig, fast immer, wenn sie sich sahen. Wenn sie mal nicht stritten schliefen sie. Sie gaben sogar beim Mittagessen oder ähnlichen keine ruhe. Und natürlich stritten sie sich dann auch mit Steve.
Ich betrachtete ihn. Er wirkte gefasst, aber es machte ihn zu schaffen. Das wusste ich, weil ich Steve schon kannte, seit ich denken kann. Er war schon immer da gewesen. Und auf einmal wurde mir klar, warum Sodapop und Darry sprachlos und schockiert zugleich waren. Steve war schon immer hier gewesen. Sie waren genauso wie ich mit ihm aufgewachsen und wenn sich seine Eltern jetzt scheiden ließen, würde er höchstwahrscheinlich bei seiner Mutter wohnen und das Haus, indem er zurzeit wohnte, gehörte seinem Vater. Und das wiederum würde bedeuten, dass Steve wegziehen müsste.
Mich beschlich eine merkwürdige Mischung aus Mitleid gegenüber Steve, Traurigkeit und Angst, Angst Steve zu verlieren, ihn nie wieder zu sehen.
Eine unangenehme, lange Pause entstand. Niemand traute das Schweigen zu brechen. Die Wahrheit war einfach zu Grausam, als dass sie war sein konnte. Steve war ein Greaser, er würde immer einer sein, egal wie reich oder arm er war. Und er gehörte zu unserer Gang, genauso wie Sodapop, Darry, Two-bit und ich dazu gehörten. Genauso, wie Johnny und Dallas dazu gehört hatten…. Die Erinnerung an die Beiden tat immer noch total weh. Es würde noch lange dauern bis ich über die beiden hinweg kommen würde…
Schließlich brach Soda das Schweigen. Soda und Steve kannten sich schon länger als alle anderen. Sie gingen in die gleiche Grundschulklasse und waren immer beste Freunde. Wenn jemand auf dieser Welt jetzt Steve verstehen würde, dann waren es nicht seine Eltern, sondern Sodapop.
„Ist es denn sicher, dass sie sich wirklich scheiden lassen? Ich meine es sah schon öfter danach aus…"
„Wenn sie es nicht diesmal tun, dann nächstes Mal oder danach. Aber sie werden es tun, soviel ist sicher… Ich kann es praktisch… fühlen."
Ich verstand ihn nur zu gut. Ich hatte manchmal auch eine Vorahnung, wenn Darry böse auf mich war. Meistens wusste ich noch nicht einmal, auf genau was er wütend war, es war halt einfach so eine Art sechster Sinn, den ich entwickelt hatte.
„Ich finde es gar nicht mal so schlimm…. Sie streiten ja schon miteinander, seit ich denken kann, es ist besser für alle." Meinte Steve. Als er unsere zweifele Blicke bemerkte, fügte er noch ein „ehrlich" hinzu. Doch wir wussten, dass seine Behauptung uns gegenüber ganz und gar nicht stimmte. Es machte ihm sehr wohl etwas aus, vielleicht mehr als ich mir vorstellen konnte. Steve tat immer in härteren Situationen auf hart, er spielte schon immer den harten. Er versuchte ständig, dass man ihm nichts anmerkte.
„Hast du dir schon überlegt bei wem du dann wohnen willst?", fragte Darry.
„Nein eigentlich noch nicht. Wenn ich könnte, dann lieber bei meinem Vater, erstens komme ich besser mit ihm zurecht, als mit meiner Mutter und zweitens, behält er das Haus. Dann wäre ich wenigstens noch bei euch und müsste nicht wegziehen. Vielleicht darf ich ja bei ihm bleiben." Die Betonung lag auf vielleicht. Denn vielleicht wollte ihn sein Vater gar nicht bei ihm haben, Steve war genau wie bei seine Mutter, nicht besonders beliebt und vielleicht würde irgend so ein Richter entscheiden, dass er bei seiner Mutter leben müsste. Wenn er Glück hatte, würde er bei seinem Vater bleiben. Allerdings, standen die Chancen ziemlich schlecht, denn Steve's Vater war schon x-Male Vorbestraft gewesen und sogar einmal schon im Gefängnis gelandet.
„Und was ist, wenn sie dich nicht bei deinem Vater wohnen lassen?" Damit sprach ich die Frage aus, die uns alle beschäftigte und so sehr in Angst versetzte.
Es entstand wieder eine Pause. Sie war zwar diesmal nicht besonders lang, aber sie erschien mir wie Stunden. Schließlich war es Steve selbst, der antwortete.
„Dann werde ich wohl keine andere Wahl haben, als zu meiner Mutter zu ziehen… Ich werde natürlich versuchen, hier zu bleiben, aber wenn es nicht anders geht…" Er musste sich einen kurzen Moment zu sammeln. Offenbar machte ihn diese ganze Situation ziemlich zu schaffen. „..aber wenn es nicht anders geht, muss ich wohl von hier weg und euch Lebewohl sagen. Dann werde ich euch wenn überhaupt nur noch sehr selten sehen und wenn wir weiter wegziehen, dann gar nicht mehr." Im Grunde, hätte er gar nicht antworten müssen. Die Wahrheit war einfach zu brutal, als das ich sie zulassen wollte, aber tief in meinem Inneren hatte ich die antwort, die ich eben von Steve erhalten hatte, schon vorher gewusst, ich wollte sie nur einfach nicht wahr haben.
„Ponyboy, geh am besten nach Oben in dein Zimmer und versuch zu schlafen. Du hast morgen zwar keine Schule, aber du siehst ziemlich müde aus." Meinte Darry zu mir. Es stimmte, ich war wirklich müde, auch wenn ich mir nicht erklären konnte wieso.
„Ich komm auch bald nach oben schlafen, leg dich schon mal hin." Versprach mir Sodapop noch.
Ich machte mich auf den Weg in mein Zimmer. Als ich oben angekommen war, hörte ich noch, wie sich die drei unterhielten und wenn ich genau hinhörte, dann war da ein ganz leises schluchzen.
Ich zog mich aus und legte mich in Bett. Ich nahm mir ein Buch und ohne es zu wollen, was es ‚Vom Winde verweht'. Ich hatte es immer noch nicht durchgelesen, auch wenn ich es mir immer wieder vorgenommen hatte. Doch diesmal las ich es. Ich kam ungefähr 30 Seiten voran, als Soda zu mir ins Bett kam.
Sodapop schlief seitdem unsere Eltern tot waren immer bei mir, da ich ab und zu schreckliche Albträume bekam. Ich konnte mich nie an sie erinnern, aber sie ängstigten mich stets zu Tode.
Ich legte das Buch zur Seite. Ich durfte abends meistens noch lesen, aber wenn Sodapop zu mir schlafen kam, war Schluss mit lesen. Sodapop machte das Licht aus und ich grübelte noch eine Weile über den Tag nach. Es hatte alles so gut begonnen, und jetzt zerbrach fast mit einem schlag meine gesamte Welt. Erst hatten wir Johnny verloren, dann Dally. Und jetzt auch noch Steve…?
Fast so als hätte ich meine Gedanken laut ausgesprochen, sagte Sodapop kurz bevor ich eingeschlafen war folgendes zu mir:
„Keine angst, es wird schon alles wieder gut, Ponyboy. So schrecklich kann es das Schicksal nun auch wieder nicht mit uns meinen, dass es uns drei unserer besten Freunde in einem Monat nimmt."
Zu den Reviews:
Sarah126: Danke für deine Review XD Jetzt weißt du, wie Steve mit der Scheidung umgeht. Wegen der Abhilfe schaffen: Du könntest ja zum Beispiel deine Fan Fiction auch auf Deutsch übersetzen…?
Nächstes Kapitel folgt bald.
