KNACK!
„Peter pass doch auf, wo du hin trittst!"fluchte Sirius laut. Nur der schwache Schein des fast heruntergebrannten Feuers beleuchtete den Gemeinschaftstraum. Die drei Rumtreiber versuchten leise die Treppe vom Jungenschlafsaal hinunter zu schleichen. Doch am Ende der Treppe war Peter auf irgendetwas getreten und hatte dabei den Lärm verursacht. Entnervt blickte Sirius hinunter. Es war eine Schultasche mit einem Gryffindor-Abzeichen drauf.
„Verdammt Pete, das ist dein eigener Kram, den du rumliegen hast lassen!" Knurrte Sirius.
Peter gab einen fast quiekenden Ton von sich: „Entschuldigung. Oh Mann bestimmt ist jetzt mein Tintenfass hin."Er wollte sich bücken, um die Tasche aufzuheben.
„Psst! Würdet ihr zwei endlich mal still sein? Ihr weckt ja noch den ganzen Turm auf!"Zischte James ihnen entgegen. „Lass die Tasche jetzt liegen Wurmschwanz, das kannst du später machen. Hast du auch die Karte Tatze?"
Sirius nickte und klopfte auf die Tasche seinen Umhangs: „Sicher verwahrt Krone!"
James nickte zufrieden und sie schlichen weiter Richtung Ausgang.
„Was macht ihr denn da?"Rief jetzt jemand aus einem der großen Sessel vom Kamin rüber.
Die drei Jungs blieben stehen und James schob eilig den silbrigen Tarnumhang unter seinen Zauberumhang. Ein dunkelhaariger Lockenkopf tauchte neben dem Sessel auf und James erkannte Jane, Lilys Freundin.
„Das geht dich überhaupt nichts an", zischte Sirius und funkelte sie an. „Und was machst du hier um kurz vor Mitternacht?"
„Ich warte!"gab sie knapp zur Antwort und verschränkte die Arme vor der Brust.
„Auf was denn?" fiepte Peter leise.
Janes Gelassenheit schien jetzt zu bröckeln, sie seufzte und sah zu den dreien auf: „Auf Lily!"
„Wieso auf Lily?"fragte James jetzt und zog die Augenbrauen hoch.
„Ach sie hat heute Abend Hagrid mit einem verletzten Einhorn geholfen. Ihr wisst doch, wie gut sie mit Einhörnern umgehen kann."Erklärte Jane.
Ja, Lily konnte wirklich gut mit Einhörnern umgehen. James konnte sich daran erinnern, dass sie in einer Stunde Pflege magischer Geschöpfe es als Einzige geschafft hatte, sich einem besonders scheuen Tier zu nähern.
„Jedenfalls hat Hagrid sie gefragt, ob sie ihm helfen kann. Er hat im verbotenen Wald ein verletztes Tier gefunden und kann jetzt seine Wunden nicht versorgen. Lily ist mit ihm gegangen, aber das ist schon drei Stunden her. Ich weiß nicht, was ich machen soll. Soll ich zu McGongall gehen?"Sorge umspielte Janes Gesicht, als sie in die Gesichter der Jungs sah.
„Nein, lass McGongall da noch raus. Wir werden erst mal nachsehen, ob sie noch bei Hagrid ist."Schlug James vor.
„Aber ihr könnt doch jetzt nicht mehr raus!", sagte Jane irritiert.
„Lass das mal unsere Sorge sein", antwortete Sirius knapp. „Hauptsache du verpfeifst uns nicht, wozu ich dir nicht raten würden, sonst muss ich dich leider verhexen!"Drohend zog Sirius seinen Zauberstab hervor und hielt ihn auf Jane gerichtet.
Jane machte große Augen: „Lass das Black!"
„Hör auf Tatze!"mischte sich James ein und schob Sirius Arm nach unten. „Jane wird uns bestimmt nicht verraten."Er blickte fragend zu ihr hinüber und Jane schüttelte energisch den Kopf. „Also kommt! Gehen wir nachsehen."
Mit diesen Worten kletterten die drei Rumtreiber durch das Portraitloch und Jane blickte ihnen stumm hinterher.
„Also gut", sagte James als sie hinaus auf das Schlossgelände getreten waren. Der Vollmond schien vom sternenklaren Himmel und der Schnee glitzerte, im Hintergrund hob sich dunkel und bedrohlich der verbotene Wald ab. „Peter du gehst schon mal zu Moony, damit er keinen Unsinn macht. Während ich und Sirius nach Lily suchen."
Peter nickte. Tippte kurz mit seinem Zauberstab auf sich selbst, verwandelte sich in eine Ratte und trippelte hinüber zur Peitschenden Weide. James und Sirius beobachteten, wie er kurz darauf im Geheimgang unter dem wütenden Baum verschwand.
„Los geht's!"brummte James und gemeinsam schlichen die zwei am Waldrand entlang zu Hagrids Hütte hinunter. In einem Pferch hinter der Hütte stand ein schneeweißes Einhorn, es hob leicht den Kopf als James und Sirius daran vorbeischlichen. Um eines der Vorderbeine war ein gekonnt ein brauner Verband gewickelt.
„Offensichtlich haben sie das Einhorn erfolgreich versorgt", zischelte Sirius.
James blickte zu Hagrids Hütte, aus dem Kamin stieg leichter Rauch auf, aber sie war vollkommen dunkel und still. Wahrscheinlich schlief Hagrid schon. Doch wo war Lily?
„Sieh mal", Sirius stieß James plötzlich mit dem Ellenbogen an und deutete auf die Spuren im Schnee vor sich.
Den Spuren nach war jemand von Hagrids Hütte weggegangen und die Spuren führten in Richtung Schloss. Langsam folgten sie den Spuren. Plötzlich hörten sie ein leises quiecken neben sich und drehten sich mit erhobenen Zauberstäben um. Im Schnee saß eine Ratte und kurz darauf verwandelte sie sich in Wurmschwanz zurück.
„Peter du sollst doch bei Moony sein!"Sagte Sirius und zog die Brauen hoch.
„Ich... ich hab die Tür zur Hütte aufgemacht und da...." stammelte Peter außer Atem.
„Was?" fragten James und Sirius gleichzeitig.
„Er... er hatte sich schon verwandelt... und.... ich konnte ihn nicht aufhalten.... er ist einfach an mir vorbei und rausgerannt...." keuchte er.
„Mist!" grummelte James und genau in diesem Moment hörten sie ganz in der Nähe einen Werwolf laut heulen. „Sirius, Peter ich verwandelt euch und sucht nach Moony. Ich werde weiter nach Lily suchen, sie könnte immer noch irgendwo hier sein. Wenn ich euch brauche, pfeife ich laut, ok?"
Die Freunde nickten, verwandelten sich in ihre Tiergestalt und rannten auf den Wald zu, während James weiter den Spuren im Schnee folgte, sie führten weiter am Rande des Waldes entlang, dann ganz plötzlich hörten sie auf. Verwirrt blickte James umher, sie konnte doch nicht verschwunden sein. Doch dann entdeckte er wieder eine Spur, sie führte direkt in den Wald hinein. „Aber wieso...?"Verwundert folgte er der Spur durch das Dickicht. Er quetschte sich durch die dicht stehenden kleinen Tannen hindurch, doch leider lag hier kein Schnee mehr und somit verlor sich die Spur erneut. Ziellos irrte James umher, er glaubte nicht, dass Lily weit in den Wald hineingelaufen war. Aber wieso war sie überhaupt in den Wald gelaufen. Nicht allzu weit weg hörte er erneut wieder das Geheul eines Werwolfes und beschleunigte seinen Schritt weiter in den Wald hinein. Er hatte keine Ahnung, ob er überhaupt auf der richtigen Fährte war.
Und dann wäre er beinah über sie gestolpert. Sie saß auf dem Boden neben einem großen Baum und fuhr erschrocken zusammen.
„Lily? Sag mal was machst du hier."Schnell ging er vor ihr in die Hocke.
„James! Uff, ich dachte schon es wäre...."Sie seufzte und strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Ich war auf dem Weg zurück zum Schloss, ich hab Hagrid mit einem Einhorn geholfen weißt du", begann sie zu erklären.
„Ja, Jane hat es erzählt. Aber was ist passiert?"
„Auf dem Rückweg sind plötzlich ein paar dunkle Gestalten aufgetaucht, ich weiß nicht ob es Todesser waren. Aber ich wollte ihnen keinesfalls begegnen, also bin ich in den Wald gelaufen."
„Todesser?" fragte James „Hier auf dem Hogwartsgelände?"
„Ich glaube schon. Na jedenfalls wollte ich ihnen nur aus dem Weg gehen, doch leider bin ich gestolpert und in dieser dämlichen Wurzel stecken geblieben."Sie deutete auf ihren rechten Fuß hinunter und erst jetzt sah James, dass er in einem dichten Wurzelwerk feststeckte. „Mein Zauberstab ist mir aus der Hand geflogen, als ich stürzte, also konnte ich mich nicht befreien."
„Ok! Wir sollten aber besser sehen, dass wir hier wegkommen. Der Wald ist um diese Uhrzeit nicht ungefährlich", James zog seinen Zauberstab hervor, richtete ihn auf die Wurzeln und kurze drauf war Lilys Fuß befreit. Dann rief er „Accio Zauberstab!"Und Lilys Zauberstab flog direkt in seine Hände. „Komm", sagte und half Lily aufzustehen. Etwas wackelig stand Lily schließlich auf den Füßen, doch als sie sich vorwärts bewegen wollte rief sie plötzlich „Autsch!"
„Was ist?"fragte James und reichte ihr hilfreich seinen Arm.
„Ich glaub ich hab mir den Knöchel verstaucht."Antwortete Lily.
„Leg den Arm um mich, ich helfe dir."Sagte James, er stand vor ihr und hielt sie fest. Plötzlich spürte er, wie Lily erstarrte, er sah in ihr Gesicht und merkte, dass sie mit weit aufgerissenen Augen über seine Schulter sah. Er hörte ein leises knurren hinter sich und seine Nackenhaare stellten sich auf. Langsam dreht er sich um und nur wenige Meter von ihnen entfernt stand ein Werwolf.
„Oh, oh!"sagte James und stellte sich sofort mit seinem Körper schützend vor Lily. Er spürte, wie Lily sich hinter ihm an seinem Umhang festklammerte und er konnte spüren wie sie zitterte.
Der Werwolf knurrte lauter und James überlegte rasch. Sollte er sich verwandeln und Moony verscheuchen? Wo waren Sirius und Wurmschwanz? Dann erinnerte er sich an ihre Abmachung.
„Tatze", murmelte er.
„Was?" flüsterte Lily hinter ihm.
Der Werwolf reckte den Hals und stieß ein lautes Geheul aus, das einem durch Mark und Bein ging. James wusste, dass er gleich angreifen würde. Er hatte Menschen in seiner Nase und jeden Moment würde er auf sie losgehen. James stieß einen schrillen Pfiff aus, der Werwolf schnaubte laut und kam jetzt auf sie zugerannt. Lily klammerte sich fester an ihn. Und dann wie aus dem Nichts kam plötzlich ein riesiger schwarzer Hund aus dem Gebüsch gesprungen. Er stellte sich direkt zwischen den Werwolf und James und Lily und fletschte die Zähne. Der Werwolf blieb abrupt stehen, seine grauen Augen funkelten böse. Er knurrte nochmals laut und dann stürmte der Hund auf ihn zu und scheuchte den Werwolf in den dunklen Wald zurück. James holte tief Luft und stieß sie erleichtert durch den Mund wieder aus. Er drehte sich zu Lily um, sie war ziemlich blass und schien gleich um zu fallen.
„Es ist alles wieder gut Lily."Sagte James und berührte beruhigend ihren Arm. Lily nickte tapfer. „Jetzt sollten wir wirklich weg. Bevor er zurückkommt."Kurz entschlossen legte James den Arm um sie und hob sie hoch.
„Was machst du da?"Fragte Lily erschrocken, als sie sich auf seinem Arm wiederfand.
„Dich ins Schloss tragen. Wir haben leider keine Zeit langsam zurück zu humpeln."Sagte James und lief bereits aus dem Wald hinaus.
Lily antwortete nicht, sondern legte nur erschöpft den Kopf an seine Schulter. „Wo kam der Hund her?"fragte sie leise.
„Lange Geschichte", murmelte James und zu seiner Überraschung fragte sie nicht weiter.
Noch einmal hörten sie in der Ferne das Geheul des Werwolfs und Lily zuckte in seinen Armen zusammen. Heute nacht mussten Sirius und Wurmschwanz alleine mit ihm fertig werden, dachte James und trug Lily in den Krankenflügel des Schlosses.
Madam Pomfrey stellte niemals große Fragen, wenn jemand mit Verletzungen oder sonstigen Dingen zu ihr kam. Sie untersuchte Lily Knöchel und stellte fest, dass er gebrochen war.
„Sie müssen heute nacht hier bleiben Miss Evans. Morgen kann ich sie dann wahrscheinlich wieder entlassen. Und sie gehen jetzt zurück in ihren Turm Mr. Potter."Ordnete sie an und eilte zu einem der Schränke hinüber.
James lächelte Lily schwach an und verschwand.
5
