James wartete im Gemeinschaftsraum auf die Rückkehr seiner Freunde. Jane war, nachdem er ihr erzählte hatte, dass mit Lily alles in Ordnung sei, erleichtert in ihren Schlafsaal verschwunden.
Es war 3 Uhr morgens, als Peter und Sirius schließlich wieder durch das Portraitloch kletterten. James schreckte aus seinem Dämmerschlaf hoch. Erschöpft ließ Sirius sich in den Sessel neben ihm fallen.
„Wie war es? Ist alles gut gegangen?", fragte James und blickte zu Sirius der gähnte.
„Ja, nachdem ich Moony von euch weggescheucht habe, war er ganz friedlich. Es ist nichts besonderes passiert. Wir sind noch eine Weile durch den Wald gestreunt und dann haben wir ihn wieder zur Hütte gebracht. Alles klar mit Lily?"
James nickte: „Sie hat sich den Knöchel gebrochen. Madam Pomfrey hat sie im Krankenflügel behalten."
„Warum alles in der Welt war sie überhaupt im Wald?", fragte Sirius und zog die Stirn kraus.
„Bei ihrem Rückweg von Hagrid sind ihr unterwegs einige dunkle Gestalten begegnet", James beugte sich vor, als wolle er verhindern, dass jemand ihn hören konnte, obwohl der Gemeinschaftsraum leer war. „Sie glaubt, dass es Todesser waren."
Peter gab ein nervöses Quicken von sich.
„Hier auf dem Hogwartsgelände?", fragte Sirius und seine Stirn kräuselte sich noch mehr.
„Offensichtlich, ich denke Lily sollte Dumbeldore darüber informieren." Erwiderte James.
Sirius schwieg und grübelte eine Weile darüber nach.
„Aber wie will sie erklären, dass du sie im Wald gefunden hast?", sagte Peter hastig.
James zuckte mit den Schultern: „Wir lassen uns was einfallen. Aber ich denke es ist wichtig, dass er Orden bescheid weiß. Wichtiger, als das wir Schulregeln brechen."Er blickte ernst in die Runde seiner Freunde, die ihm schließlich zustimmten.
Am nächsten Mittag war Lily immer noch im Krankenflügel und James beschloss ihr einen Besuch abzustatten, um mit ihr über das auftauchen der Todesser zu sprechen.
Als er den Krankensaal betrat, hörte er, dass Lily bereits Besuch hatte. Eine riesenhafte Gestalt saß an ihrem Bett, schluchzte heftig und schnäuzte sich in einem Taschentusch, so groß wie ein Bettlaken, die Nase.
„Hagrid bitte beruhige dich doch", sagte Lily und legte dem Riesen eine Hand auf den Arm.
„Is alles meine Schuld Lily..... hätte dich nicht so spät alleine zum Schloss laufen lassen dürfen.... Bin so blöd.... Wäre alles nicht passiert, wenn....."Wieder schluchzte Hagrid geräuschvoll.
„Ach Hagrid. Es ist mir doch gar nichts passiert. Ich hab mir nur den Knöchel gebrochen, weiter nichts."Lily lächelte ihn an.
„Aber was alles hätte passieren können. Ich... ich hab heute nacht draußen einen Werwolf gehört... Was wenn.... Es tut mir so leid..."Er schniefte.
„Jetzt hör schon auf Hagrid. Du kannst nichts dafür. Schluss jetzt damit!", sagte sie energisch. „Wie geht es dem Einhorn?"
„Sehr gut! Du hast das wunderbar hingekriegt Lily. Heute morgen hat es schon seinen ganzen Trog leergefressen. Ich denke in zwei bis drei Tagen kann ich es wieder freilassen. Du kannst sehr gut mit Tieren umgehen Lily, sie vertrauen dir."Hagrid lächelte jetzt und wischte sich die letzten Tränen von den Wangen.
James entschloss sich jetzt näher zu treten.
„Hallo Lily, Hallo Hagrid ", begrüßte er die beiden, die sich zu ihm umdrehten. „Geht es deinem Bein besser?", fragte er mit einem Blick auf Lily.
Lily nickte: „Ja. Madam Pomfrey wird mich wohl heute Abend wieder hier rauslassen."
„Hör mal", sagte James leise und blickte sich um, ob noch jemand anderes im Saal anwesend war. „Ich wollte mir dir reden, über das was gestern passiert ist."Er trat näher an Lilys Bett.
„Du brauchst mir gar nicht zu erzählen, weshalb du gestern nacht draußen warst. Das heißt es würde mich schon interessieren, aber ich will es besser nicht wissen, wie ihr die Schulregeln brecht."Murrte Lily.
Hagrid starrte James an: „Was du warst gestern nacht ebenfalls draußen!" polterte er los.
„Nicht so laut", zischte James und drehte sich besorgt um.
„Hagrid ich hab dir doch gesagt, dass er mich gefunden hat", erklärte Lily und der Riese verstummte.
„Äh... stimmt ja. Aber wieso...", setzte er an, doch Lily bedeutete ihm ruhig zu sein.
„Also es ist eine lange Geschichte und irgendwann werde ich sie dir mal erzählen", sagte James wieder zu Lily, nachdem Hagrid schwieg. „Aber jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt dafür. Was ich dir eigentlich sagen wollte ist, dass du wohl besser mit Dumbeldore sprechen solltest, wegen der... na ja, wegen dem was du gesehen hast."
„Ich weiß, wenn ich es mir nicht nur eingebildet habe, dann ist es unheimlich wichtig, dass er Bescheid weiß", sagte Lily und blickte auf ihre Bettdecke hinunter.
„Du hast sie doch gesehen, oder?", fragte James leise.
„Ja, ich hab sie gesehen. Genau so klar und deutlich, wie ich sie diesen Sommer in der Winkelgasse gesehen habe...."Lily verstummte.
James zog die Augenbrauen hoch: „Du hast welche in der Winkelgasse gesehen?"Er hatte nichts über einen Vorfall in der Winkelgasse gehört. In letzter Zeit gab es regelmäßig Meldungen über Zwischenfälle mit den Todessern, aber in der Winkelgasse?
„Ich hab an dem Tag meine Schulsachen besorgt und ganz plötzlich tauchte eine handvoll von ihnen in einer Nebengasse auf. Alle Leute gerieten in Panik und schrieen aufgeregt in der Gegend rum. Sie konnten aber nicht viel Schaden anrichten, denn ganz plötzlich tauchten einige Auroren auf. Diese Begebenheit hat mich in dem Entschluss bekräftig mich Dumbeldores....", sie zögerte kurz und blickte zu Hagrid. Wusste er über den Orden bescheid? Hagrid sah sie an und nickte kaum merklich. „Mich Dumbeldores Sache anzuschließen. Wir können nicht weiter tatenlos zusehen, was diese Gestalten anrichten."
„Warum ist nichts darüber im Tagespropheten gestanden? Ich meine natürlich die Sache mit der Winkelgasse", fragte James.
„Ich glaube sie wollten keine Panik verbreiten", sagte Hagrid jetzt leise. „Es ist nichts großes passiert und die Leute sollen nicht vom einkaufen abgehalten werden."
„Da hat Hagrid wohl recht", sagte eine weitere Stimme und alle drei drehten sich hastig um. Dumbeldore, in einen dunkelblauen Umhang gekleidet, war an der Tür des Krankensaals erschienen.
„Professor Dumbeldore, Sir", sagte Hagrid hastig und stopfte seine Taschentuch in die Hosentasche.
„Hallo alle miteinander. Madam Pomfrey hat mir berichtet, dass Miss Evans im Krankenflügel ist und ich dachte mir, dass ich ihr mal einen kurzen Besuch abstatten sollte. Wie geht es ihnen meine Liebe?", fragte Dumbeldore und lächelte Lily an.
„Danke gut!", Lily zögerte einen Moment, blickte rasch zu James und dann wieder zu Dumbeldore. „Professor ich wollte mit ihnen reden." Begann sie schließlich.
Dumbeldore nickte: „Ich weiß, ich weiß. Ich dachte mir das schon und darum bin ich hergekommen. Mit ihrem verletzten Knöchel sollten sie nicht zu meinem Büro hinauf laufen müssen."
James fragte sich kurz, woher Dumbeldore wusste, dass Lily mit ihm reden wollte. Wie so oft, schien der Schulleiter mehr zu wissen, als ihnen allen klar war.
„Gestern Abend als ich auf dem Rückweg von Hagrid zum Schloss war, da.... da habe ich ganz plötzlich ein paar dunkle Gestalten gesehen und... ich bin mir ziemlich sicher, dass es Todesser waren."Sagte Lily rasch.
Einen Augenblick lang schwieg Dumbeldore und dachte nach: „Ja", seufzte er schließlich leise. „Das was wir die ganzen Zeit befürchten, scheint einzutreten."
„Was meinen sie?"fragte James nun.
Dumbeldore blickte ihn an und murmelte dann: „Wir haben einen oder mehrere Spione in Hogwarts. Sie wollen den Todessern und damit auch Voldemort helfen die Schule anzugreifen. Noch traut sich Voldemort nicht so richtig, aber ich denke es ist nur eine Frage der Zeit, bis er es versuchen wird. Dies sind wohl die ersten Anzeichen dafür. Es gibt viel zu erledigen", Dumbeldore richtet sich ruckartig auf. „Ihr werdet bald mehr über diese Vorkehrungen erfahren."Er wandte sich zum gehen um, doch dann blieb er kurz stehen und sagte: „Ach James, ich werde nicht fragen, wieso du gestern Nacht Miss Evans im Verbotenen Wald gefunden hast. Aber ich mahne zur Vorsicht für zukünftige Ausflüge."Mit diesen Worten ging er und schloss die Tür des Krankensaals hinter sich. James blieb ein wenig verdutzt zurück. Dumbeldore schien wirklich immer mehr zu wissen, als er sollte.
„Werd dann auch mal wieder gehen.... muss nach dem Einhorn sehen", grummelte Hagrid und schlurfte nach einem kurzen winken zur Tür hinaus.
James stand weiterhin neben Lilys Bett und eine peinliche Stille trat zwischen den beiden ein.
„Also ich....", sagte James.
„Ich wollte....", sagte Lily gleichzeitig.
Sie sahen sich an und lachten.
„Du zuerst....", sagte James schließlich und blickte Lily erwartungsvoll an.
Sie spielte etwas nervös an ihrer Bettdecke herum und schien nach den richtigen Worten zu suchen: „Ich wollte dir...."
„Lily! Oh, was bin ich froh, dass es dir gut geht." Lily wurde von ihrer Freundin Jane unterbrochen, die jetzt in den Krankensaal gestürmt kam und Lily sofort in eine enge Umarmung zog. „Ich hatte solche Angst um dich Lily. Gott sei dank, ist dir nicht viel passiert. Du hättest nicht so spät alleine zum Schloss zurücklaufen sollen...."plapperte Jane aufgeregt ohne Luft zu holen.
Lily lächelte und drückte die Freundin an sich. James stand einen Moment unschlüssig daneben, dann erkannte er, dass Lily – was auch immer sie hatte sagen wollen – jetzt nicht weiter sprechen würde. Er entschied sich die beiden Freundinnen alleine zu lassen.
„Ich geh dann mal", murmelte er. „Wir sehn uns."Etwas enttäuscht lief er hinaus in den Flur. Gerade noch hatte er das Gefühl gehabt, dass Lily ihm etwas sagen wollte und er hätte zu gerne gewusst, was es war. Doch Jane war im unpassendsten Moment hereingeplatzt.
Sirius und James saßen noch spät an diesem Abend im Gemeinschaftsraum und versuchten ihre Hausaufgaben fertig zu kriegen. Remus, der von der vorangegangenen Vollmondnacht noch erschöpft war und Peter waren schon schlafen gegangen. Der Gemeinschaftsraum leerte sich nach und nach. Bald waren nur noch die zwei Freunde im Raum, die sich immer noch durch die verschiedenen Daten der Koboldaufstände kämpften, wie so oft hatten sie mal wieder ihre Hausaufgaben bis auf den letzten Drücker hinausgeschoben.
Sirius gähnte gerade herzhaft und streckte seine langen Beine aus, als sie plötzlich das Portraitloch öffnete. Lily kam herein und blieb kurz stehen, als sie James und Sirius sah.
„Hat dich Madam Pomfrey endlich aus ihren Klauen gelassen?", fragte Sirius und gähnte abermals.
Lily nickte: „Sie wollte, dass ich noch eine weitere Nacht im Krankenflügel bleibe. Es hat eine ganze Menge Überredungskunst gekostet, sie vom Gegenteil zu überzeugen."
Abermals trat ein Schweigen zwischen ihnen ein.
„Ich glaube wir sollten alle ins Bett gehen", sagte Sirius nachdem er sich die müden Augen rieb.
„Hast wohl recht", James packte seine Bücher zusammen und stand auf, gemeinsam mit Sirius lief er in Richtung der Jungentreppe.
„James, warte mal bitte", rief Lily ihm nach.
Er blieb stehen und drehte sich zu ihr um, sie war nähergekommen und zupfte mit einer Hand nervös an ihrem Umhang herum. James bemerkte, wie ihr Blick kurz zu Sirius huschte. Der schien den Wink mit dem Zaunpfahl zu verstehen und murmelte: „Ich geh schon mal hoch", bevor er auf der Treppe verschwand.
„James ich.... also ich wollte.... ich wollte mich eigentlich bei dir bedanken, dass du mir letzte Nacht da draußen im Wald geholfen hast."
Sie stand jetzt sehr nah vor ihm und James konnte in ihre funkelnden grünen Augen sehen. Er spürte, wie sein Herz aufgeregt pochte. Ihr rotes Haar schimmerte im Schein des langsam erlöschenden Kaminfeuers und James unterdrückte den Drang, es zu berühren. Er schluckte den Klos hinunter, der sich in seinem Hals zu bilden begann.
„Es gibt nichts zu danken. Ich hab dir gerne geholfen", sagte er mit einer Stimme, die nicht die seine zu sein schien.
Lily lächelte: „Du... du hast dich sehr verändert in letzter Zeit. Du bist gar nicht so übel, wie ich immer gedacht habe.... Vielleicht....", sie zögerte einen Augenblick. „Nun ja, vielleicht könnten wir doch Freunde werden."Sie streckte ihm ihr Hand mit den schlanken Fingern entgegen.
James brauchte nicht lange zu überlegen und nahm ihre Hand: „Das wäre sehr schön Evans!", antwortete er grinsend.
„Das denke ich auch Potter!", sie betonte seinen Nachnamen und lachte. Sie ließ seine Hand los und wollte sich bereits umdrehen, als sie es sich anders überlegte. So schnell, dass James es gar nicht recht erfassen konnte, trat sie plötzlich an ihn heran, küsste ihn auf die Wange, murmelte noch mal ein Danke an sein Ohr und lief eiligst die Treppe zum Mädchenschlafsaal hinauf.
Einige Minuten stand James einfach nur da, mit der Hand berührte er die Stelle an seiner Wange, wo sie ihn gerade eben geküsst hatte. Es war als könnte er immer noch ihre weichen Lippen auf ihr spüren.
Mit einem verträumten Grinsen auf dem Gesicht betrat er schließlich den Schlafsaal, ließ sich auf sein Bett fallen und schloss die Augen. Das Mädchen, von dem er schon so lange träumte, hatte ihn geküsst. Gut sie hatte ihn nur auf die Wange geküsst, aber sie hatte ihn geküsst. Und sie hatte ihm Freundschaft angeboten, das war doch schon mal etwas. Lily Evans, die ihn immer nur angemotzt hatte, wollte mit ihm befreundet sein. James Herz flatterte aufgeregt in seiner Brust.
„Alles in Ordnung mit dir Krone?"Murmelte Sirius neben ihm und James schlug wieder die Augen auf.
„Ja alles in Ordnung Tatze."Er grinste und schloss wieder die Augen, um die Erinnerung an diesen Moment auf ewig in seinem Kopf einzuprägen.
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