2. Kapitel

Unglaublich! Er hätte seinem ersten Impuls folgen und den Longbottom-Spinner laufen lassen sollen! Jetzt war es zu spät. Er war Opfer eines unausgegorenen Experiments von noch zwei größeren Spinnern. In dem Moment, wo er die Tür des Zimmers öffnete, spürte er ein heftiges Ziehen an Armen, Beinen und Ohren und plötzlich fand er sich in einem Glasgehäuse wieder. Zu allem Übel hatte er noch einen fulminanten Ausblick auf Harry Potters Nasenlöcher. Von unten!

Er hämmerte mit aller Kraft gegen die Wand seines durchsichtigen Gefängnisses. "Lasst mich raus ihr Dummköpfe, ihr werdet nachsitzen bis ihr 40 seid!" schrie er. Leider hörte ihn keiner. Das Glas verschluckte jeden Ton.

Dann wurde er hochgehoben und mit einem ziemlich dreckigen Taschentuch verdeckt. Severus Snape bemühte sich redlich, nicht in die Flasche zu reihern. Die ruckartigen Bewegungen des Behältnisses machten es ihm nicht gerade leicht. Mit Schaudern erwartete er seine Vorführung vor Dumbledore, denn zu dem ging die rasante Fahrt sicherlich. Er ließ sich verweifelt auf den Boden sinken und harrte der Dinge, die da kommen würden.

Remus Lupin hatte endlich des Tages Mühsal hinter sich gebracht und lungerte in seinem Büro herum. Noch 15 Minuten, dann würde er Feierabend haben. Diese 15 Minuten wollte er mit dem Buch "Sex, Drugs und Rock'n Roll - der Einfluss der Hippies auf die Zaubersprüche des ausgehenden Jahrhunderts" verbringen. Er goß sich gemütlich einen Kaffee ein und verfeinerte ihn mit einem ordentlichen Schuß Whisky. Gerade als er die Schlagsahne darauf hexte, sprang seine Tür auf und Ron und Harry brachen herein wie zwei Eber aus dem Unterholz.

Sie schnappten bedenklich nach Luft und versuchten beide gleichzeitig zu sprechen. "Professor, Professor - etwas Furchtbares, Sie uns helfen bitte!". Lupins Feierabend löste sich in Luft auf. "Jetzt beruhigt euch doch erst mal." versuchte er mit väterlicher Stimme. "So schlimm kanns doch nicht sein." Die Jungs atmeten noch einmal tief durch und dann schloß Ron die Bürotür. Harry kam auf Remus zu und stellte etwas auf seinen Schreibtisch. Das Etwas war mit einem ziemlich verschmuddelten Taschentuch zugedeckt. "Ja?" fragte Remus. Harry nahm das Taschentuch weg und Lupin erstarrte mitten in der Bewegung.

"Wir haben Snape verkorkt." stellte Harry nüchtern fest. "Professor Snape." korrigierte Lupin abwesend und beäugte fasziniert das Objekt. Snape hockte mißmutig in seinem Gefäß und würdigte ihn keines Blickes. Er sah ziemlich blaß aus. Wahrscheinlich war ihm schlecht von dem Hin- und Hergeschaukel auf dem Weg. Lupin fühlte einen kleinen Stich von Mitleid. "Danke, das ihr zu mir gekommen seid." sagte er, "Professor Dumbledore würde euch sicher rausschmeißen. Aber wir können es zusammen bestimmt wieder richten." ergänzte er optimistisch. "Wenn wir nun einfach die Flasche zerbrechen?" fragte Ron hoffnungsvoll, nachdem er die ganze Geschichte zu Gehör gebracht hatte. Lupin wiegte nachdenklich den Kopf. "Glaube nicht, dass das so einfach ist. Wir müssen ein weiteres Exemplar des Buches auftreiben. Ich denke, Hermine hat bestimmt eine Idee. Bis dahin wird er sich gedulden müssen. Wir holen ihn erstmal aus der Flasche. Remus nahm einen Schürsenkel und bastelte eine provisorische Strickleiter. "Ein Glück, dass er so dürr ist." stellte Ron fest.

Snape nahm die Kletterhilfe dankbar an und saß schon wenige Sekunden später auf dem Flaschenrand. Böse funkelte er die drei Übeltäter an, was jedoch auf Grund seiner Größe nicht den gewünschten Effekt hatte. "Hätte ich mir denken können, dass sie etwas damit zu tun haben, Lupin." giftete er. Remus hob die Hände. "Ich wollte nur helfen." antwortete er gelassen. "Jetzt müssen wir erstmal gemeinsam überlegen, wie wir dich wieder groß kriegen, Severus." Snape seufzte. Er hatte sich auch schon seine Gedanken gemacht, aber leider ohne großen Erfolg.

"Sieht so aus, als müßten wir doch Albus bemühen." gab er zu. Harry und Ron tauschten einen entsetzten Blick. "Ich möchte mich entschuldigen." sagte Harry, "wir dachten wirklich nicht..."

Snape winkte entnervt ab. "Das wäre auch das erste Mal, Potter." erwiderte er. "Ich werde eine Exmatrikulierung von ihnen doch nicht bewirken können, also was soll's" Ron flüsterte: "Er ist bedeutend netter, wenn er kleiner er ist." Harry schoß ihm einen warnenden Blick zu. "Also Albus." sagte Lupin noch einmal und ging auf den Kamin zu. In dem Moment erschien der Direktor schon auf der Schwelle des Büros.

"Neville war so freundlich, mir von dem Vorfall zu berichten." sagte der alte Zauberer vorwurfsvoll. "Ihr hättet es mir ruhig gleich sagen können." Snape hatte sich auf den Radiergummi gesetzt und stand jetzt auf und ging an den Schreibtischrand. "Wir wollten sie nicht unnötig belasten, Direktor." sagte er von dort. "Wir können nur das Problem offenbar nicht sofort und selbst lösen." Albus beugte sich über den Schreibtisch und schaute den kleinen Snape belustigt an. "Donnerwetter, da waren sie aber gründlich." sagte er und konnte sich ein Kichern nicht verkneifen. Snape zog ihn empört am Bart. Albus wurde sofort wieder ernst. "Was machen wir nun? Den Unterricht können wir erstmal ausfallen lassen. Das heißt Madam Pomfrey wird ein paar Stunden übernehmen und vielleicht Malfoy..." Ron und Harry stöhnten unisono. "Aber was wird mit Voldemort." fuhr Albus fort. "Wenn er ruft und es kommt keiner." Harry und Ron schauten sich voller Horror an.

"Wenn er ruft, dann gehe ich hin. Wenn er nicht direkt was von mir will, geht das. Er prüft nur, ob jemand fehlt. Wenn ich da bin, egal wie groß, ist alles okay." erklärte Snape. 'Ganz schön mutig.' fuhr es Harry durch den Kopf. "Gut." sagte Albus. "alle verfügbaren Kräfte suchen einen Gegenspruch und Remus kümmert sich um dich, Severus. Du bleibst bei ihm, damit du nicht irgendwie unter die Räder kommst." Snape grunzte widerwillig, machte jedoch keine weiteren Einwände.