Etwas stach in seiner Brust,
sein Körper zitterte.
Die Augen fest verschlossen, nicht wagend sie zu öffnen und zu realisieren, wo er sich befand.
Seine Sinne versagten ihm.
Unbewusst ließ er seine zitternde Hand über den weichen Bettbezug gleiten. Langsam öffnete er seine saphirblauen Augen, um keiner Sinnestäuschung zu unterliegen. Überzeugt, dass er sich noch in seinem Bett befand, zog er die Decke über seine Schulter.
Kalter Schweiß bedeckte seinen Körper.
Obwohl die Vorhänge vor dem großen Fenster neben seinem Bett zugezogen waren und nur der Gesang der Vögel den Tag verriet,
schloss Seto Kaiba erneut seine Augen,
um der Realität zu entweichen.
Das Verlangen nach Rauschgift versetzte ihn in eine Art Trance, der er nicht entkommen konnte.
Vergeblich versuchte er seine Gefühle, ein Wirbel aus Durcheinander, im Zaum zu halten und der Gier zu entkommen.
Bevor er den zarten Saum der Decke über seinen Kopf legen konnte, drohte alles außer Kontrolle zu geraten.
Krampfhaft versuchte der junge Mann an andere Dinge zu denken, doch misslang dieser Versuch aufs neue.
Nach einigen Sekunden Kampf mit sich selbst, warf er die Decke von sich und rannte zu der Kommode auf der anderen Seite des Bettes. Hastig und voller Ungeduld kramte er in den Schubladen,
in der Hoffnung etwas zu finden.
Es waren keine Drogen mehr da, dass musste er sich immer wieder vor Augen halten. Die Abhängigkeit machte ihn blind gegenüber der Realität.
Panisch hauchte er in sich hinein.
Seine Finger zitterten, das Gewicht seines Körpers lastete auf ihm wie eine Bleikugel, die er nicht abwerfen konnte.
Kaiba fuhr sich mit der rechten Hand über die Stirn.
Die Situation wurde von Minute zu Minute unerträglicher.
Ohne lange zu überlegen, zog er sich an und hastete in sein Büro. Ungeachtet dessen, das ihm eine kühle Dusche gut täte und den Geist wieder beseelen würde, trieb ihn das ungebändigte Verlangen nach Drogen voran.
Völlig egal, was er finden würde.
Beinahe hysterisch öffnete er die Tür seiner Arbeitsstätte,
das weiße Hemd nur zur Hälfte zugeknöpft.
Zielsicher steuerte er auf einige Bücherregale zu, die sich rechts von seinem Schreibtisch befanden.
Seine kalten Finger glitten an jedem Buchrücken entlang.
Einige holte er raus und tastete das Regal ab,
ohne Erfolg.
Seine fiebrigen Augen suchten.
Das Verlangen nach Drogen zerrte an seinen Kräften.
Nichts mehr ums sich herum nahm er mehr wahr, außer den Büchern vor ihm und die erlösende Vorstellung dem verlangenden Schmerz Einhalt zu gebieten.
Es war Kaiba längst klar gewesen, dass sich keine Drogen mehr in der Villa befanden und er somit auch keine in seinem Büro finden konnte.
Doch als Gegenleistung bot er seiner Ungeduld diese nervenzerreisende Suche, wohl wissend, kein Rauschgift finden zu können.
Nun schmiss er einige Bücher vom Regal und warf sie stümperhaft auf den Boden, eifrig suchte er weiter.
Die Kontrolle der Sucht über seine Wahrnehmung trübte ihn jedoch nicht, sich beobachtet zu fühlen.
Mit einem hastigen Blick zur Tür, die er offengelassen hatte, stockte er abrupt in seinem Handeln.
Ein junger Mann sah verwirrt auf Kaiba und das Durcheinander, was dieser angerichtet hatte.
"Wie lange stehst du schon hier?" - "Lange genug."
Immer noch verblüfft von Kaibas Verhalten,
trat Joey aus dem Türbogen und schloss leise die Bürotür hinter sich.
Kaiba fing an, etliche Bücher vom Boden wieder aufzusammeln, als wenn nichts gewesen wäre, und sie an ihren ursprünglichen Platz zu stellen.
Dieses Mal nicht stürmisch, sondern vornehm wie immer.
Joey schickte sich an zu helfen.
Eine kleine Papiertüte mit dem Logo der lokalen Apotheke in der rechten Hand haltend, hob er mit der anderen ein Buch auf, um es anschließend auf einen freien Platz im Regal zu postieren.
Mürrisch nahm Kaiba das gerade hingestellte Buch aus dem Regal und schob es ihn seine vorherige Position zurück.
"Geh! Ich brauche deine Hilfe nicht!"
Als Joey immer noch da stand, unbeweglich und auf den nächsten Augenblick gespannt,
drehte sich Kaiba wieder zu ihm um und schrie.
"Ich brauche deine stümperhafte Hilfe nicht! Verschwinde endlich!" Mit herrischem Ton verstärkte er seine Anweisungen.
"Verschwinde endlich Wheeler!" Joey spürte,
dass er nicht willkommen war.
Und doch,
anstatt zu gehen und Seto Kaiba dort wieder stehen zu lassen, wo er am Anfang schon war, widersetzte sich der Teenager gegen seine eigene Wut und lächelte.
"Ich war bei einer Drogenberatungsstelle.
Die haben mir echt gut geholfen. Ich weiß jetzt auch, dass du auf Hilfe total angewiesen bist. Alleine schaffst du´ s nicht. Also kannst du soviel brüllen wie du willst, ich hab´ das jetzt angefangen und zieh´ s auch durch."
Hastig nahm er eine kleine Plastikdose aus der Tüte und öffnete sie.
Daraus nahm er zwei buntgefärbte Kapseln heraus und gab sie Kaiba. Dieser nahm sie vorsichtig aus Joey´ s Hand und betrachtete den Blonden weiterhin.
"Du musst sie jeden morgen vor dem Frühstück einnehmen und abends auch. Das soll irgendwas hemmen." Während er weitere Kapseln und Tabletten herausholte, murmelte er in sich hinein. "Was das auch heißen mag." "Ich traue dir nicht. Was willst du mir hier andrehen...?" "Oh, ALTER! Hier." Genervt zeigte Joey ihm einen handgeschriebenen Zettel.
Saubere Schrift und fachspezifische Wörter stapelten sich aufeinander und wiesen auf erfahrene Persönlichkeiten hin, die dieses Rezept verschrieben haben.
"DU IDIOT!"
Joey erschrak.
"Du hast mal wieder alles verdorben! Jetzt weiß doch jeder das ich Drogenabhängig bin! Was glaubst du was---" "Ich habe deinen Namen niemandem gesagt! Ich habe ihnen erzählt ein Freund von mir braucht Hilfe! Man, red dich wieder ab!" Kaiba erwischte sich selber dabei,
wie er Panik empfand.
Er konnte sich in seiner hohen Position solche Rückfälle einfach nicht leisten. Vor allem nicht, wenn diese an die Öffentlichkeit kamen.
Doch was den Jungunternehmer mehr als alles andere verblüffte, war Joey´ s Selbstständigkeit, mit welcher er seine von ihm aufgedrängte Aufgabe anpackte.
Als Joey wieder anfing in seiner mitgebrachten Tüte zu kramen,
stellte Kaiba die restlichen Bücher ordentlich ins Regal zurück. Geduldig wartete er, bis Joey alle Kapseln und Tabletten rausgeholt hatte und Kaiba anschließend zuschob. "Aber das ist noch nicht alles.
Du musst ´ne Menge Sport treiben,
weil.
weil.
...ach egal. Und du musst zwei Mal wöchentlich in die Sauna, dein Fett verbrennen. " Grinsend betrachtete Joey sein Gegenüber von oben bis unten.
"Obwohl es da nicht viel zu verbrennen gibt."
Nach einer kurzen Pause, in der Joey auf den bunten Haufen auf dem Tisch seine Augen ruhen lies, setzte sich Kaiba auf seinen Stuhl und legte die Finder ineinander, um seinen Kopf leicht anzulehnen.
Seine Hände zitterten nicht mehr.
"Drogen setzten sich im Fettgewebe ab und deshalb musst du Sport treiben, damit du das Fett verlierst und die Drogen gleich mit. Du musst auch viel Wasser trinken.
Hmm.
Wie war das noch? .
Du musst Öl zu dir nehmen um das verlorene Fett zu ersetzen." Joey sah auf Kaiba, dessen melancholischer Blick in der Leere verschwand. Der Blonde war sich nicht sicher, ob Kaiba ihm zugehört hatte.
"Das ist sicher nicht alles. Erzähl weiter."
"Ähm, ja. Dein Körper braucht Drogen wie Vitamine. Wir... äh... Ich meine DU musst dich halt so darauf umstellen, dass er wieder andersrum läuft. Du musst durch Vitamine die Drogen sozusagen ablösen.
Ich weiß es auch nicht mehr so genau, ist eben das, was ich mir behalten konnte."
Ein schwacher Seufzer durchbrach die Stille.
Graue Wolken durchzogen den Himmel, der Regen verschwand am frühen Morgen und hinterlies nur noch kalte Tropfen, die die Straßen und Gärten säumten.
Die Kälte verstärkte sich durch vorbeiziehende Briesen.
"Wann hast du das letzte Mal gegessen, Kaiba?" Aus seinen Gedanken gerissen, schaute dieser auf.
Joey stand nun direkt neben ihm, seine Augen auf das fahle Gesicht geheftet. Kaiba zuckte innerlich zusammen.
Er mochte es nicht besonders in der Nähe eines Menschen zu sein, den er nicht leiden konnte. Aber letztendlich war es nur seine persönliche Einstellung.
Joey sah keinesfalls ungepflegt aus. Er trug eine weite Hose in Camouflage-Optik und ein lässiges, weißes T-Shirt mit der Aufschrift "High Way 66". Seine weiß-rote Jacke hatte er auf die Couch gelegt, die sich vor dem Bürotisch befand.
Kaiba hörte ihn atmen,
leise, kaum hörbar.
Er wartet auf eine Antwort.
Joey´ s Augen glitten über den Schreibtisch, Kaiba konnte sehen, wie seine Lippen die Frage erneut formten.
Doch dieses Mal erwartete er keine Antwort.
"Aber ich hab auf jeden Fall Hunger! Da ich dir helfe, kannst du mir auch was zu Essen geben!" Seine Stimme klang heiter, mit jeder Silbe, die er sprach.
Hastig stand Kaiba auf und steuerte auf die Tür zu. Joey sammelte alle Plastikbehälter vom Tisch auf und stopfte sie wieder in die Tüte der Apotheke. Die Kapseln und Tabletten, die Kaiba zu nehmen hatte, nahm er mit sich und rannte dem Älteren hinterher.
"Es werden Regeln herrschen, die du zu befolgen hast, Wheeler. Zum Ersten wirst du dich unauffällig benehmen, sodass niemand erfährt, dass du hier bist.
Zum Zweiten hast du anzuklopfen,
bevor du mein Büro oder mein Zimmer betrittst. "
"Ich weiß doch gar nicht, wo das ist... !"
"Zum Dritten will ich nicht, dass Yugi oder deine anderen nutzlosen Freunde von alldem erfahren."
"Sie sind nicht nutzlos!" Joey blieb stehen.
Wieder hatte Kaiba es geschafft, den leichtreizbaren Charakter von Joey zu entfachen. Der Blonde ballte seine Fäuste zusammen.
Noch bevor er den Druck der Kraft erhöhte, merkte er die Medizin, die für Kaiba bestimmt war.
Langsam normalisierte er sich wieder und öffnete seine Faust. Auch Kaiba war stehen geblieben, jeden Moment einen Wutausbruch erwartend.
Stattdessen reichte ihm der junge Mann die Hand und gab ihm die Kapseln.
"Trink sie jetzt. Die anderen liegen auf dem Tisch." - "Geh in den Speisesaal, du sollst dein Essen bekommen. Danach will ich dich in meinem Büro sehen, du sollst ja nicht tatenlos die Zeit hier vertrödeln."
Mit diesen Worten verschwand Seto Kaiba in einer der vielen Gänge.
"Wie bitte? Tatenlos die Zeit vertrödeln?" Joey streckte die Zunge raus, obwohl er wusste, dass es Kaiba nicht mehr sah.
Augenblicklich dachte er wieder an das versprochene Essen und lief fröhlich in den Speisesaal, in der Hoffnung, sich nicht zu verlaufen.
Leichter Regen tröpfelte an die Fensterscheiben.
Kaiba tippte konzentriert auf seinem Computer, hastete mit den Augen über den Monitor, las in Büchern auf seinem Schreibtisch nach, markierte sich wichtige Stellen, um sie wiederzufinden, wenn er sie brauchte.
Nun hatte er sich wieder die Zeit nehmen können um zu Arbeiten. Nachdem er seinen Helfen abgewimmelt hatte, galt es schnell zu essen, Mokuba zu überzeugen, es gehe ihm gut und dem Hauspersonal Anweisungen zu erteilen.
Das hatte wiedereinmal alles länger gedauert, als er es vorgesehne hatte.
Es war bereits spät am Nachmittag und er hatte gerade mal zwei Stunden Arbeit hinter sich.
Nach dem letzten Bericht,
seine größte Blamage,
saß Kaiba nun an einem neuen und hoffte, endlich die nötige Konzentration aufzubringen, um seinem eigenen Niveau zu entsprechen und dieses neue Gebäude, welches Kaiba Corporation brauchte, genehmigen zu lassen.
Es musste alles schnell und konsequent laufen, den Termin hatte er bereits verschieben müssen und eine weitere Datierung würde nicht stattfinden.
Ein leises Klopfen an der Tür lenkte Kaiba wieder von seiner Arbeit ab.
Er blickte genervt auf.
Joey hatte die Tür geöffnet und lächelte.
"Du wolltest, dass ich vorbei komme. Hier bin ich also." Nachdem Kaiba wieder den Kopf gesenkt hatte und sich in seine Arbeit vertiefte, schloss Joey die Tür und ging auf ihn zu.
"Das Essen war göttlich!"
Wieder trat stille ein.
"Also...?" Joey musterte seinen Gastgeber. "Was willst du von mir?" Kaiba sah zum zweiten Mal auf.
"Nun." Er suchte einige Unterlagen und stapelte sie neben seine anderen Ordner.
"Ich habe eine Menge zu tun die nächsten zwei Tage und du wirst mir dabei minimale Hilfe leisten. Stell dich also darauf ein." - "Und was springt für mich dabei raus?" Ein scheues Lächeln huschte über Kaibas Gesichtszüge.
"Du kannst hier essen so viel du willst und wann du willst." - "Mach mich nicht schwach, Alter! Meinst du das ernst?" Voller Begeisterung stützte sich Joey am Tisch ab und beugte sich näher zu Kaiba. Ihre Augen trafen sich und fixierten einander.
"Ja." - "SPITZENMÄßIG!"
Kaiba schob ihm einige Unterlagen zu und zeigte auf einen Kopierer, der sich links vom Bürotisch befand.
"Kopier diese Blätter je zweimal und hefte sie in diesen Ordner ab." Auch besagten Ordner drückte er Joey in die Hand.
"Danach gehst du in die Küche und bringst mir eine Tasse Kaffee.
Stark, nur ein Teelöffel Zucker und Milch." - "Aber sonst geht´ s dir noch gut!"
Gehemmt von solch unattraktiven Aufgaben, ging Joey gemächlich zum Kopierer und studierte diesen. Kaiba beobachtete sein Treiben, bis ihm der Kragen platzte und er aufstand. "Muss man dir denn auch alles zeigen!" Mit schnellen Handgriffen kopierte er die erste Seite.
Lustlos beobachtete der Blonde wie es gemacht wurde und gab sich mit der ersten Probe zufrieden. Sachte setzte er die Arbeit fort, während Kaiba sich wieder seinem Computer und den Unterlagen widmete. Der Jungunternehmer setzte sich wieder an den Tisch und tippte weiter zahlreiche Sätze auf der Tastatur.
Völlig in Gedanken versunken, konzentrierte er sich nur noch auf sein Projekt. Alle Hintergrundgeräusche verschwammen in der weiten Kulisse.
Seine Augen fingen langsam zu schmerzen an, der Rücken meldete sich ebenfalls wieder.
Plötzlich erhellte sich der Raum und alles erschien in der richtigen Realität.
Kaiba sah auf.
Joey hielt eine grüne Tasse in der Hand, gerade eben hatte er den Lichtschalter betätigt. Als wenn Kaiba die Bestätigung brauchte,
sah er hinter sich aus dem Fenster.
Die Dunkelheit hatte in der Tat um Menge zugenommen.
Ein dumpfes Geräusch ließ ihn wieder umdrehen. Die Tasse stand nun auf dem Tisch, verlockend roch die dampfend schwarze Masse. Er nahm die Tasse, trank einen Schluck und sah auf die alte Standuhr.
Es kam ihm vor wie eine Ewigkeit, die er mit Arbeit verbracht hatte.
Wohlfühlend trank er seinen Kaffee und schloss die Augen, die diese Ruhe brauchten. "Wie lange hast du gebraucht, Wheeler?" - "Weiß net. Ich bin schon lange fertig. Hab gerade zu Abend gegessen." Kaiba sah ihn an, der Junge hatte nichts von seiner Vitalität verloren. Im Gegensatz zu Joey fühlte er sich müde, zermürbt und alt.
"Ich hatte dir den Kaffee früher bringen wollten, aber als ich dich danach gefragt hatte, hast du mir nicht geantwortet." Erstaunt versuchte Kaiba sich zu erinnern, wann er angesprochen wurde, im nachhinein musste er sich damit zufrieden geben, dass er einfach zu sehr in seine Arbeit vertieft war.
"Du hast die Milch vergessen."
Joey setzte sich auf die Couch, um den kalten Blicken zu entkommen, die auf ihm ruhten. "Reg dich nicht so auf. Dann hab ich´ s halt vergessen." Genüsslich trank Kaiba trotz der fehlenden Milch seinen Kaffe aus und stellte die Tasse zurück auf den Tisch.
In dieser Stille spürte er wieder,
dass sich ein bekanntes Gefühl in seine Fingerspitzen kroch.
Krampfhaft zwang er sich selbst an andere Dinge zu denken, an seinen Bericht, der unbedingt in den nächsten zwei Tagen fertig werden musste.
Viele merkwürdige Gefühle blockierten seine Wahrnehmung.
Ungewollt erinnerte er sich an dieses freie, leichte Gefühl nach dem die Drogen ihre Wirkung entfaltet hatten.
Er vergas immer seine Probleme, seine Seele schwebte geradezu über dem Boden.
Er wollte es wieder spüren.
Er wollte wieder Drogen!
"Kaiba?"
Joey´ s Stimme riss ihn aus seinen euphorischen Gedanken.
"Geht´ s dir gut? Du siehst so blass aus." Der Junge stand wieder. "Du brauchst eine Pause." Seine Stimme verzerrte sich, mal tief mal hoch.
Kaiba kniff die Augen zusammen.
Auch Joey´ s Gestalt schien sich zu verändern, nur leicht und doch beängstigend.
Sie wirkte bedrohlich, fast unmenschlich.
Kaiba hielt sich mit der rechten Hand die Stirn fest, als ob es dadurch etwas ändern würde. Möglicherweise hatte er Fieber.
Nun schloss er seine weitaufgerissenen Augen, die Schwärze verwandelte sich in bunte Punkte, die mal verschwanden und wiederkamen, oder wie ein Filmstreifen vorbeizogen. Das Atmen versagte.
Es schien sich alles zu drehen und zu wenden, rasend zogen verzerrte Gestalten und Stimmen vor Kaibas Augen vorbei. Wieder öffnete der junge Mann die Augen, um zu entkommen, vor dem, was nicht war. Nun bedeckte kalter Schweiß sein Gesicht und wieder tauchte sein Büro in dichten Nebel.
Eine feste Berührung an seiner Schulter lies ihn wieder in die Realität halbwegs zurückkommen. Mit aufgerissenen Augen und nach Luft schnappend, starrte er Joey an, der neben ihm stand und seine Hand auf dessen Schulter ruhte.
"Kaiba?"
Seine Stimme klang wieder normal, doch Kälte übermannte jedes warme Gefühl, welches er durch Joey´ s warme Hand hätte fühlen müssen.
"Fass mich nicht an!" Gaffte Kaiba zurück.
Hastig nahm der angesprochene seine Hand von Kaibas Schulter. Joey sah in dessen Augen, zu matt und leblos erschienen sie ihm.
Gierig, nach etwas suchend und mit sich selbst kämpfend.
Kaiba biss sich auf die Unterlippe, bis sie zu bluten anfing, sein Körper hatte er nicht mehr unter Kontrolle. Er wusste nicht, ob er noch saß oder stand.
Joey beugte sich zu ihm und wisperte mit leisen Worten und Respekt.
"Du hast die Tabletten nicht genommen, die ich dir mitgebracht habe, stimmt´ s?" Er wartete auf keine Antwort,
sondern suchte mit den Augen den überfüllten Tisch ab. Joey schob nun ein paar Bücher bei Seite. Suchte unter etlichen Papieren und Ordnern danach.
"Wo hast du sie hingelegt?"
"Verschwinde Wheeler! Du kannst mir nicht helfen, außer du hast etwas für mich.
LSD.
Marihuana.
Heroin... damit kennst du dich doch aus..."
"Nun halt aber mal deine Klappe! Ich sag´ dir mal was!
Der Seto Kaiba, den alle kennen, ist nicht so feige und gibt schnell auf!
Er hält durch und gibt sich ohne Kampf nicht geschlagen!
Deine geliebten DROGEN haben dir den Verstand benebelt!
WO SIND DIE KAPSELN!"
Ungewollt schrie er Kaiba an.
Doch er bereute es nicht, er hielt es als das einzig richtige, er würde alles versuchen, nur um Kaiba zu zeigen, wie schwach er sich selbst gemacht hatte.
"Wheeler... Du bist eine Plage." "WO SIND DIE KAPSELN!"
Genervt stand Kaiba auf.
Etwas schwankend nahm er all seine Kraft zusammen und ging auf die Tür zu. Er fühlte sich schlechter als in den schlimmsten Alpträumen, die jemals in seinem Leben zur Realität geworden waren.
Seine Sicht war immer noch leicht trüb, doch er sah die rettende Tür direkt vor sich.
Was er brauchte war Ruhe.
Ruhe vor Joey Wheeler.
Doch bevor er an ihm vorbeigehen konnte und die Tür in sichere Nähe rückte, packte ihn eine Hand am Gelenk. Abrupt blieb Kaiba stehen und drehte sich widerwillig um. Joey hielt eisern den Griff fest.
Seine Augen weiteten sich, als er Kaibas Gesicht aus der Nähe betrachten konnte. Noch nie hatte er jemanden in so einer schlechten Verfassung erlebt.
Zuerst dachte er ungewollt an seinen Vater, wenn dieser betrunken in der Wohnung stolperte. Schnell verdrängte er diesen abartigen Gedanken und musterte Kaiba erneut.
Seine Augen,
seine Lippen,
die sonst so vitale Haut,
alles erschien leblos und weit weg.
Joey schluckte den Kloß in seinem Hals runter.
Kaibas Schmerzen spiegelten sich in seinem kalten Blick, der auf Joey geheftet war.
Der Blonde berührte bewusst Kaibas kalte Haut, suchte nach seinem Puls. Wie Joey feststellte, war dieser schwach. Und auch sonst machte Kaiba keine Anstalt seinem Griff zu entkommen oder die Berührungen zu untersagen.
Er war in Gedanken versunken, so weit weg, dass er sein körperliches Dasein nicht mehr wahrnahm.
"Kaiba, sag mir doch, wo du die Kapseln hingelegt hast." Wieder riss ihn Joey´ s Stimme aus dem Klammergriff des Nebels in seinem Verstand.
Joey´ s fester Griff löste sich, Kaiba nutzte die Gelegenheit und schritt zu seinem Arbeitstisch zurück. Schweratmend stürzte er sich an diesem ab und suchte in einer Schublade nach etwas.
Sofort stürzte sich Joey hinter den Bürogegenstand und löste Kaiba ab. Schnell holte er die richtigen Kapseln und Tabletten aus ihren Behältern und überreichte sie Kaiba. Noch bevor dieser etwas sagen konnte, griff der der Teenager nach der leeren Tasse und hastete aus dem Zimmer.
Kaum eine Minute verstrich, als er wieder im Büro erschien und Kaiba dieselbe grüne Tasse vors Gesicht hielt,
dieses Mal ausgewaschen und randvoll mit Leitungswasser gefüllt.
Wie auf Befehl griff Seto Kaiba nach der Tasse und schluckte eine Kapsel nach der anderen.
Der Kopf im Nacken liegend, spürte er das stockende Gleiten der letzten Tablette in seiner Speiseröhre. Nach einem weiteren Schluck Wasser verschwand es in seinem Magen.
Joey stand neben ihm, in der Hoffnung, die Medizin würde bald wirken.
Er fühlte sich erleichtert, so einen Rückfall hatte er von Kaiba nicht erwartet und hoffte, es auch niemals wieder zu erleben.
Ein trauriges Lächeln hielt ihm die brutale Realität wieder vor Augen.
Seto Kaiba war Drogenabhängig.
Nichts,
aber auch gar nichts würde sich von einem Tag auf den anderen ändern.
Nicht so schnell,
wie er es wollte, es würde Monate dauern, wenn nicht sogar Jahre, in die er viel Arbeit und Mühe investieren musste.
Und Geduld.
Wieder richtete sich sein Blick auf Kaiba, seine geschlossenen Augen und sein schwerer Atem wirkten nicht besonders aufmunternd.
Joey´ s Aufmerksamkeit ging auf seinen Brustkorb über. Kaiba hielt sich mit der flachen Hand die Herzseite fest, mit jedem neuen Luftholen hob und senkte es sich. Mit aufgerissenen Augen starrte der Blonde auf Kaibas Gestalt,
die sich nach Einnahme der Medizin immer noch nicht verändert hatte.
Instinktiv trat Joey etwas näher, da er befürchtete, sein Gegenüber würde nicht mehr lange auf den Beinen stehen können.
Er war sich sicher, wieder eine schroffe Antwort auf solche Annäherungen zu erhalten. Obwohl er lediglich seine Hilfe anbot, verstand Kaiba es offensichtlich immer falsch.
Der junge Mann wagte es nicht in seiner unmittelbaren Nähe zu atmen,
als befürchte er, den Prozess der Heilung zu hindern.
"Du solltest etwas essen, dann geht´ s dir sicher wieder besser." Kaibas linkte Hand, mit der er sich am Tisch abstützte, zog sich krampfhaft zusammen.
Leise hauchte er ein "Lass mich zufrieden" und verschwand einigermaßen fest auf den Beinen aus dem Zimmer.
Und wieder überging Kaiba Joey´ s aufopfernde Hilfeleistungen.
Seine Faust geballt, verwandelte sich Joey´ s Wut zu Verzweiflung.
Grob fixierte er den Bürotisch und schlug darauf ein.
Ein lauter Knall durchzog die abendliche Stille, der Schall verharrte im Raum. "Verdammt!" Joey rieb sich mit der anderen Hand die schmerzende Faust.
Sein wutentbrannter Blick durchzog die Papiere auf dem Tisch.
Und eigentlich,
wurde es ihm im nachhinein bewusst,
war er in keinem Fall gezwungen, Kaiba aus seiner Lage rauszureiten. Sein Leben verlief auch ohne diesen eingebildeten Idioten nicht so, wie er es selbst gerne hätte. Und ob er ins Gefängnis kam, weil er einen Prozess verlor, bei dem selbst die Wahrheit gegen ihn sprach, war keine große Sache mehr.
Was konnte seine Zukunft für ihn schon bieten, wenn nicht ein Schicksal dem seines Vaters gleich. Und dann würden alle sagen, was sie schon immer dachte:
´War ja klar, dass der wie sein Vater wird
oder ´Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm.
Joey musterte seinen kopierten Papierstapel.
Ihm fiel sein bester Freund Yugi ein.
Was würde er sagen, wenn Joey ins Jugendgefängnis kam, nur weil er es gewagt hatte, Seto Kaiba die Fresse zu polieren?
Yugi würde trotz allem zu ihm halten, das war Joey klar. Es schien dem jungen Mann hin wieder so, als sei sein bester Freund der einzigste Mensch auf der Welt, der ihn verstand und wusste, was ihn bewegte.
Nur eines nicht.
Was keiner wusste...
Nun war es ihm auch egal, ob die Kapseln und Tabletten ihre positive Wirkung entfaltet haben oder ob Kaiba sich in sein Zimmer verzog und seiner Sucht nachjagte. Es war Joey egal,
ob er sich an das Entzugsprogramm hielt oder nicht.
Hastig drehte sich der junge Mann um, nahm seine Jacke, die er zuvor auf der Couch liegen gelassen hatte, und verschwand im dunklen Korridor, welcher zur Haustür führte. Nach einem überzeugten Blick, mit welchem er die Eingangshalle der Villa absuchte, lief er so schnell er konnte die Treppe hinunter und dann durch die Tür.
Der Regen setzte wieder an und mit ihm der kalte Wind, der die werdende Nässe verstärkte und die Nacht unangenehm gestaltete, wie viele Nächte zuvor.
Wieder befand sich eine dampfende Suppe vor ihm.
Es roch nach Hähnchen,
der übertriebenfettige Geruch weckte ein unangenehmes Würgegefühl.
Das Fleisch schwamm lustlos im Teller und stieß hin und wieder mit dem Löffel zusammen, das Kaiba in den Brühe schwenkte. Schon heute morgen hatte er keinen großen Appetit auf Hühnersuppe und nun lag sie schon wieder vor ihm.
Kaiba löffelte ein Stück Fleisch heraus und schob es in seinen Mund. Die Wärme breitete sich sofort aus, das Fleisch zerteilte sich unter den aufeinanderreibenden Bewegungen seiner Zähne.
Leise Schritte, die immer lauter wurden, weckten seine Aufmerksamkeit.
"Seto! Da bist du ja! Ich hab´ dich schon überall gesucht." Wenig überrascht drehte der Blauäugige seinen Kopf in die Richtung, aus welchem die vertraute Stimme kam.
Noch bevor Kaiba seinen Bruder richtig realisierte, setzte sich dieser ihm gegenüber an den Tisch. Auch für ihn stand ein Teller mit derselben Suppe bereit. Der saubergedeckte Tisch lockte mit vielen weiteren Leckereien, wie Kaviar und Trüffel.
Trotz seiner Müdigkeit und dem Desinteresse an den zahlreichen Speisen, aß Kaiba eine geringe Menge, um seine Mattigkeit loszuwerden. Mokuba hingegen speiste mit großem Appetit das dargebotene und achtete minder auf seinen großen Bruder, der längst fertig war und wieder in Gedanken zu versinken schien.
Seine Sinne und Wahrnehmung normalisierten sich wieder, der blasse Nebel verschwand und die Verzerrungen lösten sich allmählich auf.
Doch trotzdem blieb dieses bindende Gefühl des Verlangens, der Freiheit und der Leichtigkeit, welche so vertraut durch die Drogen geworden waren.
Doch kein Stückchen besser fühlte sich sein Körper an, der kalte Schweiß haftete immer noch an ihm.
Mokuba schien es allmählich aufzufallen, dass etwas seinen älteren Bruder bedrückte und nicht mehr losließ Flüchtig schaute er ihn seine saphirblauen Augen.
Sachte ließ er sein Besteck sinken und musterte Kaiba erneut, um seiner Leblosigkeit auf den Grund zu kommen.
"Geht´ s dir nicht gut Seto?" - "Doch. Ich bin nur müde, das ich alles."
Nach kurzem Überlegen leuchteten Mokubas kindliche Augen auf.
Er lächelte und stand auf, umging den Tisch und zupfte leicht an Kaibas Ärmel während er sprach.
"Ich habe eine Gute Idee! Ein Bad wird dir sicher gut tun, Bruder. Außerdem hast du schon lange nicht mehr mit mir gebadet..." Seine Augen sahen Kaiba fragend an,
reglos stand er nun neben seinem Bruder und hoffte, dieser willigte ein, um ein gemeinsames Bad zu nehmen und endlich Zeit mit ihm zu verbringen.
Kaiba schaute seinen Bruder an, dessen Blick immer noch eisern an ihm haftete.
Ein warmes Bad würde ihn sicherlich auf andere Gedanken bringen und er konnte die Zeit, in der er oft Überstunden schieben musste, um mit seiner Arbeit fertig zu werden, endlich nachholen und Mokubas Nähe genießen.
Eine leichte Sympathie für den Verlauf der Dinge überflutete Kaibas Gefühle.
Ein Bad mit seinem Bruder würde ihm wieder die nötige Stärke geben, um sich noch ein paar Stunden an die Arbeit zu setzen und danach im wohltuenden Schlaf unangenehme Dinge zu vergessen.
"Ja. Das wird wohl das beste sein."
Aus dem Augenwinkel sah er die Vorfreude aus seinem Bruder nur so heraussprudeln. Kaiba war schließlich seine einzigste Familie und diese wollte er nicht verlieren,
so wie es in den letzten Tagen zu werden schien.
Keiner der Brüder wollte Distanzierung, doch hin und wieder schlich sich diese unmerklich ein und stahl die Zeit, die ihnen zustand.
Kinderlachen hallte im Raum wider und vermehrte sich mit jeder Sekunde.
Mokuba erzählte, lachte und freute sich über ein blasses Lächeln von seinem Bruder, dessen Kopf angelehnt auf der Kante der Badewanne ruhte.
Der Schaum lag bereits zahlreich auf dem Boden verteilt.
Manchmal öffnete Kaiba seine Augen um Mokubas Freude zu betrachten. In solchen Momenten breitete sich immer ein zufriedenes Gefühl bei ihm aus.
Widerwillen dachte er an Joey,
der einfach verschwunden war, auch ohne ein Wort zu sagen.
Kaiba seufzte mit dem Gedanken, dass er sich so arrogant wie eh und je verhalten haben musste.
Sollte er sich ändern,
oder war diese Charaktereigenschaft so tief integriert, dass es ihm inzwischen gar nicht mehr auffiel, wie er mit Mensch umsprang...
Aufsteigende Wärme lies ihn von seinen Gedanken ab.
Mokuba hatte durch seine Bewegung das Wasser wieder aufgewühlt, sodass die Wärme aufstieg.
Das Lachen war längst verstummt.
Mokuba setzte sich neben seinen Bruder, die Größe der Badewanne und die viereckige Form mit abgespitzten Kanten erlaubte viel Freiheit.
Der Junge winkelte seine Beine an und umschlang sie mit seinen Händen, den Kopf senkte er zu seinen Knien
"Ich mache mir sorgen um dich Seto..."
Der Jüngere spürte wie Kaiba über sein Haar strich und lästige Strähnen aus dem Gesicht seines Bruders entfernte.
So selten wurde im die Liebe seines Bruders bewusst, die er stets hinter einem Vorhang aus Eis versteckte.
"Du arbeitest so viel... und ich sehe dich kaum noch.
Du hast Geheimnisse vor mir..."
Leise hauchte Kaiba seinem Bruder ins Ohr, dass die jetzige Situation es nicht anders verlangt.
Mokuba seufzte, als sein Bruder langsam aus der Badewanne stieg. Mit geschlossenen Augen hörte er, wie sich dieser abtrocknete und seinen Körper mit einem Bademantel verhüllte.
"Wenn du mich brauchst, ich bin in meinem Büro." Leise gesprochen, ohne sich vergewissert zu haben, ob es Mokuba gehört hatte, verlies er den Raum.
"Natürlich...", wisperte Mokuba und sah dem fiktiven Schatten nach, der über Seto Kaiba zu schweben schien.
Wie der Wind, der nur durch seine Taten sich erkennbar gibt...
Das blonde Haar, vom Wind noch mehr zerstreut, fiel Joey strähnig in die Augen. Starr blickte er auf seine abgenutzten Turnschuhe,
die bereits vorne zu reisen begannen.
Die Schnürsenkel lustlos in die Seite des Schuhs gestopft, damit diese beim Gehen nicht hinderten und den Besitzer zu noch mehr Unfällen führten,
widersetzten sich dennoch diesem Wunsch und suchten mittlerweile die Freiheit.
Joey seufzte.
Auch seine Hose schien nicht mehr die neueste zu sein.
Die Unterseite franste allmählich aus, auch wenn er diese oftmals knickte und leicht nach oben zog, um genau das zu verhindern.
Der kalte Betonboden unter Joey´ s Körper reizte das Fleisch.
Trotz Schmerzen blieb der Junge sitzen, stützte seine Ellbogen am Knie ab und bettete seine Wangen in die kalten Hände.
Nur fahles Licht schien auf die Treppe, auf der Joey saß.
Die Villa, zu welcher die große Tür hinter ihm führte, erstreckte sich endlos in der Dunkelheit der Nacht.
Kein Geräusch drangen in die einsame Finsternis, in der dunkle Fantasien und Leblosigkeit herrschte.
Schon vor einer Stunde hatte Joey die Villa der Kaiba Brüder verlassen und doch saß er regungslos immer noch vor dessen Tür und lauschte.
Der große Garten spiegelte Trostlosigkeit wider.
Erneut seufzte Joey Wheeler.
Er wusste, das er hier nicht erwünscht war und es auch nie sein wird,
doch hielt ihn trotzdem etwas hier.
Hier vor der Tür.
Er wachte.
Ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus.
Die Kälte biss sich immer tiefer ins Fleisch, der Wind wehte den frischen Hauch der Eintönigkeit in sein Gesicht.
Aus Langeweile schob Joey seine rechte Hand in eine Hosentasche und suchte nach etwas.
Kaltes Metall traf klirrend auf seine Finger.
Lustlos spielte er einige Minuten lang mit seinem Hausschlüssel, bis er diesen rausholte und näher betrachtete.
Der Schlüsselbund bestand lediglich aus einem großen, eisernen Schlüssel für die untere Tür des Hauses,
da diese nachts immer abgeschlossen wurde,
und einen etwas kleineren für die Wohnungstür.
Kein Anhänger zierte den kahlen Bund.
Ein weit entferntes Geräusch riss Joey aus seinen Gedanken.
Der Wind spielte mit heruntergefallenen Blättern und warf diese nach Lust und Laune von einer Straßenseite zur anderen.
Trotz Winteranfang lagen immer noch viele braun-rote Blätter auf den nassen Straßen.
Joey strich sich über das Haar und beschloss, anstatt Trübsal zu blasen, nach Hause zu gehen und sich dem zu stellen,
was noch vor ihm lag.
Sein Blick schweifte beim Aufstehen an den dunklen Fenstern vorbei.
Kalt wie der Hauseigentümer.
Kalt und leer.
Der Kälte wegen steckte er seine Hände in die Hosentasche zu beiden Seiten und betrachtete weiterhin das Gebäude. Mit einer Windböe drehte er sich um und trat in der Dunkelheit, die kein Licht erwartete, den Heimweg an.
"Bis morgen..."
