Ankunft
Nichts
kann dem Willen eines Menschen trotzen, der sogar seine Existenz aufs
Spiel setzt, um sein erklärtes Ziel zu erreichen.
(Benjamin
Disraeli)
Das Rumpeln des Zuges ließ Draco aufschrecken. Verwundert schaute er sich um. Wo war er?
„Ach ja…!" Er wand seinen Blick Zabini zu, welcher immer noch friedlich schlief. Schwarze und Violette Strähnen hingen ihm wirr ins Gesicht und er schnarchte leise.
Draco grinste. Wieso hatte Blaise sich eigentlich die Haare Violett gefärbt? Nun ja, nicht ganz violett, musste er zugeben, aber die vorderen Haare zumindest. Der Rest war ebenmäßig schwarz.
Innerlich schallte er sich.
Was machte er sich eigentlich für Gedanken um Blaise's Haarfarbe?
„Hey, wach endlich auf. Wir müssten gleich da sein!" Draco rüttelte ungestüm an der Schulter seines Freundes. Dieser murrte nur unzufrieden und drehte sich von Draco weg. „Blaise. Verdammt, wach auf!", knurrte Draco. Er mochte es nicht, wenn man ihm nicht den nötigen Respekt entgegen brachte. Meist brachte er dies auch deutlich rüber. Nur zwei Menschen schien dies nie interessiert zu haben. Der eine wehrte Draco's Weckversuche mit einem Knurren ab und der Andere…
Draco ließ Blaise in Ruhe und widmete sich wieder dem Fenster. Der Zug war merklich langsamer geworden, hielt fast. Aber sie schienen sich mitten in der Wildnis zu befinden. Warum hielten sie trotzdem?
„Du hast keine Ahnung, was los ist richtig? Man sollte meinen, Harry hat zuviel auf dich abgefärbt. Solche ungeplanten Aktionen sind für dich echt nicht normal!" Blaise streckte sich und strich seine Jacke ein wenig von den Schultern. Draco hatte sie ihm vorhin übergelegt.
„Wir befinden uns an der Grenze zu Schottland. Es wird gleich einen Kontrollgang geben, also nichts Weltbewegendes. Bevor wir im Hauptbahnhof ankommen, dauert es noch eine Weile. Hast du denn wenigstens eine Ahnung, wo wir anfangen zu suchen?" Er gähnte und strich sich die verirrten Haarsträhnen aus dem Gesicht.
„Ja. Und nur, weil ich nicht weiß, wie die Muggel das machen, heißt das nicht, dass ich unvorbereitet bin. Wir werden dort" Er hatte nach seiner Tasche gegriffen und eine Karte heraus gezogen. Es war eine magische Karte, welche auch Orte anzeigte, die Muggel nicht bemerken würden. Zaubererviertel, Drachenschutzgebiete und Ähnliches, waren ebenfalls eingetragen. Draco deutete mit dem Finger auf einen Ort nahe der Grenze „suchen. Ungefähr 100 Kilometer entfernt haben wir gekämpft. Wenn Harry es tatsächlich geschafft hat zu überleben, werden wir ihn am ehesten dort finden. Es ist ein Muggeldorf, das heißt sie werden ihn nicht kennen und sich kaum Gedanken machen." Blaise nickte und schaute die Karte eingehen an.
„Und was ist hier mit? Das Dorf hier liegt viel Näher…!" er deutete auf einen kleinen gekennzeichneten Punkt näher an der Grenze und auch näher an dem Platz, den Draco als Kampfplatz beschrieb. Blaise selber war nicht dabei gewesen…
„Das ist ein Zaubererdorf oder zumindest zu 80. Würde er dort aufgetaucht sein, glaubst du im Ernst, das wäre nicht irgendwo erschienen?" Blaise nickte. Gut, vielleicht kannte sich sein Freund nicht mit Muggeldingen aus –oder zumindest nur oberflächlich- aber was Strategie und diese Dinge anging, konnte ihm anscheinend keiner das Wasser reichen.
„Gut, du hast Recht. Hat den unser großer Führer auch schon eine Ahnung, wie wir da unterkommen sollen, ohne Aufmerksamkeit zu erregen?"
„Dort müsste es einen Gasthof geben. Wir sollten uns dort einquartieren. Von dort aus können wir uns umhören, ob jemand ihn gesehen hat." Draco rollte die Karte wieder zusammen und legte sie zurück, anschließend schaute er wieder aus dem Fenster.
„Draco?"
„Hm?"
„Hast du dich nicht gefragt, warum Harry, wenn er noch lebt, nicht zurückgekommen ist?"
Draco hielt in seiner Bewegung inne. Er wollte etwas sagen, doch Blaise, der die Reaktion seines Freundes bemerkt hatte, hob abwehrend die Hände und sprach schnell weiter.
„Das heißt nicht, dass er zwingend tot sein muss. Vielleicht versteckt er sich auch einfach?"
„Wieso sollte er sich verstecken? Vor wem?" Draco hatte sich umgedreht. Schmerz stand in seinen Augen und Blaise bereute es, überhaupt damit angefangen zu haben.
Aber irgendwie musste er seinen Freund doch auf das Schlimmste vorbereiten. Vielleicht hatte der Orden wirklich Recht und Harry war tot. Getötet durch den Fluch… Auszuschließend war es jedenfalls nicht, doch Draco schien sich dessen nicht wirklich bewusst. Oder er verdrängte es hartnackig.
Blaise hatte dies schon oft erlebt. Bei Menschen, die sich innig liebten, trat es in Zeiten des Krieges häufiger auf.
Da er zu den ‚Mediemagiern', als Heilmagiern, gehörte, hatte er nicht direkt mitgekämpft. Als der Finalekampf stattgefunden hatte, war er auf einem anderen Schlachtfeld gewesen. Sie hatten die Verwundeten, die Toten geborgen.
Er erinnerte sich noch mit Schrecken daran, wie er eine junge Frau gesehen hatte, die neben ihrem Gefährten gesessen hatte.
Die ganze Zeit hatte sie geredet und als Blaise zu ihr gekommen war und sie mitnehmen wollte, erklärte sie ihm ganz ruhig, dass ihr Freund mit ihr kommen müsste.
Er würde nur schlafen. Dabei bekam ihr Gesicht so einen zärtlichen Ausdruck.
Blaise wäre damals am liebsten weggelaufen. Die Frau schien zu glauben, was sie sagte. Sie schien ernsthaft zu glauben, dass ihr Mann nur schlief.
Ob Draco so was auch durchmachen würde?
Ob er es gerade durchmacht?
„Blaise, schau mich nicht so an. Ich bin nicht verrückt."
Blaise schlief wieder. Vor einer halben Stunde waren die Muggel hier gewesen. Draco hatten ihnen ihren Ausweis, die Papiere (welche er magisch verändert hatte) und ihre Bahntickets gezeigt. Zufrieden waren sie abgezogen.
„Wir wünschen ihnen viel Glück, Mister Smith." Und die Tür war zugefallen.
Nun hatte Draco Zeit zum Nachdenken. Aber wollte er das auch?
Nachdenken?
Hatte er nicht schon genug nachgedacht? Was würde er tun, wenn sie Harry nicht finden würden?
Was würde er tun?
Bisher hatte er sich noch nicht endgültig mit dem Gedanken abfinden können, dass sein Geliebter gestorben war. Immer noch war da diese Scheiß Hoffnung. Dennoch schien sein Herz zerrissen. Er fühlte sich an, als würde eine Hälfte von ihm fehlen. Etwas, was er verloren hatte. Wie eine Gewohnheit? Nein… Wie einen Teil seiner Seele.
Er zeigte es Blaise nicht. Auch wenn dieser viel aus Draco's Miene lesen konnte. Gewisse Dinge wusste er nicht.
Würde er sie wissen…
Würde er wissen, das Draco sich umbringen wollte?
Würde er wissen, dass er nur lebte, weil da eben noch diese Hoffnung war?
Was würde er tun?
Kopf schüttelnd griff Draco nach einer Wasserflasche, die er sich vorhin gekauft hatte und trank ein paar Schlucke.
Draco hatte sich die Frage einmal gestellt. Würde er seinem Geliebten in den Tod folgen? Alles aufgeben, nur ihm ihn wieder zu sehen?
Über die Antwort war er sich noch nicht sicher, wie könnte er auch? Wenn Harry noch lebte, wenn er wirklich noch da war?
Es fühlte sich nicht so an, als wäre er tatsächlich gegangen, auch wenn man es ihm gesagt hatte.
„Was denke ich da. Vielleicht hat Blaise Recht. Vielleicht will ich es einfach nicht akzeptieren und rede mir etwas ein. Nur um am Ende zu wissen, dass die Anderen die ganze Zeit recht hatten. Nur um zu wissen…" Ein Schluchzen kam seine Kehle hoch. Hatte er anfangs noch ruhig und beherrscht gesprochen so war die Tatsache, dass Harry wirklich tot war… Er wollte es nicht denken, geschweige den aussprechen.
Aber irgendwie… hatte Blaise da nicht Recht?
Warum war er denn nicht zu ihm zurückgekommen? Warum hatte er keine Nachricht geschickt? Warum hatte er Draco einfach alleine gelassen, alleine mit seinem Schmerz.
„Scheiße Harry..!" Ich vermiss dich.
Der Zug hielt mit einem Ohrenbetäubenden Quietschen und Draco schreckte aus einem tiefen Schlummer. Blaise war derweil damit beschäftigt, ihre Sachen zusammenzusuchen. Als er bemerkte, das Draco aufgewacht war, lächelte er ihn freundlich an.
„Schön, dass du endlich wieder unter den Lebenden weilst!"
Draco fühlte sich nicht wie ein Lebender. Seine Knochen schmerzten, sein Körper brannte unangenehm, als hätte er Fieber und er fühlte sich so müde.
Gelangweilt zog er seinen Zauberstab, murmelte einige Worte und alle verstreuten Sachen, von Klamotten, über Bücher bis zu Karten, flogen zurück in ihre Taschen.
Es war ein einfacher Haushaltszauber, den er schon vor der ersten Klasse gelernt hatte. Sicher war sicher.
Anschließend zogen sie sich ihre Muggeljacken an und verließen mit dem Gepäck den Zug.
Draußen wehte ein starker Wind, nicht unüblich für diese Jahreszeit.
Kaum Leute befanden sich auf dem Bahnsteig. Die Meisten, die um diese Uhrzeit, es war weit nach Mitternacht, noch hier waren, hatten sich in die kleinen Läden, Caffees und Bars zurückgezogen.
Auch Draco sehnte sich nach Wärme, auch wenn nicht nach solcher wie die Menschen in den Geschäften.
Er straffte seine Schultern und hob die beiden Taschen auf. Warum hatte er nicht daran gedacht sie klein zu zaubern, wie Blaise, welcher leichtfüßig neben ihm lief.
„Und wie kommen wir da jetzt hin?", fragte Blaise, nachdem sie das Portal durchschritten hatten. Draco schreckte wieder auf und schaute seinen Freund an.
„Wie bitte?"
„Wie wir dahin kommen?", erwiderte Blaise. Mittlerweile wunderte ihn das Verhalten von Draco nicht mehr. Seitdem Harry nicht mehr da war, es waren fast vier Wochen, war er immer nervöser geworden, unruhiger und teilweise überhaupt nicht ansprechbar, weil er tief in seinen Gedanken versank.
Blaise
machte sich ziemliche Sorgen. Draco hatte schon einmal eine solche
Wendung in seinem Verhalten gemacht.
Das war damals, als sie noch
zur Schule gegangen waren.
Als erstes hatte Draco ihm anvertraut, dass er eigentlich gar kein Todesser sein wollte. Dass er schon seit einer Weile darüber nachdachte, wie er dem entgehen konnte.
Er konnte mit Blaise darüber reden, da dieser zu den Wenigen gehörte, welche nicht aus einer Todesser Familie stammte. Und Blaise hatte ihm zugehört.
Waren sie vorher entfernte Freunde gewesen, so wurden sie in dieser Zeit beste Freunde. Draco verriet ihm vieles und Blaise tat es ihm gleich. Sie lernten sich kennen, so wie kein Anderer sie kannte. Blaise wusste von Dracos Ängsten, dass auch der ‚Prinz von Slytherin' –wie man ihn manchmal nannte – schwach war, in manchen Momenten.
Das auch er Wünsche, Träume und Hoffnungen hatte, wie jeder Andere auch.
Als dann die Sache mit Harry angefangen hatte –Blaise hatte schon vorher den Verdacht, da selbst wenn man sich hasst, man doch nicht ständig an den Anderen dachte, so er- wollte Draco sich eigentlich in die Anstallt einweisen lassen.
Er hatte es nicht verstehen können und war nur langsam darüber hinweggekommen. In der Zeit war er schlimmer den je Harry gegenüber gewesen. Hatte ihn getriezt, geärgert wo er nur konnte. Und Draco konnte es gut. Er wusste immer genau, was er sagen musste um jemanden zu verletzten.
Schließlich endete das Ganze sehr abrupt. Plötzlich, es war im sechsten Schuljahr gewesen, hatten alle Slytherins die Anweisung bekommen, sich ja von ‚Potter' fernzuhalten. Sie hatten gehorcht, mit einem Malfoy legte man sich nicht an, wenn man unbeschwert weiterleben wollte.
Draco selbst war in der Zeit immer wieder bei Harry anzutreffen gewesen. Blaise hatte dies nichts ausgemacht. Es war ihm, wie er jetzt bemerkte, eine Freude gewesen, den Beiden zuzuschauen, schon alleine, weil er um Draco's Gefühle wusste.
Auch hatte er bemerkt, dass dessen … Nun ja, Triebverhalten rapide nachgelassen hatte. Ganz wie es die Art seines Freundes war, hatte er Harry's Zustand ausgenutzt um sich diesen zu nähern. Ein Vorteil für beide Parteien aus der Situation zu ziehen. Harry gewann einen Freund, einen richtigen Freund und Draco konnte in seiner Nähe sein, ihn beschützen und ihn ihm geheimen lieben.
Blaise lächelte innerlich, als er daran dachte, wie aufgeregt Draco immer gewesen war, wenn er sich mit Harry getroffen hatte.
Wie gesagt, anfangs war da nicht viel. Die Hänsellein ließen nach, aber für Draco war es trotzdem ein ganzes Stück arbeit gewesen, Harry's Vertrauen zu gewinnen.
Blaise hatte ihm natürlich oft zur Seite gestanden, wie sollte es auch Anders sein?
Und als
sie schlussendlich ein Paar gewesen war…
Draco hatte sich so
sehr verändert. Er war freundlicher, ehrlich freundlicher,
ruhiger und ausgeglichener. Denn selbst wenn die Anderen aus der
Schule es nicht mitbekamen und ihn immer einen Emotionslosen Eisblock
schimpften; Draco hatte sehr wohl Emotionen, welche er meist später
an anderen Slytherins, wenn er diese im Gemeinschaftsraum erwischte,
ausließ.
Und nun, nachdem er die Nachricht von Harry's Tod erfahren hatte, war er wieder völlig anders.
Hatte Draco sich vorher sehr um sein Äußeres gekümmert, so tat er nun nur noch das nötigste.
Seine Kleidung war zwar immer noch hochwertig, aber nicht mehr so fein abgestimmt wie früher, als Harry noch da war und seine Haare waren sehr lang, viel zu lang für einen Malfoy, und hingen ihm teilweise strähnig ins Gesicht.
Dabei kamen Erinnerungen von Snape in Blaise hoch. Oh ja, der hatte sich ganz schön über die Beziehung zwischen Harry und Draco geärgert. Hatte Draco ganze 10 Punkte abgezogen, dass erste mal, dass er das bei Draco getan hatte.
Diesen hatte das ziemlich wenig interessiert und seine Meinung auch deutlich zum Ausdruck gebracht, als er seinen Freund vor Snapes Augen geküsst hatte.
Snape hatte sich irgendwann damit abgefunden. Was sollte er auch tun?
„Sag mal, was grinste du so vor dich hin? Hast du mir überhaupt zugehört?" Draco schaute ihn böse an.
„Ähm… Du solltest nicht fragen, wenn du nicht willst, das ich dich anlüge!" schuldbewusst schaute der Mann nach unten.
„Schlauer Spruch. Komm jetzt, ich denke selbst hier finden wir ein Taxi!" Draco stolzierte los, seine Taschen über den Rücken.
Blaise folgte ihm.
Sie waren in einem muffigen, alten Taxi in einem kleinen Ort namens Milltown. Schmuddelig und ziemlich alt war es hier.
„Draco, der Ort ist unheimlich!", murmelte Blaise und Draco stimmte ihm zu. Sie waren lange gefahren und zum Glück hatte der Fahrer nach einer Weile aufgegeben, mit ihnen zu sprechen. Sonst hätte der Blonde ihn wohl in die nächste Woche gehext, Verbote hin oder her.
Nun war es mittlerweile fünf Uhr in der früh, der Himmel wurde heller und es war ziemlich kalt. Kein Wunder für Anfang Februar.
Draco selbst störte die Kälte nicht. Seine Jacke, mit einem Wärmezauber belegt, hielt ihn warm und dazu mochte er die kühle, reine Luft im Winter am liebsten.
Harry war immer ein Sommermensch gewesen und…
Blaise zupfte an seinem Ärmel.
„Hey, dort vorne ist der Gasthof. Kommst du?" Draco nickte und folgte seinem Freund. Hier gab es keine Autos oder wenn dann nur sehr wenige, sie waren die einzigen Menschen auf der Straße und nur wenige Lichter erhellten den Weg.
Das einzige Haus, welches hell war, war der Gasthof. Leicht zu finden.
Als sie davor standen, schaute der Blonde sich eingehend um. Das Haus hatte schöne Verzierungen, eine Veranda, welche von schweren Holzsäulen gehalten wurde. Nun war er sich nicht mehr so sicher, ob es hier wirklich so hässlich war. Bei Sonnenlicht konnte es hier vielleicht sogar ganz hübsch aussehen.
Blaise hatte währenddessen die Tür aufgestoßen und Draco folgte ihm.
Die Gaststätte an sich sah gar nicht mal so schlecht aus. Etwas rustikal eingerichtete, vielleicht ein wenig schmutzig. Doch Draco war das im Moment egal.
Er hatte in den letzten Tagen nicht viel geschlafen und Gott, er wusste, wie ungesund er aussah.
Sein Körper brannte und verlangte nach Schlaf.
Blaise schien dies zu merken, gab der Frau schnell das Geld und führte seinen Freund zu dem Zimmer, welches sie sich teilen würden.
Noch bevor Draco darüber nachdenken konnte, dass er sich umziehen musste, lag er schlafend auf dem weichen Bett.
Blaise stand nur daneben und schüttelte lächelnd den Kopf, bevor er seinen Freund mit einem einfachen Zauber, auszog und sich selber fertig machte.
Auch er war müde, selbst wenn Draco dachte, er hätte die meiste Zeit im Zug geschlafen.
Wie konnte er schlafen, wenn er wusste, dass sein Freund, selbst wenn er es nach Möglichkeit zu verbergen suchte, litt.
Manchmal wunderte es ihn, wie tief Freundschaft gehen konnte.
Der Morgen begann außerordentlich ruhig.
Blaise wusste, dass er wach war, doch er wollte die Augen nicht öffnen. Dreimal war Draco während der Nacht schreiend aufgewacht, hatte gezittert und geschluchzt. Es war schwer gewesen ihn zu beruhigen und als er das letzte Mal aufgeweckt wurde, war er an Dracos persönlichen Tränkevorrat gegangen, welchen dieser überall mit hinnahm.
Er hatte Glück gehabt und einen Phiole mit Traumlosschlaftrank gefunden. Sein Freund hatte sich nicht wirklich wehren können, als Blaise ihm das Mittel eingeflößt hatte. Danach war er ruhig gewesen.
Blaise wusste nicht wie spät es war, doch da die Sonnenstrahlen ihn im Gesicht kitzelten und er sich partout nicht bewegen wollte, konnte er davon ausgehen, dass es schon weit nach Mittag war.
Draco im Bett neben ihm, schlief auch noch, leises Schnarchen verriet ihn. Es war wohl auch besser so, vielleicht fand er jetzt, die Ruhe, die er benötigen würde, um die ganze Situation zu bewältigen und zu erfassen.
Blaise hatte seinen Blick gesehen, als sie in der Bahn waren. Er hatte nachgedacht, war in die Vergangenheit abgetaucht. Seine Augen waren leer und gleichzeitig so voller Gefühle. Als wäre er gar nicht hier gewesen.
Erst jetzt drehte Blaise sich um und wusste gleichzeitig, das seine Hoffnung auf ein paar weitere Stunden Schlaf nicht erfüllt werden würden.
Er blinzelte und schaute sich verschlafen um. Die Decke zog er noch ein wenig dichter zu sich, da es empfindlich kalt war.
Es erinnerte ihn daran, wie sie zusammen im Slytherin Schlafsaal geschlafen hatten. Dort war es auch immer kühl gewesen und immer wieder hatte Blaise sich gefragt, wie Draco die Kälte so mögen konnte.
Sein Freund war da ganz anders… gewesen? Harry hatte die Sommertage geliebt, vor allem, nach seinem 17ten Lebensjahr. Blaise wusste nicht alles über den Jungen, zwar ein wenig mehr, als die offizielle Version, aber trotzdem zu wenig um seine Freude zu verstehen.
Er erinnerte sich noch genau, wie Dracos Augen geglitzert hatten, als Harry ihm von seinem und Dumbledores Plan erzählt hatte, das sie ab heute in Hogwarts bleiben dürften. Das nächste Jahr wäre das Letzte und da es hier für die Beiden sicherer war, wurden die Regeln ein wenig geändert.
Dies war nicht ganz uneigennützig von ihrem Direktor gewesen, das wusste Blaise schon damals, auch wenn Draco und Harry das noch nicht so sahen. Sie waren dankbar für eine Chance, ihre Beziehung auszuleben, da nahmen sie die zusätzlichen Übungsstunden hatten sie von ihrer Überzeugung abbringen können.
Dumbledore war vielleicht nicht böse, wie Voldemort, aber ein Unschuldslamm, war er auch nicht. Er hatte beide Jungen missbraucht, sie zu Werkzeugen gemacht. Werkzeuge, die für das ‚Gute' Kämpfen sollten.
Blaise hatte sich ihm damals angeschlossen, um ein Auge auf seine beiden Freunde zu haben. Er mochte Harry schon damals, was vielleicht auch daran lag, das er fasst nach Ravenclaw gekommen war und deshalb nicht alle typischen Slytherin Eigenschaften hatte. Ganz im Gegensatz zu Draco, welcher alle Züge, die Salazar Slytherin so verehrt hatte, vereinte.
Und Harry? Anfangs mag er vielleicht fast einer von ihnen geworden sein, doch seine Zeit in Gryffindor war nicht spurlos an ihm vorbeigezogen.
Draco und Harry, wie Sonne und Mond.
Zwei Seiten einer Münze und genauso unzertrennlich mit einander verbunden.
Nach den Ferien hatte Blaise sie fast nicht wieder erkannt. Ihre Ausstrahlung war eine völlig andere gewesen. Harrys Aura, war leuchtend hell gewesen und Dracos so dunkel wie die Nacht. Doch was Blaise wirklich erschreckt hatte, war die Tatsache, dass als er sie das nächste Mal gesehen hatte, beide Auren hatten, so dunkel wie die Nacht.
Sie mussten tausend schwarzmagische Flüche kennen. Flüche, die nichts mehr mit dem ‚guten' zu tun hatten. Denn sie dienten nur dazu, zu töten und zu kämpfen.
Auge um Auge, Zahn um Zahn.
Blaise hatte nie gedacht, das Dumbledore so etwas jemals in Betracht ziehen könnte. Der Junge wusste, wie sehr der Direktor der schwarzen Magie abgeneigt war. Zumindest hatte er dies immer so aufgefasst.
Die Tatsache, das Beide in schwarzer Magie ausgebildet worden waren, war nur ein weiterer Beweis dafür, dass der alte Mann nicht so unschuldig war, wie er immer tat.
Ob er damals gewusst hatte, das Blaise ihn durchschaut hatte? Er war sich nicht sicher, denn er vereinte die Gerissenheit und die Tücke der Slytherins mit der Klugheit und Berechnung der Ravenclaws.
Aber es spielte auch keine Rolle. Spätestens nach dem Krieg, als Draco niemanden mehr sehen wollte und Blaise zu dem Magier gegangen war, wusste der alte Mann, das er von einem ‚einfachen Schüler' durchschaut worden war.
Blaise schauderte es immer noch, wenn er an das Gespräch dachte:
„Wie konnten sie so etwas tun? Sie wussten, es, nicht? Sie wussten, dass die Wahrscheinlichkeit, dass Harry sterben würde, fast sicher war. Sie haben ihn leichtfertig in den Tod geschickt. Und Draco? Haben sie sich auch nur einmal Gedanken darüber gemacht, was mit den Leuten ist, die Harry wirklich geliebt haben? Wie Draco, wie ICH. Nicht so, wie seine angeblichen Freunde, die nicht einmal am Krieg teilgenommen hatten. Feige wurden sie versteckt, arbeiteten im Hintergrund."
Er blickte Dumbledore hasserfüllt an. Selten geriet Blaise außer Kontrolle, doch das amüsierte Blitzen in den Augen, seines früheren Rektors, machte ihn wahnsinnig.
„Ihm war es von Anfang an bewusst. Er wusste, welches Schicksal ihm auferlegt worden war. Und Mr. Malfoy hätte es auch wissen müssen. Er hätte wissen, müssen, auf was er sich einlässt, sollte er mit Harry eine zu enge Verbindung eingehen."
„Sicher, jetzt tun sie wieder den Frommen. Sie wussten es BEIDE nicht. Sie hatten Zukunftspläne. Sie wollten weiterleben, in Frieden. Aber was rede ich da. Sie wissen es ja sicherlich schon, oder? Sie wussten auch schon im fünften Jahr, das Draco Interesse an Harry hatte, nicht? Haben sie die Beiden aus diesem Grund hier gelassen? Ich hab Recht, nicht war? Sie brauchen jemanden, der Harry verehrte, der alles für ihn opfern würde um ihn zu beschützen. Haben die Draco deswegen behalten? Damit Harry jemanden haben würde, der ihn unterstützt, damit er sich völlig auf sein Ziel konzentrieren konnte? Damit er nicht darüber nachdachte, das sie ihm die unverzeilichen Flüche lehrten und alle die anderen, dunklen Flüche? Damit er nicht bemerkte, dass sie ihn zu einem Mörder machten? Sie wussten genau, dass Harry nie jemanden töten wollte. Es hätte ihn zerstört. Aber das wäre ja auch egal gewesen, oder? Er musste schließlich nur seine Aufgabe bewältigen und ob er dabei zu Grunde ging, oder nicht, war ihnen ja egal. Solange er noch solange durchhielt, um Voldemort zu erledigen.
Bei Draco war es ja nicht schwer, oder? Sie wussten, dass es ihm egal war, was er lernte, solange er bei Harry bleiben konnte und es Hoffnung für sich und ihn gab. Und sollte diese Hoffnung mit Blut am Leben gehalten werden.
Sie mussten Beide nur bei Laune halten. Und jetzt, da der Eine tot und der Andere am Ende seiner Kräfte ist, lassen sie sie fallen. Denn ihre Mission haben sie ja erfüllt!"
„Sie sind sehr klug Mr. Zabini. Und sehr gerissen. Und ich dachte immer Mrs. Granger wäre die klügste junge Hexe. Habe ich mich da vielleicht geirrt?" Die Augen funkelten wieder und Blaise reichte diese Aussage und der Glanz, welcher in den alten Augen lag.
Er hatte Recht.
Er hatte verdammt noch mal Recht.
„Ich will nie wieder etwas von ihnen hören!"
Er wusste zu diesem Zeitpunkt ja nicht, das Draco das Selbe machen würde. Auch wenn der Orden trotz seiner Warnung ihn noch einmal kontaktiert hatte.
Draco wollte nichts mehr mit ihnen zu tun haben- und Blaise ebenso.
„Blaise?"
Der Angesprochene hatte gar nicht bemerkt, das Draco aufgewacht war. Zu sehr war er in Gedanken gewesen und immer noch pochte dumpfe Wut in seinem Inneren, doch er konnte sich zusammen reißen.
Er würde seinem Freund nie erzählen, wie sehr sie ausgenutzt worden waren, wie sehr man sie hinters Licht geführt hatte. Draco würde auch ohne dieses Wissen, nie wieder etwas mit dem Orden zu tun haben wollen.
„Ja?"
„Danke!"
Sie hatten den restlichen Tag im Bett verbracht. Nur zwischendurch war Blaise aufgestanden, um etwas zu Essen zu holen.
Draco war es nur Recht gewesen. Er hatte das ewige Nachdenken über. Er erinnerte sich noch an Harrys Worte, als er ihn gefragt hatte, warum er immer wieder sein Leben aufs Spiel setzte, für Leute, die es nicht verdient hatten.
"Wenn mein Verstand nicht mehr weiter weiß, dann höre ich einfach auf mein Herz. Mein Verstand weiß oft nicht weiter. Aus diesem Grund bestimmt meist mein Herz das Handeln"
Damals war er sich nicht sicher gewesen, was er davon halten sollte. Heute, wo er nicht mehr weiter wusste, wo sich seine Gedanken im Kreis drehten, glaubte er Harry ein wenig mehr zu verstehen.
Also lauschte er auf sein Herz und wieder überkam ihn eine Welle der Sehnsucht. Wie grausam dieses Gefühl doch sein konnte.
Etwas riss an seinem Herzen und dieses wollte dem Wunsch folgen. Dem Wunsch, wieder mit seinem zweiten Teil vereint zu werden.
Draco war mehr als froh, das Blaise im nächsten Moment wieder gekommen war.
Und auch wenn sein Freund recht hatte mit seinen Befürchtungen. Draco würde kämpfen und sein Ziel nicht aus den Augen lassen.
