Ihr Bruder war zu wütend, um zu bemerken, dass Lupina in seinen Gedanken las. Lilith Angel hatte ihm nämlich freudestrahlend erzählt, sie sei schwanger, doch diese Nachricht machte ihn gar nicht froh!
„Du dumme Kuh! Hab ich dir nicht gesagt, du sollst aufpassen?", donnerte der schwarzhaarige Mann.
Die Angesprochene zuckte kurz zusammen, fasste sich aber schnell. „Ich weiß, warum du keinen Erben von mir willst!", zischte sie leise drohend, ihre blauen Augen zu Schlitzen verengend. „Sie ist das Problem!" Bei dieser Bemerkung zeigte sie auf ein Bild, dass auf dem Nachtisch Rapherels stand.
Obwohl die heimliche Beobachterin nicht sah, wer darauf abgebildet war, verrieten es ihr die fluchenden Gedanken ihres Bruders, „Woher zum Teufel weiß sie davon? Ach wärst du doch nicht meine Schwester, Lupina! Es würde alles leichter machen!"
„Was ist mit meiner Schwester? Warum ist sie ein Problem?", fragte der Mann, der größer und älter war als die Frau, obwohl er die Antwort bereits kannte. Sie würde ihm wieder vorhalten, dass er in ihrer Hochzeitsnacht nicht Lilith, sondern Lupina gestöhnt hatte! Er war immer noch sauer auf sich selbst deswegen!
Jedoch überraschte ihn seine schöne Frau, wieder einmal…
„Was das Problem mit ihr ist? Dass du sie mehr liebst als mich! Dass du im Schlaf ihren Namen stöhnst! Dass du ihr heimlich Liebesgedichte schreibst!". Langsam füllten sich ihre großen schönen Augen mit Tränen.
„Woher weißt du das alles?", keuchte Rapherel erschreckt.
„Glaubst du ich bin blind und taub?". Eine Träne löste sich aus den Saphiraugen und rollte der Schülerin über die gebräunten Wangen. „Ich brauche keine Gedankenverbindung mit dir, um zu sehen, was du fühlst. Ich kann es in deinen Augen lesen, auch wenn keine Andere ein Gefühl in deinem schönen Gesicht sieht! Du solltest jetzt mit deiner Schwester reden, sie wartet schon!"
Beide Geschwister erschraken, als das nun heftig schluchzende Mädchen diese Worte hervorsprudelte und aus der Tür rannte.
„Du hättest wenigstens so tun können, als ob du dich freuen würdest!", dachte Lupina vorwurfsvoll.
„Lass mich! Ich will dich nicht in meinem Kopf haben, Lupina Malfoy!"
Seine Worte trafen in ihr Herz und ihre Seele. Sie spürte auch die Trauer und den Schmerz, den ihren Bruder quälte. Eine Träne lief unbemerkt ihre Wangen hinunter, die noch blasser waren als sonst.
„Nein", dachte sie und streichelte ihn in Gedanken sanft und beruhigend, „du hast mich nicht verloren! Du weißt, was ich für dich empfinde!"
„Und doch willst du gehen! Ausgerechnet mit ihm! Vater wird ihn und dich töten!" erwiderte er bitter, lies sich aufs Bett fallen und lehnte sich mit dem Kopf an einen der vier Mahragonieholzpfähle des Himmelbettes.
Er kannte die Gefühle, Gedanken und Entscheidungen seiner Schwester immer schon bevor sie diese nur erahnt hätte. Dies hatte etwas mit der Gedankenverbindung zu tun, aber auch damit, dass er beschränkte hellseherische Fähigkeiten besaß.
„Kannst du sehen was passieren wird?"
„Nein, du musst deine Entscheidung fällen, erst dann wird sich dein Schicksal offenbaren. Lupina, du weißt ich will nur das Beste für dich, aber verlieren will ich dich auch nicht!". Er schluckte und traf seine Entscheidung. „Geh, geh schnell zu Potter oder Dumbledore. Da seid ihr in Sicherheit! Ich liebe dich!"
Mit diesen Worten kappte er die Verbindung und überrascht fand sich die Frau neben ihrem Geliebten wieder. Dieser sah sehr erschrocken aus und erst jetzt bemerkte sie die erkaltete Träne.
„Wir gehen, er hat sich verabschiedet!". Ihre Stimme war emotionslos.
Malfoy sah sie besorgt an, nickte dann aber und mit einem Schlenker seines Zauberstabes waren sie reisefertig.
„Wohin?", fragte sie teilnahmslos. Da sie apparieren würden, mussten ja beide den Zielort kennen.
„Potter, er wartet schon auf unsere Ankunft." Er sah sie nicht an, als er dies leise zugab.
„Hm." ,meinte sie gedankenabwesend, aber zustimmend. Unter anderen Umständen, hätte sie ihm jetzt eine Szene gemacht, von wegen hinter ihrem Rücken mit dem Feind reden. Aber so…
Lupina fühlte nichts mehr, außer einer schwarzen kalten Leere. Niemals würde sie ihren über alles geliebten Bruder wieder sehen! Niemals wieder normal mit ihren Eltern reden können!
Doch sie war die Tochter des dunklen Lord, sie musste sich zusammenreißen!
Hand in Hand wollten die beiden Verliebten apparieren, doch es klappte nicht.
Panik, pure Panik stand in den weit aufgerissenen Augen des Paares, denn beide wussten, was dies bedeutete. Sie waren so gut wie tot!
„Rapherel!", zischte Draco aufgebracht.
„Nein! Er war es nicht!", erwiderte sie vollkommen überzeugt von der Unschuld ihres Bruders.
„Natürlich nicht!", stimmte ihr eine leicht belustigte Stimme zu, die kälter war als Eis. Sie konnten den Sprecher zwar nicht sehen, da er hinter ihnen in der Tür des Raumes stand, doch beide wussten, dass sich ihre schlimmsten Befürchtungen bewahrheitet hatten.
Draco wirbelte herum, doch Lupina war zu beschämt, um unter die blutroten Augen ihres verehrten Vaters zu treten.
„Dein hat dich wirklich nicht verraten, aber es ist nicht ratsam so mit seiner Frau umzugehen, besonders nicht, wenn sie ein Telepart ist!", entlarvte Lord Voldemort seine Informantin, mit einem Lächeln.
„Schlampe!", zischte die Angesprochene, überwand ihren Zorn jedoch sofort und weiterhin mit dem Rücken zu ihrem Vater stehend, sprach sie ruhig weiter. „Eine gewissenhafte Dienerin. Wirst du uns nun töten, Vater?"
„Nein."
Überrascht spürte sie nun, dass er direkt hinter ihr stand und sie mit einem Ruck an der Schulter zu sich umdrehte. Immer noch sah sie nicht in seine Augen, da sie weder trotzig noch herausfordernd wirken wollte. Also sah sie auf den Marmorboden vor ihm.
„Meine liebe Tochter, du weißt, ich kann dich nicht töten, dein Bruder würde mir sonst nicht mehr folgen."
Seine Tochter nickte nur auf diese, ihr wohl bekannte Aussage, „Und er?"
„Es würde Lucius nicht gefallen und dein Liebling ist zu wertvoll für mich! Außerdem würde es dir keine Lehre sein, wenn ich ihn einfach töten würde!"
Nun erhob er ihr Kinn, damit sie ihn endlich in die Augen sah. „Ich will dich wissen lassen, dass du mich nicht verraten darfst!"
Seine Augen funkelten böse, wie Rubine in dem weißen Gesicht und er hielt ihr Kinn so hart, dass es wehtat.
Danach war alles sehr schnell gegangen.
Ihr Vater veränderte Dracos und auch Rapherels Gedächtnis. Sodass Draco dachte, Lupina hätte seine Geliebte, mit der er Verrat begehen wollte, entdeckt und getötet.
Und Rapherel…? Lupina hatte ihn seit dem nicht mehr gesehen, oder mit ihrem Kontakt aufnehmen können. Vielleicht hatte es Lord Voldemort doch irgendwann geschafft, Kontrolle über die Gefühle seines Sohnes zu bekommen.
Da der dunkle Lord seiner Tochter keineswegs die Güte des Vergessens geschenkt hatte, wusste sie all das immer noch! Vermisste Bruder und Geliebten unsagbar und hatte geschworen nie zu heiraten.
So, dass war die Erinnerung von Lupina. Nächstes Kapitel ist wieder in der Ich-Perspektive geschrieben.
Viele liebe Grüße,
Lupina Riddle
