Einsicht
"Was könnte wichtiger sein als das Wissen?" fragte der Verstand. "Das Gefühl und mit dem Herzen sehen", antwortete die Seele. (spanisches Sprichwort)
Yosh wachte schon früh morgens auf. Sein Kopf schmerzte und seine Glieder fühlten sich schwer an und dennoch…
Er fühlte sich so wohl, wie schon lange nicht mehr.
Stöhnend richtete er sich auf und fuhr mit der linken Hand durch seine Haare.
Es war absurd.
Er fühlte sich körperlich krank, aber in seinem Inneren schien die reinste Freude zu herrschen.
Nur langsam drangen die Erinnerungen an den letzten Tag durch. Er wusste, dass dieser Idioten ihn angegriffen hatten. Auch erinnerte er sich daran, dass er wieder…
„Oh Gott!", keuchte er auf und war plötzlich hell wach.
Dieser
Fremde, der ihm verdammt noch mal nicht so fremd war. Draco Malfoy.
Er hatte ihn gerettet, hatte ihm von seiner Vergangenheit
erzählt. Wenn auch nur einen kleinen Teil, wie es schien.
Ein
Zauberer. Yosh lachte hohl auf. Er sollte ein Zauberer sein und Harry
Potter heißen.
Er wollte es als Unsinn abtun, doch das war
es nicht. Unsinn wäre es, wenn er behaupten würde, normal
zu sein.
Das war er nicht und da er es schon vorher angezweifelt hatte, war es nun, da jemand kam und ihm eine –wenn auch sehr seltsame- Erklärung für alles gab, unmöglich.
Außerdem hatte Draco Recht.
Es waren immer noch Schatten, die durch seinen Kopf spukten und er kannte weder ihren Namen, noch ihre Bedeutung, dennoch waren sie da und weit mehr, als irgendwelche Hirngespinste.
Aufgewühlt sprang er auf wollte gerade ins Bad rennen, als ein leises Klopfen an seinem Fenster ihn innehalten ließ.
Er brauchte sich nicht umzudrehen um zu wissen, dass es die Eule war, welche rein gelassen werden wollte.
Resignierend schritt er zum Fenster und öffnete es mit einem Ruck. Erfreut flog das weiße Federvieh herein und schaute ihn aus gelben Augen an.
„Hier wird nichts voll geschissen. Es werden keine toten Mäuse angeschleppt und… du bist ruhig, okay? Dann lass ich das Fenster auf!"
Die
Eule krächzte leise und aufgebracht.
Yosh, oder viel mehr
Harry, überlegte kurz. Wahrscheinlich hatte er ihr das früher
auch schon mal gesagt? „Hedwig war dein Name, mh?" Er streckte
seine Hand aus und strich zart über das schimmernde Gefieder.
„Ich mag den Namen. Aber wenn du mich entschuldigen würdest?
Ich brauche ne Dusche!", meinte er lächelnd und drehte sich
um, um das Bad aufzusuchen.
Er lief barfuss über den Flur und stieß die Tür ins Bad auf. Damian und Marie waren sicherlich schon auf und wenn Yosh noch helfen wollte, dann sollte er sich beeilen und so nahm er einfach Zahnbürste und Zahnpasta mit unter die Dusche.
Es dauerte auch nicht lange, da sprang er aus der Dusche, fuhr sich grob mit einem Kamm durch die Haare (im nassen, so wie im trockenen Zustand war da nicht viel zu wollen) und lief dann, nur mit einem Handtuch bekleidet zurück ins Zimmer.
Er
war außergewöhnlich gelassen und gut gelaunt, auch wenn
tief in ihm der Wunsch wuchs, Draco wieder zusehen. Er wollte mehr
wissen, jetzt, da er den ersten Schock verkraftet hatte. Und der
Blonde schien doch ein Anfang zu sein. Es war, als würde er ihn,
Yosh oder nun Harry, gut kennen. Vielleicht waren sie gute Freunde
gewesen? Sehr gute?
Sicherlich…
Er ignorierte den Zweifel in seinem Herzen und die Stimme, die ihm zurief, dass sie alles gewesen waren, aber keine Freunde.
„Scheiße!", rief Blaise aufgebracht und versuchte im Laufen seinen Umhang zu schließen. Er hatte doch tatsächlich verschlafen. Aufgescheucht rannte er durch seine Wohnung, kochte Kaffee und toastete Brot, während er sich die Schuhe zuband und mit einem Kamm seine Haare bändigte.
Hätte er gestern doch bloß den Wecker gestellt.
Es gab nämlich Produkte, die musste man so früh wie möglich bestellen. Da konnten zwei Stunden später schon mehrere Wochen ausmachen.
Gehetzt würgte er den Kaffee runter, schrie fluchend auf, da das schwarze Gebräu noch viel zu heiß war, anschließend griff er nach dem Toast und verbrannte sich hier ebenfalls. Diesmal jedoch die Finger,
„Ich hasse mein Leben…!", grummelte Blaise, als er disappierte.
Keine zwei Sekunden erreichte er den Apparierplatz der Winkelgasse. Es war der Einzige Platz, an dem man in die Winkelgasse apparieren konnte und auch wieder weg disapparieren konnte. Eine Einschränkung des Ministeriums zum Schutze der Hexen und Zauberer in den Straßen Londons.
Er lief schnell weiter, hinein die die Nockturngasse. Draco hatte ihm nicht nur den Zettel mit den Zutaten geschrieben, sondern auch bestimmte Geschäfte, wo man am wahrscheinlichsten die Zutaten bekommen würde.
Die Meisten davon befanden sich, wie sollte es auch anders sein, in der Nockturngasse, welche trotz Voldemorts Sturz immer noch einen ziemlich miesen Ruf hatte.
Nichts desto Trotz kam man genau hier an Dinge, die man in legalen Läden wohl eher nicht bekommen könnte.
So zum Beispiel das Mantikorblut.
Wer würde schon freiwillig einem Mantikor sein Blut abnehmen? Blaise kannte keinen. Zumindest keinen vernünftigen Zauberer ohne Suizidgefahr.
Mit einem leisen Klingeln sprang die Tür auf und Blaise fand ich sich einem muffigen, kleinen, dunklen Laden wieder.
Überall roch es nach verschiedenen Kräutern und getrockneten Tierkörper.
„Was.. kann ich für sie tun!", lispelte eine Stimme und ein alter Mann, mit krummen Rücken kam auf den Schwarzhaarigen zugehumpelt.
„Äh, … ich brauche Zaubertrankzutaten!", erwiderte Blaise und machte einige Schritte rückwärts. Der Mann stank nach Schweiß. Widerlich.
„Wären sie sonst hier?", fragte der Mann zurück und Blaise kam sich reichlich doof vor. Was wollte man schon in einem Zaubertrankladen kaufen? Würstchen?
Wie ich Sarkasmus liebe, dachte er und zog das Pergament von Draco heraus.
„Hier, dort steht alles drauf!"
Der Mann humpelte durch die Regale und murmelte dabei leise die Namen, welcher auf der Liste standen.
„Also, einige Sachen habe ich hier. Das Alraunenkraut und die Schrumpelfeigen sind kein Problem, genauso wie die Molchaugen und das lila Flusswasserkraut. Aber bei dem Mantikorblut und den Werwolfhaaren, da wird's schwer."
Blaise seufzte. Das war ja klar und nun würde gleich kommen:
„Wäre sie ein paar Stunden früher gekommen. Da hab ich meine Bestellung abgeschickt. Die wäre dann auch übermorgen da gewesen, aber so müssen sie leider warten. Wollen sie die anderen Sachen trotzdem schon haben?", fragte er liebenswürdig und Blaise hätte am liebsten den Kopf gegen die Wand gehauen.
„Könnten sie nicht, also... Noch eine Bestellung abschicken, es ist wirklich sehr wichtig und…!"
„Nein. Was glauben sie den? Das ist alles schwer zu beschaffen und wenn ich für jeden, der eine Zutat der Klassifizierung eine extra Bestellung machen würde, dann hätte ich schon längst die Behörden auf dem Hals. Sie sollten doch genau wissen, dass diese Zutaten nicht der Norm entsprechen." Blaise schaute ihn böse an. Er brauchte diese Zutaten. Am besten so schnell wie möglich.
„Ich werde ihnen auch die Unkosten bezahlen. Es ist nur verdammt wichtig, das ich alles so schnell wie möglich bekomme!", meinte er ruhig, doch der Mann schüttelte nur den Kopf.
„Glauben sie mir, DIE Unkosten können sie mir ganz sicher nicht bezahlen. Ich hege nicht das Verlangen nach Askaban zu kommen, nur weil sie unbedingt diese Zutaten haben wollen. Wenn es ihnen nicht passt, gehen sie zu einem anderen Laden, vielleicht haben sie da mehr Glück!", gab der Mann zurück und wollte gerade in einem kleinen Raum verschwinden, als Blaise auf ihn zuschritt und ihn grob an die Wand drückte. Seinen Zauberstab hatte er erhoben und hielt diesen dem Mann direkt vor die Nase.
„Sie wissen ganz genau, dass ich in den anderen Läden nicht einmal halb so viel Glück haben werde. Die verkaufen nämlich keine Illegalen Waren dieser Klasse."
Der Mann schluckte und Blaise verengte seine Augen zu Schlitzen. „Sie werden eine weitere Bestellung abschicken, sonst vergesse ich mich. Und glauben sie mir, ich habe die entsprechenden Kontakte um sie ohne weiteres nach Askaban zu bringen!"
„Aber…"
„Sagt ihnen der Name Malfoy was? Ich denke schon."
„M-Malfoy?", fragte der Mann schluckend. Der Name war in der Nockturngasse bekannt. Jeder kannte Lucius und seine Familie und auch wenn der Mann schon längst dahingeschieden war, so war es dennoch ein Name, den man mit Respekt entgegnete. Immerhin lebte noch einer der Malfoys. „Ich schicke sofort eine Bestellung los. Zwei Tage. Dann können sie wiederkommen!"
Blaise nickte zufrieden, zog sich zurück und verstaute seinen Zauberstab wieder in seinem Umhang.
„Ich wusste, dass man mit ihnen Geschäfte machen kann. Und wagen sie es ja nicht, mich hinters Licht zu führen, denn sonst…!" er ließ die Drohung offen im Raum stehen und drehte sich mit wehenden Umhang um.
Draco saß unten im Speisesaal und trank langsam seinen Kaffee. Wobei weder der Kaffee, noch der Speisesaal ihren Namen verdient hatten. Eher, wollte gerne und konnte nicht.
Doch momentan wollte er sich nicht beschweren. Denn auch wenn der Kaffee wässrig war, er die ganze Nacht nicht schlafen konnte und über ihm eine Spinne ihr Netz wob, so prickelte doch sein ganze Körper vor Freude.
Er hatte ihn geküsst.
Er hatte ihn im Arm gehabt.
Er lebte und schien sich sogar ein wenig zu erinnern.
Gähnend schob der Blonde die Tasse von sich. Das wollte er sich nicht weiter zumuten.
Mühsam kramte er einige Münzen aus seiner Tasche und warf sie auf den Tisch, bevor er aufstand und das Haus verließ. Seinen Mantel zog er ein wenig enger um sich, da immer noch ein frischer Wind wehte. Außerdem fröstelte er extremer, da die letzte Nacht alles andere, als erholsam war.
Hatte er bis vor kurzem noch gedacht, es gäbe nichts mehr, was er nicht schon x-mal durchgedacht hatte, so wurde er nach Harrys Begegnung allen Besseren belehrt.
Es wurden wieder Fragen aufgeworfen, welche er beantwortet geglaubt hatte.
Wieso zum Beispiel konnte Harry sich nicht erinnern? Anfangs hatte er gedacht, es wäre Voldemorts Tat gewesen, doch wäre dies so, so hätte Harry ihn nie besiegen können. Er wusste ja jetzt nicht mal, was er war, geschweige denn, einige Zaubersprüche, die gegen Voldemort standgehalten hätten.
Dazu kam die Tatsache, dass selbst wenn Voldemort ihn als letztes seine Erinnerungen genommen hätte, dass er sich dennoch erinnerte. Wenn auch nur vage und bruchstückhaft, aber er erinnerte sich.
Die Reaktion auf Dracos Worte, waren Beweis genug. Anscheinen hatte Draco mit seinen Worten einen Schock ausgelöst. Das würde dann auch erklären, warum der Junge zusammengebrochen war.
Die ganze Situation erinnerte Draco an einen ähnlichen Fall, welchen er durch Zufall mitbekommen hatte, als er noch bei seinem Vater gewesen war.
Einer der Todesser, welcher vom Ministerium geschnappt worden war, hatte sich selbst mit einem Amnesia Spruch belegt. Er konnte sich an nichts, rein gar nichts mehr erinnern, außer ein paar Bruchstücke und selbst diese waren so verworren, dass jeder an seinem Verstand zweifelte. So konnte er die Auroren und das Gericht von seiner vermeintlichen Unschuld überzeugen. Zwei Tage nach seiner ‚Freilassung', wurde er von einigen Todessern, darunter auch Dracos Vater, nach Malfoy Manor gebracht. Bei ihrem Anblick ist er fast wahnsinnig geworden und nachdem sie ihm einen Trank –genau derselbe, den Draco vorhatte zu brauen- eingeflösst hatten, brach die gesamte Wahrheit über ihn herein.
Draco hatte damals gelauscht und wäre fast erwischt worden.
Er hatte seinen Vater später darauf angesprochen, was wäre, wenn man versuche seine Gedanken zu löschen. Sein Vater hatte gelacht und ihm erklärt, wenn derjenige es wirklich wollte, dann würde es die Erinnerungen auch löschen. Da Amnesia weit stärker war, als ein einfaches Oblivate, würden nur sehr starke Gegenzauber oder Tränke die Erinnerungen wiederholen können. Wenn überhaupt.
Hat der Sprecher des Spruches jedoch Zweifel und seien sie noch so klein, so würde er sich teilweise erinnern können. Je nachdem wie groß die Zweifel gewesen waren, mehr oder weniger.
Außerdem würde er einen Schock erleiden, falls jemand ihn an das Vergangene erinnern würde.
Wenn Harry nun dasselbe versucht hatte? Seine Gedanken und Erinnerungen zu löschen?
Draco konnte es sich nicht vorstellen. Wieso wollte er alles vergessen? Warum hätte er ihn, Draco, vergessen wollen?
Er hatte die ganze nach gegrübelt, überlegt, alles abgewogen und war am Ende doch zu keinem Ergebnis gekommen.
Es war zum verrückt werden.
Seufzend schritt er die fast leere Straße entlang, zu einem kleinen, Laden. In diesem war er schon öfters gewesen, wenn die Köchin in ihrem ‚Hotel' mal wieder mit dem Kaffeepulver gespart hatte.
Mit einem leisen Klingeln öffnete sich die Ladentür und eine alte, etwas dicklichere Frau lächelte ihm hinter dem Tresen freundlich zu.
„Einen Kaffee. Möglichst stark!", grummelte Draco und setzte sich auf einen der Hocker, die an der Bar standen.
„Aber immer doch mein Hübscher!", entgegnete die Frau und machte sich auch gleich daran das bestellte Getränk zuzubereiten. Schon kurze Zeit später erfüllte der Duft von Kaffee den Raum.
„Hier." Mit einem leisen Klong landete die Tasse vor Dracos Nase und dieser nahm dankbar einen vorsichtigen Schluck.
„Schon viel besser!", murmelte er mehr zu sich selbst.
„Besser als wo?", fragte die Frau und Draco schaute auf.
„Besser, als dort vorne." Er machte eine eindeutige Geste in Richtung Hotel. Die Frau lächelte nur wissend.
„Ja. Es kommen viele hierher um Kaffee zu trinken. Alle beschweren sich, dass die Lisa keinen Kaffee kochen kann. Nun… Ich habe mit ihr nicht darüber gesprochen, aber…!"
„Sagen sie, was wissen sie über die Familie Lorain.", fragte Draco und nahm einen weiteren Schluck. Ja, dies schmeckte auf jeden Fall besser, als die Grausamkeit, die er im Hotel bekommen hatte.
„Lorain? Meinen sie das Bauernpärchen?" Draco nickte und hörte aufmerksam zu, was er jedoch gut verbarg. Besser, sie bemerkte sein Interesse nicht. „Ich kenne sie nicht gut. Sie kommen nicht oft hierher, müssen sie wissen. Leben lieber für sich alleine. Warum fragen sie?"
„Nun, mir ist nur der Junge aufgefallen, der mit ihnen hier war. Ist schon eine Weile her.", lächelte er und das Gesicht der Frau hellte sich sofort auf.
„Ja, hübscher Junge, nicht? Kennen sie ihn?"
„Nein, sollte ich?"
„Nun ja, ich habe gehört, dass sie ihn angeblich gefunden haben. Soll sein Gedächtnis verloren haben."
„Mhm…!" Es war nichts Neues für ihn. Scheinbar war die Gerüchteküche hier nicht so zuverlässig wie einst in Hogwarts.
Mit einigen Schlucken leerte er seine Tasse, verzog ob der Hitze nicht das Gesicht und drückte der Frau einen Schein in die Hand.
„Der Rest ist Trinkgeld!", murmelte er noch, bevor er den Laden verließ.
„Mal schauen, was Harry macht!"
Mit einem leisen ‚Plop' verschwand Draco.
„Yosh?" Damian schaute nicht schlecht, als Yosh putzmunter die Treppe runterkam. „Schon so früh auf?"
„Sieht so aus!", entgegnete Harry. Er betrachtete den alten Mann nachdenklich. „Damian? Kann ich mit dir sprechen?" er warf einen viel sagenden Blick zu Marie, welche gerade Brot schnitt. Damian nickte. Der Alte fühlte sich ein wenig unwohl. Das dies etwas mit Draco Malfoy zu tun hatte, erübrigte sich.
„Nach dem Essen!", murmelte Damian. Yosh nickte verstehend und half Marie dabei den Tisch zu decken, während Damian sich einige Papiere durchsah und manchmal leise fluchte.
„Reg dich nicht auf Liebling!" Marie beugte sich vor und küsste ihren Mann liebevoll auf die Wange. „Schau doch, wie glücklich Yosh aussieht!"
„Fragt sich nur, ob der Grund auch so glücklich ist!", knurrte Damian darauf und Marie blickte ihn überrascht an.
„Hast du was gesagt Liebling?", fragte sie scheinheilig, doch Damian schüttelte nur den Kopf.
„Nein, habe ich nicht!"
„Yosh, hol doch schnell ein paar Eier aus dem Stall. Dann kann ich schon einmal Wasser aufsetzen!" Die Eier, welche sie heute Morgen schon geholt hatte, ließ sie vorsichtig verschwinden.
Yosh schaute überrascht auf. Normaler Weise war dies doch das Erste, was sie machte, bevor sie den Tisch deckte. Doch da er keinen Streit haben wollte nickte er lächelnd und verschwand aus der Tür.
War ja auch nicht so schlimm. Nur ein paar Eier holen
„So,… hast du was gesagt Liebling?", diesmal lang ihre Stimme drohend und Damian schreckte auf. „Weißt du etwas, was ich nicht weiß?"
„Marie, Schatz…!"
„Damian Lorain! Ich hasse es, wenn du etwas vor mir verheimlichst. Und vor allem hasse ich es, wenn du etwas vor mir verheimlichst, was Yosh angeht."
„Er heißt nicht Yosh.", murmelte Damian niedergeschlagen. Es brachte eh nichts und umso eher sie es wusste umso besser. Dann könnte sie sich zumindest darauf vorbereiten.
„Wie bitte? Was redest du?" Sie schien ein wenig verwirrt.
„Gestern, als du bei deiner Freundin warst, kam Yosh… oder Harry, wie er wirklich zu heißen scheint, hierher. Er war ohnmächtig. Ein Fremder, um genau zu sein, der Mann, den wir im Ort getroffen hatten, brachte ihn her."
„Was?" sie riss erschrocken die Augen auf und hätte fast den Brotkorb fallen lassen. „Yosh war ohnmächtig? Was hat der Kerl ihm angetan? Hast du die Polizei gerufen?"
„Beruhig dich. Nein, ich hatte keine Chance. Er hat Harry ins Bett gebracht und dann wollte er mit mir reden. Gott, ich hab gedacht er wollte mich umbringen. Du hättest ihn sehen sollen, oben bei Yo.. Harry. Er sah wirklich freundlich aus und dann, als wir alleine waren und der Junge geschlafen hat, sah er mich an, als wäre ich etwas… er sah mich an, als wäre ich irgendein lästiges Insekt. Unheimlich. –Lass mich ausreden, es ist ja nichts passiert- Doch das war noch nicht das Schlimmste. Weißt du, ich wollte die Polizei rufen, doch er bedrohte mich. Er meinte, er wolle mit mir reden, es ginge um … Harry." Er stoppte kurz und holte tief Luft, doch noch ehe er weiter sprechen konnte, wurde er von Marie unterbrochen.
„Er hat… Oh Gott, nun erzähl doch. Es ist mit dem Jungen? Kannte der Mann ihn? Hatte er etwas mit seiner Vergangenheit zu tun?"
„Ja. Hatte er. Er meinte Yosh hieße Harry. Harry Potter und er wäre ein Zauberer." Damians Miene war todernst. Marie erwiderte seinen Blick ein wenig ungläubig.
„Schatz, ich will ja wirklich nichts sagen, aber…" Damian schnitt ihr das Wort mit einer abrupten Geste ab.
„Sag nichts. Ich hab's auch nicht geglaubt und als er dann etwas aus seinem Mantel zog, dachte ich, er ein Irrer –was er sicherlich auch ist- und wolle mich jetzt umbringen. Doch stattdessen zog er einen Stock heraus. Sah aus wie ein Stab. Er machte seltsame Gesten und murmelte ein Wort und plötzlich flog das Geschirrtuch in seine Hand. Und er ließ den Stuhl schweben. Es war so unheimlich. Anschließend trank er seinen Tee und verschwand." Er endete und sah seinen Frau abwartend an, doch diese lächelte ihren Mann liebevoll an.
„Glaubst du nicht, dass du einfach zu viel von dem Brandy getrunken hast, den du immer vor mir versteckst?", fragte sie und stellte Marmelade auf den Tisch.
„Du weißt… Verdammt nein, ich hab davor nichts getrunken. Ich war nicht einmal angeheitert!", beteuerte er. „Ich weiß, das kling komisch, aber wenn du ihn sehen würdest, du…!"
„Hey ihr, rückt mal ein Stück!" Er schubste eine der Hennen zur Seite und griff nach zwei Eiern. Sie waren noch ganz warm. Er wollte sich gerade aufrichten, doch etwas hielt ihn zurück. Sein Nacken prickelte.
Er wurde beobachtet.
„Ich habe mich schon gefragt, wann du mich bemerkst!" Erschrocken wirbelte Harry herum. Draco stand lässig an die Stallwand gelehnt vor ihm und grinste leicht. Doch es war ein weiches Grinsen, wie als wenn man sich über ein kleines Kind amüsierte.
„W-Was machst du den hier?" Harry wich erschrocken einige Schritt zurück, als Draco zu ihm ging. Seine Hände wurden von denen des Blonden aufgefangen und leicht gegen die Wand gedrückt. Er konnte den warmen Körper ganz an seinem spüren.
„Ich? Ich wollte sehen, wie es dir geht. Ich hoffe ich störe nicht!" Draco hatte sich so weit zu Harrys Gesicht gebeugt, das der Schwarzhaarige den Atem seines Gegenübers auf der Haut spüren konnte.
Ein leichtes Ziepen machte sich in seinem Bauch breit. Er fühlte sich unwohl und doch wohl.
„N-nein… tust du nicht, aber…!"
Der Blonde taxierte ihn aus silbernen Augen. Ein lauerndes Lächeln lag auf seinen Lippen.
„Dann ist ja gut." Er beugte sich kurz vor und hauchte einen Kuss auf Harrys Lippen. Es war kaum eine Berührung, mehr ein Hauch, der ihn gestreift hatte. Dennoch schien ein kleines Feuerwerk in seinem Inneren zu explodieren er Harry konnte spüren, wie Blut in sein Gesicht schoss. Doch noch ehe er etwas erwidern konnte, hatte Draco sich schon wieder entfernt.
„Ich hoffe du hast dich von gestern wieder erholt. Ich wollte das nicht, aber ich konnte nicht ahnen, dass du so heftig reagierst!" Die Stimme des Blonden war brüchig und Harry war sich sicher, eine Spur von Unsicherheit herauszuhören.
Warum war der Blonde so unsicher?
„Ich möchte gerne mehr erfahren!", erwiderte Harry und war überrascht, wie rau seine Stimme auf einmal klang.
„Das wirst du. Sei dir sicher. Spätestens, wenn mein Freund wiederkommt."
„Ich kann das Ganze noch nicht glauben. Würde mir mein Gefühl nicht sagen, dass ich dir vertrauen kann und dass du die Wahrheit sagst, ich denke, ich würde dich für verrückt halten." Leicht verlegen richtete sich der Schwarzhaarige auf und wischte sich nervös einige Federn von seinem Pullover.
„Ich weiß."
„Ähm… willst du vielleicht mit reinkommen? Wir frühstücken gerade und es ist noch sehr früh, du hast sicher auch noch nichts gegessen, oder?" Das Schweigen des Blonden machte ihn fast wahnsinnig. Am liebsten würde er ihm einfach um den Hals fallen und…
Verwirrt schüttelte Harry den Kopf. Nein, nein, nein.
„Wenn deine… Freunde? nichts dagegen haben, komme ich mit!", entgegnete Draco ruhig und schaute Harry dabei zu, wie dieser noch einige Eier aus den Nestern nahm und sich dann umdrehte.
„Schön, dann komm. Sie werden sicherlich nichts dagegen haben!", lächelte Harry und griff reflexartig nach Dracos Hand um diesen hinter sich herzuziehen.
Die beiden Jungen kamen gerade rein, als Damian seinen Satz beendet hatte.
„Bis sie wen gesehen hat?", fragte Harry neugierig und schaute das Paar erwartungsvoll an.
„Nichts Liebes, gar nichts. Hast du die Eier und… Oh. Wer ist das?" Marie schaute verwundert auf Draco, welcher kühl lächelnd neben Harry trat.
„Gestatten? Draco Malfoy." Er streckte seine Hand aus, wohl wissend, das Harry es sicher nicht billigen würde, wenn er sie behandelt wie… Muggel.
Er hatte sich nie mit der Freundlichkeit seines Freundes gegenüber nichtmagischen Menschen abfinden können.
Sicherlich, Harry konnte tun und lassen was er wollte, Draco wäre der Letzte, der ihm das verbieten würde, aber er hasste es, wenn er sich genauso benehmen musste. Doch ein kurzer Blick auf seinen Freund und er vergaß die Abneigung diesen Wesen gegenüber.
„Angenehm, Lorain. Aber nennen Sie mich Marie!", lächelte die ältere Frau zurück. Draco erwiderte das Lächeln kühl und nickte dann dem Alten zu, welcher ihn verängstigt und verwirrt musterte.
Draco lachte innerlich auf. Hatte der Alte es denn noch nicht erzählt?
„Setz dich. Ich helfe Marie!", meinte Harry und drückte ihn sanft in Richtung Stuhl. Draco gab dem Druck nach und lies sich selbstgefällig darauf nieder. Sein Blick schweifte abweisend durch die Küche zu Damian.
„Erfreut Sie wieder zusehen!", sagte er kühl.
„Dem kann ich nicht zustimmen!" kam die gezischte Antwort. Draco behielt die Maske der gleichgültigen Freundlichkeit auf und erwiderte die Antwort mit einem Lächeln.
Er wusste wie man Leute reizte, triezte, bis sie explodierten. Es war ein altes Spiel, welches er hier spielte. Beigebracht von seinem Vater, perfektioniert von ihm selber. Nur er kannte die Regeln, was das Ganze noch amüsanter machte.
„Ich hoffe es macht Ihnen keine Umstände, dass ich so einfach hergekommen bin.", meinte Draco beiläufig.
„Aber nein. Als Freund von Yosh sind sie jederzeit willkommen." Marie hatte sich umgedreht und schaute nun direkt in die grauen Augen von Draco. „Solange Sie ihm nichts böses wollen!"
Draco verstand die Warnung. Es überraschte ihn positiv, dass die Leute sich so sehr um Harry sorgten. Er kannte seine Vergangenheit und wusste, dass Harry sich nichts mehr gewünscht hatte, als ein wenig Verständnis, Vertrauen und Liebe. Etwas, was Draco ihm geben konnte, ihm hinterher warf, wenn er es gleich wiederbekam. So unterschiedlich waren sie nie gewesen.
„So, frische Milch und frische Eier. Kann ich Ihnen Kaffee anbieten?"
„Gerne!", erwiderte Draco und rückte ein Stück zur Seite, da Harry sich neben ihn setzen wollte.
Das Frühstück verlief ruhig und Draco machte sich gedanklich einen Vermerk, dass Muggelfrauen, vorausgesetzt sie waren Hausfrauen, sehr guten Kaffee kochen konnten. Harry selbst war ruhig und warf ab und an einen verstohlenen Blick auf Draco, wenn er glaubte dieser würde ihn nicht bemerken.
Draco genoss es seinem Freund so nahe zu sein. Zumindest fürs erste, solange Blaise den Trank noch nicht hatte.
