Kapitel 5 – Boat Trip

By Raven

Die strahlende Sonne verzauberte das Meer in einen glitzernden Wasserteppich. Sanft und ebenmäßig plätschernd brach sich das blaue Meerwasser an dem Bug des Schiffes, das gemächlich durch den Ozean segelte.

Snape-der-Hauself stand an der Reling und blickte hinab in das kristallklare Wasser, unter dessen Oberfläche sich neben dem Schiff Delfine tummelten. Er genoss die Zeit der Ruhe, in der die Herrinnen und ihre Gespielen ihn ausnahmsweise einmal nicht malträtierten. Das gleichmäßige, sanfte Plätschern des Wassers wirkte beruhigend, beinahe hypnotisierend...

Bis er bemerkte, dass es nicht nur vom Ozeanwasser herkam.

Er drehte sich um und entdeckte den Rücken von Jack Sparrow. Der stand halb über die Reling gebeugt und starrte hinab ins Wasser. Als Snape zögernd näher trat, bemerkte er, dass aus Jacks grünem Gesicht eine Fontäne halbverdauten Mittagessens ins Wasser schoss.

"Mr. Sparrow?" Snape patschte ihm unbeholfen auf den Rücken, woraufhin sich ein weiterer Schwall aus dem ungesund grünlichen Gesicht Jacks ergoss. Wundersamerweise schaffte er es, keinerlei Geräusche zu erzeugen – er ließ einfach laufen, so als hätte er das schon hundertmal gemacht.

"Geht es Ihnen nicht gut?", fragte Snape hoffnungsvoll.

Jack drehte sich um und starrte den Hauselfen an, als hätte er ihn noch nie gesehen. "Oh!", rief er und setzte ein fröhliches Grinsen in sein grünes Gesicht. "Oh. Ja, natürlich" – er beugte sich kurz vorn über, öffnete den Mund und ließ einen weiteren Strahl Mageninhalts in den Ozean platschen – "Hervorragend. Ist es nicht wundervoll, das Meer, die Stille... büärks!... ich habe das... so lange nicht erlebt... war doch eine gute Idee, eine... Kreuz-büärks!-fahrt!"

Snape verzog das Gesicht. Ganz wundervoll, in der Tat. Missmutig erinnerte er sich an den heftigen Streit, den er vor einer halben Stunde mit Raven gehabt hatte, nachdem sie ihn bei dem Versuch, sich von diesem Schiff weg zu apparieren, erwischt und ihn seines Zauberstabs beraubt hatte. Noch schlimmer war allerdings der Gedanke daran, dass er hier noch zwei volle Wochen lang in der unerwünschten Begleitung unter anderem eines seekranken Piraten, eines krallenschwingenden Mutanten und zweier dauerlüsternder Herrinnen verbringen musste.


"Ich hasse das Meer, ich hasse das Meer, ich hasse das Meer..."

"Indy? Warum magst du das Meer nicht? Es ist doch so schön, es zu beobachten!" Vinya klatschte freudig in die Hände.

"Ich hasse das Meer, ich hasse das Meer, und habe ich schon erwähnt, dass ich das Meer hasse?"

"Ja, das hast du..."

"Oh. Und ich hasse das Meer."

"Ach, nun hab dich nicht so! Komm schon, lass uns aufs Oberdeck gehen! Von dort aus haben wir einen viel besseren Blick auf das Meer!"

"Okay, Vinya-Schatz... MEER? Oh, Grundgütiger... ich hasse das Meer, ich hasse das Meer, ich hasse das Meer..."

Auf dem Weg aufs Oberdeck kamen Indy und Vinya an Raven vorbei.

"Was ist denn mit dem los?"

"Ich glaube, er hasst das Meer."

"Aber warum? Es ist so schön und beruhigend!" Raven hüpfte fröhlich davon.

Die beiden starrten hinaus auf den Ozean. Das Wasser unter ihnen bewegte sich in langsamen, sanften Wellen. Vinya schloss die Augen und atmete die salzige Meeresluft ein. "Ist es nicht wundervoll? Guck mal, da schwimmt etwas, das sieht verdammt nach einem durchgekauten Hähnchenschenkel aus-"

Sie stockte und holte tief Luft, als Indiana von hinten ihre Taille umschlang und sie an sich drückte. "Pass auf", flüsterte er ihr ins Ohr. "Wir wollen doch nicht, dass du über Bord gehst."

Vinya kicherte. "Dann hättest du ja nur noch die halbe Arbeit. Du und die anderen."

Indy war sich sicher, dies war ein perfekter Moment. Das Plätschern des Wassers, die glitzernden Reflektionen des Sonnenlichts auf der azurblauen Oberfläche, der Duft von Freiheit und Salz, der über das Meer zog... das Meer war so stürmisch und dennoch so schön – wie Vinya, dachte er in diesem Moment. Sie war so voller Energie, so angenehm verstrahlt, sie konnte einem in den Hintern treten und war obendrein so furchtbar anbetungswürdig niedlich! Zumindest, wenn sie schlief.

"Nur noch die halbe Arbeit, hm? Wenn ich es mir so überlege, wäre das tatsächlich eine Überlegung wert", grinste er und hob sie so schnell hoch, dass sie das Gleichgewicht verlor und nur noch panisch aufschreien konnte. Ehe sie wusste, wie ihr geschah, baumelte sie plötzlich kopfüber auf der anderen Seite der Reling. Indiana hielt sie an den Fußgelenken fest und lachte herzhaft.

"Bist du verrückt geworden!" Vinya schlenkerte panisch hin und her, mit den Armen rudernd, um irgendwo Halt zu finden. "Indy! Lass mich run- wäh, hol mich wieder rauf! SOFORT!"

"Okay", lachte er fröhlich und holte sie zurück in Sicherheit. Er versuchte ein entschuldigendes Lächeln, aber in dem Moment, in dem Blicke wie Laserstrahlen durch ihn hindurch drillten, wusste er, dass er einen Fehler gemacht hatte. Einen schweren, verhängnisvollen Fehler.

"INDIANA JONES!" Sie stemmte die Hände in die Seiten und funkelte ihn wütend an. "Was sollte das! Bist du völlig durchgedreht? Du hättest mich umbringen können!" Sie schäumte und schüttelte drohend die Fäuste.

Indy wich einen Schritt zurück, plötzlich mit sehr besorgtem Blick. "War doch wirklich nur Spaß..."

"SPASS!", rief sie entrüstet. "Wie kannst du so etwas tun! Die salzige Luft hat wohl die letzte noch funktionierende Hirnzelle zerfressen!"

"Aber ich-"

"Nichts aber! Du Vollidiot!"

Indy schob die Unterlippe vor und senkte schuldbewusst den Kopf. "Aber Vinya, Vinyalein, Vinya­spätzchen..."

"NENN MICH JA NICHT VINYASPÄTZCHEN! Ich will nichts mehr von dir hören und sehen – gar nichts mehr, bis wir zurück sind! Ahoi!"

Vinya stapfte wütend davon und hinterließ einen völlig perplexen Indy. Der wusste noch gar nicht, was ihm da gerade widerfahren war. Ihm war doch nur langweilig gewesen, und er hatte es doch wirklich nicht böse gemeint, er würde nie einer seiner Herrinnen weh tun wollen, es sei denn, sie baten ihn darum... ihm war ganz schwindelig. Wundervoll, dachte er, was habe ich da nur angerichtet? Wenn die anderen das erfahren...

Es war furchtbar, auch nur daran zu denken. Er ließ den Kopf hängen und trottete die Treppe zum Unterdeck hinunter, angestrengt darüber nachgrübelnd, wie er sich mit Vinya wieder versöhnen könnte. Doch so fuchsteufelswild, wie sie war, würde er wohl nicht einmal die Chance bekommen, sich zu entschuldigen.


"Ich liebe das Meer", verkündete Jack, dessen Gesicht mittlerweile ein so leuchtendes Giftgrün angenommen hatte, dass es in ungünstigem Kontrast zu seinem roten Kopftuch stand.

"Sei DU bloß ruhig!", brüllte Wolverine und drohte ihm mit einer Kralle.

"Was willst-"

"Ich hasse das Meer!", brüllte Wolverine weiter und erntete ein zustimmendes Nicken eines ziemlich bedröppelt in der Ecke sitzenden Indianas.

"Es ruiniert meine Krallen! Sie ROSTEN! Daran bist nur du Schuld!", schimpfte Wolverine nun auf den völlig verängstigten Indy ein. "Du und deine Ideen! Eine Kreuzfahrt, wie konnten wir nur auf dich hören! Wir hätten nach Disneyland fliegen können oder nach Ulan Bator, aber nein! DU musstest ja un-be-dingt eine Kreuzfahrt buchen!"

"Aber sieh doch mal, wir müssen doch unseren Horizont erweitern..."

"HORIZONT!" Wolverine sah aus, als würde er jeden Augenblick kollabieren.

"Schon gut", sagte Jack niedergeschlagen und wollte die Kombüse verlassen. Auf der Treppe zum Deck stieß er mit einer ziemlich furiosen Vinya zusammen.

"Vin-"

"GAH!"

"Schon gut..."

Vinya stampfte die Treppe herunter und setzte sich an den Esstisch. Ihre Augen waren noch immer zu wütenden Schlitzen verzogen. Snape, der am Herd stand, verzog das Gesicht zu einem freudigen Grinsen. Jack stiefelte hinter Vinya her und setzte sich wieder an seinen Platz.

Wolverine machte der Anblick der offenbar verstörten Vinya sofort wieder zu einem sanften Lämmchen, das kein Wässerchen trüben konnte. "Vinya, Liebes, was ist denn mit dir passiert?"

"Was ist los?", fragte auch Raven überrascht und setzte sich neben Vinya.

"Dieser... dieser Intelligenzallergiker! Dieser-"

"Vinyalein?" Indiana meldete sich aus seiner dunklen Ecke.

Vinya, die ihn noch nicht bemerkt hatte, sprang so schnell auf, dass sie dabei den Tisch umriss und die Schale mit Orangen, die darauf gestanden hatte, auf dem Boden zerbrach und die Früchte quer durch die Kombüse kullerten.

"Wa- DU!", schrie sie und zeigte auf ihn, als wolle sie ihn mit ihrem bloßen Zeigefinger aufspießen.

"V-Vinya..."

"Ach HALT DEN MUND! RAUS HIER!"

Sie riss Snape die Schöpfkelle aus der Hand und schüttelte sie drohend in Indianas Richtung. Indy duckte sich schnell hinter Wolverine, der ihn sogleich beim Schlafittchen packte und von sich stieß.

Jack erhob die Stimme. "Immer mit der Ruhe, Vinya! Was hat er denn getan?"

"Er hat versucht, mich umzubringen!"

"NEIN!" Raven sah schockiert von Vinya zu Indy und wieder zu Vinya. "Wie das?"

"Ich habe nicht versucht, sie umzubringen!", rief Indiana verzweifelt. "Wirklich nicht!"

Nun wechselte Jacks Gesichtsfarbe zu blassgrün. "Du hast was getan?"

Vinya erzählte ihnen in kurzen Worten, was vorhin auf dem Deck passiert war. Sie hatte die Fäuste geballt und warf Indy bitterböse Blicke zu. Ein Sturm der Entrüstung brach los – bis Snape anfing, das Abendessen aufzutragen und sich alle hungrig darauf stürzten. Für eine Weile herrschte gefräßige Stille. Nur Indy stocherte lustlos in seinem Essen herum. Er war zwar halb verhungert, doch der Appetit verging ihm von Minute zu Minute mehr, weil Vinya ihn mit Blicken zu durchbohren versuchte. Er war sich sicher, dass ihre sich stumm bewegenden Lippen leise Flüche formulierten.


Nach dem Abendessen gingen alle aufs Mitteldeck zu ihren Kabinen, mit Ausnahme von Snape, der aufs unterste Deck ging, wo die Wischmopps und Ratten wohnten.

Indy wollte gerade die Tür zu der Kabine öffnen, die er mit Vinya teilte und suchte in seiner Tasche nach dem Schlüssel, als Vinya den Kopf heraus steckte.

"Sorry, aber ich habe die Schlüssel", grinste sie überlegen. "Du schläfst auf keinen Fall hier, du wirst nicht mit mir schlafen, nicht mit mir essen, und nicht diesen Urlaub genießen für volle zwei Wochen. Und nun..." Sie warf ihm seinen Koffer vor die Füße, ein Kissen und ein Laken.

"Vinya!"

"Du gehst runter und teilst dir ein, haha, 'Zimmer' mit Snape. Und komm ja nicht auf die Idee, irgend jemanden zu fragen, ob er dir einen Platz in seiner Kabine anbietet! Ich habe allen Bescheid gesagt, dir kein Nachtquartier zu geben! Gute Nacht und süße Träume, Spätzchen!"

Und damit schlug sie ihm die Tür vor der Nase zu. Indy stand sprachlos da.

"Nein, auch Raven brauchst du nicht zu fragen!", rief Vinya noch durch die geschlossene Tür. Aber das war ihm schon vorher klar geworden, als er das Kichern und Knurren aus der Kabine nebenan gehört hatte, in dem Raven und Wolverine gerade die Koje zum Zittern brachten.


"Ich hasse es, mit Snape ein Bett zu teilen, ich hasse es, mit Snape ein Bett zu teilen, ich hasse es, mit Snape-"

Jack Sparrow, mittlerweile wieder mit fast gesundem Teint, hörte, was Indy vor sich hinmurmelte. Und er hatte keine Ahnung, worum es ging. "Könntest du das wiederholen?"

"Vinya hat mich rausgeschmissen, und nun muss ich runter ins unterste Deck und mit Snape ein Bett teilen! SNAPE!" Dramatisch warf Indy die Arme in die Luft.

"Du Ärmster..."

"Jawohl Jack Sparrow, ICH ÄRMSTER! Ich hasse es, mit Snape ein Bett zu teilen, ich hasse es, mit Snape ein Bett zu teilen..."

"Hm, wenn du das nur ein klitzekleines bisschen umformulieren könntest..."

"Hm?"

"Na ja, man könnte fälschlicherweise auf den Gedanken kommen, ihr... ahem, du weißt was ich meine, ja?"

"Oh... äh... OH! Oh, verdammt, Mann... danke."

"Keine Ursache."

"Okay. Ich hasse Snape, ich hasse Snape, ich hasse Snape..."


In einem Zimmer ganz tief unten, dunkel und trübselig, dort wo die Ratten quietschen, dort, wo die Wischmopps und Schmutz wohnten...

"Lieber Gott, bitte beschütze den Menschen, den ich am meisten auf der Welt liebe und schätze, mich. Und lieber Gott, bitte mach, dass die anderen alle eines grausamen Todes sterben."

Plötzlich öffnete sich die Tür weit, und ein knurrender Indy stand im Türrahmen, in den Händen einen Koffer, ein Laken und ein Kissen.

"Hey! Was zum Teufel!"

"Halts Maul Snape, ich bin nicht gekommen, um mich mit dir zu unterhalten!"

"Das ist nicht nett..."

"Was hab ich gesagt, Snape?", brüllte Indy und legte sein Laken und Kissen ab.

"Bin ja schon still, aber-"

"Vinya hat mich rausgeschmissen, ich bin für diese Nacht dein Besenkammergenosse, jetzt halt den verdammten Rand und geh schlafen", brüllte Indy, legte sich hin und deckte sich zu.

"Aber-"

"Du hast fünf und ich meine FÜNF Sekunden, dich hinzulegen, zuzudecken und DEINE KLAPPE ZU HALTEN!"

"Danke."

Und so legte der Hauself sich schlafen, während Indy noch lange wach lag und Mittel und Wege suchte, um doch noch den Weg zurück in Vinyas Kabine zu finden. Und sich mit ihr zu vertragen. Doch, und das war wahrscheinlich das erste Mal in seinem Leben, hatte er das Gefühl, es diesmal wirklich irreparabel vermasselt zu haben... also tat er das Schlaueste, was ihm in diesem Moment einfiel: den Mund halten, schlafen und am nächsten Morgen weiter darüber nachzudenken.

Indiana hatte einen schrecklichen Traum. Er befand sich an diesem dunklen, trübseligen Ort. Er schlief mit Snape in einer Besenkammer, wo die Ratten lebten und der Staub von den Wänden fiel... dann wachte er auf.

"Verdammt, der Traum ist Wirklichkeit..."

"Was für ein Alptraum", stöhnte Snape neben ihm.

"Halts Maul."

"Aber..."

"HALT. DEN. RAND."

"Gut."
Verdammter Mist, dachte Indy, ich glaube nicht, dass Vinya mir jemals wird verzeihen können, was ich getan habe. Ich bin der größte verdammte Idiot westlich der Hemisphäre. Verdammt. Verdammt! Scheiße! VERDAMMTE SCHEISSE! Sie wird mir nie verzeihen... VERDAMMT! Ugh... ich sollte besser schlafen gehen... schön schlafen, Indy... schlaf ne Nacht drüber... verdammt... Er legte seinen Kopf zurück aufs Kissen, schloss die Augen, steckte den Daumen in den Mund und kehrte zurück in die süße Welt der Träume, bis Snape wieder den Mund öffnete. Indy war sofort wach.

"SNAPE! Was..."

"I-ich glaube, ich höre etwas! Oben! Ich glaube, irgend etwas passiert da gerade!"

"Du hast den Verstand verloren."

"Nein! Wirklich! Da ist was!"

"Wenn du aufhörst zu heulen wie ein kleines Mädchen", stöhnte Indy und pellte sich aus seinem Laken, "geh ich hoch und sehe nach, was da zur Hölle los ist."

Er stand auf und ging zu Tür, als er Gepolter vernahm, das vom Mitteldeck zu kommen schien. Irgendetwas ging da tatsächlich vor sich, doch was?

"Snape, zum ersten Mal denke ich, du könntest Recht haben... Steh auf, wir gehen nachsehen..."

"Du und ich?"

"Ich hasse dich zwar, aber ich lass dich doch nicht allein in der Dunkelheit zurück."

"YAY!"

"Übertreib's bloß nicht!"

Und so traten die beiden hinaus und liefen die Treppen zum Mitteldeck des Schiffs herauf. Indy öffnete die Tür und wurde von einem kräftigen Wind- und Wasserstoß beinahe von den Füßen gerissen.

"Was ist los?", fragte Snape und klammerte sich an Indianas Ärmel fest.

"Es ist ein Sturm! Es ist-"

Doch der Sturm hörte von einem Moment zum anderen auf. Plötzlich war die Luft wieder still und die brechenden Wogen glätteten sich.

"Es ist vorbei! Es ist..."

"Snape – Klappe halten."

"Okay..."

Indy überblickte das Mitteldeck. Er bemerkte, dass einige Klamotten verstreut auf dem Boden lagen, als ob die Schiffsgäste völlig überhastet aus ihren Kabinen geflohen waren.

"Oh mein Gott... Snape!"

Er war verschwunden.

"SNAPE!"

Noch immer keine Antwort. Indiana machte kehrt und betrat die Kombüse... "HALLO!"

Er fand Snape in inniger Umarmung mit einer herzförmigen Keksdose, von dem ein Stück Geschenkband herab baumelte.

"Du Idiot! Wir haben keine Zeit zum Essen!"

"Aber ich habe Hunger..." Snape ließ das kleine Kärtchen am Ende des Geschenkbandes durch seine Finger gleiten. "Und das war ein Geschenk von-"

"HUNGER! Wir sind in Lebensgefahr und ich habe keine Ahnung wo die anderen- raaaah!"

In diesem Moment ergriff eine erneute, noch kräftigere Sturmbö das Schiff und schaukelte es kräftig hin und her.


Währenddessen, auf einer kleinen Südsee-Insel...

"Jetzt streng dich doch mal ein bisschen an!" Raven keuchte angestrengt. "Ein bisschen tiefer! Nur noch ein ganz klein wenig!"

Wolverine grummelte. "Ich tu doch schon mein Bestes!"

"Komm schon, streng dich an! TIEFER!", feuerte Raven ihn an.

"Ich bin völlig fertig", maulte Wolverine, "sollen wir es vielleicht mal an einer anderen Stelle probieren?"
"NEIN!", kreischte Raven aufgebracht, "Das hat zu gehen! Notfalls mit Gewalt! Leg dich ins Zeug!"

"Hilfst du mir vielleicht mal! Außerdem, wo ist überhaupt Jack? Der könnte sich hier ja vielleicht auch mal nützlich machen!" Wolverine wischte sich den Schweiß von der Stirn. "Jaaaaaack!"

Der Pirat kam angelaufen und blickte die beiden ungläubig an. "Was macht ihr denn da?"

"Wonach sieht es denn aus?", fragte Raven zurück. "Wir bauen uns ein Zelt!"

"Aber diese verdammten Stöcker halten nicht!" Wolverine zeigte auf den Bambusstock in seiner Hand, den er im Begriff war noch tiefer in den viel zu weichen Boden zu rammen. Raven neben ihm schmiss ein paar Palmenblätter zu Boden und hüpfte griesgrämig darauf herum.

Jack grinste breit und seine Zähne glitzerten in der untergehenden Sonne. "Aaaaah. Ist es nicht herrlich!" Er breitete die Arme aus und ließ sich der Länge nach in den goldenen Sand fallen. "Endlich beginnt der wahre Urlaub!"

"Sand! Sand! Alles voller Sand! Ich hasse Sand!", regte Wolverine sich auf. "Überall Sand, zwischen meinen Krallen Sand, Sand in meinen Haaren, Sand in meiner Unterho- SIEH mich nicht so AN, Raven!"

Raven knurrte, stapfte zu Jack und ließ sich neben ihn in den Sand fallen. "Wahrer Urlaub, Jack, wie kannst du so etwas sagen! Wir haben Schiffbruch erlitten! Und wer weiß, wo Indiana und Snape sind..."

"JACK SPARROW!" Eine durchdringende Stimme ließ Jack und Raven zusammenzucken. Sie drehten sich um und sahen Vinya herbeistiefeln, die Arme überladen mit Feuerholz. "Könntest du dich jetzt vielleicht mal als nützlich erweisen und ein Feuer machen!" Sie ließ das Holz vor seine Füße fallen und warf sich zu Raven in den Sand.

"Ich hoffe, sie sind in Ordnung", sagte Raven leise.

Vinya seufzte. "Das ist alles meine Schuld... dass wir sie verloren haben..."

"Ich hatte gehofft, sie wären ebenso wie wir mit einem der Rettungsboote entkommen", sagte Raven. "Aber sie waren nicht zu sehen..."

Wolverine plumpste zwischen sie in den Sand und breitete die Arme aus, zog die Mädels zu sich heran und knuddelte sie liebevoll. "Macht euch keine Sorgen, Indiana ist zäh. Und sein wir doch mal ehrlich, es wäre doch wirklich zu schön um wahr zu sein, wenn wir Snape ein für alle mal los-"

"Wie kannst du das sagen!", entzürnte sich Raven und sprang auf. "Mein Sevilein..."

Wolverine und Vinya warfen sich bedeutungsvolle Blicke zu, während Raven davon stapfte und Jack beim Feuermachen half.


"Wasser... nichts als Wasser... heh..." Indiana lehnte sich zurück und schloss die Augen. "Wir werden hier sterben, du und ich. Himmelherrgott, ich könnte mir wirklich ein glorreicheres Ende vorstellen als hier, mitten auf dem Ozean... mit DIR... zu sterben!"

Snape runzelte die Stirn und ruderte wortlos weiter.

"Ich war so ein Idiot..."

Indy sah nicht, wie Snape die Augen verdrehte und verständnisvoll nickte.

Nachdem sie ungefähr eine Stunde ins Ungewisse gerudert waren, öffnete Indy plötzlich die Augen und richtete sich wieder auf. Sein Blick ging suchend über das schwarze Wasser und die Milliarden glitzernder Sterne am Firmament, als ob er etwas bestimmtes suchen würde.

"Mr. Jones?", fragte Snape.

"Sag mal, Hauself... riechst du das auch?"

Snape wurde zartrosa und räusperte sich verlegen.

"Nein, nicht du, du – obwohl." Indy schnüffelte. "Du könntest dir vielleicht mal Jacks Pfirsich-und-Jasmin-Shampoo leihen, falls du dazu noch mal die Gelegenheit bekommen solltest."

Snapes Mund wurde zu einem dünnen Strich, doch er blieb stumm.

"Nein, da ist noch was anderes!"

Nun roch es auch der Hauself. "Es kommt von Südwesten!"

"Worauf wartest du noch!" Indy lehnte sich wieder zurück und zog sich den Hut über die Augen (obwohl es rabenschwarze Nacht war). "Immer der Nase nach, los los."

"Ich hasse Mr. Jones, ich hasse Mr. Jones, ich hasse Mr. Jones...", zischte Snape.


Wie genau Wolverine auf die Palme gekommen war, wussten weder Jack noch Vinya. Ratlos standen sie da und starrten hinauf zu ihm, der sich im Wipfel festgekrallt hatte und leise wimmerte.

"Aber es war doch nur ein Skorpion", versuchte Jack ihn zu beschwichtigen.

"Nur EIN Skorpion!", kreischte Wolverine. "Wo es EINEN Skorpion gibt, gibt es noch mehrere! Und sie werden uns alle auffressen!"

Vinya legte den Kopf schief. "Wusste gar nicht, dass unser Wolvi eine Skorpion-Phobie hat..."

"Skorpione fressen keine Menschen", rief Jack herauf, "sie stechen einen mit ihrem Schwanzstachel und injizieren ihr lähmendes Gift, aber sie fressen doch keinen Menschen, ich bitte dich."

"Ach komm", sagte Vinya und zupfte Jack am Ärmel. "Lass ihn da oben. Raven wird schon einen Weg finden, ihn aus der Reserve zu locken, und in der Zwischenzeit... kannst du mir ja vielleicht noch ein bisschen mehr über ähm... Schwanzstacheln und so erzählen..." Sie grinste.

Raven schien von dem kleinen Zwischenfall nichts bemerkt zu haben, sie saß am Meeresufer und malte mit einem Stöckchen kleine Herzen in den nassen Sand. "Ach Indy, ach Snape, wo seid ihr nur", sagte sie laut und seufzte.

Als sie aufblickte, sah sie etwas auf dem Ozean, das sich dem Ufer näherte, es sah aus wie...

"Ein Boot!" Raven sprang auf. "Leute, da ist ein Boot!"

"Das sind Indiana und der Hauself!", rief Jack.

"Och nö, ausgerechnet jetzt", schmollte Vinya und zog sich ihr Shirt wieder an.

"AU!", brüllte Wolverine und landete mit einem dumpfen Aufschlag im Sand.

Hüpfend und winkend standen die drei am Ufer und grölten dem sich nähernden Boot zu. Noch bevor Snape und Indiana das Ufer erreichten, sprangen sie aus dem Boot und wateten durch das flache Wasser hinüber, wo sie mit viel Gejohle empfangen wurden.

"Ihr lebt!", rief Raven und rannte auf Snape zu. "So ein Glück!"

"Indy!" Vinya fiel ihm um den Hals. "Es tut mir leid..."

Indiana drückte sie an sich und streichelte ihr sanft übers Haar. "Schon vergeben und vergessen. Und mir tut es auch leid."

"Krieg ich auch eine Umarmung?", versuchte es Raven bei Snape, doch der verdrehte nur die Augen.

"So, jetzt aber Schluss mit den Rührseligkeiten", rief Jack. "Lasst uns die Insel abfackeln!"

Aller erstaunten Blicke ruhten auf dem Piraten. Der zuckte mit den Schultern und grinste. "Vertraut mir, anders kommen wir hier nicht weg."


Jack Sparrow sollte Recht behalten. Nachdem sie die Insel in ein flammendes Inferno verwandelt hatten, waren sie wenig später von einem großen Kreuzfahrtschiff entdeckt und an Bord genommen worden. Nach einigem Hin und Her mit dem Kapitän wurde Snape kurzerhand als "Zahlungsmittel" den Putz- und Küchenhilfen überstellt, und die anderen konnten dann doch noch einen erholsamen Kreuzfahrturlaub verleben.

Indiana, Wolverine, Vinya und Raven lagen auf dem Oberdeck in der Sonne und ließen die Seele baumeln.

"Was ich immer noch nicht verstehe", sagte Wolverine, der gerade damit beschäftigt war, Vinya den Rücken einzucremen, "WIE habt ihr uns überhaupt gefunden?"

Indiana schlürfte von seinem eisgekühlten Cocktail, dann leckte er sich die Lippen und antwortete: "Jacks Alkoholfahne... drei Meilen gegen den Wind."

"H-hey! Hicks."

"Genau das meine ich." Indy verzog das Gesicht.

"Alles in allem, Leute", meldete sich Raven, "meine ich, das war der tollste Urlaub aller Zeiten."

Ein Sturm des Protestes erhob sich. "Nie wieder Kreuzfahrt!", "Ich hasse das Meer!", "Das wird Wochen dauern, bis meine Krallen nicht mehr quietschen!" und "Wer hat eigentlich Snape diese Kekse geschenkt!"

Raven wurde rot und wandte sich ab. Irgendwann, irgendwie würde sie schon noch ihren Spaß mit dem Hauselfen haben, ganz egal, was die anderen davon hielten. ;)