8. Zurück zum Grimmauldplatz
Harrys Füße schlugen auf dem festen Boden auf. Seine Knie gaben leicht nach und durch den Schwung kippte er leicht nach vorn. Nur mit Mühe konnte er sein Gewicht durch das Anwinkeln der Arme abbremsen. Das vertraute Gefühl an seinem Nabel, als würde ein Haken nach vorn gerissen, ließ nach und er schaute sich um. Plötzlich berührte ihn eine Hand auf seiner Schulter.
„Oh... was war das denn?"
Harry drehte sich um und sah in Angelikas Gesicht, die ihn überrascht anstarrte.
„Nun, ich habe es dir versucht zu erklären, wie das mit dem Portschlüssel funktioniert... aber es ist schwer dieses Gefühl zu beschreiben."
„Hallo, Harry, alles in Ordnung?"
Eine Hand tauchte in Harrys Gesichtsfeld auf und als er aufschaute, sah er in das grinsende Gesicht von Nymphadora Tonks. Harry ergriff die Hand, die ihn wieder auf die Füße zog. Tonks sah eigentlich wie immer aus... und auch wieder nicht. Sie besaß orangerotes gewelltes Haar, das in einem einmaligen Einklang mit ihrem orangeroten Overall stand. Merkwürdigerweise trug sie einen zu kleinen Plastikhelm mit derselben Farbe auf ihrem Kopf. Während Harry Angelika auf die Füße brachte, schaute sich Tonks um, ob jemand die Ankunft der beiden beobachtet hatte. Dann machte sie ein Zeichen zu einem benachbarten Mann, der ebenso in einer orangeroten Uniform steckte.
„Ihr seid unser Begrüßungskomitee?"
Tonks lächelte.
„Nun ja, hab' uns diese sehr praktischen Uniformen der Abwasserbetriebe der Stadt London ausgeborgt. Sollte irgendein Muggel uns jetzt sehen, wird er kaum sich daran stören, so viele von uns hier zu sehen. Brandon, alles klar da drüben?"
„Yup!"
Tonks führte Harry und Angelika über den Grimmauldplatz, der nicht weniger einladend aussah, als letztes Jahr. Immer noch lag ein beißender Geruch von Müll, faulendem Abfall und Urin in der Luft.
„Uhhh...und hier wohnt ihr? Das ist ja schlimmer, als in einem der verwohnten Hinterhäuser in Kreuzberg oder Neuköln", erwiderte Angelika, die sich neugierig umsah. Harry hatte keine Ahnung, wo diese Orte lagen und wollte auch nicht antworten, denn Tonks schlug ein Tempo an, dass keinerlei Konservation zuließ.
„Hier, Angelika"
Angelika bekam den Zettel gereicht, denn Harry vor einem Jahr von Moody zugesteckt bekommen hatte. Verwundert las sie ihn und ließ ihn erschrocken fallen, als plötzlich zwischen dem Grimmauldplatz 11 und 13 das Haus der Blacks wie von Geisterhand erschien.
„Na endlich!", hörte Harry ein Frau ganz in der Nähe rufen, die auf einen der Begleiter von Tonks einredete." Endlich wird auch mal in diesem Stadtteil die Abwässerkanäle erneuert. Ich habe schon so lange Petitionen geschrieben, dass ich gar nicht mehr geglaubt habe, dass hier endlich etwas passiert. Wie lange brauchen sie denn?"
„Kommt schnell, ehe sie irgendetwas merkt. Brandon wird sie schon aufhalten!"
Tonks schob Harry und Angelika die abgenutzten Treppen hinauf zu der verblichenen schwarzen Tür. Sie schlug schwer mit dem silbernen Türklopfer, der die Form einer Schlange besaß, auf die Tür ein, die kurz daraufhin geöffnet wurde. Rasch traten Harry und Angelika ein.
„Parole?"
Eine durchdringende Stimme ließ Harry erstarren.
„Die Guten ins Häuschen, die Schlechten vor die Tür", erwiderte Tonks hinter ihnen.
„Nun, gut, stimmt... dann weiter", befahl die Stimme. Harry schaute sich um und sah, dass statt des Bildes von Sirius Mutter, welches sich im letzten Jahr hinter ein paar langen, mottenzerfressenden Vorhängen befunden hatte, nun ein Bild hing, dass anscheinend eine Ritterschlacht darstellte. Eine Gruppe von Rittern im Vordergrund schaute sehr skeptisch auf die Neuankömmlinge. Einer der Ritter, so hätte Harry schwören können, war Sir Cadogan.
„Was ist denn das für ein Bild; wo ist das Bild der Mutter von Sirius?"
„Bewegen die sich auf dem Bild?", fragte Angelika erstaunt und näherte sich dem Bild.
„Wer da... ha... doch ein Eindringling. Komm stell dich mir, ich werde dich meine Klinge schmecken lassen, du Kräuterweib!", erwiderte Sir Cadogan
Die Ritter im Bild zogen ihre Schwerter und fuchtelten wild damit umher. Angelika ging mit einem erschrockenen Gesicht gleich drei Schritte nach hinten und stieß mit einem der dort befindlichen Hauselfenköpfe zusammen. Harry konnte gerade noch erkennen, dass dieser Kopf wohl Kreacher gehört hatte. Sie drehte sich um, erblickte den Kopf und schrie laut auf, was die Ritter noch mehr ermutigte wilde Drohungen auszustoßen.
„Angelika, komm bitte. Es ist nichts...wirklich nichts."
Harry versuchte das verstörte Mädchen weiter in den Flur zu ziehen, die nicht wusste, wohin sie sich bewegen sollte... in Richtung des Bildes, auf dem wildaussehende Ritter mit ihren Schwerter und Lanzen fuchtelten oder in Richtung der grausam aussehenden Köpfe merkwürdiger Kreaturen.
„Oh... Mum, Harry ist da", hörte Harry eine wohlbekannte Stimme, die wohl seinem Freund Ron gehörte.
Harry!"
Ehe Harry reagieren konnte, fühlte er sich bereits von kräftigen Armen gepackt und wurde an einen warmen Körper gepresst.
„Was machst du nur für Sachen, Harry. Ich bin tausend Tode gestorben. Doch im Nachhinein hat sich dein Entfernen vom Ligusterweg als Segen herausgestellt."
Molly Weasley ließ Harry los und lächelte ihn an. Allerdings konnte Harry in ihren Augen auch einiges an Besorgnis erkennen. Doch ehe er weiter darauf reagieren konnte, spürte er abermals wie jemand ihn umarmte. Er merkte wie einzelne Tränen ihm den Hals entlang liefen. Diesmal war die Person kleiner als Mrs. Weasley und ihre gewellten Haare ließen nicht zu, dass er auch nur irgendetwas sagen konnte, wenn er nicht gerade diese Haare in den Mund bekommen wollte.
„Harry.... oh Harry…. Warum hast du uns nur so lange in Unkenntnis gelassen. Erst diese Flucht... dann bekommen wir in diesem ganzen Durcheinander deine Eule... und dann erfahren wir erst jetzt, dass du heute hier eintriffst."
„Nun...äh... nun ja, dass ihr erst jetzt erfahren habt, dass ich komme, liegt nicht an mir....."
„Möchtest du uns nicht deine Begleitung vorstellen, Harry?"
„Oh, ja..".
Fast hätte er in diesem Moment Angelika vergessen, die etwas schüchtern abseits stand und die Begrüßung Harrys miterlebt hatte.
„Nun, dies ist Angelika Reiner, sie kommt aus Deutschland und wurde mehr als zufällig in diesen Anschlag in Birmingham hineingezogen. Sie ist eine Zauberin, allerdings..... weiß sie dies erst seit zwei Stunden."
Molly nickte, als würde sie die Zusammenhänge bereits kennen, trat an Angelika heran und reichte ihr freundlich die Hand.
„Hallo, Angelika, ich freue mich, deine Bekanntschaft zu machen. Mein Name ist Mrs. Weasley. Vielleicht kommt es dir etwas komisch vor... aber Harry, der mit meinem Sohn Ron in Hogwarts auf die Schule geht, ist für mich so etwas wie ein Ziehsohn... "
Angelika schaute Mrs. Weasley fröhlicher an und nickte. Harry war es schon ein wenig peinlich und ehe Mrs. Weasley weiterfuhr, stellte er die anderen Personen vor. Harry sah nur, dass Tonks sich zu Mrs. Weasley beugte und ihr etwas zuflüsterte.
„Also, das ist meine..... Klassenkameradin und Freundin..."
„Hermine Granger", erwiderte Hermine und taxierte Angelika.
„Sie hat ebenso Muggeleltern wie du. Und das ist Ginny Weasley, die Schwester meines besten Freundes Ron."
Ginny lächelte Angelika fröhlich an. Irgendwie schien das auch Angelika zu gefallen, die sofort zurücklächelte. Es schien, als würden sich beide Mädchen sofort verstehen und die wunderbarsten Freundinnen werden. Doch als Harry eben zu Ron kam, musste Angelika mehr als lächeln. Rons Mund stand offen, sein Blick war starr auf Angelika gerichtet und er schien zu einer Salzsäule erstarrt zu sein.
„Und das ist Ron, mein bester Freund", sagte Harry und schaute Ron verwundert an
„Hallo, Ron", sagte Angelika und gab ihm die Hand, die dieser automatisch schüttelte.
„Äh...ja...Hallo Ron…äh...äh…ich...ich mein...Hallo Ange... äh... äh...Angegeliga", erwiderte ein sichtlich nervöser Ron, der leicht errötete. Hermine sah ihn leicht strafend an, während Ginny fast losprustete.
„Ich denke, ehe ich den Abendbrottisch decke, solltet ihr Harry und Angelika ihre Zimmer zeigen. Ginny, Ron?", gab Molly Weasley von sich, nachdem sie kurz mit Tonks geredet hatte und sich nun wieder den Jugendlichen widmete.
„Äh...ja, alles klar,...Mum... dann ...äh....dann kommt mal mit", sagte Ron, der langsam seine Fassung wiederfand und Harry und Angelika hoch in den zweiten Stock führte.
„Hast du kein Gepäck mitgebracht, Angelika?", fragte Ginny
„Das Wenige im Krankenhaus wird Neil mitbringen... und den Rest wohl Professor McGonagall", warf Harry ein, der sich immer noch ein wenig sich Ron wunderte. Sicher, Angelika war schon eine Schönheit, vor allem ihr Gesicht sah so engelhaft aus, doch Harry konnte sich nicht vorstellen, so bei einem Mädchen zu reagieren. Oder doch? Ihm fiel plötzlich Cho und sein Gefühl ein, als er sie zum Ball auffordern wollte. Hatte Ron jetzt auch solche Schmetterlinge im Bauch wie er damals? Irgendwie belustigte ihn das.
„Das ist das Zimmer der Mädchen..... und dort schlafen wir, Harry."
„Komm, Angelika, ich zeig dir mal unser Zimmer", sagte Ginny und führte sie von Ron und Harry weg. Hermine folgte den beiden in einem kleinen Abstand, nicht ohne sich noch einmal nach Ron leicht strafend anzusehen. Kaum waren die Mädchen in ihrem Zimmer verschwunden, brach es aus Ron heraus.
„Wow, was ist denn das für ein Mädchen? Die sieht ja klasse aus. Meinst du, ob die Veela-Blut in sich hat?"
„Nicht das ich wüsste. ....Sie scheint dir ja sehr zu gefallen"
„Gefallen? Mensch, Harry, sie ist das hübscheste Mädchen, dass ich bisher gesehen habe. Vielleicht... vielleicht außer Fleur damals, aber die war ja schon eine halbe Veela. Pau... diese Augen...ich...ich glaube, ich habe mich eben so bisschen zum Trottel gemacht, was meinst du?", fuhr Ron fort, als er schließlich die Tür zum Jungenzimmer öffnete.
Harry lächelte, sagte aber nichts. Er trat in das Zimmer ein und schaute sich um. Das ganze Haus schien erneuert zu sein. Das Zimmer war in hellen Farbtönen gestrichen und nirgends schien es mehr dunkel und verrucht auszusehen. Zwar erinnerte immer noch einzelne Details des Hauses an seine düstere Vergangenheit - wie etwa die Knaufe der Türen, die immer noch wie ein Schlangenkopf geformt waren. Auch einzelne Bilder, wie jenes von Sirius Ahnen Phineas Nigellus, von dem es hieß, er sei der unfähigste Hogwartsleiter aller Zeiten gewesen, hingen noch an den Wänden. Aber es gab auch andere Bilder, an die sich Harry gar nicht erinnern konnte.
„Sieht ganz schön verändert aus, was?", sagte Ron.
„Ja...", erwiderte Harry und warf seinen Rucksack auf das Bett, in dem er schlafen sollte.
Harrys Herz war wieder einmal schwer geworden, denn alles in diesem Haus erinnerte ihn an Sirius. Er hatte eigentlich nicht hierher zurückkommen wollen. Er hatte nicht mehr diesen Schmerz fühlen wollen, diese kalte Wut auf sich, auf Dumbledore, ach, auf die ganze Welt. Der Verlust seines Paten war nun wieder so offensichtlich. Vor nicht mal einer Stunde hatte er nicht mehr an ihn gedacht, hatte nur an Angelika gedacht, an ihre seltsame Vergangenheit, an Pavlov oder Pettigrew, die ihr Leid antun wollten. Und nun... nun war seine Erinnerung an sein eigenes Leid zurückgekehrt.
„Du... du hast uns einen ganz schönen Schrecken eingejagt", sagte Ron und warf sich auf Harrys Bett.
„Ich... ich musste einfach etwas tun. Ihr wart hier... und ich war wieder bei meinen Verwandten und habe nichts... "
Harry hatte gar nicht böse gesprochen, doch Ron fuhr ihm verärgert ins Wort.
„Glaubst du etwa, die erzählen dir hier irgendetwas? Jedes mal wenn es eine Sitzung gibt, werden wir ausgesperrt. Und Besprechungen und Sitzungen gibt es jetzt oft hier. Der Orden ist enorm gewachsen. So gewachsen, das es jetzt einen inneren Zirkel und mehrere äußere gibt. Dad und Mum gehören in den inneren Zirkel. Aber das heißt überhaupt nichts. Mum ist weiterhin der Meinung, wir seien zu jung... egal was damals im Ministerium passierte. Ach, es ist zum K...."
Ron wuchtete sich auf. Er war, wie Harry feststellte abermals gewachsen und schien, wenn er so weiterwuchs, größer zu werden als seine Brüder. Auch seine Schultern waren breiter geworden. Er sah schon recht erwachsen aus, nicht mehr wie der Junge, den Harry vor sechs Jahren im Hogwartszug kennen gelernt hatte.
„Aber...", Ron grinste Harry an," aber als dann bei der großen Sitzung Mundungus verwundet im Haus ankam und wir uns erst mal um ihn kümmerten, da standen wir dann wieder im Mittelpunkt. Und als dann kurze Zeit später Hedwig mit deiner Nachricht hier eintraf, da waren wir plötzlich wie gleichberechtigt. Aber jetzt, wo sich die ganze Lage entspannt hat... da schickt uns Mum einfach wieder hoch, wenn es wichtig wird."
„Sie hat einfach Angst, Ron. Angst euch... uns zu verlieren."
„Ja, klar, Mann. Aber wir sind keine kleinen Kinder mehr. Das scheint sie einfach nicht verstehen zu wollen. Deshalb, Mann, ich habe deinen Ausbruch so vollständig stark gefunden. Aber, nun sag schon, was hat sich in Birmingham abgespielt? Wir bekommen, wie gesagt, nur die Hälfte mit."
Harry seufzte, dann nahm er mit grinsendem Gesicht seine Brille von der Nase und begann sie mit seinem Pullover zu putzen.
„Also, ich hatte mich entschieden, nach Birmingham zu reisen, weil ich ja Pettigrew auf dem Video entdeckt hatte und....."
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„Ähmm..... Professor Dumbledore?"
Mundungus Fletcher klopfte mit seiner unverletzten Hand vorsichtig an die Tür, die leicht angelehnt war.
„Ah, Mundungus... komm ruhig rein", erwiderte Dumbledore, der an einem kleinen Schreibtisch saß und unter einer kleinen Lampe, in der eine kleine Kerze funkelte, irgendwelche Berichte auf Pergament studierte. Obwohl es nur diese einzige Lampe in der Nähe des Schreibtisches gab, erhellte sie doch den halben Raum. Anscheinend hatte Dumbledore ihr Licht magisch verstärkt.
„Nun, mein lieber Mundungus, warum willst du mich sprechen."
„Ich....nun, ich wollte mich zunächst einmal bei Ihnen entschuldigen. Es...ich meine, wir waren nicht rechtzeitig beim Haus der Verwandten von Potter, als die Todesser zuschlugen. Wäre Harry da noch da gewesen....."
Dumbledore lehnte sich zurück, schob seine Brille ein wenig zurecht, erwiderte allerdings nichts.
Mundungus begann leicht zu schwitzen. Es war schon das zweite Mal, dass er seine Aufgabe Harry zu beschatten, nicht ordentlich absolviert hatte. Schon vor einem Jahr wäre beinahe dieser Junge wegen des Dementorenangriffs zu Schaden gekommen und nun hatte Mundungus und die anderen Beschatter wieder versagt. Keiner von ihnen hatte gemerkt, dass Harry zum Zeitpunkt des Angriffs der Todesser gar nicht mehr im Ligusterweg verweilte.
„Nun... ich weiß, ich habe wieder Mist gebaut. Pamela, Merlin sei mit ihr, und Ricki waren zunächst allein und mussten mich erst informieren, das sie Todesser in der Nähe gesehen hatten. Wäre ich gleich da gewesen, hätten wir womöglich Harrys Abfahrt mitbekommen, sowie verhindert, dass die Todesser zuschlugen. Na ja, Gott sei Dank, waren wir dann noch schnell genug da. Aber ....ich möchte ihnen auch erklären, warum ich nicht so schnell eingreifen konnte."
Dumbledore erwiderte nichts, allerdings zog er eine seiner Augenbrauen leicht in die Höhe.
„Ja... ich hatte durch Remus erfahren, dass Pettigrew lebt und in Birmingham wohl einen Holländer namens Pieter van Brugelen getötet hatte. Als er mir das an dem gleichen Tag erzählte... nun weil ich ja nicht, wegen meines Auftrages nicht bei der Sitzung teilnehmen konnte...., da war mir so, als hätte ich diesen Namen van Brugelen irgendwo schon mal gehört. Sie wissen ja, Professor, ich habe eine ...nun ja, nicht ganz so weiße Vergangenheit...man muss sich ja irgendwie durch das Leben schlagen...jedenfalls...kam mir dieser Name sehr bekannt vor."
„Er war ein Dieb", erwiderte Dumbledore trocken.
„Ja... sie wissen davon?", hinterfragte Mundungus überrascht.
„Nach unseren Informationen von Scotland Yard, Interpol und von der ICEA, dem International Council der europäischen Auroren."
„Äh...ja, klar....aber wissen sie auch, dass... dass er nie allein gearbeitet hat?"
Dumbledore streckte sich.
„Wie?"
„Nun... er war zwar ein Dieb... und dazu noch ein sehr guter... aber er hat zumeist selten die Kontakte zu seinen Kunden aufgebaut. Deshalb hatte es mich schon sehr überrascht, dass er sich in diesem Restaurant in Birmingham mit einem potentiellen Kunden getroffen hat. Wenn es überhaupt....sein Auftraggeber war!"
„Ich verstehe nicht... ihr meint, Karkaroff war gar nicht...", fragte Dumbledore nach und starrte ins Leere.
„Karkaroff? Der wollte das Buch haben? Meine Fresse, na, dass ist ja mal eine Überraschung.. Also, Karkaroff war sicher nicht der Kunde."
„Aber warum wollte van Brugelen seinen Mittelsmann dann übergehen...und wollte das Buch nicht dem eigentlichen Kunden verkaufen."
„Ja...da habe ich eine Theorie, ...die mir ein paar meiner alten Saufkump..äh...Freunde von damals...na ja ...ein paar Spießgesellen eben, aus meiner sehr bunten Vergangenheit... heute bestätigen konnten. Nun... die Frage ist, warum wollte van Brugelen das Buch, das so wertvoll ist und eine Menge Kies einbringen würde, so schnell nach seinem Diebstahl wieder loswerden und es einem Kunden wie Karkaroff, der nicht viel Geld besaß, verkaufen? ...Er hätte doch nur abwarten brauchen, bis sein Mittelsmann sich mit dem Auftraggeber des Diebstahles trifft und dann das Buch für wesentlich mehr verkauft. Er hätte seinen Anteil bekommen, der sicher mehr war, als dass was Karkaroff ihm je bieten hätte können."
„Mmmh... und?", fragte Dumbledore nach
„Nun... das war eine Frage, die mich stark beschäftigte. Und die nur zwei Schlüsse zulassen würde. Der eine... van Brugelens Mittelmann lebt nicht mehr. Er war plötzlich auf sich gestellt, weil der Kunde das Buch plötzlich ohne Ausgaben haben wollte. Es scheint so, als hätte der Kunde van Brugelen und seinen Mittelmann austricksen wollen. Und das bedeutete, van Brugelen musste so schnell wie möglich untertauchen. Dazu allerdings braucht man Geld... also nahm er Karkaroffs Angebot an. Nehmen wir mal an, Lord Voldemort war der Kunde.... dann hatte er erfahren, dass Van Brugelen sich mit Karkaroff trifft und das Buch veräußern wollte. Eine Möglichkeit gleich beides zu bekommen, das Buch und seine Rache an Karkaroff... ha!"
„Und der zweite Schluss....?"
„Van Brugelen war kein Dieb wie jeder andere. Er war... übervorsichtig. Selbst in heiklen Situationen. Und ein solcher Mann lässt so viele Sicherheitsbedenken offen? Nein! Sollte sein Mittelmann noch leben, dann hätte van Brugelen mit dem Verkauf etwas anderes vorgehabt...nämlich sich einen Nebenerwerb zu ermöglichen."
„Und wie das?"
„In dem er...", Mundungus setzte sich etwas anderes in seinen Stuhl, der vor dem Schreibtisch stand und verkniff leicht seinen Mund, denn immer noch taten ihm die Wunden, die ihm geschlagen worden waren, weh.
„ In dem er Teile des Buches kopieren ließ! Die er dann verkaufen wollte."
„ Ihr wollt sagen... dass vollständige Buch ist gar nicht in Lord Voldemorts Besitz? Sondern eine Kopie?"
„Möglich... und für van Brugelen typisch. Und auch wenn sein Mittelmann tot wäre....und das Buch und sich eine Kopie in den Händen Lord Voldemorts befinden sollte... wer sagt denn, dass Van Brugelen nicht weitere Kopien anfertigen ließ?"
Dumbledore schaute Mundungus überrascht an. Mit dieser Wendung des Raubes hatte er nicht gerechnet.
„Wisst ihr, wer Kopien für van Brugelen hätte anfertigen können?", fragte Dumbledore leise aber sehr bestimmend.
Mundungus lächelte. Seine Aufgeregtheit hatte sich gelegt.
„Nun, ich habe vor einer halben Stunde die Nachricht von meinen äh...Freunden, die ich gestern kontaktiert hatte, erhalten. Ja....ein Mann namens Walter Hogebruin, ein Landsmann von van Brugelen. Ein sehr talentierter Maler und Hersteller von einigen sehr gelungenen Kopien von Meisterwerken. Weshalb er schon öfters im Knast war. So wie meine Kontakte mir erzählen konnten, hatte Hogebruin in der letzten Zeit starken Kontakt mit van Brugelen. Sie sind öfter zusammen gesehen worden. Ja...und seit gestern, ist überraschenderweise Walter Hogebruin untergetaucht."
„Das heißt..."
„Der Mord an Van Brugelen hat unseren Maler in Schrecken versetzt.....was bedeutet... das Hogebruin für van Brugelen gearbeitet hat. Und das kann nur bedeuten, das er Kopien vom Buch hat. Und wenn wir die bekommen... "
„Können wir erfahren, was Lord Voldemort wirklich mit dem Buch vor hat."
Mundungus nickte Dumbledore zu.
