Kapitel 8
Die Schwierigkeiten mit dem "Hallo"

Draco war frustriert. Nicht nur das, er war bereit, seine Bücher zu zerfetzen, während er aus dem Mund schäumte. Seine Versuche, Kuppler zu spielen, gingen schief. Sie waren offen gesagt schrecklich mies. Nichts, was er versucht hatte, hatte funktioniert.

Er hatte Blaise ein Geständnis entlocken können, und er wußte, daß sein Klassenkamerad die Gryffindor-Besserwisserin mochte, aus Gründen, die Draco nicht nachvollziehen konnte. Das war schließlich, weshalb er überhaupt mit dem Kuppeln angefangen hatte. Aber Granger war schwerer zu knacken.

Sie hatte sich jedem seiner Versuche, die Nacht in der Bibliothek zur Sprache zu bringen, widersetzt. Er war sogar so weit gegangen zu versuchen, sie zu erpressen, aber sie hatte nur mit den Schultern gezuckt und gesagt, es sei ihr eigentlich egal, ob er das täte oder nicht. Und seine Versuche, die Wahrheit aus Blaise herauszubekommen, hatten sich als ebenso vergeblich erwiesen.

Er sank in den Sessel vor dem Kamin und grinste, trotz der Hoffnungslosigkeit der Situation. Sein anderer Kuppelversuch entwickelte sich ganz gut, daher war er sicher, daß er nichts zu sehr falsch machen konnte. Millicent hatte es mehrmals geschafft, mit Weasley allein zu sein, bei einem Projekt in Wahrsagen, was die beiden belegten, er aber nicht.

Er hatte das natürlich unterstützt. Er hatte gegenüber Weasley Andeutungen über Millicent fallenlassen, und es war ihm sogar gelungen, Trelawny zu bestechen, damit sie die beiden zusammen an einem Projekt arbeiten ließ. Manchmal war es gut, reich zu sein. Immer reich zu sein, war sogar noch besser.

Seufzend stand er wieder auf und machte sich auf den Weg nach draußen. Er brauchte Zeit, um weitere Pläne zu schmieden. Er würde Blaise und Granger zusammenkriegen, und wenn es das Letzte war, was er tat. Verflucht, er sollte eigentlich bei jedem Spiel gewinnen!

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Auf seinem Weg zu dem Teil der Bibliothek, der die fortgeschritteneren Zauberspruchbücher enthielt, kam er an einem Regal vorbei, hinter dem er ein Geräusch hörte. Er blieb auf der Stelle stehen.

Zu seiner Überraschung sprach jemand, und in diesem jemand erkannte er Granger. Ein rascher Blick um das Regal herum bestätigte seinen Verdacht. Er machte einen Schritt zurück, um zu lauschen. Das Mädchen saß mit der Stirn auf der Tischplatte da, ihre Schultern waren hochgezogen, und sie redete mit müder Stimme mit sich selbst.

„Ich bin so ein Idiot. Und ich bin häßlich. Alles in allem war es kein so besonders schöner Tag. Kein Wunder, daß Blaise mich meidet wie die Pest. Das würde ich auch, an seiner Stelle. Das sollte mir eigentlich egal sein, er ist ein rücksichtsloser Blödmann. Aber da es mir nicht egal ist, viel weniger als es sollte, ist mein Leben ruiniert. Ist das nicht schön? Ich verliebe mich in einen von den Typen, von denen ich es am allerwenigsten erwartet hätte, und er kann mich nicht mal ansehen, ohne wegzurennen", murmelte sie leise, aber Draco konnte sie trotzdem hören.

Ihr Gerede ging noch weiter, aber Draco hörte nicht mehr zu. Er hüpfte beinah auf und ab vor unverhüllter Freude. Granger hatte ihm gerade unabsichtlich erzählt, daß sie in Blaise verliebt war. Der Tag konnte gar nicht besser werden. Jetzt hatte er etwas, das er Blaise erzählen konnte, um sicherzustellen, daß er sich nicht mehr zu schlecht fühlte.

Das einzige Problem war jetzt, wie er es ihm sagen sollte. „Weißt du, was Granger in der Bibliothek gesagt hat?" war möglicherweise nicht die beste Eröffnung aller Zeiten, genauso wenig wie „Granger, du weißt schon, das Mädchen, das du magst, na ja, sie hat mir gesagt, daß sie bis über beide Ohren in dich verliebt ist. Was sagst du dazu?" Er konnte den armen Jungen damit nicht einfach so überfallen. Das wäre ein zu großer Schock, und wahrscheinlich würde er es sowieso nicht glauben.

Also rannte Draco zurück zum Gemeinschaftsraum und versuchte, einen Weg zu finden, Blaise zu sagen, daß das Mädchen, das er mochte, ihn auch mochte. Es sollte eigentlich nicht allzu schwer sein, aber in Anbetracht dessen, was für eine merkwürdige und komplizierte Person Blaise war … Bei ihm war gar nichts einfach.

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Die Tage vergingen. Draco hatte noch immer keine Möglichkeit gefunden, Blaise dazu zu bringen, ihm zu glauben. Jedesmal, wenn er es ihm zu sagen versuchte, warf Blaise ihm einen gequälten Blick zu und sagte ihm, er solle sich nichts vormachen.

„Hey, Blaise, warum bist du hier und nicht bei Granger? Weißt du, sie brennt darauf, mit dir zusammen zu sein", hatte er gesagt.

„Halt die Klappe, Draco. Das war schon nicht mehr witzig, bevor du es gesagt hast", hatte Blaise gemurmelt und sich in seinem Buch vergraben.

Draco wußte allmählich nicht mehr weiter, er war kurz davor, einfach damit herauszuplatzen. Es war fast Ende April, und er wurde langsam verzweifelt. Wann immer er versuchte, Granger oder die Bibliothek anzusprechen, wich Blaise aus und sprach über etwas anderes.

Eines Tages vor dem Quidditchtraining trieb er Blaise schließlich in die Enge und redete mit ihm. Blaise versuchte, ihn loszuwerden, aber Draco ließ es nicht zu. Blaise würde die Wahrheit erkennen, und wenn es das Letzte war, was er jemals tat.

„Und, Blaise, gehst du in die Bibliothek?" fragte er, ohne eine Miene zu verziehen.

„Nein!" schrie Blaise, schien aber nur Sekunden später die Heftigkeit seines Ausrufs zu bemerken. „Ich meine nein. Ich hab da nichts zu erledigen."

„Mhm. Und ich wette, es ist wegen Granger. Du willst ihr nicht begegnen und dich zum Affen machen. Ich weiß, wie du dich fühlst. Aber auf der anderen Seite, wenn du wegen dieser Verknalltheit nie was unternimmst, wird das Ganze nie zu was zu was führen, und Granger wird es nie wissen." Draco zuckte mit den Schultern. „Und ihr würde jemand entgehen, der ihr erster echter fester Freund hätte sein können."

„Erster echter Freund? Glaubst du, ich bin blöd oder blind? Ich hab gesehen, wie sie Weasley ansieht", fauchte Blaise. Er sah verärgert aus.

„Ja, ich hab auch gesehen, wie sie Weasley ansieht: verzweifelt angesichts seiner Dummheit. Ich werde nie verstehen, warum sie mit ihm befreundet ist, er ist ein Idiot", schnappte Draco, „Und du übrigens auch!"

„Was?" fragte Blaise, vorübergehend geschockt.

„Ja, du bist ein Idiot! Du tust nichts, außer Tagträumen über Granger nachzuhängen und ihr verstohlene Blicke zuzuwerfen, wenn du glaubst, daß es keiner mitkriegt. Und versuch gar nicht erst, es zu leugnen, ich hab dich gesehen! Und jetzt, nachdem das Ganze seit mehr als zwei Monaten so gegangen ist, traust du dich nicht mal, es ihr zu sagen!" Draco brüllte inzwischen.

„Ich trau mich nicht, es ihr zu sagen? Ich trau mich nicht? Ich habe Gründe, Draco, und zwar verdammt gute!" schrie Blaise zurück.

Sie standen nicht weit vom Quidditchfeld entfernt, aber es war niemand in der Nähe, der sie hören konnte, da das Team drinnen war, um vor dem Training zu Mittag zu essen. Draco hatte seine Quidditchrobe an. Er war schon nach draußen gegangen, um sich auf das Trainingsspiel gegen Ravenclaw vorzubereiten.

„Oh, hast du, ja? Warum erklärst du sie mir nicht? Ich bezweifle nämlich, daß sie nein sagen würde, wenn du versuchen würdest, dich mit ihr zu verabreden!" erwiderte Draco.

„Ach ja? Du warst nicht dabei, Draco, du hast ihr Gesicht nicht gesehen! Ich hab nie jemanden so geschockt und nahezu angewidert gesehen! Ich kann das besser beurteilen als du, Draco. Und auch wenn ich deine Besorgnis zu schätzen weiß, es wäre mir lieber, wenn du mich einfach in Ruhe lassen würdest." Blaise fuhr sich erschöpft mit einer Hand durch Haar.

Draco machte einen Schritt zurück, enttäuscht und selbst ein wenig angewidert. Die Knöchel an der Hand, mit der er seinen Besen hielt, waren weiß, und sein Gesichtsausdruck war äußerst streng.

„Wenn du es so willst, gut. Ich hab sie sagen hören, daß sie dich liebt, aber wenn du zu starrsinnig bist, um es zu riskieren und es ihr zu sagen, dann ist das nicht mein Problem", sagte er, bevor er auf dem Absatz kehrtmachte und zum Spielfeld ging.

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Zu sagen, daß Blaise verwirrt war, wäre so, wie den Ozean ein kleines bißchen naß zu nennen. Es wäre, wie zu sagen, von einer Herde wilder Hippogreife überrannt zu werden, sei ein wenig unangenehm. Es war eine grobe Untertreibung. Der Wirbel, in dem sich seine Gedanken befanden, war gewaltiger als ein Ausbruch des Vesuv.

Hermine liebte ihn? Wie war das möglich? Nein, Draco mußte lügen. Hermine konnte ihn nicht lieben. Draco konnte das nicht wissen, er war nicht dabei gewesen, als … es … passiert war. Draco mußte gelogen haben. Das war die einzig vernünftige Erklärung. Sollte Draco die Wahrheit gesagt haben, mußte Hermine gescherzt haben. Ja, das mußte es sein.

Aber Hermine würde niemals über so etwas Witze machen, nicht gegenüber Draco, nicht mal, wenn sie den Verstand verloren hätte. Die einzig logische Erklärung war, daß sie es ernst gemeint hatte. Sie mußte mit jemandem gesprochen haben, wahrscheinlich ihren Freunden, und Draco hatte sie belauscht.

Aber das brachte ihn nur wieder zu seinem ursprünglichen Problem zurück. Hermine liebte ihn. Er sollte ekstatisch sein, so glücklich, daß er auf und ab hüpfte und sich in die Hosen machte, aber ehrlich gesagt war er verwirrt und wußte nicht, was er jetzt tun sollte.

Offen gesagt hatte er noch nicht vollständig begriffen, was geschehen war. Vielleicht würde es leichter werden, wenn er es ein paar Mal für sich wiederholte. ‚Mal sehen, Hermine liebt mich. Hermine liebt mich. Hermine liebt mich. Nein, scheint nicht zu funktionieren.' Noch ein paar Mal. ‚Hermine liebt mich. Hermine liebt mich.'

„Hermine liebt mich", flüsterte er.

Ja, jetzt schien es durch seinen dicken Schädel durchgedrungen zu sein. Nun, jetzt da er sich selbst überzeugt hatte, mußte er nichts weiter tun, als Hermine zu finden und ihr alles zu sagen. Das nächste Problem war: Wie sollte er sie finden? Die Bibliothek kam nicht in Frage. Seit dem „Vorfall", wie er es genannt hatte, war sie nicht dort gewesen. Der Gemeinschaftsraum der Gryffindors war ebenfalls ausgeschlossen, da er ein Slytherin war und als solcher das Paßwort nicht kannte.

Aber vielleicht sollte er es trotzdem versuchen. Nachdem er sich entschlossen hatte, machte er sich auf den Weg zum Schloß und zum Gryffindor-Turm. Die Slytherin-Quidditchmannschaft warf ihm befremdete Blicke zu, als er die Steinstufen zur Tür emporstieg, unfähig, das irre Grinsen auf seinem Gesicht zu unterdrücken.

Es begann mit seinem Leben aufwärts zu gehen.

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Neville Longbottom kam gerade um eine Ecke des Korridors und erblickte das Portrait der Fetten Dame, als er bemerkte, daß da jemand stand, jemand, den er nicht erkannte und der sich nach der Farbe seiner Krawatte zu urteilen nicht mal innerhalb eines Zehn-Tage-Radius vom Gryffindor-Turm hätte befinden sollen.

Er näherte sich langsam und nervös dem Portrait. Er war entschlossen, sich so kurz vor seinem Zuhause nicht drangsalieren zu lassen. Aber als er näherkam, griff der Slytherin ihn nicht an oder beleidigte ihn auf irgendeine Art, sondern wandte sich mit einem kleinen Lächeln zu ihm um.

„Hallo", sagte der Junge. „Weißt du, wo Hermine Granger ist?"

„Ähm. Nein", antwortete er zögernd. „Warum willst du das wissen?"

„Oh, ich muß ihr was Wichtiges sagen. Es ist sehr, sehr wichtig, es geht sozusagen um Leben und Tod", erwiderte der Slytherin ernsthaft, obwohl Neville bezweifelte, daß er das ehrlich meinte.

„Na ja, ich k-könnte Ron und Harry fragen", bot Neville mit einem leichten Stottern an.

„Würdest du das tun? Das wäre sehr hilfreich", sagte der andere Junge hoffnungsvoll.

Neville nickte, drehte sich zu dem Portrait um und nannte schnell das Paßwort. Er hoffte, daß der Slytherin, den er nicht erkannte, es nicht gehört hatte, denn er war sich ziemlich sicher, daß man ihn beschuldigen würde, wenn ein Slytherin es in den Gryffindor-Turm schaffen sollte.

Er kletterte schnell hinein und rannte die Treppe hinauf, um Harry und Ron zu finden. Sie würden wissen, was zu tun war, selbst wenn es sich um einen Slytherin handelte und sie vorhin einen reichlich verwirrenden Zusammenstoß mit Malfoy gehabt hatten.

„Was gibt's, Neville?" fragte Ron, als er die Tür zu ihrem Schlafsaal öffnete.

„Ein S-Slytherin unten am Portrait will wissen, wo Hermine ist", stieß Neville hervor.

„Ein Slytherin? Und du hast ihm tatsächlich geglaubt?" fragte Ron in recht spöttischem Tonfall.

„Ja, das hat er, Weasley. Wo ist Hermine?" fragte eine Stimme hinter ihnen.

Ron fuhr herum und erblickte (Ihr habt es erraten) Blaise. Dem Rothaarigen stand der Mund offen, sein Unterkiefer klappte hoch und runter, aber er brachte keinen Ton hervor. Zweifellos hatte ihn der Schock, einen Slytherin im Gryffindor-Gemeinschaftsraum zu sehen, seiner Sprache beraubt.

„Komm schon. Ich muß wirklich, wirklich wissen, wo sie ist. Bitte, würdest du es mir sagen?" Blaise bettelte beinahe.

„Ron, was ist hier los?" fragte Harry, als er im Türrahmen hinter ihnen erschien. „Was macht er hier? Er ist ein Slytherin!"

„Vielen Dank für die Feststellung des Offensichtlichen, Potter. Und jetzt sag mir, wo Hermine ist, oder ich geh zu McGonagall und erzähl ihr von deinen kleinen … nennen wir es Eskapaden mit Weasleys Schwester", drohte Blaise.

„Wa-?" begann Harry, unterbrach sich aber, als er Rons Gesichtsausdruck sah. „Schon gut, schon gut. Ich werd's dir sagen. Aber wenn du Hermine verletzen solltest, dann bist du in Schwierigkeiten."

„Potter, eher würde ich mir die Hand abhacken. Vertrau mir", versicherte Blaise.

„Sie ist am See, oder besser gesagt auf dieser kleinen Insel in der Mitte, und lernt. Da ist sie, seit Madame Pince sie aus der Bibliothek verwiesen hat, weil sie versucht hat, zu viele Bücher auszuleihen." Harry sagte all dies sehr schnell, während er ununterbrochen nervöse Blicke auf Ron warf, der einen sehr interessanten Rotton entwickelte.

„Zu viele Bücher? Nennt sie das so?" Blaise lächelte. „Nun ja, ich hätte nie gedacht, daß ich das mal sagen würde, aber danke, Potter."

Damit begab er sich wieder die Treppe hinunter, wobei er drei sehr verwirrte Gryffindors zurückließ, einen von ihnen an der Grenze zum Nervenzusammenbruch aufgrund des zweiten. Das letzte, was er hörte, bevor er durch das Portraitsloch kletterte, war Ron, der von der Treppe her schrie.

Er lachte in sich hinein. Potter war in großen, großen Schwierigkeiten. Der einzige Grund, weshalb Ron im fünften Schuljahr nicht in die Luft gegangen war, als er herausgefunden hatte, daß sich seine Schwester mit Michael Corner traf, war, daß er wußte, daß sie eine Expertin auf dem Gebiet der Flederwichtflüche war. Draco Malfoy war der lebendige Beweis dafür.

Jetzt mußte er Hermine finden.

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Eine Viertelstunde später stand er unglaublich mürrisch und verärgert am Ufer des Sees. Es gab ein paar Ruderboote, die der Schule gehörten. Unglücklicherweise wurden diese wenigen Boote gerade repariert. Das eine Boot, das nicht in Reparatur war, hatte Hermine genommen.

Also mußte er entweder warten, bis sie zurückkam, was erst heute Abend sein konnte, oder er konnte sich gleich dorthin begeben und es loswerden. Das Problem war nur, er würde schwimmen müssen. Er maß die Entfernung mit den Augen und kam zu dem Schluß, daß er es schaffen konnte. Er entschied sich, es zu tun.

Er schritt ins Wasser, ohne auch nur seine Robe abzulegen, und begann zu schwimmen. Das Wasser war kalt, da erst April war. Er stellte umgehend fest, daß es eine dumme Idee gewesen war, aber er biß die Zähne zusammen und schwamm weiter. Er würde es zu der Insel schaffen.

Die Insel selbst war klein mit gerade genug Platz für ein kleine Gruppe von Bäumen, ein Stückchen Gras und nichts weiter. Er konnte Hermine unter einem der Bäume sitzen sehen. Sie hatte ihn noch nicht gesehen, sie war offensichtlich zu sehr in ihr Buch vertieft.

Als er nur noch ein paar Meter vom Ufer entfernt war, stieß er sich das Knie an einem großen Stein und fluchte leise, was Hermine auf ihn aufmerksam machte. Er stand auf, ging mit triefender, jetzt sehr schwerer Robe ans Ufer und bemühte sich, beim Anblick ihres verblüfften Ausdrucks keine Miene zu verziehen.

Er ließ sich neben ihr fallen, wobei er versuchte, sie nicht zu durchnässen, und lächelte. Er versuchte, das Grinsen darüber zu unterdrücken, daß er einen plötzlichen und unwillkommenen Auftritt hingelegt hatte. Sie sah vollkommen geschockt aus. Sie versuchte nicht einmal, etwas zu sagen, sie saß einfach nur da und starrte ihn an.

„Hallo", sagte er.

‚Du bist so ein Idiot, Blaise. Du schwimmst über den See, wirst dabei triefend naß, setzt dich neben das Mädchen, das du liebst, und das dich zufällig auch liebt, und alles, was dir einfällt, ist „hallo"? Du bist erbärmlich', rügte er sich verzweifelt.

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Hermine war auf ihre kleine Insel geflüchtet und hatte ihre Bücher mitgenommen, um für die UTZs zu lernen. Sie hatte das letzte Boot genommen, um sicherzustellen, daß niemand sie stören würde. Sie mochte die kleine Insel, niemand würde sie hier belästigen, und es war still und nett, ähnlich wie in der Bibliothek.

Heute war sie geflohen, um Malfoy aus dem Weg zu gehen. Er war ihr den ganzen Tag wegen Blaise auf die Nerven gegangen und hatte Fragen gestellt, die sie nicht beantworten konnte, ohne als Riesentrottel dazustehen. Er hatte sie pausenlos genervt, bis sie ihm gesagt hatte, er solle die Klappe halten, oder sie würde ihm einen Fluch auf den Hals schicken.

Sie hatte Blaise nicht einmal bemerkt, bis er am Ufer aufstand. Er war tropfnaß, Wasser lief ihm das Gesicht herunter, und trotz alledem gelang es ihm nicht nur, allgemein umwerfend auszusehen, sondern auch irrsinnig glücklich. Wie genau er das machte, würde sie nie verstehen.

Er kam auf sie zu und plumpste ins Gras, wobei er nur knapp vermied, sie mit Wasser zu bespritzen. Er lächelte. Er sah aus, als wäre er kurz davor, vor Freude zu schreien, und sie fragte sich, wenn auch nur vorübergehend, wie es wohl wäre, ihn zu küssen.

„Hallo", sagte er.

‚Genau. Er schwimmt also über den See, setzt sich ohne Grund neben dich und sagt „hallo". Wie antwortest du jetzt, ohne dich komplett lächerlich zu machen?' dachte sie und kaute vor Besorgnis fast auf ihren Nägeln.