Ich danke euch, für die unfassbar vielen und so genialen Reviews! Und ich weiß immer noch nicht, wo die diversen Leerzeichen hinwandern... in meinen Word-docs sind sie drin... echt! Und ich garantiere an dieser Stelle nochmal, daß ich an DSmV parallel zu dieser Aktion hier schreibe! Davon kann ich aber noch nichts online stellen! Ich beeile mich +g+
Sehr geehrter Professor Snape,
Ich denke, es ist wieder einmal an der Zeit für einen Brief. Und obwohl ich ihn mit einem lachenden und einem weinenden Auge schreibe, habe ich Ihnen noch nie so gerne geschrieben, wie heute Nacht.
Danke...
Die vergangenen vier Wochen seit Ihrem letzten Brief waren die interessantesten und positivsten Wochen meines Lebens und das verdanke ich Ihnen.
Ich glaube, daß ich Ihnen nicht erklären muß, warum mich der Forschungsbereich so unendlich fasziniert hat. Ich bin nach wie vor erstaunt, daß Sie mich tatsächlich als gleichberechtig an Ihrem Projekt teilhaben ließen und die Art, wie unsere Arbeit vorgestern zu diesem furiosen Sieg geführt hat, läßt mich noch immer dieses restlos berauschende Gefühl spüren. Ist es das, wofür Sie die Zaubertrankmagie so lieben? Ich könnte es so sehr verstehen... ich kann es immer noch kaum glauben! Wir haben durch unsere zahllosen Versuche und durch die endlosen Überlegungen, Korrekturen und Abwandlungen tatsächlich einen neuen magischen Trank entwickelt! Etwas, das es vorher noch nicht gab! Unfassbar!
Ich kann Ihnen nicht sagen, wie sehr ich diese Stunden vermissen werde. Unsere ständig überzogenen Laborzeiten, die Stunden die wir wortlos unseren Tee trinkend, nebeneinandersitzend gelesen haben, um weitere Informationen oder einfach nur Inspirationen für neue Ideen zu sammeln, die fachlichen Dispute am Kessel, die schweigende Vorbereitung der jeweils nächsten Reihe und nicht zuletzt die durchdiskutierten Teepausen in der Küche (Ihre Mischung war wirklich sehr viel aromatischer als meine, aber im Labor hätte sie tatsächlich viel zu viel von ihrem Duft in der Luft verteilt... und ich kann heute soviel besser verstehen, was Sie in Ihrem letzten Brief meinten... je mehr Zeit ich im Labor mit Ihnen verbracht habe, umso stärker und zum größten Teil aufdringlicher erschienen mir die Gerüche, Düfte und Ausdünstungen die sich in speziellen Regionen des Schlosses konzentrieren... ich kann vermutlich nur ahnen, wieviel intensiver Sie dies wahrnehmen...).
Morgen ist es also soweit. Der erste Tag der Abschlußprüfungen steht bevor. Wenn ich morgen die Augen öffne, ist meine Schulzeit praktisch gesehen vorbei. Meine Zeit in Hogwarts ist beinahe zuende.
Ich habe Schwierigkeiten, das zu verstehen und will es plötzlich gar nicht mehr... ganz sicher werde ich den meisten meiner Klassenkameraden keine Träne nachweinen, aber Hogwarts verlassen? Diese Mauern waren mir in den letzten sieben Jahren ein Zuhause. Und damit meine ich nicht "mir, Hermine", sondern "mir, der Wissbegierigen". Ich habe Angst, nirgendwo sonst die Antworten auf meine Fragen zu finden.
Sicher lachen Sie jetzt und denken sich ‚endlich ist sie gezwungen, mal woanders zu fragen' und meine Hand nicht mehr zur Decke gestreckt sehen zu müssen (wobei ich dies, wie Sie zugeben müssen, relativ gut in den Griff bekommen habe, oder?) muß Ihnen eine große Erleichterung sein. Aber trotz aller Kontroversen die wir hatten, kann und will ich mir nicht vorstellen, von Ihnen nicht mehr lernen zu können – lernen zu dürfen.
Vielleicht hätte ich das anders gesehen, bevor Sie mich an Ihrer Forschung teilhaben ließen – aber jetzt...
Professor Snape, Sie sind ein zwar hochintelligenter aber mieser, griesgrämiger, ungerechter, tobender, überprivater, selbstgerechter Kontrollfreak der zu wenig an die Sonne geht und (nach wie vor) zuviel Kaffee trinkt. Aber die Welt sähe Sie anders, wenn Sie auch die Seiten von sich selbst zeigen würden, die ich in den letzten Wochen kennenlernen durfte. Glauben Sie nicht, ich würde all die kleinen Details nicht bemerken... ich entschuldige mich noch einmal für die ungehörigen und unpassenden Unterstellungen die ich in meinem letzten Brief gemacht habe – aber – auch wenn Ihnen das jetzt nicht paßt und es zwischen Lehrer und Schülerin in höchstem Maße unangebracht ist, es auszusprechen oder gar niederzuschreiben: Der Vorgang des Zaubertrankbrauens ist, schon alleine dadurch daß in der Tat sämtliche Sinne gefordert sind, ein höchst erotischer Akt...
Bitte mißverstehen Sie mich jetzt nicht. Ich bewege mich mit dem, was ich jetzt schreibe auf sehr dünnem Eis, das ist mir klar. Ich will Ihnen garantiert weder schöne Augen noch moralisch verwerfliche Annäherungsversuche machen. Aber ich verstehe inzwischen mehr als genau, was Sie in Ihrem Brief (den ich für überzogen hielt und der im Nachhinein stattdessen nur ganz entfernt ausdrückt, was die Realität ist) zu vermitteln versuchten und ich verstehe inzwischen auch, warum Sie gespürt haben, daß man diese Atmosphäre auch mißverstehen kann – und deshalb hoffe ich, daß Sie mir meine Unterstellungen inzwischen verziehen haben.
Beim Brauen in unserem Labor sind in der Tat inzwischen sämtliche meiner Sinne im Vergleich zu vorher so überempfindlich, daß ich sehr viel mehr spüre, als ich für möglich gehalten hätte. Haben Sie auch festgestellt, daß wir uns nicht mehr ansprechen – oftmals nicht einmal ansehen – müssen, wenn wir uns gegenseitig Werkzeuge und Zutaten gereicht haben? Als ließen wir uns diese Informationen mit Hilfe unserer Sinne auf einem feinstofflichen Wege zukommen... Ich kann inzwischen durch die Veränderung der Temperatur der Luft mit der Haut in meinem Nacken spüren, wenn Sie hinter mir stehen. Und als wir uns in der Endphase, als wir den zweiten Tisch weggeräumt hatten, um endlich doch nebeneinander am Kessel stehen zu können, bei der Arbeit immer wieder mal unvermeidlicherweise an den Händen und vor allen den Handgelenken berührt haben, konnte ich das stets mit meinem ganzen Körper fühlen. Ich sehe nicht nur, sondern fühle, wenn Sie müde sind, wenn es Ihnen nicht gut geht, wenn Sie in die Konzentration der Arbeit abtauchen, wenn Sie nicht gestört werden wollen – und manchmal fühle ich es sogar, WENN Sie gestört werden wollen... Ich bin Ihnen dankbar für die Erklärungen in Ihrem Brief, weil ich sonst in vielen Situationen völlig andere Dinge in mir vermutet hätte, als nur die Faszination für unsere Arbeit. Manchmal erschien es mir, als hätte ich Fieber, weil mir heiß und kalt zugleich war. Es ist so, als lernte ich alle meine Sinne neu zu gebrauchen! Wer hätte gedacht, daß ich dies gerade von Ihnen lerne?
Als vor einigen Tagen ganz kurz Professor McGonagall hinzukam, war die Erkenntnis darüber, wie unglaublich ihre Gegenwart das sinnliche Gleichgewicht des Raumes störte wie ein grelles, unangenehmes Leuchtfeuer! Ich habe mir nur gewünscht, sie möge auf der Stelle wieder gehen! Es ist so verständlich, daß Sie stets lieber alleine gearbeitet haben... Wie haben Sie mich nur in den ersten Tagen ertragen können? Ich weiß nicht, inwieweit Sie sich an mich gewöhnt haben, aber ich kann nur hoffen, daß meine Gegenwart für Sie inzwischen ähnlich ist, wie Ihre für mich. Das was Sie für meine Sinne ins Labor einbringen, gehört für mich nun zum Zaubertrankbrauen so sehr hinzu wie der Kessel und das Feuer darunter... wenn Sie den Raum verlassen, fehlt für mich eine wichtige Komponente.
Mit Ihnen arbeiten zu dürfen, macht so süchtig, daß ich mich frage, wie ich jemals wieder ohne Sie produktiv an einem Kessel stehen soll.
Aber um noch einmal auf die vielen, kleinen Details zurückzukommen... ich unterstelle Ihnen damit nicht mehr, als daß sie massiv einfühlsamer sind, als sie zu zeigen bereit sind. Und mehr denn je frage ich mich, warum Sie sieben lange Jahre für mich ein Lehrer waren, der keine Situation auszulassen schien, seine Schüler zu kränken, oftmals sogar zu demütigen, in jedem Fall oftmals ungerecht zu behandeln...
Was, Professor Snape, ist Ihnen geschehen, das Sie so hat werden lassen, wenn dahinter der Mann steht, der Sie im Labor sind? Der Mann, der mich zugedeckt hat, anstatt mich laut brüllend zu wecken? Der Mann der mit einer geradezu unmenschlichen Geduld jede, aber auch wirklich jede Frage ausführlich und ruhig beantwortet hat, die ich ihm in den letzten Wochen im Labor gestellt habe (Himmel – ich glaube ich wäre mir selbst zuviel gewesen!) anstatt mich für meine Neugier zurechtzuweisen? Der Mann der mir, ununterbrochen leise schimpfend zwar, aber deshalb nicht weniger ... darf ich ‚liebevoll' sagen? - und dafür einen halben Laborabend opfernd, die zerstörte Hälfte meiner Haare gerettet und wieder auf die alte Länge hat wachsen lassen, nachdem ich ungeschickt genug war, sie bei dem misslungenen Versuch abzufackeln? Der Mann, der immer in dem Moment in dem ich Lust auf unseren Tee bekommen habe, offiziell die Teepause bestimmt hat, ohne daß ich etwas sagen mußte?
Und dann der heutige Tag... Sicher sehen Sie den vorgestrigen Erfolg als die Krönung unseres Zusammenseins an – aber für mich war es der heutige Tag mit Ihnen in London.
Sie wußten, daß ich heute garantiert für die Abschlußprüfung gelernt hätte, auch wenn Sie der Meinung sind, daß ich nicht mehr lernen kann, als ich bereits gelernt habe. Sie wußten auch genau, daß ich mich heute den kompletten Tag über völlig verrückt gemacht hätte, wegen der Prüfungen und ich weiß, daß Sie diesen Einkaufstag für das Labor deshalb auf den heutigen Tag gelegt haben, damit ich abgelenkt bin.
Ich war es. Und ich war es mit Begeisterung! Ich gehe mit einer Ruhe in die Prüfungen, die ich nicht einmal zu wünschen gewagt habe...
Der Buchladen in der Winkelgasse, der Kramladen in dem wir die verbotenen Rinden gefunden haben, der Gewürzstand an dem wir den blauen Ingwer gekauft haben, all die skurrilen Geschäfte in denen ich noch nie gewesen war und während der gesamten Zeit die Gespräche mit Ihnen... es war ein traumhafter Tag, dessen Höhepunkt ganz sicher das Mittagessen in dem Restaurant dieses ungarischen Squibs war! Wenn ich versuchen würde, Ron oder Harry zu erklären, was für unglaublich amüsante Geschichten man sich über das Zubereiten von Zaubertränken oder über fachliche Artikel die man gelesen hat erzählen kann, würden sie mir eine Einweisung in St. Mungos nahelegen. Ich konnte mich nicht daran erinnern, Sie schon einmal so viel so genußvoll essen oder so oft und so offen lachen gesehen zu haben.
Sie sagen, einen privaten Professor Snape gäbe es nicht? Mag sein – aber es gibt einen Severus Snape und der ist auf eine höchst intelligente und sehr, sehr angenehme Weise privater als die meisten Menschen die ich kenne, weil er einem sein Privat-sein nicht so aufdringlich aufdrückt, wie viele es tun.
Ich habe, als wir in dem letzten Buchladen waren, eine Ausgabe meines Zaubertankbuches gesehen. Und ich habe auch gesehen, daß Sie es ebenfalls bemerkt haben und mich danach in eine andere Abteilung "gelotst" haben... Ich habe im Laden nichts gesagt, aber ich will mein Buch nach wie vor wiederhaben. Wir haben in all unseren Briefen über das Buch nicht mehr geschrieben, obwohl unser Briefwechsel genau davon ausgelöst worden war. Ich schwöre Ihnen, daß ich Hogwarts nicht ohne dieses Buch verlasse, aber ich gebe auch gerne zu, daß es mich nicht mehr ansatzweise so stört wie in den ersten Tagen, daß Sie es im Moment haben, weil ich nun nicht mehr das Gefühl habe, daß Sie etwas aus dem Buch mißbrauchen würden.
Sie sagten, Sie würden es mir am Ende der Schulzeit wiedergeben... dieser Zeitpunkt ist dann jetzt wohl gekommen...
Ich werde nicht nur Hogwarts vermissen, und ich werde nicht nur unsere Laborzeiten vermissen.
Ich werde Sie vermissen, Professor Snape.
Ich sehe Sie morgen in der Prüfung...
Mit dankbaren Grüßen
Hermine Granger
