Tage unserer Liebe
Disclaimer: Alle bekannten Personen und Orte gehören J.R.R. Tolkien. Mir gehört nur die Idee zu dieser Story, mit der ich auch kein Geld verdiene!!!
Rating: PG 13 – später eventuell mal zwischendurch R
Zeit: Drittes Zeitalter, während des Ringkrieges
Pairing: Elladan/Haldir
Warnung: AU!!! Des weiteren könnte es späteren Kapiteln zu Slash (sexuelle Handlungen zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern) kommen! Wer so etwas nicht mag, sollte diese Story besser nicht lesen!
Vielen lieben Dank für all Eure Reviews! Heute antworte ich euch ausnahmsweise mal nicht ausführlich, da ihr schon so lange auf die Fortsetzung warten musstet! Es tut mir wirklich leid, aber das reale Leben hat mir in letzter Zeit einige Tiefschläge verpasst, so dass ich nicht wirklich zum Schreiben kam. Aber diese Story wird ganz gewiss weitergehen und ich hoffe sehr, dass der eine oder andere von Euch sich doch noch über dieses kleine Update freut!
Ich habe mich jedenfalls sehr über all eure lieben Worte gefreut! Ein dickes Danke an Shelley, Firethmundoiel, Little Lion, Heitzi, S.E., Lady-of- Gondor, Ithiliell, Yedra, Eirien, Andrea, Mystic Girl und Dani!
Ich wünsche Euch allen nun wieder ganz viel Spaß und gute Unterhaltung beim neuen Kapitel!
Kapitel 15 - Hilflosigkeit
Elladan fühlte wie seine Knie erneut weich wurden und ein Zittern über seinen Körper lief. Tränen traten in seine Augen und unwillkürlich streichelte er den jetzt tiefschlafenden Galadhrim. "Das kann nicht sein.... das kann einfach nicht wahr sein.... Du musst dich irren", brachte er irgendwie leise heraus. Anwyn trat um den Tisch herum, legte Elladan eine Hand auf den Unterarm. "Ich wünsche mir gewiss nichts sehnlicher, als dass ich mich irre, das kann ich dir versichern", sagte sie sanft. "Doch ich habe schon mehrfach ähnliche Verletzungen gesehen und kein Mensch hat sich je wieder davon erholt. Ihre Beine versagten danach ihren Dienst."
"Aber... aber er ist ein Elb", argumentierte Elladan in einem verzweifelten Versuch einen Rettungsanker zu finden, bei diesem furchtbaren Sturz in tiefe, bodenlose Abgründe. Anwyn blickte ihn derweil mit ihren klugen, ruhigen Augen an. "Das mag vielleicht seine einzige Chance sein. Aber ich glaube nicht mal ein elbischer Körper verfügt über soviel Selbstheilungskräfte, dass er eine zerstörte Wirbelsäule zu regenerieren vermag", antwortete sie dann und legte rasch einen Arm um den dunkelhaarigen Elben neben ihr, dessen Knie nun endgültig nachzugeben drohten.
"Setz dich einen Moment", befahl sie sanft und bugsierte ihn zum nächsten Stuhl. In dessen Nähe stand ein Tisch, auf welchem sich neben unterschiedlichsten Materialien für Wundversorgung auch ein Krug mit Wasser befand. Die Frau nahm einen Becher und goß ein wenig Wasser ein, dann reichte sie den Becher Elladan. "Trink, dann geht es dir gleich wieder besser", forderte sie ihn sanft aber bestimmt auf. Zittrig führte der junge Elb den Becher an die Lippen und trank einige Schlucke. Anwyn wartete geduldig, dann wies sie mit dem Kopf zu Haldir, der tief schlafend auf dem Tisch unter seiner Decke lag.
"Elladan, ich brauche jetzt deine Hilfe. Haldir braucht deine Hilfe. Ich habe gesehen, was für enorme Kenntnisse du auf dem Gebiet der Heilkunst hast. Haldir braucht diese Kenntnisse jetzt! Er braucht sie so dringend wie nie zuvor, denn noch ist nicht alles verloren. Er kann es zumindest schaffen wieder soweit gesund zu werden, dass er ein relativ normales Leben führen kann. Das tun auch bei uns jene, die im Kampf so schwer verwundet wurden. Es wird weitergehen.... irgendwie geht es immer weiter", versuchte sie den Noldo zu beruhigen und aufzumuntern. Ein trockenes Schluchzen blieb jedoch zunächst die einzige Antwort Elladans. "Es wird nicht weitergehen", flüsterte er nur heiser. "Doch das wird es", versprach Anwyn. "Aber es wird nie mehr so sein wie früher", flüsterte Elladan erneut leicht verzweifelt. "Nein, da hast du leider recht", räumte Anwyn ein. "Diese Hoffnung kann und will ich dir nicht aufbauen. Aber das bedeutet dennoch nicht, dass sein Leben jetzt vorbei ist. Oder, dass ihr keine Zukunft mehr habt. Im Gegenteil, ihr seid Elben. Es wird für euch weitergehen, anders vielleicht, aber dennoch vielleicht nicht minder schön." "Du hast ja keine Ahnung... wie du schon sagtest, wir sind Elben und damit sind wir unsterblich. Mein armer Liebling wird den Rest seines unsterblichen Lebens nicht einmal mehr seine Beine bewegen können. Er wird nicht mehr laufen können und nirgends mehr alleine hingehen können... er wird verzweifeln..." "Nicht, wenn du an seiner Seite bleibst. Wenn du für ihn da bist, ihn unterstützt, ihm hilfst, ihm deine Liebe zeigst und beweist. Mehr noch als du es vielleicht bisher getan hast. Gib ihm das Gefühl ein gesunder Elb zu sein, auch wenn er es nicht mehr ist. Unterstütze ihn und verliere nicht den Mut. Ich weiß, du kannst das. Und wenn du das schaffst, dann wird er sich damit abfinden können und es an deiner Seite schaffen." Elladan nickte nur hilflos. Ihm ging gerade so vieles durch den Kopf. Die Hauptsache war natürlich, dass sein geliebter Galadhrim lebte, doch er wusste, dass Haldir nie wieder seine geliebte Arbeit an den Grenzen würde ausführen können. Er wusste auch ganz genau wie sehr Haldir an dieser Aufgabe hing, wie gut er darin war und wie sehr ihn die anderen dafür bewunderten. Und all dies war ihm nun genommen.
Anwyns Stimme riss ihn wieder aus seinen Gedanken. "Du musst Haldir jetzt helfen. Er hat nicht mehr viel Zeit. Ansonsten wird alles nur noch schlimmer." Elladan blickte zu ihr auf und sah dann zu Haldir hinüber. Voll Vertrauen schlief der schwerverletzte Elb dort, Vertrauen darauf, dass Elladan ihm tatsächlich helfen würde, dass wirklich ALLES wieder gut werden würde. Aber Anwyn hatte recht. Zu diesem Schluss kam Elladan nun, denn wenn er noch länger zögerte, verloren sie noch mehr wertvolle Zeit und dann hatte Haldir später vielleicht nicht nur Probleme mit seinen Beinen oder seinem Rücken, sondern noch andere, die Elladan sich jetzt gar nicht ausmalen wollte.
Langsam erhob sich der dunkelhaarige Elb und Anwyn lächelte ihn zuversichtlich an. Er folgte ihr zurück an den Tisch und sie sagte sanft: "Hab Vertrauen, wir werden das bestmögliche für ihn tun." Elladan nickte und zog die Decke vorsichtig wieder von der Bauchverletzung, die zuvor wieder locker abgedeckt worden war. Ein junger menschlicher Heiler war zu ihnen an den Tisch gekommen, um ihnen ebenfalls zu helfen.
So behutsam, als wäre Haldir wach und bei vollem Bewusstsein, reinigte Elladan die Bauchwunde und gemeinsam mit Anwyn desinfizierte und nähte er sie anschließend. Es dauerte lange, da sie sich erst vergewissern mussten, ob innere Organe Schaden genommen hatten. Glücklicherweise schien dies nicht der Fall zu sein. Dennoch nahm es eine lange Zeit in Anspruch.
Anschließend kümmerten sie sich um die eigentlich weit weniger bedrohlich aussehende Rückenverletzung. Elladan kannte sich auf dem Gebiet solcher Verletzungen noch nicht besonders gut aus. Sie waren in Bruchtal nie vorgekommen, als er bei seinem Vater gelernt hatte. Das wenige was er bisher darüber wusste, hatte er aus den Erzählungen, dem Unterricht seines Vaters und aus Büchern erlernt. Aber viel war es nicht und er zweifelte daran, dass es ausreichte, um Haldir optimal zu versorgen. Doch Anwyns Anwesenheit und ihre Zuversichtlichkeit, sowie die Sicherheit mit der sie bestimmte Dinge tat, halfen ihm enorm weiter. Sie schien sich bestens auszukennen und ging sehr zielsicher vor, egal was sie tat. Dennoch dauerte es schier eine Ewigkeit. Zumindest kam es dem jungen Noldo so vor. Sie waren mitten in der Nacht mit Haldir hier angekommen und nun war die Sonne bereits aufgegangen.
Eigentlich müsste er müde sein, fiel Elladan ein. Der junge Helfer, der ihnen anfangs assistiert hatte, war längst durch eine weitere Frau abgelöst worden und hatte sich eine Weile schlafen gelegt um sich auszuruhen. Anwyn dagegen schien noch hellwach zu sein und arbeitete mit größter Präzision an der schweren Wirbelsäulenverletzung. Elladan wusste nur, dass er auch nicht müde werden würde. Nicht, bis er wusste, dass alles für seinen Geliebten getan und dieser wirklich gut versorgt war. Er lernte viel in diesen Stunden, was man bei solchen Verletzungen tun konnte, tun musste, oder auf keinen Fall tun durfte.
Doch auch Anwyn kam das eine oder andere Mal scheinbar an ihre Grenzen und dann wünschte Elladan sich, dass sein Ada hier wäre, damit er ihn um Rat fragen konnte. Er vertraute ihm und er war sich sicher, dass der sehr rasch gewusst hätte, was zu tun war. Aber wenn es noch möglich war, vielleicht könnte er Haldir ja später nochmals anschauen und ihm dann helfen. Und mit etwas Glück vielleicht so gut helfen, dass... aber Elladan machte sich keine Hoffnungen. Er wusste inzwischen, dass Anwyn eine sehr gute und kompetente Heilkundige war, die seinem Vater vielleicht sogar ein wenig das Wasser reichen konnte. Wenn es in ihren Augen unmöglich war, dass Haldir je wieder laufen können würde, dann hatte sie sicher recht.
Elladan versuchte, sich nicht schon wieder von diesen trüben, entmutigenden Gedanken übermannen zu lassen, sondern zuversichtlich zu sein. Er konzentrierte sich zwanghaft auf das, was er zu tun hatte.
Kurz nachdem die Sonne aufgegangen war und ihre hellen und warmen Strahlen durch die Fenster der Burg geschickt hatte, war Elrohir erwacht. Sein Lager war so günstig gelegen, dass die Sonnenstrahlen auf sein Gesicht gefallen waren und ihn gekitzelt aber auch gewärmt hatten. So blinzelte er sich etwas benommen den Schlaf aus den Augen und sah dann neben sich. Orophin schien noch recht tief zu schlafen.
Die Augen des blonden Galadhrim waren noch blicklos in die Ferne gerichtet und seine Atemzüge kamen ruhig und gleichmäßig durch den leicht geöffneten Mund. Scheinbar schmerzten ihn seine gebrochenen Rippen noch beim Atmen, so dass er zusätzlich durch den Mund atmete. Aber abgesehen davon schien er entspannt zu schlafen, was Elrohir irgendwie erleichterte. Er war froh, dass er Orophin so weit hatte beruhigen können, dass Haldir wieder bei ihnen sei und vermutlich auch lebte.
Nun hoffte der junge Noldo natürlich, dass dem wirklich so war. Einen Moment blieb er noch liegen und genoss die Wärme der Sonnenstrahlen auf seinem Gesicht. Sie riefen so viele positive Erinnerungen in ihm hervor. Erinnerungen an seine Heimat Imladris und an so manchen friedlichen Morgen, an dem er in seinem weichen Bett erwacht war und sich gewünscht hatte, er könne den Tag mit Reiten, Bogenschießen oder etwas anderem im Freien verbringen. Aber stattdessen war sein Ada manchmal persönlich vorbeigekommen, um ihn zu wecken und ein Auge darauf zu haben, dass er auch brav zu Erestors Geschichtsunterricht ging, oder den Berater später dabei unterstützte, irgendwelche Verwaltungsangelegenheiten zu bearbeiten. Ein leises Lächeln schlich über sein Gesicht. Andere Erinnerungen tauchten in ihm auf, Erinnerungen an manchen Tag im Goldenen Wald. Wie herrlich war es dort, wenn die Sonne durch das grüne Blätterdach des Waldes fiel, hinein in die Talane oder auf die Wiesen, Lichtungen und Flüsse. Was waren das doch für friedvolle Tage gewesen...
Er setzte sich langsam auf und betrachtete den schlafenden Galadhrim neben sich. Ohne sich dessen bewusst zu sein, prägte er sich jede Einzelheit des hübschen Gesichts ein. Auch wenn Orophin einige Schrammen und blaue Flecken im Gesicht hatte, so sah er dennoch wunderschön aus. Die etwas runderen Wangenknochen, die gleichen grünen Augen, wie sein Bruder Haldir, zarte rosa Lippen, leicht geöffnet, schienen nur darauf zu warten, dass sie geküsst wurden, hübsch geschwungene Augenbrauen. Elrohir zeichnete im Stillen jeden Gesichtszug mit den Augen nach, ohne sich wirklich bewusst zu sein, was er gerade tat.
Er hatte schon lange sehr bereut, was er vor vielen Jahren Haldir und auch Elladan angetan hatte, als er sich zwischen die Liebenden gedrängt hatte. Beinahe zu spät hatte er erkannt, was er fast zerstört hatte. Seitdem hatte er Elladan im Stillen immer beneidet, dass er jemanden gefunden hatte, den er so sehr lieben konnte und der die Liebe ebenso erwiderte. Er hatte sich oft gefragt, wie das wohl sein müsste, SO verliebt zu sein und solche Liebe zu erfahren. Und hatte er sich nicht auch im Stillen, ganz heimlich nur, damit Elladan oder jemand anders es nur nicht merkte, sehnlichst gewünscht auch seine Liebe zu finden?
Noch immer blickte er auf den schlafenden Orophin hinab, der sich nun im Schlaf leicht bewegt. Seine Decke verrutschte dabei etwas und gab den Blick auf seine bandagierte Brust frei. Elrohir selber war gar nicht bewusst wie zärtlich sein Blick war, als er ganz behutsam, damit Orophin nur nicht aufwachte, die Decke wieder über den Schlafenden zog. Er nutzte die Gelegenheit nur, um wie zufällig ein wenig über Orophins Brust zu streicheln. Dann zog er jedoch rasch, wie ertappt, die Hand zurück. Der Galadhrim hatte von all dem nichts gespürt, sondern schlief nach wie vor.
Elrohir blickte sich um. Er entdeckte das Lager, das Elladan neben Orophin provisorisch für Haldir vorbereitet hatte. Doch es war noch immer unbenutzt. Der Noldo fühlte eine unbestimmte Unruhe in sich erwachsen. Was mochte das nur bedeuten? Es war spät am Abend, oder vielmehr schon Nacht gewesen, als er beobachtet hatte, wie Elladan mit Haldir zurückkam, und nun war es bestimmt schon fast Vormittag, soweit er das nach dem Stand der Sonne beurteilen konnte. Und von Elladan war keine Spur zu sehen. Viele andere Heiler, Heilerinnen und vor allem Helfer, sowohl elbische als auch menschliche eilten umher, um die ganzen Verletzten zu betreuen. Viele erwachten nun aus Betäubungen oder Bewußtlosigkeit und verspürten Schmerzen oder hatten Durst oder andere Bedürfnisse.
Der junge Noldo suchte die große Halle mit seinen scharfen Augen ab. Doch er konnte Elladan zunächst nicht bei den umhereilenden Personen entdecken. Dann fiel ihm auf, dass auf den Behandlungstischen immer noch einige Patienten zu liegen schienen. Er überlegte gerade, ob Elladan vielleicht noch dort sein könnte, als sein Zwilling in sein Blickfeld geriet. Elrohir erschrack fast, denn so hat er Elladan noch nie gesehen, übermüdet, mit tiefen Ringen unter den Augen, irgendwie verzweifelt. "Elladan, komm her mein kleiner Bruder", rief er ihm betont fröhlich zu.
Er hätte ihn kaum extra auffordern müssen, denn Elladan steuerte schon von allein das Lager seines Bruders an. Er hockte sich neben ihm nieder und fragte mit sehr müder, leicht resigniert klingender Stimme: "Guten Morgen... wie geht's dir? Haben die schmerzstillenden Kräuter geholfen? Konntest du ein bisschen schlafen?" "Ja, danke. Die Kräuter haben gut gewirkt. Ich bin eben erst erwacht. Aber was ist mir dir? Du siehst... " "...furchtbar aus?" beendete Elladan den Satz für ihn. Elrohir nickte. "Du hast heute Nacht noch kein Auge zugetan, oder?" Elladan schüttelte den Kopf und es war ihm deutlich anzusehen wie locker die Tränen in seinen Augen saßen.
Elrohir befürchtete nun das Schlimmste. Er wagte es gar nicht auszusprechen, doch er wusste, er musste diese Frage stellen. Hatte Haldir es vielleicht bis hierher geschafft, um dann die rettende Heilbehandlung nicht zu überleben? Er beugte sich etwas vor und zog seinen Bruder in seine Arme. "Wie geht es Haldir?" fragte er dann leise. Kaum war die Frage ausgesprochen fühlte er wie seine Tunika dort, wo Elladans Kopf ruhte, binnen weniger Minuten durchnässt war von stummen Tränen, die sein Bruder vergoss. Er fühlte sich in diesem Moment so hilflos und verzweifelt, denn er konnte nichts tun, außer seinen Bruder halten, ihn hin- und herzuwiegen und ihm beruhigende Worte zuzuflüstern. Dabei hoffte er inständig, Orophin möge jetzt nicht aufwachen und so erfahren was geschehen war. Zumindest diesen Wunsch erhörten die Valar, denn der Galadhrim blieb in seinem tiefen Heilschlaf.
"Es ist nicht deine Schuld, du hast gewiss alles versucht", flüsterte Elrohir sanft. "Vielleicht ist es besser so? So hat er keine Schmerzen mehr und leidet nicht mehr..." Elladans Kopf flog hoch und Elrohir musste ausweichen, um nicht durch ihn einen Kinnhaken verpasst zu bekommen. "WAS? Was redest du denn da? Er ist doch nicht tot", flüsterte Elladan heiser aber recht entrüstet. "Ach nein?" antwortete Elrohir und konnte einen Stoßseufzer der Erleichterung kaum unterdrücken. "Das ist ja wenigstens eine gute Neuigkeit. Aber sag, warum weinst du dann so?" fragte er besorgt und streichelte seinem Zwilling beruhigend durch das Haar. "Weil... weil er so schlimm verletzt ist", schluchzte Elladan und leise legte seinen Kopf nun wieder an Elrohirs Brust. "Ssssch... aber er lebt ja, das ist das wichtigste. Er ist ein Kämpfer, er wird auch jetzt kämpfen und es schaffen. Erinnere dich daran, wie schwer er verletzt war, als wir ihn unten am Bruinen fanden, vom Fluss bedroht und unter einem Baum eingeklemmt. Er hat damals gekämpft und es geschafft. Er wird auch heute kämpfen und es schaffen", bemühte sich Elrohir zu trösten. "Wie schlimm ist es denn?" "Ein Schwerthieb hat ihm den Bauch aufgeschlitzt", begann Elladan leise und schluchzend zu berichten. "Er wird ziemliche Schmerzen haben, aber es wird bald heilen und er sollte damit keine Probleme mehr haben, wenn es erst mal vollständig verheilt ist." "Na, das klingt doch schon mal recht zuversichtlich", versuchte Elrohir Optimismus zu säen.
"Ja, das alleine wäre auch nicht so schlimm.. aber er hat noch eine Wunde... im Rücken, nicht besonders groß oder tief, aber wohl tief genug um die Wirbelsäule schwer zu verletzen", fuhr Elladan fort und erneut liefen Tränen über sein Gesicht. "Elrohir... er wird nie wieder seine Beine gebrauchen können... er kann nicht mehr laufen, ja nicht einmal mehr stehen", schluchzte er. Elrohir war erschüttert. War dies nicht sogar schlimmer als der Tod? Nun verstand er wieso Elladan so außer sich war. Selbst wenn Haldir die Verletzungen überleben würde, so würde er nie mehr ganz gesund werden. Etwas, das für einen Elben eigentlich nur schwer oder gar nicht vorstellbar war. "Aber.. aber vielleicht gibt es ja doch noch Hoffnung? Ich habe noch nie von einem Elben gehört, der seine Beine nicht gebrauchen konnte", versuchte Elrohir erneut Mut zu machen. "Du hast ja auch in solchen Unterrichtsstunden bei Ada oder Erestor nie besonders gut aufgepasst, oder?" murmelte Elladan fast neckend. "Nein, das ist vielleicht richtig", räumte Elrohir mit einem leichten Lächeln ein. "Aber an so etwas außergewöhnliches täte ich mich erinnern." "Er muss jetzt wenigstens erst mal halbwegs gesund werden, sein Bauch muss heilen... sein Körper wird viel Kraft brauchen", flüsterte Elladan dann wieder traurig. "Er wird das schaffen. Hab keine Sorge, wir werden ihm dabei helfen", versprach Elrohir tröstend. "Danke.. ich hab so gehofft, dass du das sagst", schluchzte Elladan.
'Nicht nur Haldir wird viel Kraft brauchen, sondern auch du, kleiner Bruder', sinnierte Elrohir während er seinen Bruder noch eine kleine Weile in den Armen hielt, ihn wiegte und tröstete und versuchte ihm Mut zuzusprechen. Er würde ihn nicht allein lassen, sondern versuchen ihm ein Rückhalt zu sein. Denn wenn Elladan ein solcher Rückhalt für Haldir sein musste, dann brauchte er gewiss auch einen, um irgendwoher seine Stärke zu beziehen. Die Möglichkeit mit beiden nach Valinor zu ziehen kam in seinen Kopf und erschien ihm als letzter Rettungsanker gar nicht mehr so unwahrscheinlich. Vielleicht konnten die Valar helfen? Vielleicht würde Haldir dann dort wieder ganz gesund werden?
Elladan blieb noch einen Moment an Elrohir gelehnt sitzen, dann löste er sich aus den Armen seines Zwillings und krabbelte zu dem Platz, den er für Haldir vorgesehen hatte und begann ihn so herzurichten, dass Haldir dort optimal liegen konnte. Er schichtete Felle und Decken auf, platzierte Kissen und prüfte immer wieder sein Werk, bis er endlich zufrieden war.
Dann machte Elladan sich auf den Weg zurück zu seinem noch immer tief schlafenden Geliebten. Haldirs Bauch und Rücken waren nun verbunden, so dass man von den Wunden nichts mehr sah. Außerdem hatte Elladan ihn auch soweit als möglich gewaschen und auch alle kleineren Wunden versorgt. Nun halfen ihm Legolas und Unaldor den Schwerverletzten hinüber zu seinem neuen Lager zu tragen und ihn dort so behutsam wie möglich hinzulegen. Als dies geschehen war, mochte keiner von Elladans Helfern sich sofort zurückziehen. Angstvoll und besorgt blickten sie auf den totenbleichen Elben, der dort mit geschlossenen Augen in den dicken Kissen lag und noch nicht ahnte, womit das Schicksal ihn geschlagen hatte.
Schließlich trennten sie sich doch und verließen mit gesenkten Köpfen und in Elladans Begleitung Haldirs Krankenlager. "Elrohir, bitte lass nach mir schicken, sobald irgendetwas mit ihm ist, ja?" bat der arg mitgenommen aussehende jüngere Noldozwilling seinen Bruder. "Elladan, warte!" rief der ihm nach. Der Angesprochene drehte sich nochmals um. "Ja, mein Bruder?" "Wohin gehst du? Willst du dich nicht ausruhen?" "Nein, es warten noch immer viele Leichtverletzte auf ihre Wundversorgung. Ich werde dort noch etwas mithelfen." "Du warst die ganze Nacht auf und hast Haldir behandelt und auch die Tage davor hast du kaum geschlafen. Du musst dich ausruhen", sagte Elrohir eindringlich.
Doch er stieß bei seinem Bruder auf taube Ohren. "Nein, ich muss mich nicht ausruhen. Noch nicht. Ich könnte es jetzt sowieso nicht", fauchte Elladan beinahe zurück. Als Elrohir noch etwas erwidern wollte, schnitt sein Bruder ihm sofort das Wort ab. "Nein, sag jetzt nichts. Lass mich einfach, ja? Bitte! Ich weiß schon was ich tue. Ich werde in regelmäßigen Abständen nach Haldir und auch nach dir und Orophin sehen, aber bitte mach es mir jetzt nicht noch schwerer!" Elrohir wusste nicht so recht, was er daraufhin nun erwidern sollte. So gab er nach und ließ sich in die Kissen sinken. 'Ich fürchte um dich, kleiner Bruder', dachte er und ließ seinen Blick dann über Orophin zu Haldir schweifen. 'Und um dich fürchte ich auch stolzer Galadhrim. Bitte halte durch und lass Elladan sich geirrt haben. Vielleicht wirst du ja trotzdem irgendwie wieder gesund.'
Er vergrub den Kopf in seinem Kissen und begann zu den Valar zu beten, wobei ihm immer mehr Tränen aus den Augen rollten. Er weinte um die Ungerechtigkeiten dieser Welt, wie grausam alles geworden war und dass die Valar es zuließen, dass hier Familien auseinander gerissen wurden und dass eben manch einer so schwer verletzt wurde.
So, über ein paar kleine Reviews würde ich mich nun mächtig freuen! Alles Liebe und bis hoffentlich bald! ;-)
Disclaimer: Alle bekannten Personen und Orte gehören J.R.R. Tolkien. Mir gehört nur die Idee zu dieser Story, mit der ich auch kein Geld verdiene!!!
Rating: PG 13 – später eventuell mal zwischendurch R
Zeit: Drittes Zeitalter, während des Ringkrieges
Pairing: Elladan/Haldir
Warnung: AU!!! Des weiteren könnte es späteren Kapiteln zu Slash (sexuelle Handlungen zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern) kommen! Wer so etwas nicht mag, sollte diese Story besser nicht lesen!
Vielen lieben Dank für all Eure Reviews! Heute antworte ich euch ausnahmsweise mal nicht ausführlich, da ihr schon so lange auf die Fortsetzung warten musstet! Es tut mir wirklich leid, aber das reale Leben hat mir in letzter Zeit einige Tiefschläge verpasst, so dass ich nicht wirklich zum Schreiben kam. Aber diese Story wird ganz gewiss weitergehen und ich hoffe sehr, dass der eine oder andere von Euch sich doch noch über dieses kleine Update freut!
Ich habe mich jedenfalls sehr über all eure lieben Worte gefreut! Ein dickes Danke an Shelley, Firethmundoiel, Little Lion, Heitzi, S.E., Lady-of- Gondor, Ithiliell, Yedra, Eirien, Andrea, Mystic Girl und Dani!
Ich wünsche Euch allen nun wieder ganz viel Spaß und gute Unterhaltung beim neuen Kapitel!
Kapitel 15 - Hilflosigkeit
Elladan fühlte wie seine Knie erneut weich wurden und ein Zittern über seinen Körper lief. Tränen traten in seine Augen und unwillkürlich streichelte er den jetzt tiefschlafenden Galadhrim. "Das kann nicht sein.... das kann einfach nicht wahr sein.... Du musst dich irren", brachte er irgendwie leise heraus. Anwyn trat um den Tisch herum, legte Elladan eine Hand auf den Unterarm. "Ich wünsche mir gewiss nichts sehnlicher, als dass ich mich irre, das kann ich dir versichern", sagte sie sanft. "Doch ich habe schon mehrfach ähnliche Verletzungen gesehen und kein Mensch hat sich je wieder davon erholt. Ihre Beine versagten danach ihren Dienst."
"Aber... aber er ist ein Elb", argumentierte Elladan in einem verzweifelten Versuch einen Rettungsanker zu finden, bei diesem furchtbaren Sturz in tiefe, bodenlose Abgründe. Anwyn blickte ihn derweil mit ihren klugen, ruhigen Augen an. "Das mag vielleicht seine einzige Chance sein. Aber ich glaube nicht mal ein elbischer Körper verfügt über soviel Selbstheilungskräfte, dass er eine zerstörte Wirbelsäule zu regenerieren vermag", antwortete sie dann und legte rasch einen Arm um den dunkelhaarigen Elben neben ihr, dessen Knie nun endgültig nachzugeben drohten.
"Setz dich einen Moment", befahl sie sanft und bugsierte ihn zum nächsten Stuhl. In dessen Nähe stand ein Tisch, auf welchem sich neben unterschiedlichsten Materialien für Wundversorgung auch ein Krug mit Wasser befand. Die Frau nahm einen Becher und goß ein wenig Wasser ein, dann reichte sie den Becher Elladan. "Trink, dann geht es dir gleich wieder besser", forderte sie ihn sanft aber bestimmt auf. Zittrig führte der junge Elb den Becher an die Lippen und trank einige Schlucke. Anwyn wartete geduldig, dann wies sie mit dem Kopf zu Haldir, der tief schlafend auf dem Tisch unter seiner Decke lag.
"Elladan, ich brauche jetzt deine Hilfe. Haldir braucht deine Hilfe. Ich habe gesehen, was für enorme Kenntnisse du auf dem Gebiet der Heilkunst hast. Haldir braucht diese Kenntnisse jetzt! Er braucht sie so dringend wie nie zuvor, denn noch ist nicht alles verloren. Er kann es zumindest schaffen wieder soweit gesund zu werden, dass er ein relativ normales Leben führen kann. Das tun auch bei uns jene, die im Kampf so schwer verwundet wurden. Es wird weitergehen.... irgendwie geht es immer weiter", versuchte sie den Noldo zu beruhigen und aufzumuntern. Ein trockenes Schluchzen blieb jedoch zunächst die einzige Antwort Elladans. "Es wird nicht weitergehen", flüsterte er nur heiser. "Doch das wird es", versprach Anwyn. "Aber es wird nie mehr so sein wie früher", flüsterte Elladan erneut leicht verzweifelt. "Nein, da hast du leider recht", räumte Anwyn ein. "Diese Hoffnung kann und will ich dir nicht aufbauen. Aber das bedeutet dennoch nicht, dass sein Leben jetzt vorbei ist. Oder, dass ihr keine Zukunft mehr habt. Im Gegenteil, ihr seid Elben. Es wird für euch weitergehen, anders vielleicht, aber dennoch vielleicht nicht minder schön." "Du hast ja keine Ahnung... wie du schon sagtest, wir sind Elben und damit sind wir unsterblich. Mein armer Liebling wird den Rest seines unsterblichen Lebens nicht einmal mehr seine Beine bewegen können. Er wird nicht mehr laufen können und nirgends mehr alleine hingehen können... er wird verzweifeln..." "Nicht, wenn du an seiner Seite bleibst. Wenn du für ihn da bist, ihn unterstützt, ihm hilfst, ihm deine Liebe zeigst und beweist. Mehr noch als du es vielleicht bisher getan hast. Gib ihm das Gefühl ein gesunder Elb zu sein, auch wenn er es nicht mehr ist. Unterstütze ihn und verliere nicht den Mut. Ich weiß, du kannst das. Und wenn du das schaffst, dann wird er sich damit abfinden können und es an deiner Seite schaffen." Elladan nickte nur hilflos. Ihm ging gerade so vieles durch den Kopf. Die Hauptsache war natürlich, dass sein geliebter Galadhrim lebte, doch er wusste, dass Haldir nie wieder seine geliebte Arbeit an den Grenzen würde ausführen können. Er wusste auch ganz genau wie sehr Haldir an dieser Aufgabe hing, wie gut er darin war und wie sehr ihn die anderen dafür bewunderten. Und all dies war ihm nun genommen.
Anwyns Stimme riss ihn wieder aus seinen Gedanken. "Du musst Haldir jetzt helfen. Er hat nicht mehr viel Zeit. Ansonsten wird alles nur noch schlimmer." Elladan blickte zu ihr auf und sah dann zu Haldir hinüber. Voll Vertrauen schlief der schwerverletzte Elb dort, Vertrauen darauf, dass Elladan ihm tatsächlich helfen würde, dass wirklich ALLES wieder gut werden würde. Aber Anwyn hatte recht. Zu diesem Schluss kam Elladan nun, denn wenn er noch länger zögerte, verloren sie noch mehr wertvolle Zeit und dann hatte Haldir später vielleicht nicht nur Probleme mit seinen Beinen oder seinem Rücken, sondern noch andere, die Elladan sich jetzt gar nicht ausmalen wollte.
Langsam erhob sich der dunkelhaarige Elb und Anwyn lächelte ihn zuversichtlich an. Er folgte ihr zurück an den Tisch und sie sagte sanft: "Hab Vertrauen, wir werden das bestmögliche für ihn tun." Elladan nickte und zog die Decke vorsichtig wieder von der Bauchverletzung, die zuvor wieder locker abgedeckt worden war. Ein junger menschlicher Heiler war zu ihnen an den Tisch gekommen, um ihnen ebenfalls zu helfen.
So behutsam, als wäre Haldir wach und bei vollem Bewusstsein, reinigte Elladan die Bauchwunde und gemeinsam mit Anwyn desinfizierte und nähte er sie anschließend. Es dauerte lange, da sie sich erst vergewissern mussten, ob innere Organe Schaden genommen hatten. Glücklicherweise schien dies nicht der Fall zu sein. Dennoch nahm es eine lange Zeit in Anspruch.
Anschließend kümmerten sie sich um die eigentlich weit weniger bedrohlich aussehende Rückenverletzung. Elladan kannte sich auf dem Gebiet solcher Verletzungen noch nicht besonders gut aus. Sie waren in Bruchtal nie vorgekommen, als er bei seinem Vater gelernt hatte. Das wenige was er bisher darüber wusste, hatte er aus den Erzählungen, dem Unterricht seines Vaters und aus Büchern erlernt. Aber viel war es nicht und er zweifelte daran, dass es ausreichte, um Haldir optimal zu versorgen. Doch Anwyns Anwesenheit und ihre Zuversichtlichkeit, sowie die Sicherheit mit der sie bestimmte Dinge tat, halfen ihm enorm weiter. Sie schien sich bestens auszukennen und ging sehr zielsicher vor, egal was sie tat. Dennoch dauerte es schier eine Ewigkeit. Zumindest kam es dem jungen Noldo so vor. Sie waren mitten in der Nacht mit Haldir hier angekommen und nun war die Sonne bereits aufgegangen.
Eigentlich müsste er müde sein, fiel Elladan ein. Der junge Helfer, der ihnen anfangs assistiert hatte, war längst durch eine weitere Frau abgelöst worden und hatte sich eine Weile schlafen gelegt um sich auszuruhen. Anwyn dagegen schien noch hellwach zu sein und arbeitete mit größter Präzision an der schweren Wirbelsäulenverletzung. Elladan wusste nur, dass er auch nicht müde werden würde. Nicht, bis er wusste, dass alles für seinen Geliebten getan und dieser wirklich gut versorgt war. Er lernte viel in diesen Stunden, was man bei solchen Verletzungen tun konnte, tun musste, oder auf keinen Fall tun durfte.
Doch auch Anwyn kam das eine oder andere Mal scheinbar an ihre Grenzen und dann wünschte Elladan sich, dass sein Ada hier wäre, damit er ihn um Rat fragen konnte. Er vertraute ihm und er war sich sicher, dass der sehr rasch gewusst hätte, was zu tun war. Aber wenn es noch möglich war, vielleicht könnte er Haldir ja später nochmals anschauen und ihm dann helfen. Und mit etwas Glück vielleicht so gut helfen, dass... aber Elladan machte sich keine Hoffnungen. Er wusste inzwischen, dass Anwyn eine sehr gute und kompetente Heilkundige war, die seinem Vater vielleicht sogar ein wenig das Wasser reichen konnte. Wenn es in ihren Augen unmöglich war, dass Haldir je wieder laufen können würde, dann hatte sie sicher recht.
Elladan versuchte, sich nicht schon wieder von diesen trüben, entmutigenden Gedanken übermannen zu lassen, sondern zuversichtlich zu sein. Er konzentrierte sich zwanghaft auf das, was er zu tun hatte.
Kurz nachdem die Sonne aufgegangen war und ihre hellen und warmen Strahlen durch die Fenster der Burg geschickt hatte, war Elrohir erwacht. Sein Lager war so günstig gelegen, dass die Sonnenstrahlen auf sein Gesicht gefallen waren und ihn gekitzelt aber auch gewärmt hatten. So blinzelte er sich etwas benommen den Schlaf aus den Augen und sah dann neben sich. Orophin schien noch recht tief zu schlafen.
Die Augen des blonden Galadhrim waren noch blicklos in die Ferne gerichtet und seine Atemzüge kamen ruhig und gleichmäßig durch den leicht geöffneten Mund. Scheinbar schmerzten ihn seine gebrochenen Rippen noch beim Atmen, so dass er zusätzlich durch den Mund atmete. Aber abgesehen davon schien er entspannt zu schlafen, was Elrohir irgendwie erleichterte. Er war froh, dass er Orophin so weit hatte beruhigen können, dass Haldir wieder bei ihnen sei und vermutlich auch lebte.
Nun hoffte der junge Noldo natürlich, dass dem wirklich so war. Einen Moment blieb er noch liegen und genoss die Wärme der Sonnenstrahlen auf seinem Gesicht. Sie riefen so viele positive Erinnerungen in ihm hervor. Erinnerungen an seine Heimat Imladris und an so manchen friedlichen Morgen, an dem er in seinem weichen Bett erwacht war und sich gewünscht hatte, er könne den Tag mit Reiten, Bogenschießen oder etwas anderem im Freien verbringen. Aber stattdessen war sein Ada manchmal persönlich vorbeigekommen, um ihn zu wecken und ein Auge darauf zu haben, dass er auch brav zu Erestors Geschichtsunterricht ging, oder den Berater später dabei unterstützte, irgendwelche Verwaltungsangelegenheiten zu bearbeiten. Ein leises Lächeln schlich über sein Gesicht. Andere Erinnerungen tauchten in ihm auf, Erinnerungen an manchen Tag im Goldenen Wald. Wie herrlich war es dort, wenn die Sonne durch das grüne Blätterdach des Waldes fiel, hinein in die Talane oder auf die Wiesen, Lichtungen und Flüsse. Was waren das doch für friedvolle Tage gewesen...
Er setzte sich langsam auf und betrachtete den schlafenden Galadhrim neben sich. Ohne sich dessen bewusst zu sein, prägte er sich jede Einzelheit des hübschen Gesichts ein. Auch wenn Orophin einige Schrammen und blaue Flecken im Gesicht hatte, so sah er dennoch wunderschön aus. Die etwas runderen Wangenknochen, die gleichen grünen Augen, wie sein Bruder Haldir, zarte rosa Lippen, leicht geöffnet, schienen nur darauf zu warten, dass sie geküsst wurden, hübsch geschwungene Augenbrauen. Elrohir zeichnete im Stillen jeden Gesichtszug mit den Augen nach, ohne sich wirklich bewusst zu sein, was er gerade tat.
Er hatte schon lange sehr bereut, was er vor vielen Jahren Haldir und auch Elladan angetan hatte, als er sich zwischen die Liebenden gedrängt hatte. Beinahe zu spät hatte er erkannt, was er fast zerstört hatte. Seitdem hatte er Elladan im Stillen immer beneidet, dass er jemanden gefunden hatte, den er so sehr lieben konnte und der die Liebe ebenso erwiderte. Er hatte sich oft gefragt, wie das wohl sein müsste, SO verliebt zu sein und solche Liebe zu erfahren. Und hatte er sich nicht auch im Stillen, ganz heimlich nur, damit Elladan oder jemand anders es nur nicht merkte, sehnlichst gewünscht auch seine Liebe zu finden?
Noch immer blickte er auf den schlafenden Orophin hinab, der sich nun im Schlaf leicht bewegt. Seine Decke verrutschte dabei etwas und gab den Blick auf seine bandagierte Brust frei. Elrohir selber war gar nicht bewusst wie zärtlich sein Blick war, als er ganz behutsam, damit Orophin nur nicht aufwachte, die Decke wieder über den Schlafenden zog. Er nutzte die Gelegenheit nur, um wie zufällig ein wenig über Orophins Brust zu streicheln. Dann zog er jedoch rasch, wie ertappt, die Hand zurück. Der Galadhrim hatte von all dem nichts gespürt, sondern schlief nach wie vor.
Elrohir blickte sich um. Er entdeckte das Lager, das Elladan neben Orophin provisorisch für Haldir vorbereitet hatte. Doch es war noch immer unbenutzt. Der Noldo fühlte eine unbestimmte Unruhe in sich erwachsen. Was mochte das nur bedeuten? Es war spät am Abend, oder vielmehr schon Nacht gewesen, als er beobachtet hatte, wie Elladan mit Haldir zurückkam, und nun war es bestimmt schon fast Vormittag, soweit er das nach dem Stand der Sonne beurteilen konnte. Und von Elladan war keine Spur zu sehen. Viele andere Heiler, Heilerinnen und vor allem Helfer, sowohl elbische als auch menschliche eilten umher, um die ganzen Verletzten zu betreuen. Viele erwachten nun aus Betäubungen oder Bewußtlosigkeit und verspürten Schmerzen oder hatten Durst oder andere Bedürfnisse.
Der junge Noldo suchte die große Halle mit seinen scharfen Augen ab. Doch er konnte Elladan zunächst nicht bei den umhereilenden Personen entdecken. Dann fiel ihm auf, dass auf den Behandlungstischen immer noch einige Patienten zu liegen schienen. Er überlegte gerade, ob Elladan vielleicht noch dort sein könnte, als sein Zwilling in sein Blickfeld geriet. Elrohir erschrack fast, denn so hat er Elladan noch nie gesehen, übermüdet, mit tiefen Ringen unter den Augen, irgendwie verzweifelt. "Elladan, komm her mein kleiner Bruder", rief er ihm betont fröhlich zu.
Er hätte ihn kaum extra auffordern müssen, denn Elladan steuerte schon von allein das Lager seines Bruders an. Er hockte sich neben ihm nieder und fragte mit sehr müder, leicht resigniert klingender Stimme: "Guten Morgen... wie geht's dir? Haben die schmerzstillenden Kräuter geholfen? Konntest du ein bisschen schlafen?" "Ja, danke. Die Kräuter haben gut gewirkt. Ich bin eben erst erwacht. Aber was ist mir dir? Du siehst... " "...furchtbar aus?" beendete Elladan den Satz für ihn. Elrohir nickte. "Du hast heute Nacht noch kein Auge zugetan, oder?" Elladan schüttelte den Kopf und es war ihm deutlich anzusehen wie locker die Tränen in seinen Augen saßen.
Elrohir befürchtete nun das Schlimmste. Er wagte es gar nicht auszusprechen, doch er wusste, er musste diese Frage stellen. Hatte Haldir es vielleicht bis hierher geschafft, um dann die rettende Heilbehandlung nicht zu überleben? Er beugte sich etwas vor und zog seinen Bruder in seine Arme. "Wie geht es Haldir?" fragte er dann leise. Kaum war die Frage ausgesprochen fühlte er wie seine Tunika dort, wo Elladans Kopf ruhte, binnen weniger Minuten durchnässt war von stummen Tränen, die sein Bruder vergoss. Er fühlte sich in diesem Moment so hilflos und verzweifelt, denn er konnte nichts tun, außer seinen Bruder halten, ihn hin- und herzuwiegen und ihm beruhigende Worte zuzuflüstern. Dabei hoffte er inständig, Orophin möge jetzt nicht aufwachen und so erfahren was geschehen war. Zumindest diesen Wunsch erhörten die Valar, denn der Galadhrim blieb in seinem tiefen Heilschlaf.
"Es ist nicht deine Schuld, du hast gewiss alles versucht", flüsterte Elrohir sanft. "Vielleicht ist es besser so? So hat er keine Schmerzen mehr und leidet nicht mehr..." Elladans Kopf flog hoch und Elrohir musste ausweichen, um nicht durch ihn einen Kinnhaken verpasst zu bekommen. "WAS? Was redest du denn da? Er ist doch nicht tot", flüsterte Elladan heiser aber recht entrüstet. "Ach nein?" antwortete Elrohir und konnte einen Stoßseufzer der Erleichterung kaum unterdrücken. "Das ist ja wenigstens eine gute Neuigkeit. Aber sag, warum weinst du dann so?" fragte er besorgt und streichelte seinem Zwilling beruhigend durch das Haar. "Weil... weil er so schlimm verletzt ist", schluchzte Elladan und leise legte seinen Kopf nun wieder an Elrohirs Brust. "Ssssch... aber er lebt ja, das ist das wichtigste. Er ist ein Kämpfer, er wird auch jetzt kämpfen und es schaffen. Erinnere dich daran, wie schwer er verletzt war, als wir ihn unten am Bruinen fanden, vom Fluss bedroht und unter einem Baum eingeklemmt. Er hat damals gekämpft und es geschafft. Er wird auch heute kämpfen und es schaffen", bemühte sich Elrohir zu trösten. "Wie schlimm ist es denn?" "Ein Schwerthieb hat ihm den Bauch aufgeschlitzt", begann Elladan leise und schluchzend zu berichten. "Er wird ziemliche Schmerzen haben, aber es wird bald heilen und er sollte damit keine Probleme mehr haben, wenn es erst mal vollständig verheilt ist." "Na, das klingt doch schon mal recht zuversichtlich", versuchte Elrohir Optimismus zu säen.
"Ja, das alleine wäre auch nicht so schlimm.. aber er hat noch eine Wunde... im Rücken, nicht besonders groß oder tief, aber wohl tief genug um die Wirbelsäule schwer zu verletzen", fuhr Elladan fort und erneut liefen Tränen über sein Gesicht. "Elrohir... er wird nie wieder seine Beine gebrauchen können... er kann nicht mehr laufen, ja nicht einmal mehr stehen", schluchzte er. Elrohir war erschüttert. War dies nicht sogar schlimmer als der Tod? Nun verstand er wieso Elladan so außer sich war. Selbst wenn Haldir die Verletzungen überleben würde, so würde er nie mehr ganz gesund werden. Etwas, das für einen Elben eigentlich nur schwer oder gar nicht vorstellbar war. "Aber.. aber vielleicht gibt es ja doch noch Hoffnung? Ich habe noch nie von einem Elben gehört, der seine Beine nicht gebrauchen konnte", versuchte Elrohir erneut Mut zu machen. "Du hast ja auch in solchen Unterrichtsstunden bei Ada oder Erestor nie besonders gut aufgepasst, oder?" murmelte Elladan fast neckend. "Nein, das ist vielleicht richtig", räumte Elrohir mit einem leichten Lächeln ein. "Aber an so etwas außergewöhnliches täte ich mich erinnern." "Er muss jetzt wenigstens erst mal halbwegs gesund werden, sein Bauch muss heilen... sein Körper wird viel Kraft brauchen", flüsterte Elladan dann wieder traurig. "Er wird das schaffen. Hab keine Sorge, wir werden ihm dabei helfen", versprach Elrohir tröstend. "Danke.. ich hab so gehofft, dass du das sagst", schluchzte Elladan.
'Nicht nur Haldir wird viel Kraft brauchen, sondern auch du, kleiner Bruder', sinnierte Elrohir während er seinen Bruder noch eine kleine Weile in den Armen hielt, ihn wiegte und tröstete und versuchte ihm Mut zuzusprechen. Er würde ihn nicht allein lassen, sondern versuchen ihm ein Rückhalt zu sein. Denn wenn Elladan ein solcher Rückhalt für Haldir sein musste, dann brauchte er gewiss auch einen, um irgendwoher seine Stärke zu beziehen. Die Möglichkeit mit beiden nach Valinor zu ziehen kam in seinen Kopf und erschien ihm als letzter Rettungsanker gar nicht mehr so unwahrscheinlich. Vielleicht konnten die Valar helfen? Vielleicht würde Haldir dann dort wieder ganz gesund werden?
Elladan blieb noch einen Moment an Elrohir gelehnt sitzen, dann löste er sich aus den Armen seines Zwillings und krabbelte zu dem Platz, den er für Haldir vorgesehen hatte und begann ihn so herzurichten, dass Haldir dort optimal liegen konnte. Er schichtete Felle und Decken auf, platzierte Kissen und prüfte immer wieder sein Werk, bis er endlich zufrieden war.
Dann machte Elladan sich auf den Weg zurück zu seinem noch immer tief schlafenden Geliebten. Haldirs Bauch und Rücken waren nun verbunden, so dass man von den Wunden nichts mehr sah. Außerdem hatte Elladan ihn auch soweit als möglich gewaschen und auch alle kleineren Wunden versorgt. Nun halfen ihm Legolas und Unaldor den Schwerverletzten hinüber zu seinem neuen Lager zu tragen und ihn dort so behutsam wie möglich hinzulegen. Als dies geschehen war, mochte keiner von Elladans Helfern sich sofort zurückziehen. Angstvoll und besorgt blickten sie auf den totenbleichen Elben, der dort mit geschlossenen Augen in den dicken Kissen lag und noch nicht ahnte, womit das Schicksal ihn geschlagen hatte.
Schließlich trennten sie sich doch und verließen mit gesenkten Köpfen und in Elladans Begleitung Haldirs Krankenlager. "Elrohir, bitte lass nach mir schicken, sobald irgendetwas mit ihm ist, ja?" bat der arg mitgenommen aussehende jüngere Noldozwilling seinen Bruder. "Elladan, warte!" rief der ihm nach. Der Angesprochene drehte sich nochmals um. "Ja, mein Bruder?" "Wohin gehst du? Willst du dich nicht ausruhen?" "Nein, es warten noch immer viele Leichtverletzte auf ihre Wundversorgung. Ich werde dort noch etwas mithelfen." "Du warst die ganze Nacht auf und hast Haldir behandelt und auch die Tage davor hast du kaum geschlafen. Du musst dich ausruhen", sagte Elrohir eindringlich.
Doch er stieß bei seinem Bruder auf taube Ohren. "Nein, ich muss mich nicht ausruhen. Noch nicht. Ich könnte es jetzt sowieso nicht", fauchte Elladan beinahe zurück. Als Elrohir noch etwas erwidern wollte, schnitt sein Bruder ihm sofort das Wort ab. "Nein, sag jetzt nichts. Lass mich einfach, ja? Bitte! Ich weiß schon was ich tue. Ich werde in regelmäßigen Abständen nach Haldir und auch nach dir und Orophin sehen, aber bitte mach es mir jetzt nicht noch schwerer!" Elrohir wusste nicht so recht, was er daraufhin nun erwidern sollte. So gab er nach und ließ sich in die Kissen sinken. 'Ich fürchte um dich, kleiner Bruder', dachte er und ließ seinen Blick dann über Orophin zu Haldir schweifen. 'Und um dich fürchte ich auch stolzer Galadhrim. Bitte halte durch und lass Elladan sich geirrt haben. Vielleicht wirst du ja trotzdem irgendwie wieder gesund.'
Er vergrub den Kopf in seinem Kissen und begann zu den Valar zu beten, wobei ihm immer mehr Tränen aus den Augen rollten. Er weinte um die Ungerechtigkeiten dieser Welt, wie grausam alles geworden war und dass die Valar es zuließen, dass hier Familien auseinander gerissen wurden und dass eben manch einer so schwer verletzt wurde.
So, über ein paar kleine Reviews würde ich mich nun mächtig freuen! Alles Liebe und bis hoffentlich bald! ;-)
