Er lenkte ihren Blick auf die Ebenen. Sie dass, dass ähnliche Linien das ganze Land durchzogen und zu Jareth, ihr und jenem Punkt am Horizont flossen. Als sie ihnen mit den Blicken folgte war ihr, als wäre sie überall gleichzeitig im ganzen Land.

„Spar deine Kraft", flüsterte Jareth und ihr Blick kehrte wieder in die gewohnte Sichtweite zurück. Jedes Wesen dieser Welt spürte sie und lebte in ihr. Der Wind und die Tiere verneigten sich vor ihr: sie war ihre Königin. Jareth nickte erschöpft, aber zufrieden. „Du hast das Herz meiner Welt gesehen. Dorthin müssen wir gehen, denn nur dort werden wir genügend Kraft sammeln können, um die Alpträume in ihre finstere Welt zurückzudrängen."

Von nun an ließ Sarah Jareth kaum aus den Augen. In dem Maße, wie das Terrain, das sie überquerten, unwegsamer wurde, schien es auch ihm schlechter zu gehen.

Die Ebene wich sanft ansteigenden Felsen, die jedoch unter der leisesten Berührung splitterten und zu bläulichem Staub zerfielen. Der Boden unter ihren Füßen knirschte bei jedem Schritt, als ob sie über dünnstes Glas laufen würden.

Als sie eine bizarre Felsformation passierten, prasselte ein Regen kleiner Steine auf sie nieder und heiße, violette Flammen leckten aus dem Inneren des Felsens heraus. Jareth bedeutete ihr langsamer zu gehen.

„Die Macht des fremden Landes wird immer stärker", flüsterte er. „wir müssen uns in Acht nehmen." Ein widerlicher Gestank wurde vom Wind die Felsen hinunter geweht. Sarah kämpfte gegen den Impuls sich zu übergeben, nahm alle Kraft zusammen und kletterte mit Jareth die immer höher aufsteigenden Felsformationen hinauf.

Es war tiefe Nacht. Sarah wagte nicht mehr zu schlafen. Schwere, schwarze Nebel zogen wie Tentakel ruhelos durch das Land. Sie tasteten suchend über Felsen und um Bäume herum. Dort, wo sie Leben berührten, verdorrte es und verformte sich zu seinem entsetzlich verformten Abbild seiner selbst. Sie hatte gelernt aus Kraftlinien ein Netz zu weben, das die lauernden Nebel von ihnen fernhielt. Doch die Ströme der Kraftlinien wurden immer matter, ebenso wie der in ihrem Armen schlafende Jareth immer schwächer wurde. Sie schützte ihn vor den Alpträumen. Sie wusste, ohne ihn könnte sie sich ihnen nicht gegenüberstellen.

Die Energie, die um sie herum floss, pulsierte leise und erzählte ihnen von den Leben, in denen die Wesen der Koboldwelt gefangen waren; auch Sarah und Jareth. Irgendwann einmal würde die Energie, die durch ihren Körper floss und diese Welt formte, sie in sich aufnehmen und Eins mit dieser gewaltigen Kraft werden lassen. Jareth hatte ihr gesagt, sie solle nicht hinausgreifen und ihre Kraft verschwenden. Doch das sanfte Schwingen der Kraftlinien, ihr leises Summen, berichtete ihr von den Dingen, die weit ab geschehen waren.

Und so lächelte Jareth, als er am Morgen erwachte. „Jessami hat wieder ein Baby bekommen", Sarah nickte. „Ich weiß, ich konnte es spüren." Sie rang nach Worten. „Es war, als ob ich es selber geboren hätte und dann, plötzlich, war ich das Baby und hatte noch nie etwas so wundervolles wie Jessami gesehen." Sie lächelte, als sie an die kleine, verhutzelte Koboldfrau dachte und daran, wie ihr Baby sie gesehen hatte. „Und Toby hat es in meinem Namen in dieser Welt begrüßt!" sagte Jareth stolz und versuchte sich aufzurichten. Sarah ging zu ihm und legte einen Arm um seine Schulter. Sie wussten, es war nicht mehr weit, denn die schwarzen Schatten verdunkelten drohend den Horizont.

Sarah keuchte. Alle Luft schien aus ihren Lungen zu entweichen und von einer brennenden Flüssigkeit ersetzt zu werden. Sie sah Jareths Gesicht, der ihr gegenüber stand und versuchte, den Absatz im Fels zu überwinden. Hinter ihm baute sich eine bläuliche Energieentladung auf und holte weit aus, um gleich einer Peitsche vorzuschnellen und sie vom Sims zu fegen.

„Jareth!" schrie sie und zog mit aller Kraft. Sie stürzten zu Boden, als die brodelnde Energie über sie hinweg zischte. Der Boden unter ihnen splitterte mehrere Lagen tief. Er war trocken, knochentrocken und wie waidwunde Tiere glitten mühsam die Energieströme durch die poröse Oberfläche dieser Welt. Jareth keuchte mit rasselndem Atem. Sarah bemühte sich, ihn nicht erschrocken anzustarren, sondern ihm Rückhalt und Zuversicht zu geben.

Seine Haut war wie uraltes Pergament, staubtrocken und grau. Seine Augen blickten stumpf in fahlem grau und seine Bewegungen fahrig. Sie selbst spürte auch den Einfluss des trüben Pochens der Energie. Ihre Zellen lechzten nach mehr. Sie atmete faulige Luft und Staub ein, nahm all ihre Kraft zusammen und zerrte Jareth weiter.

Dort, wo die Oberfläche der Welt noch von Kraftlinien durchzogen war, waren sie sicher. An den Stellen, wo die Nebel durch die Oberfläche drangen, entluden sie ihren Hass und ihre Wut gegen sie in gleißenden Explosionen. Sie schleppten sich zu seinem Plateau hinauf. Immer wieder peitschten die Energiefäden auf sie zu. Immer wieder warfen sie sich um ihnen zu entgehen in den Staub und versanken jedes Mal tiefer und tiefer.

Der Fuß des Plateaus, das schließlich vor ihnen lag, war quadratisch. An jeder Ecke des Quadrates stand eine Säule, deren dumpfes, rotes Pulsieren an eine offene, blutende Wunde denken ließ. Viele Quadrate mit Säulen an den Ecken waren, jeweils leicht gedreht, übereinander gestapelt. Sie bildeten durch die Drehung vier Treppen, deren Stufen allerdings Riesen angepasst waren. Mit fast einem Meter Höhe hätten Jareth und Sarah sie kaum erklimmen können. Die Säulen ragten in vier blutroten Spiralen gen Himmel. Auf dem höchsten Plateau glomm es trübe, wie die letzten Strahlen einer untergehenden Sonne.

Sarah legte Jareth am Fuße der Treppe ab. Er lehnte sich mit dem Rücken dagegen und atmete schwer. „Wie soll ich dich dort hinauf schleppen, Jareth? Gibt es hier nicht so etwas wie ein ‚Sesam öffne dich?'"

Er schnaubte trocken. „In der Tat. Damit die Quelle nicht allen Wesen zugänglich ist, wird nur jenen Zutritt gewährt, die die Welt formen können, also den Königen und Königinnen. Du musst gleich zeigen, was du gelernt hast."

Sarah schaute nach oben. „Und wenn nun einer versucht, hinauf zu fliegen?"

Jareth rappelte sich mühsam am Felsen auf. Er war kaum noch ein Schatten seiner selbst. „Siehst du diese Säulen? Sie sind reine Energie und gleißen normalerweise im hellsten Licht. Wenn jemand versuchen würde, hier herzukommen, der hier nichts zu suchen hat- er würde nicht einmal einen Wimpernschlag lang seinen Erfolg feiern können. Sie sind ebenso wunderschön, wie tödlich."

Sarah erschrak innerlich. Würden die Säulen sie passieren lassen? Ja, sie war Jareths Königin. Ja, sie hatte kleine Energieumformungen versucht. Ja, die mochte diese Welt; doch sie war immer noch das Kind einer anderen Welt und diejenige, die das Verderben in diese Welt gebracht hatte.

„Stell' dir einfach vor, die Stufen sind winzig klein oder nicht da. Stell' dir eine Schräge vor!" wies Jareth sie an und hustete trocken. Sarah versuchte es, aber ihre Zweifel ließen einen Erfolg nicht zu.

Er nahm ihre Hand und das kleine, vertraute Bild der alten Zigeunerin erschien vor ihrem geistigen Auge. „Es kommt darauf an, wie sehr du es möchtest, Kind!" Sie nahm sich zusammen und vor ihnen verschwand die Riesentreppe wie von Zauberhand. Langsam machten sie sich daran, den Weg zur Spitze des Plateaus hinter sich zu bringen.

Sie krochen die letzten Meter. Jareth lag still am Boden und atmete so flach, dass sie nur mit Mühe seinem Atem spüren konnte. Sarah kroch um die letzte Kurve und erschrak.

Die einstmals glühende Quelle der Kraft pulsierte nur noch dumpf. Schwarze Tentakel hielten sie in ihrem Griff und umspannten ihre Oberfläche. Das Pulsieren glich einem verzweifelten Ringen nach Luft. Sarah fühlte nacktes Entsetzen. Sie konnte diesem – Ding – nicht allein gegenübertreten: Jareth war zu geschwächt. Sie konnte aber auch nicht zusehen, wie ihre Welt von diesen Tentakeln erdrückt und zerstört wurde. Nur sie konnte die Alpträume in ihre Schranken weisen. Ein blaues Glühen umhüllte sie. Sie hörte die Stimmen von Hoggle, Ludo und den Anderen. Die Alpträume umwarben sie, schmeichelten ihr. Schreie, die zu einer atonalen Symphonie anschwollen und versuchten, sie in einer wogenden blauen Welle mit sich zu ziehen. Sie presste die Hände auf ihre Ohren. ‚Ich bin nicht das Ende dieser Welt', dachte sie. ‚Irgendwo wird es wieder einen Anfang geben, aber einen ohne Schrecken!'

Sie nahm Jareth, der jetzt federleicht und nahezu durchscheinend zu sein schien, in ihre Arme. Er würde es verstehen, wenn er bei Bewusstsein wäre. Langsam mühte sie sich der Quelle entgegen.

Blaue Stürme schwollen an und versuchten sie von den Füßen zu fegen. Doch so sehr sie auch schwankte, sie ging zielstrebig der Quelle entgegen. Am Rande verharrte sie einen Augenblick. Sie wusste, dass diese Quelle ungeheure Energie enthielt und tödlich sein konnte. Sie wusste, dass sie sie eines Tages einhüllen und in sich aufnehmen würde. Nun, dann würde es eben etwas früher sein. Sie nahm Jareth fest in die Arme, küsste leicht seine aufgesprungene Stirn und sagte leise „Verzeih' mir!" Wie aus unendlich weiter Ferne hörte sie leise zwei Stimmen. Jareths leises: ‚Ich bin bei dir...' und die Stimme der Zigeunerin: ‚Hab' Mut, Kind!'.

Dann zog sie alle Energie, die sie finden konnte zusammen und holte zu einem gewaltigen Schlag gegen die Tentakel aus, während sie gleichzeitig, mit Jareth im Arm, in die Quelle der Welt hineintrat. Jareths leises Flüstern sagte ihr, was zu tun war. Sie griff in das Herz der Quelle, sog alle Energie in sich ein und spie sie in einer gewaltigen Entladung auf die Wege, die ihre düsteren Gedanken einmal gegangen waren. Die Tentakel und die Stürme kämpften vergebens gegen sie an. Sie trieb sie zurück in das Dunkel. Sie formte eine Hülle um die Alptraumwelt. Sie wand die sich wehrenden Tentakel umeinander, versiegelte das Netzwerk mit den Stürmen blauer Energie und wurde erfasst von einem Wirbel der Genugtuung als sie sah, dass die Gefahr gebannt war.

Die Alptraumwelt würde immer noch an die Koboldwelt grenzen und an der Grenze würde das Moor des ewigen Gestankes für immer von ihrer Existenz zeugen, aber die Alpträume fanden nun keinen Weg mehr in ihre Welt. Sie dachte noch einmal an ihre Eltern und Toby, während die gleißenden Energien ihren und Jareths Körper auflösten.

„Sarah!"

Wer war Sarah? Sie schwebte in einem grellen Gleißen, nein, sie war Eins mit ihm. Sie schien keinen Körper zu haben.

Jareth? Sie spürte, er war Teil von ihr, aber sie wusste nicht, was Jareth war.

Wie aus einem Traum kam eine durchscheinende Frau auf sie zu. Ihre Konturen gewannen an Form und Schärfe, je näher sie auf Sarah zukam. Zukam? War Sarah nicht überall?

Die stahlblauen Augen dieser Frau brannten sich in Sarahs Bewusstsein. Dann erinnerte sie sich an die Zigeunerin. „Das, was du getan hast, war mutig, Kind. Komm', ich werde dir helfen dich zu erinnern und zu erkennen, was du geworden bist."

Die Frau ergriff ihre – Hand? Und führte sie zu einer kleinen Wasserquelle, die in mitten eines Rasens an diesem gleißenden Ort lag. Dort setzte sie Sarah nieder, die im Wasser Züge ihrer menschlichen Gestalt erkannte aber, als sie danach greifen wollte, das Wasser nicht einmal berühren konnte.

„Du glaubst noch nicht an deine jetzige Existenz, darum kannst du das Wasser auch nicht erreichen!" Sie klopfte ihr leicht auf die Schulter und ging etwas nach vorne um Jareth zu rufen. Eine Energiewolke verdichtete sich. Die Frau sprach leise auf Jareth ein und zog plötzlich aus der Wolke eine Hand hervor, der zögernd ein junger und frischer Koboldkönig folgte. Auch Jareth schien Schwierigkeiten damit zu haben, sich an seiner Gestalt zu erinnern.

Je näher sie dem Quell kamen, desto dunkler wurde es und plötzlich befand sich dort ein Lagerfeuer in einer dunklen, sternenübersäten Nacht. Jareth setzte sich neben Sarah und aus dem Dunkel der Nacht traten, Einer nach dem Anderen, noch viele Personen hinzu.

Es dauerte eine Weile, bis alle in dem weiten Rund versammelt waren. Eine Kuppel aus Sternen hüllte sie ein, doch Sarah sah als sie sich umwandte, dass jenseits dieses Kreises die Energie der Quelle gleißte.

Die Zigeunerin ergriff das Wort. „Wir sind die Könige und Königinnen der Koboldwelt und leben hier auf ewig in dieser Quelle der Macht. Ich bin die Mutter. Nicht von euren Vorfahren hier. Ich bin die Mutter dieser Welt, so wie du die Mutter der Welt der Alpträume bist."

Sarah zuckte zusammen.

„Kind, wenn es nichts Böses gibt, wer lernt das Gute zu schätzen?"

Ihre Augen sprachen Sarah Mut zu.

„Wir stehen vor einem Problem. Ihr seid viel zu früh hier angekommen. Die Umstände verlangten dies. Aber Jareth hat noch keinen Nachfolger und es gibt außer euch niemanden, der die Energie der Quelle der Macht formen könnte. Toby ist nicht geraubt worden und als ich diese Welt erschuf, war sie für mich ein Hafen für unglückliche Kinder die an Wunder glaubten und hier ein Zuhause finden konnten. Doch sie mussten aus einer anderen Welt geraubt worden sein, oder wir mussten gebeten werden sie zu holen, so lautet das Gesetz. Sie sollten neue Fantasien in diese Welt mitzubringen und ihr mit einem Staunen gegenüber zu stehen. Ihre Freude an den Wundern dieser Welt war mein Lohn. Doch nun gibt es niemanden, der meine Welt vorwärts bringt, keinen, der sie hegt und pflegt. Sie wird ermatten und irgendwann wird sie verstaubt und tot sein."

„Sie dürfen hier nicht bleiben..."-„Sie müssen gehen..."

Sarah wollte nicht fort. „Denk' an deine Freunde!" flüsterte Jareth und nahm ihre Hand, dann wandte er sich an die Mutter der Welt: „Wie sollen wir zurückkehren?" Er hatte offenbar viel weniger Schwierigkeiten als Sarah, sich hier zurechtzufinden. „Wir werden darüber beraten", sagte die Mutter leise und sandte sie mit einer Handbewegung fort.

Sie waren wieder an einer Quelle. Jareth zeigte Sarah, wie sie mit ihrer Fantasie aus der Quelle immer neue Orte formen konnte. Sarah dankte es ihm, indem sie eine Lagune mit einem kleinen, terrassenförmigen Wasserfall und einem Meer aus Seerosen erschuf.

Wie kleine Kinder planschten sie im Wasser und genossen jede Sekunde. Doch dann hielt Jareth Sarah plötzlich in seinen Armen und wollte sie nicht mehr loslassen. Sarah schmiegte sich an ihn und mit klopfenden Herzen, im Bewusstsein etwas ganz neues mit dem Anderen zu entdecken, gaben sie all den Zärtlichkeiten Ausdruck, für die sie während ihrer langen Reise keine Zeit gefunden hatten. Ihre Haut glänzte im Mondlicht, als zuerst zwei Körper sich vereinigten und dann ihre Seelen folgten: als aus zwei sich liebenden körperlichen Wesen, zwei Konturen reiner, gleißender Energie wurden.

Wie es schien eine Ewigkeit später standen sie wieder im Kreis der um das Feuer herumsitzenden Koboldkönige und –Königinnen.

„Wir wollen versuchen, euch durch die Grenzen dieser Welt herausgelangen zu lassen. Das war bisher nur mir möglich. Aber Sarah ist auch eine Weltenmutter, sie müsste das Muster dieser Quelle erkennen können, wenn sie sich mit mir verbindet und mir folgt. Jareth umschließen wir mit unserer Kraft und ein jeder von ihnen wird euch etwas von sich mitgeben, dass euch in der Welt Kraft und Substanz geben wird, bis es Zeit wird, zu uns zurückzukehren. Kommt nun zu mir, Kinder".

Sarah und Jareth knieten vor ihr nieder. Einer nach dem Anderen ging an ihnen vorbei und legte seine Hand auf die der Zigeunerin, die ihrerseits die Köpfe der Beiden berührte. Sie murmelten leise Wünsche und wie ein Puzzle fügten sich Sarahs und Jareths Persönlichkeiten wieder zusammen.

Sarah hörte ein leises weinen und sah Jareth, dem Tränen über die Wangen liefen, als er die Hand einer Frau küsste und gleichzeitig nach der eines Mannes griff. Sie schlossen ihn in die Arme und küssten ihn. „Wir lieben dich, Sohn", hörte sie leise.

Dann rissen sie sich los und traten in den Schatten zurück. Als der letzte entschwunden war und sie wieder mit der Zigeunerin in der Lichtung mit dem Quell standen, nahmen sie und Sarah Jareth in die Mitte. Sarah und die Weltenmutter wurden in Gedanken eins.

Sarah sah, wie diese Welt erschaffen wurde und erkannte den Weg, den sie gehen mussten. Die Zigeunerin ging voran und öffnete einen Tunnel im Netz der Energie, das die Quelle der Macht umgab. Gemeinsam schoben sie Jareth hindurch, den Sarah ständig im Arm hielt und abzuschirmen versuchte. Funken stoben und der Körper der Weltenmutter wurde schwer durchgeschüttelt.

„Mein ist diese Welt!", schrie sie. „Und an mir ist es, sie zu schützen!" Es gab eine letzte Explosion, die Sarah und Jareth weit aus der Quelle hinausschleuderte und ein leises, triumphierendes Wehklagen, das mit einem Seufzen verstummte.

Sie spürten nicht, wie viel Zeit verging als sie einander im Arm haltend, stumm vor der Quelle der Macht verharrten.

Unendlich viel Zeit würde wohl vergehen, bis sie alle Geschenke und Gedanken der Koboldkönige erkundet hatten. Es wäre verlockend gewesen, damit gleich zu beginnen, doch als sie sich wieder gefasst hatten, wollten sie die Freunde keinen weiteren Augenblick in der Alptraumwelt leiden lassen.

Sie wandten sich um und der wiedererstrahlende Glanz der uralten Quelle umspielte gleißend ihre Körper.

Sie wandelten ihre Gestalten in die weißer Eulen und glitten über den gleißenden Strahlenkranz der Säulen hinweg an den Fuß des Plateaus, denn die Quelle durften nur die Königspaare sehen.

Sarah schaute zur Grenze der Welten. „Ich schaudere bei dem Gedanken, dass ich die Mutter dieser Welt bin", sagte sie zu Jareth. „Ich dachte, das Moor des ewigen Gestankes würde wieder verschwinden, sobald wir die Grenzen geschlossen hatten."

Jareth schüttelte den Kopf. „Solange es noch Schlechtigkeit und Hass irgendwo zwischen den Welten gibt, wird es auch ein Moor des ewigen Gestankes geben. Wir müssen gut darauf achten, damit es nicht noch einmal zum Alptraum werden kann."

In gedankenschnelle befanden sie sich in der Mitte des Moores. „Du weißt, wie ich dich befreit habe: benutze die Träume als Wegweiser zu deinen Freunden", sagte Jareth leise und fügte zärtlich ein „Sei vorsichtig!" an.

Sarah erinnerte sich daran, wie die Zigeunerin das Tor zu ihrer Welt geöffnet hatte. Jetzt sah sie die für andere unsichtbare Grenze ihrer Welt und erkannte ihr Muster. Sie holte tief Luft und öffnete ein Tor in das Innere der Alptraumwelt. Zunächst erschrak sie vor ihren Alpträumen, doch sie erkannte, dass sie sie nicht mehr fürchten musste. Im Gegenteil – sie allein besaß die Macht sie zu kontrollieren.

Dann konzentrierte sie sich und tat zum ersten Male bewusst das, was sie bei Jareth so verachtet hatte: sie erschuf eine neue Realität und bannte sie in Kristallkugeln, um ihre Freunde zu manipulieren. Sie sandte die Kugeln hinaus in die Dunkelheit und folgte ihren leuchtenden Spuren.

Schon bald hatte sie Ludo, die Wachen, Hoggle und Sir Didymus in ihren Blasen gefunden.

Sie zerstörte die Gefängnisse mit Blitzen reiner Energie.

Die Anderen fand sie am Boden liegend, dahinvegetierend, ohne erkennbaren Lebenswillen.

Behutsam nahm sie sie alle auf und bannte Körper und Geist in die Kristallkugeln. Nachdem sie sich vergewissert hatte, dass sie wirklich alle gefunden hatte, schleuderte sie die Kugeln mit einem gleißenden Leuchten zu Jareth zurück.

Dann kehrte sie mit dem zynischen Gedanken Dieses Land könnte gut mal von den Aufräumern gesäubert werden!' der Alptraumlandschaft den Rücken zu.

Sie wollte gerade in die Welt der Kobolde zurückkehren, als sie hinter sich einen Schrei des Entsetzens vernahm.

Sie wirbelte herum und sah einen Trupp Aufräumer, die in panischer Angst bald hierhin, bald dahin, zu fliehen versuchten. Sie wurde sich in aller Demut ihrer Macht bewusst und sandte die völlig verängstigten und verstörten Kerlchen in ihre Heimat zurück. Danach verließ auch sie das Land der Tränen, verschloss gewissenhaft das Tor zu dieser Welt und kehrte zur Jareth und den Freunden zurück.

Als Sarah keuchend die Nase verzog und mit einer energischen Geste den Bann des Gestankes von den Gefährten nahm versuchte sie zu ignorieren, dass der Koboldkönig alle Mühe hatte, sein Schmunzeln zu verbergen.

„Mylady!" Sir Didymus fand als erster seine Sprache wieder. Hoggle, Ludo und die Anderen schauten sie unschlüssig an. Dann verbeugten sie sich tief. „Majestät!"

„Erkennt ihr mich denn nicht? Ich bin es, Sarah!"

Doch ihre Freunde verharrten in ihrer unterwürfigen Haltung.

„Du bist jetzt ihre Königin", mischte Jareth sich ein, „und das wissen sie".

Sarah wandte sich verzweifelt an ihn. „Habe ich ihr Leben gerettet, um ihre Freundschaft zu verlieren?"

Er legte sanft seine Hand auf ihre Schulter. „Gib' ihnen Zeit! Sie hatten nicht erwartet dich lebend zu sehen – und am allerwenigsten, in dir ihre Königin zu sehen!"

Ludo stapste unsicher auf sie zu, noch immer sichtlich benommen von den Strapazen.

„Sarah und Ludo Freunde!" sagte er und reichte ihr seine Pranken.

„Ja", bekräftigte Sarah, „Freunde". Sie nahm seine Pranken in ihre Hände. Langsam lösten sich auch die Anderen aus ihrem Erstaunen und traten vorsichtig näher, Jareth immer im Auge behaltend, um Sarah zu begrüßen und ihre Geschichte zu erfahren.

Jareth und Sarah hätten die ganze Gruppe auch mit einem einzigen Gedanken wieder zum Schloss am Rande der Koboldstadt zurückbringen können, aber nach dem Zwischenfall mit den Aufräumern hielt Jareth es für angezeigt, dass Sarah erst einmal ihre neue Heimat und ihre neuen Fähigkeiten kennen lernen sollte.

Und so reisten die Gefährten nicht auf dem kürzesten, sondern auf dem schönsten Wege in das Herz des Koboldlandes. Immer wieder hielten Jareth und Sarah an oder flogen als Eulen der Gruppe weit voraus. Entlang ihres Weges erblühte das Land, das schon am Verdorren gewesen war zu neuer Schönheit.

Sie machten sich einen Spaß daraus, die neuen Orte ihrer Welt gleich von den Gefährten begutachten zu lassen.

Unter einem alten Knopf verbargen sie den Eingang zu einer unterirdischen Halle, in der es keine Schwerkraft gab. Sie nannten sie den Sternengarten und dort konnte man mit den Sternen tanzen oder neue Sternbilder erschaffen. Diejenigen, mit besonders viel Fantasie holten sich die alten Sternbilder vom Himmel herab und ließen den Löwen oder den alten Fischer von ihren Abenteuern erzählen.

Bei diesen kleinen Abenteuern hatte es allerdings auch fast ein Verhängnis gegeben.

Sarah hatte Sir Didymus mit einem Auftrag fortgeschickt, den dieser viel früher als erwartet ausgeführt hatte. Jareth und Sarah hatten einen Ort geschaffen, an dem alles genau entgegen dem passierte, was eigentlich passieren sollte. Wollte ein Kobold nach rechts gehen, marschierte er nach links. Wollte er diesen Ort verlassen, so ging er nur umso tiefer hinein.

Hoggle war im Null Komma Nichts wieder draußen und fand das Ganze furchtbar langweilig, aber Sir Didymus, der sich außer Stande sah zu Lügen oder etwas zu tun, was nicht in seiner Absicht lag, irrte umher und musste schließlich von Jareth persönlich herausgeholt werden.

Als Überraschung für Toby und auf Sarahs ganz besonderen Wunsch, schufen sie ein Drachenland, in denen weise und wilde Drachen lebten. Die wilden Drachen wollten kämpfen. Sie liebten Tortenschlachten – besonders mit Erdbeertorte. Die weisen Drachen erzählten spannende Geschichten, die jedermann in ihren Bann schlugen. Aus der Freude der Kobolde über ihre wieder erwachende Welt erschufen sie einen riesigen, goldenen Drachen, der fortan ihr Freund und Begleiter sein sollte. Wenn er nicht bei ihnen war, hatte er sein Heim an einem weiten, blauen See, in dem kleine Wassergeister darauf warteten, den zufälligen Besucher gründlich zu necken.

Sarah und Jareth blickten liebevoll von den Nackenwülsten des Drachen hinab auf ihre Welt.

Die Energielinien liefen wieder klar und gleißend. Die fast schon verdorrte Welt erstrahlte in neuer Schönheit.

Eine Veränderung hatte auch bei den Kobolden stattgefunden. Je näher sie der Koboldstadt kamen, desto lebhafter wurden ihre Neckereien. Schließlich entdeckten sie Toby, mit einem Indianerschmuck aus schwarzen Hühnerfedern auf den Kopf, inmitten einer Horde Kobolde, die wild heulend durch das Labyrinth lief.

„Toby!" rief Sarah. Er schaute auf und rannte dann freudig auf sie zu: „Sarah!" Sie kniete sich nieder und umarmte ihn fest.

Über ihre Schulter hinweg lächelte er Jareth an. „Jareth! Sarah hat dich also gefunden!"

Dann fiel sein Blick auf die hinter ihnen stehende Gruppe. „Hoggle!" quietschte er erfreut, während der Zwerg aus Freude darüber erkannt worden zu sein, tief errötete. „Sir Didymus und Ambrosius, Ludo und der Wurm – ihr seid alle da!" Er machte sich von Sarah los und rannte auf ihre Freunde zu.

Jareth beobachtete die Freude des Kleinen selbstzufrieden. „Er wird mein würdiger Nachfolger werden", sagte er und schaute sich in dem lebhaften Gedränge um.

„Nein.", entgegnete Sarah leise und entschieden. Jareth schaute sie bestürzt an. Die Kobolde, die seine Reaktion nicht einordnen konnten, verstummten sofort. „Sarah!"

„Nein, Jareth. Toby wird nicht dein Nachfolger werden. Seine Eltern würden es nie erlauben!"

Die Kobolde schauten sich schweigend an. Alle Fröhlichkeit war auf einmal verflogen.

„Dann ist alle Hoffnung verloren", flüsterte Jareth und wandte sich ab. „Warum?" flüsterte er gequält.

Sarah trat zu ihm heran und legte ihm sanft die Hand auf den Arm. „Weil hier nicht sein Platz ist. Ich kann dich nicht mehr bitten, ihn zu holen und seine Mutter wird es niemals tun. Er kann dir in der anderen Welt viel mehr helfen als hier, wenn er seinen Freunden den Weg in unser Land zeigt und die Fenster unter den Zinnen wieder geöffnet werden, um Licht hereinzulassen."

„Und was ist, wenn er älter wird und uns auch vergisst oder in Alpträumen lebt, so wie du? Dann haben wir wieder keine Hoffnung, kein Licht!"

„Dann müssen wir eben dafür sorgen, dass das nicht passiert."

Sie sah ihm gerade in die Augen und sagte leise, nur für seine Ohren bestimmt: „Ich verspreche dir, dass eines Tages eine Frau aus der anderen Welt dich bitten wird, ihr Kind als deinen Nachfolger zu holen."

Ein helles Leuchten in ihren Augen wurde begleitet von einem leisen Lächeln, als sie die Energieströme ihres Körpers für ihn sichtbar werden ließ. Sie kreisten um einen noch sehr kleinen, hellen Fleck, der zwischen ihren Hüften weich geborgen war.

Jareths Augen schimmerten feucht, als Sarah seine unausgesprochene Frage mit einem Nicken beantwortete. Er ließ all seine Liebe sie umhüllen, als er schweigend ihr Versprechen annahm und sie mit tiefer Innigkeit küsste.

Die Kobolde atmeten auf.

„Warum macht er das?" wollte Toby von Hoggle wissen. Hoggle schaute zu seiner alten Freundin auf. „Weil Sarah jetzt die Königin der Kobolde ist."

„Wow, ey!" entfuhr es Toby, als ihm blitzartig klar wurde, welche Möglichkeiten sich ihm durch die neue Position seiner Schwester boten. Allerdings hatte er momentan noch überhaupt keine Lust auf diesen königlichen Kram und so machte er sich leise davon.

Das Königspaar wandte sich leise zum Gehen. „Passt gut auf Toby auf", ermahnte Sarah die Kobolde. „Natürlich!" versicherten sie eifrig und begannen nach ihm zu suchen.

„Toby? TOBY ? Wo steckt der Lausebengel..."

Der Rest ging unter in dem protestierenden Gegacker eines schwarzen Huhnes mit nacktem Hinterteil, das in wilder Panik über den Platz stob.

Ein rauschendes Fest wurde vorbereitet, im Schloss am Rande der Koboldstadt.

Im allgemeinen Bemühen, aus allem nur das Beste herauszuholen und Ordnung zu schaffen, verwandelte sich das ganze Land in ein reißendes, fröhliches Tohuwabohu.

Die Aufräumer hatten alle Hände voll zu tun und jeder Kobold freute sich auf die ihm eigene Art auf das Fest des Abends.

Die große ungemütliche Halle des Schlosses hatte Jareth in den Ballsaal verwandelt, den Sarah aus ihren Träumen kannte. Kristall und Perlen funkelten überall und Tausende von Lichtern glänzten. Silberfäden hingen in anmutigen Bögen von der Decke herab.

Jareth selber stand in weißen, eng anliegenden Hosen, hohen mit Goldstickereien verzierten Stiefeln und einem weißen, an Schultern und Ärmeln mit fließendem Gold und Diamantsplittern besetzen Oberteil, am Fuße der Treppe und wartete auf Sarah.

Toby flitzte, flink wie ein Wiesel, an ihm vorbei. Er trug eine ähnliche Aufmachung in schillernden Blautönen.

Das Licht wurde gedämpft und auf der Treppe erschien Sarah. Sie trug ein weißes Ballkleid, das passend zu Jareths Anzug ebenfalls mit verlaufenden Gold- und Diamantsplittern besetzt war. In ihren Haaren glänzten goldene Sterne, die aufgereiht an Ketten in ihr Haar eingeflochten waren. Ihr Lächeln strahlte heller als jeder dieser Sterne.

Jareth ging ihr entgegen und führte sie in die Mitte des noch immer abgedunkelten Saales. Sarah und Jareth brauchten kein künstliches Licht. Es umgab sie eine Corona winziger, leuchtender Sterne.

Der kurzsichtige Kobold wartete einen Moment, bis sie die Mitte des Saales erreicht hatten, dann rückte er seinen auf Hochglanz polierten Kochtopf zurecht. Er schlug mit dem Stab, der sich fest vorgenommen hatte nicht zu schreien, egal wie weh es tun würde, dreimal energisch auf den Boden. Dann gab er bekannt, dass Jareth sich eine Königin erwählt hatte und dass Sarah in Zukunft gemeinsam mit ihm über die Kobolde herrschen würde.

Außerdem verkündete er Tobys Bestellung zum Botschafter in der Anderwelt.

Unter lautem Applaus und Getöse wurden Hoggle und die Freunde in den Saal geführt. Ludo war sichtlich verlegen und hätte am liebsten ein Loch in den Felsen unter dem Schloss geheult, um sich darin zu verkriechen. Nur Sir Didymus gutes Beispiel gab ihm den Mut, die Sache durchzustehen.

Dann eröffneten Sarah und Jareth den Tanz. Das Fest nahm seinen Lauf.

Spät in der Nacht, kurz vor dem Morgengrauen, führte Jareth Toby und Sarah in die Halle der Könige.

Sterne schienen durch ein Fenster und der Mond erleuchtete sie. Es war das Fenster, das Toby geöffnet hatte. Jareth trat heran und fuhr einmal mit der Hand über das Fenster. Sofort wurde aus dem Fenster eine Tür und auf der anderen Seite standen... ihr Vater und ihre Stiefmutter! Sarah lief auf sie zu und blieb ungläubig stehen. „Sarah!"-„Vati, Mutti!"

„Es ist alles in Ordnung, Kind. Toby und Jareth haben uns alles erzählt und wir sind damit einverstanden, das du bleibst – auch wenn wir zunächst einige Zweifel hatten. Toby darf euch, wann immer er möchte, besuchen; vorausgesetzt, seine Schulleistungen leiden nicht darunter."

Ihr Vater nickte Jareth zu. „Auch wir werden euch besuchen und dieses Tor bleibt als Verbindung zwischen den Welten immer offen." Jareth nahm sie an die Hand und ging mit ihr auf das Tor zu. „Bringe Toby hinüber!"

Sie nahm ihren kleinen Bruder an die Hand, schritt durch das Tor und flog ihren Eltern in die Arme.

„Kind", sagte ihr Vater leise, „noch kannst du bleiben. Du hast hier immer deinen Platz!"

Sarah schüttelte ernst den Kopf. „Ich danke euch, aber mein Platz ist an Jareths Seite."

Der Koboldkönig trat nun auch in die Anderwelt und legte seinen Arm um sie.

„Eine schönere Braut habe ich nie gesehen!" schluchzte ihre Stiefmutter in ein Taschentuch. „Aber wie sollen wir dein Verschwinden erklären?"

„Sagt einfach, ich hätte einen exzentrischen, reichen Snob geheiratet und lebe jetzt am anderen Ende der Welt." Sie strich mit der Hand über einen im Wohnzimmer hängenden Spiegel und ein Bild von Jareth und ihr entstand in dem Rahmen.

„Mit dem Bild als Beweis wird dir das jeder glauben."

Der Blick des Koboldkönigs deutete an, das er noch etwas zu der Bezeichnung ‚exzentrischer Snob' zu sagen hatte.

Sarah versprach noch, ihre Eltern regelmäßig zu besuchen. Dann ging sie, nicht ohne Wehmut, zum ersten Male freiwillig in ihre neue Welt.

Ihre Eltern winkten noch einmal, dann verschwand das Tor und das Sternenlicht schien wieder in den Raum.

Jareth nahm sie in den Arm und hob mit dem anderen vorsichtig ihr Kinn.

„Komm", sagte er leise, küsste sie leicht und führte sie in den noch im Schatten liegenden Teil des Raumes.

Er nahm eine Fackel und steckte sie in einen Halter an der Wand.

Dann zog er Sarah vor sich in seine Arme und legte vorsichtig seine Hände auf ihren Bauch.

Ein Bild wurde erleuchtet. Es war kleiner als die anderen und offensichtlich einmal beschädigt worden. Ein würdevoller Koboldkönig und eine wunderschöne Koboldkönigin blickten in mitternachtsblauen, funkelnden Gewändern auf sie herab. Auch der rot-weiße Strampelanzug war noch zu sehen, aber die Züge des Babygesichtes waren noch nicht gemalt.

„Es ist wunderschön", flüsterte sie. Dann traten sie an ‚ihr' nun den Raum erhellendes Fenster heran. Mondlicht flutete herein, als die beiden an der Brüstung standen und über die Koboldstadt hinweg blickten.

Sie sahen sich tief in die Augen, wechselten ihre Gestalt und glitten auf den Schwingen der Nacht hinauf zu den Mare des Mondes.

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