WEISSE MÖWEN
Disclaimer: siehe Kapitel 1
A/N: Bitte lasst mich wissen, was ihr davon haltet. Mit diesem Kapitel bin ich persönlich besonders unzufrieden.
Teil I: Drei Freunde
4. In Gamwichs GaststubeObwohl Legolas sein Hauptaugenmerk auf die anderen Gäste gerichtet hatte, die nach dem Genuss von mehreren Krügen Bier immer lauter wurden, bemerkte er doch, dass Aragorn ihn musterte. Legolas sah aus, als sei kein Tag seit ihrem letzten Treffen vergangen. Das feine Gesicht eines Grauelfen unter den langen, immer glänzend schimmernden Haaren in den ewig gleichen drei Zöpfen, mit Augen, die immerzu alles zu beobachten schienen und oft mehr sprachen, als der nur allzu oft verschwiegene Mund. Legolas sagte nie etwas, wenn er es nicht für wichtig hielt, das wusste Aragorn. Und doch hätte er jetzt in diesem Moment gerne mit ihm geplaudert. Das Bier hatte auch seine Zunge gelöst und er sehnte sich danach, über all die Ereignisse der letzten Jahre zu sprechen, die sie nicht hatten teilen können.
Doch fühlte Aragorn sich in diesem Moment sehr wohl. Er saß mit gewöhnlichen Menschen in einem gewöhnlichen Gasthaus, trank Bier und neben ihm war sein wahrscheinlich bester Freund. Für einen Moment wurde die Sehnsucht nach seinem alten Leben übermächtig und so griff er nach seinem Bier und prostete Legolas zu.
„Auf die Freundschaft! A thin lain."
Dieser hob ebenfalls seinen Krug und schon ging ein Anstoßen und Prosten durch die ganze Gaststube. Am Nachbartisch schien es eine kleine Aufregung zu geben. Aus dem vorher ruhigen Gespräch wurde ein hektisches Tuscheln und leichtes Schubsen, bis sich einer der Männer erhob und sich Aragorn und Legolas zuwandte.
„Mein Herr...", begann er mit einer kleinen Verbeugung und als Aragorn zu ihm aufsah fuhr er zögernd fort, „Wir... wir haben uns gefragt... gefragt, ob Ihr nicht vielleicht, - vorausgesetzt es macht Euch keine Umstände -, dass Ihr..."
Aragorn rollte mit den Augen. „Nun sprecht, Herr. Ich verspreche, Euch nicht den Kopf abzureißen."
Der Mann lächelte gequält. „Nun, wir haben uns gefragt, ob Ihr nicht vielleicht aus dem Ringkrieg berichten könnt. Wir haben hier selten Menschen, die an derartig bedeutungsvollen Ereignissen beteiligt waren und..."
„Und was wollt ihr hören?", fragte Aragorn lachend. „Denn die ganze Geschichte würde wahrlich die ganze Nacht und wohlmöglich noch den nächsten Tag in Anspruch nehmen", sagte er mit einem Blick zu Legolas, der nickte.
Der Mann vom Nachbartisch bekam große Augen. „Seid Ihr der Elb, der einer der neun Gefährten war?"
Legolas nickte wieder und Aragorn bestätigte, „Das ist Legolas, Sohn von Thandruil, aus dem Wald der Grünblätter."
„Verzeiht, dass wir Euch nicht erkannt haben, mein Herr", bat der Mann. „Ihr habt viel für die Menschen in Minas Tirith und besonders in Ithilien getan. Doch werde ich mich wohl nie daran gewöhnen, wie jung die Elfen aussehen."
Legolas lächelte, sagte aber immer noch nichts. Aragorn hingegen fragte, „Wie ist Euer Name?"
„Golrad, Golrodins Sohn, mein König."
„Nun, Golrad. Ihr schuldet uns noch eine Antwort."
„Ja... ich..."Unsicher wandte er sich wieder seinen Freunden zu, doch auch die zuckten nur mit den Achseln.
Es war die Stimme von Gamwich, die sich über das Schweigen erhob, das den ganzen Raum ergriffen hatte. „Was ich nie verstanden habe, an dieser Geschichte, und worin Ihr vielleicht Licht bringen könnt, mein König, ist die Zusammensetzung der Gefährten. Menschen, Halblinge, ein Zwerg und ein Elb? Und das zu der Zeit?"
Aragorn wollte gerade zu einer Antwort ansetzen, als er das Schieben und Räumen in der Gaststube bemerkte und nur wenig später saßen alle Gäste in einem großen Kreis zusammen, um der Geschichte zu lauschen. Golrad hatte Recht gehabt, in guten Zeiten wie diesen gab es kaum Menschen, die von großen Ereignissen zu berichten wussten, und so waren sie alle gespannt auf das, was ihr König zu erzählen hatte. Ihr König, der hier in der Gaststube gar nicht so königlich schien. Und der Elb neben ihm, der so ruhig und schweigsam war und dabei so freundlich dreinschaute, dass man ihm kaum zutraute, schon so viel erlebt zu haben.
So war es denn auch Aragorn, der schließlich begann. „Es waren wahrlich andere Zeiten, in denen die Völker Mittelerdes nicht immer freundschaftlich miteinander umgingen. Doch die Bedrohung, die von Sauron und dem Einen Ring ausging, war so groß, dass sie alle betraf, egal ob Mensch oder Halbling, ob Elb oder Zwerg. Deswegen hatte Elrond Vertreter aller Völker nach Bruchtal kommen lassen, um über das weitere Vorgehen zu beraten."
„Ein weiser Mann, dieser Elrond", nickte einer der Männer in der Runde und viele stimmten ihm zu.
Aragorn aber lächelte und sagte, „Der weiseste von allen."
Legolas kannte diesen sehnsüchtigen Blick, der jetzt die Züge seines Freundes verdunkelte. Die Sehnsucht nach dem Mann, der so viele Jahre lang sein Vater gewesen war und der dann, als er schließlich sein Schicksal angenommen hatte, zu den unsterblichen Ufern gesegelt war und ihn und Arwen alleine zurückließ.
„Stimmt es, dass Ihr bei ihm gelebt habt?", fragte Lore vorsichtig und der König nickte lächelnd.
„Ja, das habe ich. Er war ein Freund meiner Eltern und hat mich nach ihrem Tod bei sich aufgenommen."
„Wie ist es in Bruchtal?", fragte der Mann, der Elrond zuvor als weise bezeichnet hatte.
„Ein bisschen wie in Ithilien", versuchte Aragorn zu erklären. „Bruchtal ist eigentlich sehr klein, nur wenige Elben lebten dort, inmitten einer Natur, wie man sie sich schöner und überwältigender kaum vorstellen kann. Elrond war sehr gastfreundlich, immer wieder kamen Reisende zu Besuch, die von den Dingen erzählten, die sie erlebt hatten und die in ihrer Heimat geschehen waren. Bei allen war Elrond als Ratgeber geschätzt. Er verstand es, Imladris zu einem wundervoll abgeschotteten Platz zu machen und trotzdem zu wissen, was in Mittelerde vor sich ging."
„Warum sprecht Ihr in der Vergangenheit?", kam die Frage.
Aragorn sah Legolas an, der den Blick erwiderte, seinem Freund jedoch keine Hilfe sein konnte. „Die Zeiten haben sich geändert. Elrond selbst hat gesagt, dass das Zeitalter der Elben vorüber sei und das der Menschen begonnen habe. Kurz nach dem Ringkrieg hat er zusammen mit Celeborn und Galadriel und Gandalf, der hier sicher vielen noch ein Begriff ist, Mittelerde verlassen und ist, wie es bei den Elben üblich ist, nach Westen gesegelt."
„Dann ist Bruchtal heute verlassen?", fragte Lore.
„Nein", antwortete Aragorn kopfschüttelnd. „Verlassen ist es nicht. Noch immer leben Elben dort, aber nur noch wenige und sie halten sich aus allem heraus, was in der Welt vor sich geht. Doch versuchen sie, Bruchtal und seine Zauber zu bewahren, denn Elrond hat im Laufe seines Lebens unzählige Dinge von unschätzbarem Wert gesammelt, die dort ausgestellt sind."
„Was für Dinge?"
„Gemälde, Teppiche, aber auch Waffen aus längst gekämpften Kriegen, solche Dinge eben. Ein Gang durch die Mauern lässt einen ehrfürchtig verstummen vor der Geschichte, die diese Exponate zu berichten haben. Solltet Ihr je die Gelegenheit haben, nach Bruchtal zu kommen, dann seht sie Euch an."
„Warum habt Ihr Bruchtal verlassen, wenn Ihr es in so hohen Tönen preist?", fragte jemand.
Achselzuckend versuchte Aragorn zu antworten. „Ich war jung. So gerne ich auch in Bruchtal gelebt habe, so war ich als Mensch unter den Elben doch auch immer ein Fremder. Ich zog aus, um das Abenteuer zu suchen, lebte als Waldläufer im Norden, dort, wo meine Vorfahren einst herkamen."
„Aber Ihr seid nach Bruchtal zurückgekehrt?"
„Ja, oft. Letzten Endes war es mein Zuhause und dorthin kehrt man doch immer wieder zurück, wenn man die Möglichkeit hat, oder nicht?"
Die Menschen in der Gaststube nickten.
„So auch, als Elrond den Rat einberufen hat, der über den Verbleib des Einen Ringes zu entscheiden hatte."
„Ah", rief Gamwich. „Jetzt kommen wir zum Thema. Möchte noch jemand ein Bier?"
Während die Gäste noch Bier orderten, lehnte sich der König in seinem Stuhl zurück, warf Legolas einen Blick zu und fuhr fort, von den damaligen Ereignissen zu berichten. Es verging Stunde um Stunde, bis er beschloss, dass es genug sei und Zeit, in den Palast zurückzukehren.
Fortsetzung folgt