Kurz nach Sonnenuntergang war der Graf der erste, der aus seinen Sarg kletterte. Er verließ die Gruft auf der Suche nach Koukol. Diesen fand er in der Küche, wo er sich gerade eine Mahlzeit zubereitete. Von Krolock wies seinen Diener an, ihm ein Bad zu richten. Koukol schlurfte sofort davon um Wasser aufzusetzen. Als der Graf nach einer halben Stunde das Bad betrat, war die Wanne mit heißem Wasser gefüllt. Nachdem er sich vollständig entkleidet hatte, lies er sich in das warme Nass gleiten.

Unten in der Gruft war mittlerweile auch Sarah erwacht. Voller Vorfreude schnappte sie sich einen ihrer Schwämme und eilte in Richtung Badezimmer. Dort angekommen, kniff sie wütend die Augen zusammen. Was erlaubte sich Herbert da? Heute war sie mit Baden an der Reihe! Schnurstracks stapfte sie auf die Wanne zu. „Herbert! Was fällt dir ein! Heute........."Ihr Herz blieb stehen als sie den Badenden erkannte. Ihr Gesicht hatte die selbe Farbe wie ihre Haare. Gentlemanlike griff Krolock nach einem Handtuch. Sarah versuchte trotzdem so schnell es eben möglich war den Raum zu verlassen. In der Tür lief sie jedoch in Herbert hinein. Herbert krallte sich, um nicht umzufallen am Türrahmen fest. Sarah landete auf ihrem Popo. Als er seinen Vater in der Wanne entdeckte kippte er vor Lachen doch noch um. Sarah griff daraufhin reflexartig nach dem letzten noch vollem Eimer der neben ihr stand. Schon hatte Herbert das heiße Wasser im Gesicht. Erst sah dieser ein wenig geschockt aus der Wäsche. Das konnte er jedoch nicht auf sich beruhen lassen. Er packte die junge Frau unter den Armen und setzte sie ebenfalls in die Wanne. Sein Werk kurz betrachtend, stolzierte er schließlich aus dem Bad.

Sarah blickte ihren Geliebten aus großen Augen an. Was sollte sie jetzt tun? Der Graf griff ihr lächelnd unter die Arme und hob sie aus der Wanne. Daraufhin folgte er selber. Einen Blick auf seine durchnässten Sachen werfend wollte er den Raum schon verlassen, als Sarah anfing zu klagen. „Ich habe jetzt kein einziges trockenes Kleid mehr....."Ihr Geliebter drehte sich um. „Nicht eins mehr?" „Nein, nur das Ballkleid....."Der Graf rang mit sich selber. Sollte er sie mitnehmen? Von der Größe her müsste es eigentlich passen..... Nach längerem Überlegen hatte er sich schließlich dazu durch gerungen. „Komm mit, mein Engel"

Sarah folgte dem Schlossherrn gespannt. Wo würde er sie hinführen? Der Graf ging in die oberste Etage seines Schlosses. In seine persönlichen Gemächer. Seit dreißig Jahren hatte kein anderer außer ihm diese Räume betreten. Nicht einmal Herbert. Vor der schweren Flügeltür angekommen, öffnete er, und ließ die neugierige Vampirin eintreten.

Sarah staunte nicht schlecht. Sie betrat einen großen Raum, in dem sich ein langer Tisch, um den mehrere edle Holzstühle standen, ein großen Kamin und mehrere wunderschöne Wandteppiche befanden. Vor den vielen Fenstern hingen schwere schwarze Samtvorhänge. Leider erhaschte sie nur einen relativ kurzen Blick auf diesen Raum, da der Graf sie ins Nebenzimmer führte. Sarah war beim Anblick des vorherigen Raumes schon sehr beeindruckt gewesen. Was sich ihr nun bot, übertraf ihr Vorstellungsvermögen. Dieser Raum, offenbar das Schlafzimmer, war noch ein Stückchen größer. Zu ihrer Rechten stand ein überdimensionales Himmelbett, welches blutrote Samtvorhänge hatte. Am Kopfende lagen unzählige bunte Kissen in allen Größen. Ihr genau gegenüber befand sich ein weiterer Kamin, in dem ein Feuer vor sich hin prasselte. Der Boden war mit bunten, weichen Teppichen ausgelegt. Auch hier hingen vor den Fenstern die selben schweren Vorhänge wie schon im ersten Zimmer. Erst jetzt bemerkte die junge Frau das riesige Ölgemälde zu ihrer Linken. Darauf waren drei Personen abgebildet. Ein kleiner Junge, der höchstens sechs Jahre alt sein konnte, eine hübsche Frau mit langen dunklen Haaren, und ein hochgewachsener Mann, ebenfalls mit schwarzem Schopf. Alle drei trugen vornehme Kleidung. Sie machten einen glücklichen Eindruck. Sarah hätte sich das Bild gerne näherbetrachtet. Von Krolock war jedoch schon um eine Ecke verschwunden. Rasch folgte sie ihrem Geliebten. In der Ecke offenbarte sich ihr ein großer schwarzen Schrank. Daneben ein Sichtschutz.

Die Hände des Grafen zitterten leicht als er die hinterste Tür des Schrankes öffnete. Wie lang war es hergewesen? So viele Erinnerungen.... Er öffnete die Tür ganz und betrachtete den Inhalt. Viele schöne Kleider zeigten sich ihm. Er betrachtete sie kurz und griff dann nach einem nachtblauen Kleid. Dieses reichte er, freundlich lächelnd, Sarah.

Ohne zu zögern stieg Sarah in das Kleid. Es passte perfekt. Stolz betrachtete sich die Wirtstochter im Spiegel. Das Samtkleid mit den Freischultern hatte lange Ärmel, die nach sich nach unten weiteten. Es hatte eine kleine Schleppe und um die Hüfte ein goldfarbenes Band gebunden. Nach dem sie sich einige Augenblicke betrachtet hatte, trat sie hinter dem Sichtschutz hervor. Der Graf lag mit geschlossenen Augen auf dem Bett. Sarah ging auf ihn zu. Ein paar Meter vor dem Bett blieb sie jedoch stehen. Sie musterte ihren Verehrer, der noch immer nur das Handtuch trug, interessiert. Nie zuvor, außer kurz in der Wanne, hatte sie ihn nackt gesehen. Was sie sah, gefiel ihr. Die langen kräftigen Beine. Der schlanke, bemuskelte Bauch, die kräftige Brust und Schultern und die starken langen Arme. Vorsichtig setzte sie sich an den Bettrand. Noch immer hatte Krolock die Augen geschlossen. Mit leicht zitternden Händen berührte sie seine Brust. Ihr Geliebter lächelte und blickte sie an. „Gefällt dir was du siehst und fühlst?" Die jungen Vampirin errötete leicht, nickte aber. Der Graf griff nach ihrer Hand und führte diese zu seinem Mund. Zärtlich begann er ihre Finger zu küssen. Der ältere Vampir legte seinen freien Arm um die Hüften der jüngeren. Sanft zog er sie zu sich heran und bettete sie auf oben auf sich auf.

Sarah spürte die kalte Haut ihres adeligen Verehrers unter sich. Von Krolock strich ihr durch die langen Locken, sie zärtlich küssend. Sie war bereit und gewillt sich ihm ganz hinzugeben. Als könnte er ihre Gedanken lesen, sah er ihr im nächsten Moment mit seinen eisblauen Augen tief in die ihrigen. „Noch nicht. Bald."Er küsste sie erneut innig, bevor er sie beide aufrichtete. Sarah verstand nicht. Warum nicht hier und jetzt? Die nächsten Worte des Grafen rissen sie aus ihren Überlegungen. „Das Kleid macht dich noch schöner als du schon bist, mein Sternkind."Sarah nickte ein wenig abwesend. Ihre Augen hingen wieder an dem Ölgemälde. Krolock war diesem Blick gefolgt. „Sarah? Such doch Herbert und Alfred schon einmal. Wir sollten bereden, wann wir den Ausritt unternehmen wollen. Wir treffen uns dann im Kaminzimmer."Dem Unterton entnahm Sarah das es ein eindeutiger Befehl war. Ein wenig widerwillig gehorchte sie.

Es dauerte eine ganze Weile bis sie die beiden jungen Männer fand. Sie saßen munter plaudernd in der Bibliothek. „Hallo ihr beiden!" begrüßte sie sie fröhlich. Herbert, der mit dem Rücken zu ihr saß, drehte sich um. Als er sie ansah, wechselte sein Gesichtsausdruck schlagartig. „Wie kannst du es wagen!!"er sprang auf und kam bedrohlich auf sie zu. „Was denn? Ich habe doch nichts getan......"verteidigte Sarah sich ängstlich. Herbert hatte sich ein wenig gefasst. Natürlich war es nicht ihre Schuld... woher sollte sie denn wissen? Aber sein Vater!!! Er stürmte in Richtung der Gemächer seines Vaters. Sarah und Alfred sahen ihm mit Fragezeichen in den Gesichtern nach.

Als Herbert auf halbem Weg um eine Ecke rauschte, rannte er den Professor um. Das kümmerte ihn jedoch herzlich wenig.

Die Türen schlugen mit einem ohrenbetäubenden Knallen auf, so das Putz von der Decke rieselte und zwei in der Nähe der Türen stehende Vasen von ihren Sockeln gestoßen wurden und auf dem Boden zerbarsten. Der Graf, welcher sich gerade fertig angekleidet hatte, sah ein wenig misstrauisch zur Schlafzimmertür, welche im nächsten Augenblick eingetreten wurde. Der misstrauische Ausdruck auf seinem Gesicht wich blanker Wut. Was erlaubte sich sein Sohn da? Wie konnte er es wagen mir nichts dir nichts in seine Gemächer zu platzen?! Herbert kam wie ein wildgewordenes Nashorn auf ihn zugestürmt. Schnaubend stieß er hervor:

„Wie kannst du es wagen!!!!"Das Reichte dem Grafen. Sein Sohn hatte offensichtlich seit langen wieder ein Trachtprügel nötig. Als Herbert in Reichweite seine Armes war, holte er aus. Sein Sohn, der das nicht erwartet hatte, wurde aus der Bahn geworfen. Noch erboster wandte er sich seinem Vater zu. „Du Verräter!! Wie kannst du es wagen Sarah Mutters Kleider zu geben?!!!!"„Sie hatte nichts anderes mehr! Und außerdem ist deine Mutter seit 103 Jahren tot!!"fauchte Krolock bedrohlich. Herbert konnte es nicht fassen! Wie konnte sein Vater so pietätlos sein?

„Und sie war nicht nur meine Mutter! Sondern auch dein Frau!"schnappt Herbert, ehe er wieder davon stürmte. Seine linke Wang brannte wie Feuer. Knallend schlug er die Türen hinter sich zu. Er rannte die Gänge entlang, ohne wirklich zu wissen wo er eigentlich hin lief. So fand er sich irgendwann auf dem Balkon vor den riesigen Schlossgärten wieder. Tränen liefen ihm die Wangen herunter. Er verspürte Wut und Trauer. Herbert sah sich einen Moment lang um. Dann rannte er die Stufen in den Garten hinab. Es war sehr lange her, dass er hier hergekommen war. An dem Garten hingen viele schöne Erinnerungen. Jedoch auch die traurigen. Er sah sich selber als kleinen Jungen auf den Wiesen rennen. Seine Mutter stand oben auf dem Balkon und rief ihn rein. Als wäre es gestern gewesen hörte er ihre so sanfte und liebliche Stimme nach ihm rufen.

„Herbert! Es ist schon spät. Zeit ins Bett zu gehen!"„Och Mami, nur noch ein bisschen!"hatte er jedes Mal gebettelt. „Nein. Morgen ist auch noch ein Tag, Schatz!"„Och bitte Mami!"Nach längerem hin und her war er jedoch immer rein gekommen. Immer noch laufend erinnerte er sich auch daran, als sein Vater ihm sein erstes Pony geschenkt hatte. Er hatte sich riesig darüber gefreut, und wollte das Reiten sofort erlernen. Am besten in fünf Minuten, oder noch schneller. Das dies etwas länger dauern würde, stellte er jedoch sehr schnell fest. Aber jedes Mal wenn er herunter gefallen war, hatte sein Vater ihn aufgefangen.

Nun zeigten sich Bilder wo er, ein junger Bursche, mit seinem Vater im Gras saß. Er, Herbert hatte im Schloss alle Diener herum gescheucht und sie mit sinnlosen Aufgaben beschäftigt. Sein Vater war darüber sehr erbost gewesen. Wenn es um die Etikette ging, kannte er kein Pardon. Es hatte an dem Nachmittag eine ordentliche Tracht Prügel gesetzt. Seine Glieder taten ihm weh, als er, wie jetzt auch, in den Garten gestürmt war. Später am Nachmittag hatte sein Vater sich dann zu ihm gesetzt. Er war immer streng gewesen, aber auch immer liebevoll. Er hörte die Stimme seinen Vaters. „Herbert, wenn meine Zeit gekommen ist, wirst du das hier alles übernehmen."Er hatte erschrocken aufgeblickt. „Auch ich konnte mir das nicht vorstellen, als ich in deinem Alter war. Mein Vater sagte mir damals, dass es fast egal ist was ich tue. Aber ich sollte immer gerecht sein und von anderen nur Dinge verlangen die etwas bezwecken. Etwas Gutes. Und was genau war der Sinn und Zweck deiner Aufgaben für die Bediensteten?"Er hatte zu Boden geblickt. Dann aber sah er seinen Vater lächelnd an. „Es war Sport. Ich fand, sie hatten allen ein wenig Bewegung nötig" Beide hatten sie lachend im Gras gelegen. Sie sahen sich den Sonnenuntergang an. Es war der schönste, den er je gesehen hatte. Der Himmel war blutrot gewesen und in der Mitte dieser goldene Ball, der seine Farbe ins Orangene wechselte und hinter dem Horizont verschwand.

Herbert verlangsamte jetzt seinen Schritt. Er war am hinteren Ende angelangt. Vor ihm lag das Grab seiner Mutter. Der junge Mann setzte sich an das Grabende. Er starrte auf den Weißen Marmorstein. Ileana von Krolock Geb. 16 Juli 1581- 20 März 1760 Jetzt kamen auch die traurigen Erinnerungen an diesen Garten wieder zum Vorschein. Er sah sich und seinen Vater, wie sie seine Mutter zu Grabe trugen. An diesem Tag hatte er sich so einsam gefühlt, dass er daran fast zerbrochen wäre. Sein Vater hatte sich die ersten Tage nach ihrem Tod entweder in seinen Gemächern oder in seinem Sarg eingeschlossen. Diese Zeit war das pure Grauen gewesen. Mit niemandem hatte er reden können. Bei niemandem hatte er sich ausweinen können. An einem dieser Tage hatte er wieder die ganze Zeit wach gelegen. Die Erinnerungen ließen ihn keine Ruhe finden. Plötzlich hatte sich sein Sargdeckel geöffnet und sein Vater kam blitzschnell zu ihm in den Sarg gekrabbelt. Auch er konnte keine Ruhe finden. Er hatte ihn fest an sich gedrückt und nicht mehr losgelassen. Es war das einzige Mal dass er seinen Vater hatte weinen sehen.

Jetzt fühlte sich der Grafensohn wieder so alleine. Von seinem Vater vor den Kopf gestoßen und alleine gelassen. Herbert erschrak, als jemand ihm einen Mantel um die Schultern legte. Alfred setzte sich neben ihn. Er war seinem Kumpel in den Garten gefolgt, als er ihn von einem Fenster aus erspäht hatte. Lange sagte keiner der jungen Männer etwas. Alfred sah sich den Grabstein an. Jetzt verstand er. Das Kleid, welches Sarah vom Grafen bekommen hatte, war von seiner Mutter. Er sah Herbert an, dessen eine Wange einen roten Handabdruck aufwies und wo stetig Tränen herunter rollten. Er rang kurz mit sich, und nahm seinen adeligen Freund dann in den Arm. Herbert schluchzte noch zwei drei Mal vor sich hin, wischte sich dann jedoch die Tränen aus dem Gesicht. Alfred lächelte ihn aufmunternd. „Erzähl mir von deiner Mutter."Herbert sah ihn an. Noch nie hatte er mit jemandem über seine Mutter gesprochen. Keiner seiner Liebhaber oder Freunde hatten ihn je danach gefragt.

„Sie war eine wunderbare, großherzige Frau. Und ihre Schönheit machte sie noch einzigartiger."Herbert sah ihn an. Er überlegte kurz. Wenn sein Vater ihn erwischen würde..... Ach, das war ihm jetzt auch egal. „Komm mit. Ich zeige sie dir."Er nahm Alfred bei der Hand. So gingen beide zurück zum Schloss. Dort angekommen rief er nach Kuokol

Der Diener war in der Bibliothek, wo er den Kamin anfeuerte. „Wo ist mein Vater?"„Kaaminnsimer." keuchte der Buckelige. Herbert, der Alfred noch immer an der Hand hatte, ging zum Kaminzimmer um sich davon zu überzeugen. Der Graf saß in einem Sessel vor dem Feuer. Man konnte förmlich fühlen wie wütend er war. Sarah saß in einem Sessel ihm gegenüber. Vorsichtig warf die junge Frau ihm über den Rand ihres Buches ängstliche Blicke zu. Als der Graf die ängstlichen Blicke seiner Geliebten bemerkte, lächelte er. „Setz dich zu mir, mein Engel."

Herbert hatte genug gesehen. Sein Vater würde erst ein mal beschäftigt sein. Er und Alfred gingen in das Oberste Stockwerk. Noch ein letztes Mal aufhorchend, betrat Herbert die Zimmer seines Vaters. Alfred folgte ihm vorsichtig. Nachdem Herbert die Türen hinter sich und dem jungen Wissenschaftler verschlossen hatte, ging er weiter in das Schlafzimmer. Alfred bekam große Augen, als er den prächtigen Raum sah. Die Krolocks mussten noch reicher sein als er gedacht hatte. Herbert zog ihn vor das große Ölgemälde an der linken Seite des Raumes. Es nahm fast die gesamte Wand ein. Der Grafensohn setzte sich auf den Teppich, vor das Himmelbett, wo er sich anlehnte. Alfred tat es ihm gleich. „Das ist sie. Ileana, meine Mutter"Alfred starrte das Bild an. Herbert hatte nicht übertrieben. Sie war eine Schönheit. Die langen schwarzen Haare gingen der jungen Frau bis zur Hüfte. Sie hatte sanfte, aristokratische Gesichtszüge. Sie war klein und wirkte fast ein wenig zerbrechlich. „Sie ist wirklich wunderschön."gestand Alfred. Erst jetzt sah er sich den Rest das Bildes an. Auch der Graf war ein hübscher junger Mann. Seine ebenfalls schwarzen Haare waren zu einem Zopf zusammen gebunden. Er wirkte auch auf diesem Bild, trotz seiner Jugend, mächtig. An seinen Gesichtszügen hatte sich kam etwas verändert. Sie waren streng, und doch auf eine ganz eigene Art weich. Nun musterte Alfred den kleinen Herbert. Dafür gab es nur einen Ausdruck: Süß!

Der kleine Junge auf dem Arm seiner Mutter hatte Hamsterbäckchen und hochrote Wangen. Seine Augen waren weit aufgerissen. Lachend zeigte er all seine Zähne, wo vorne jedoch einer fehlte. „Wie alt bist du auf diesem Bild?"„Das war drei Tage nach meinem sechsten Geburtstag."„Und wie alt warst du, als du gebissen wurdest?" „20. Mein Vater wurde schon drei Jahre vorher gebissen. Er war aber der Ansicht dass ich noch nicht alt genug sei. Also wartete er, bis er Mutter und mir den Kuss des Ewigen Lebens gab."Alfred sah erneut auf das Bild. Der Graf und seine Frau waren beide wirklich hübsch. Nun sah er Herbert an. Alfred stellte mit Bestürzung fest, dass es das erste Mal war, dass er Herbert so genau musterte. Herbert sah seiner Mutter sehr ähnlich. Auch er hatte diese weichen aristokratischen Gesichtszüge. Alfred musste sich eingestehen dass Herbert sehr hübsch war und ihm gut gefiel. Aber was tat er hier eigentlich?!

„Du, Herbi. Wie ist deine Mutter gestorben?"„Ich sollte dir nicht erzählen wie sie gestorben ist. Sondern wie sie gelebt hat." sagte Herbert lächelnd. Alfred merkte das die Erinnerungen an seine Mutter Herbert glücklich machten. „Sie war eine wunderbare Frau. Voller Leben. Jede Sekunde mit ihr war etwas besonderes. Wenn sie gelacht hat, lebte alles um sie herum auf." Alfred konnte sich das bestens vorstellen. Dennoch interessierte es ihn wie sie gestorben war. Herbert merkte das. „Vampirjäger erwischten sie, als sie ins Dorf ging um dort zu speisen. Es war eine Falle. Vater hat zu spät davon erfahren. Er brachte nur ihre Leiche zurück."Sagte Herbert knapp.

Dann nahm er Alfred wieder bei der Hand. „Es ist besser wenn wir jetzt gehen. Wenn Papa uns hier erwisch, sind wir geliefert."

Die beiden jungen Männer verbrachten die restliche Nacht in den Stallungen. Kurz vor Sonnenaufgang verschwanden sie in ihren Särgen. Herbert lag jedoch noch ein ganze Weile lang wach. Er grübelte über das Geschehen der vergangenen Nacht. Was hatte Alfred noch letzte Nacht gesagt? Es wird sich bestimmt nichts ändern...? Na von wegen! Herbert schlief erst gegen Mittag ein.