Papierkram: Mir gehört „Harry Potter" nicht, die Rumtreiber gehören mir auch nicht, der böse, böse Voldemort gehört mir nicht... Also, wie unsere US-Nachbarn das so formvollendet formulieren, „no change there".
Ich bedanke mich mit ein paar kräftigen virtuellen Knuddlern bei meinen Reviewern, freue mich insbesondere über die neuen Gesichter und gehe erneut auf die Knie, um um mehr davon zu bitten. :-) Es ist ganz erstaunlich, was Reviews für meine Kreativität tun... ;-) Und nun geht's weiter, mit hoffentlich weniger Schachtelsätzen als vorher und dafür mit mehr Remus...
Mors Ante Infamiam
Eine Geschichte der vergessenen Helden
Mai 1979. Das Angebot des Dunklen Lords.
„Lester Dellerey tritt diesen Monat ihren wohlverdienten Ruhestand an; die Zentrale verzeichnet somit 35 Auroren. PS: Ja, das heißt, sie ist endgültig zu verrückt für den Job geworden, herzlichen Dank." - Amelia Bones, Memo an Bartemius Crouch.
Ein lautes Knallen kündigte eine Ankunft an. Dann polterten Schritte die Treppe hinauf, ein Schlüssel drehte sich im Schloss der Tür von Appartement 102, und Kingsley Shacklebolt trat in seine kleine Wohnung.
Nachdem ein Winken seines Zauberstabs die Kerzenleuchter entzündet hatte, blieb er einen Moment stehen und sah sich in seinem sorgsam aufgeräumten Heim um. Dann trat er unvermittelt so gewaltsam gegen seinen Wandschrank, dass die Hexe aus dem unteren Stock empört aufschrie.
Stöhnend ließ er sich in einen Sessel fallen, versenkte das Gesicht in den Händen und wollte den Tag einfach vergessen. Aber so gnädig war das Schicksal nie, nicht wahr? Es verdammte den Menschen, die eigenen Fehler immer und immer wieder zu durchleben, damit man sich erneut dabei zusehen konnte, wie man bewies, dass man mit der eigenen Verantwortung nicht fertig wurde.
Kingsley erinnerte sich daran, wie er Chang vor dem Einsatz eingebläut hatte, sich im Hintergrund zu halten, hinter ihm zu bleiben. Er erinnerte sich daran, wie sie nach Aberdeen apparierten, und die Todesser bei ihrem widerlichen Blutritual unterbrachen. Er erinnerte sich an Bruchstücke des Kampfes, und an blitzende Flüche, und an wütende Schreie. Einsätze wie dieser gingen immer so schnell, dass er sie ein paar Stunden später kaum noch zusammenbekam, was vermutlich der Grund war, aus dem das Protokoll ein Debriefing unmittelbar nach dem Einsatz vorsah.
Kingsley stöhnte erneut, diesmal laut auf. Chang war ein bezauberndes Mädchen gewesen, hatte oft gelacht, hätte eine bodenständige Aurorin sein können, hätte sie die Gelegenheit dazu bekommen... Und Moody hatte ihn gefragt, ob er für die Verantwortung bereit war, oder nicht? Sicher, und er hatte mit aller Selbstverständlichkeit gelächelt und die Mentorenschaft akzeptiert, stolz, ein Stückchen weiter in der Kommandokette aufzusteigen. Verflucht sei die Verantwortung...
Brütend lehnte er sich zurück, starrte ins Leere. Eigentlich sollte er nach dem langen Tag zu müde sein, um noch lange Gedanken wälzen zu können, aber er musste einfach darüber nachdenken, musste herausfinden, ob es einen Weg gegeben hätte, das Dilemma zu vermeiden. Den ganzen Tag über hatte er keinen gefunden, und sowohl Benjys, als auch Caradocs Urteil war zu seinen Gunsten ausgefallen, aber trotzdem musste es doch sicherlich irgendetwas gegeben haben, was er hätte machen können...
Gott, Kingsley hatte nie geahnt, wie sehr er das hassen würde. Als er selbst ein Auror wurde, vor nicht mal sechs Jahren, hatte er geglaubt, die Angst würde das Schlimmste sein, die Angst jeden Tag, von einem Fluch in den Rücken getroffen zu werden und zu sterben. Kingsleys Eltern befanden sich nicht in Gefahr, seine Freunde konnten gut für sich selbst sorgen, also hatte er nie einen zweiten Gedanken daran verschwendet. Womit er nicht gerechnet hatte, war, dass ihn die Angst jagen würde, dass ein anderer in den Rücken getroffen wurde, während er daneben stand und nichts tun konnte. Und jetzt hatte er seine Rekrutin verloren...
Die Minuten vergingen.
Kingsley wusste, er sollte schlafen. Früh für den nächsten Tag war er für Meadowes mit einer Undercoversache eingeteilt, dann wollte Bones unbedingt diesen Nachbericht - und was in aller Welt soll ich schreiben? - und am Nachmittag assistierte er im Training der Erstklässler. Zwischen Abend und Schicht lag nur eine Nacht, und in sechs Stunden musste er schon aufstehen. Wirklich, er sollte schlafen. Er hatte so eine Ahnung, dass er den Rest der Nacht wach liegen würde.
Wenigstens blieb ihm noch ein halbes Jahr, bis ihn der nächste Rekrut erwartete. Er könnte natürlich ablehnen, noch hatten sie genug andere Auroren, aber er würde sich auch nicht ewig davor drücken können. Mentorenschaften waren Teil seines Berufs. Irgendwann würde Benjy ihn einfach einkreisen, bis er nachgab. Er konnte davor nicht weglaufen, und ohnehin sträubte sich in Kingsley alles gegen die Vorstellung, wegzulaufen.
Und wieder kehrten seine Gedanken zu dem vermasselten Einsatz zurück. Chang hätte nicht sterben dürfen. Es war seine Pflicht gewesen, sie zu beschützen, und dann hatte ihn der verdammte Folterfluch erwischt, der jetzt noch alles in ihm zittern ließ und seine Stimmung sicher nicht verbesserte, und er hatte einfach nicht mehr nach ihr sehen können. Und dann hatte er gedacht, sie sei schon tot... Oder zumindest hatte er nicht damit gerechnet, dass jemand Verwundete angriff. Auf jeden Fall hätte er damit rechnen müssen, dass Todessern grundsätzlich alles zugetraut werden musste...
Das Schellen der Muggelklingel riss ihn aus der Grübelei.
Misstrauisch sah der Auror auf, während seine Hand in die Roben wanderte und den Zauberstab zog. Todesser klingelten nicht, oder? Er erwartete mit Sicherheit keinen Besuch.
Angespannt glitt er aus seinem Sessel, ohne die Tür aus den Augen zu lassen. In Zeiten wie diesen konnte man nicht vorsichtig genug sein, und sie hatten so viele Kollegen verloren, die nicht etwa im Feld standen, sondern nachts friedlich in ihren Betten lagen... Und Kingsley machte sich keine Illusionen, dass es ihn nicht retten würde, in einem Haus zu leben, in dem hauptsächlich Muggel wohnten.
Er war nie dazu gekommen, einen dieser lustigen Türspione anzubringen, und selbst für Auroren gab es keine Möglichkeit festzustellen, wer sich auf der anderen Seite befand, ohne sich selbst zu verraten...
„Shacklebolt! Lässt du mich jetzt endlich rein oder muss ich mir erst die Eier abfrieren!"
Kingsley verdrehte die Augen zur Decke, halb amüsiert, halb erleichtert. Kopfschüttelnd über seine eigene Paranoia - es war ein langer Tag gewesen - überbrückte er die drei Schritte von Sessel zu Tür und tippte sie mit dem Zauberstab an, um die unterschiedlichen Schutzzauber zu deaktivieren. Als er sie endlich öffnete, sah ihm Gideon Prewett mit erhobenen Augenbrauen entgegen. In der Hand hielt er eine Literflasche Fizzys Feuerwhiskey.
„Gideon", stellte er mit seiner tiefen Stimme langsam fest, um seiner Überraschung Ausdruck zu verleihen, und der ältere Auror grinste breit, während er sich fröhlich an ihm vorbei seinen Weg in die Wohnung bahnte und interessiert umsah.
„Wie immer zur Stelle, um meinen Kollegen den Tag - äh, die Nacht zu erleichtern." Schwungvoll stellte der Rotschopf den Whiskey auf einem Beistelltisch ab und sah sich um, bis er die Küchennische entdeckte. Erst jetzt dachte Kingsley daran, die Tür zu schließen, während Gideon ein paar Schränke öffnete, offenbar bereits auf der Suche nach Gläsern. „Du weißt ja, wie das ist - Fenwick überreden, mit der lieblichen Wendy auszugehen, ein guter Trank gegen Geschlechtskrankheiten für McKinnon, wenn er sich nicht zu seiner Schwester traut, ein paar frische Socken für Moody, weil er die Zentrale wieder für eine Woche nicht verlassen hat und langsam muffelt..."
„Prewett", sagte Kingsley warnend und brachte den Auror dazu, innezuhalten und ihn mit einem unschuldigen, fragenden Blick zu bedenken. Er verschränkte die Arme vor der Brust. „Prewett, das ist nicht lustig."
„Ach weißt du, eigentlich... Okay, du hast recht." Prewett schnitt eine Grimasse und stellte die beiden Gläser ab, bevor er den Kopf schüttelte, Kingsley packte und in Richtung seines Sessels drängte. „Es ist nicht lustig, okay? Ich dachte mir, ich seh' einfach mal nach, wie es dir geht. Scheiß Gefühl, nicht wahr?"
Kingsley sah ihn einen Augenblick lang nur an, suchte. Der andere hatte sich jetzt selbst auf einem Stuhl niedergelassen und erwiderte den Blick ungewöhnlich ernst. Schließlich nickte der jüngere Auror seufzend. „Ich frage mich die ganze Zeit, was ich hätte anders machen können..."
„Nichts, wenn man Caradoc glaubt, und der muss es wissen. Verliert selten einen Rekruten, dieser Dearborn, vermutlich, weil er nie einen hat..." Er unterbrach sich. Es war selbst hier und jetzt beinahe amüsant - offensichtlich fiel es Gideon selbst in Abwesenheit seines Zwillingsbruders schwer, auch nur eine Minute lang keinen Unsinn zu reden. Kingsley hatte schon lange entschieden, ‚Gideon Prewett' und ‚Gideons Zunge' als zwei unterschiedliche, verfeindete Entitäten zu betrachten. „Schau, Kingsley. Wir verlieren ständig Rekruten. Ein Krieg ist nie eine gute Zeit, um Auror zu werden..." - Kingsley schnaubte - „Na, Tatsache. Letztes Jahr haben es von zwölf nur sechs durch die Ausbildung geschafft."
„Corner hat aber überlebt, oder nicht?", erwiderte Kingsley leise und erinnerte sich daran, dass der athletische Ire vor erst so kurzer Zeit Gideon und Fabians Rekrut gewesen war (sie teilten stets einen; Bones konnte wenig dagegen tun).
Gideon zuckte mit den Schultern; dichtes rotes Haar fiel ihm ins Gesicht. „Hat er. Und ich denke, Simon überlebt auch. Hat gerade Nachtschicht mit Fabian, der arme Kerl. Aber sicher kann man nie sein. Manchmal sterben sie, und manchmal nicht." Er hatte die Flasche geöffnet, während er sprach, und goss jetzt großzügige Schüsse in die Gläser. „Fabian und ich haben unsere ersten vier Rekruten alle im Mentorenjahr verloren, und von den bisherigen sieben leben nur noch zwei.", bemerkte er etwas leiser.
„Wirklich?" Kingsley sah auf, suchte sein Gesicht ab.
„Wirklich. Es ist ein scheiß Glücksspiel. Und darauf" Der Auror schob ohne Umstände das vollere Glas in Kingsleys Richtung. „trinken wir jetzt. Auf das scheiß Glücksspiel." Er grinste kurz. „Was du jetzt brauchst, sind nichts als zwei oder drei Gläser vom alten Fizzy, aber dafür bin ich ja schließlich da, nicht wahr?"
Schließlich stahl sich doch ein Grinsen auf Kingsleys Lippen; plötzlich war er Gideon sehr dankbar. „Allzeit bereit, Mama.", stimmte er zu, und sie stießen lachend an.
Remus Lupin wusste selbst, dass man nicht nachts in einer Zauberergegend durch verlassene Gassen spazierte, erst recht nicht, wenn man Remus Lupin hieß und Mitglied im Phönixorden war - und sicherlich würde er es nach diesem einen Mal auch nie wieder tun. Doch wenn sich die eigenen UTZ-Examen (bestanden mit Auszeichnung) gerade zum zweiten Mal jährte und man Minuten zuvor seinen vierten Job verloren hatte, während selbst Peter Karriere im Kesselgewerbe machte... Dann wollte man nichts mehr, als einfach so schnell wie möglich nach Hause kommen.
Eine vermummte Gestalt in schwarzem Kapuzenmantel hielt ihn davon ab.
„Wer sind Sie?", fragte Remus scharf und hob die linke Hand mit dem blau glühenden Licht darin ein wenig höher, damit er den Fremden besser erkennen konnte, der so plötzlich in der Gasse aufgetaucht war. Als er das Licht ein wenig heller aufleuchten ließ, begannen blaue Schatten an den Häuserwänden zu tanzen und erlaubten Blick auf eine hoch gewachsene, männliche Figur, die sich Mühe gegeben hatte, ihr Gesicht gänzlich zu verhüllen.
Dankbar, die rechte Hand frei zu haben, griff Remus nach seinem Zauberstab. Er musste kein Auror sein, um einen Todesser zu erkennen, wenn er ihn sah. Er musste allerdings auch keiner sein, um mit einem einzigen fertig zu werden, also drängte er den plötzlichen Adrenalinstoß gewaltsam zurück. Er hatte gerade seinen Job verloren, Vollmond lag nur zwei Tage zurück (wobei der eine Punkt Ursache des anderen gewesen war), er war hundemüde und bis auf die Knochen genervt. Es hätte definitiv keinen schlechteren Zeitpunkt geben können, um ihn anzugreifen.
„Remus Lupin", stellte der Mann vor ihm mit einer näselnden, herablassenden Stimme fest, die Remus vage vertraut war. „Ich habe dir eine Botschaft zu überbringen."
Der junge Zauberer hob eine Augenbraue. Ein vollständiger Satz hatte gereicht, um sein Gegenüber zu identifizieren. „Reizend. Lucius Malfoy. Soll ich dich gleich verhexen oder lässt du mich durch?"
Er musste sich nicht umsehen, um zu wissen, dass sie völlig alleine und unbeobachtet waren, irgendwo in den labyrinthartigen Seitengassen nahe des Leedser Zaubererforschungs-zentrums, das ihn soeben vor die Tür gesetzt hatte. Andernfalls hätte Malfoy sich nie so blicken lassen. Was auch immer er überhaupt wollte - Remus hatte eigentlich kein Interesse daran, es herauszufinden. Unglücklicherweise fiel ihm jetzt jedoch das Prickeln in seinem Nacken auf - Anti-Apparationsschilde. Das hier war geplant. Wachsam trat er einen Schritt zurück. Wenn sie ihn angreifen wollten, hätten sie nicht nur Malfoy geschickt.
„Du wirst nirgendwo hingehen, Lupin", schnarrte der Todesser. Noch immer gute fünf Meter von ihm entfernt, machte er sich nicht einmal die Mühe, seinen Zauberstab zu heben; er lag lose in seinen Händen, und Remus behielt ihn vorsichtshalber im Auge. „Der Dunkle Lord hat mich geschickt."
Misstrauisch legte Remus seine Stirn in Falten. Er war bereit, das Licht in jedem Moment aufzugeben und sich gänzlich auf eine Runde Verteidigung gegen die Dunklen Künste zu konzentrieren. Vielleicht war das erste Mal für Alastor Moodys und Benjy Fenwicks Tricks in praktischer Anwendung gekommen. „Voldemort?", antwortete er und stellte befriedigt fest, dass Malfoys Hand nervös zuckte, als er den Namen des Dunklen Lords nannte. „Warum sollte Voldemort mir eine Nachricht schicken? Mach dich nicht lächerlich, Malfoy."
„Es macht mir auch nicht gerade Spaß, in dreckigen Gassen heruntergekommenen Zauberern nachzujagen, Lupin." Remus konnte sich förmlich vorstellen, wie sich unter dieser tiefen Kapuze Augenbrauen hoben. Der Mann hätte Snapes Bruder sein können, wenn es um Sarkasmus ging. „Doch wir alle gehorchen, wenn uns der Dunkle Lord befiehlt."
„Muss ja ganz praktisch sein, wenn man selbst kein Gehirn hat", konterte Remus säuerlich. Er schätzte, dass Sirius für diesen Kommentar sehr stolz auf ihn gewesen wäre. Aber Schlagfertigkeit hatte schon immer geholfen, seine Nerven zu beruhigen. Es gab ihm etwas, auf das er sich konzentrieren konnte. „Also gut, Malfoy, raus damit. Was will dein Herr und Meister von mir?"
Es war nicht so, als sei er nicht überrascht - im Gegenteil, die Härte in seiner Stimme half lediglich zu verbergen, was für eine höllische Angst er hatte. Remus hatte viel freie Zeit in den Orden investiert, doch bisher hatte er sich in der Sicherheit gewogen, dass niemand etwas von seiner ‚Nebenbeschäftigung' ahnte, und selbst dann hatte er sich für ein viel zu kleines Licht gehalten, um für den Dunklen Lord selbst von Interesse zu sein.
Was auch immer ihn erwartete, es konnte nicht gut sein.
„Dann hör genau zu, Werwolf." Remus' Augen wurden groß. Sie wissen es. Er hatte nicht gedacht... nicht gewusst... nicht nachgedacht. Snape. Eine andere Möglichkeit konnte es nicht geben, oder? Womit die große Frage einwandfrei bewiesen wäre... Doch der Todesser fuhr fort. „Der Dunkle Lord lässt dich wissen, dass er dir mehr zu bieten hat, als Dumbledore es je könnte. Diene ihm, Werwolf, und er bietet dir Freiheit. Freiheit und die Möglichkeit zu einem Leben, das dem gerecht wird, was du bist. Kein Verstecken mehr, Lupin, wenn du dem Dunklen Lord folgst." Malfoy schnaubte voller Abneigung und machte klar, was er von dem Vorschlag hielt. „Überleg es dir gut. Das Angebot ist einmalig."
Remus starrte ihn an. Einen Augenblick lang konnte er nicht denken - er musste einfach dem Nachhall der Worte lauschen, wie sie an den Häuserwänden verklangen (und abprallten, und zerbrachen), der Worte, die er nur in seinen schönsten Träumen gehört hatte. Es war ein Witz. Es musste ein Witz sein. Es musste ein Witz sein, dass Malfoy gerade versuchte, ihn für die Sache Voldemorts zu rekrutieren (ihn! einen der goldenen Gryffindors!). Vermutlich hatte er wirklich keine Ahnung von seiner Arbeit für den Orden - vermutlich versuchte er es einfach auf gut Glück, weil Dunkle Kreaturen natürlich dem Dunklen Lord folgten... ha!
Überleg es dir gut. Als ob es etwas zu überlegen gäbe... Freiheit bot er ihm also, und ein artgerechtes Leben. Als Remus' Gedanken abrupt wieder ansprangen, hätte er beinahe hysterisch gekichert. Malfoy hatte dieses Wort - ‚artgerecht' - sorgfältig vermieden, aber darauf lief es hinaus, oder nicht? Der Dunkle Lord brachte Werwölfe, Vampire, Gerüchten zufolge selbst Dementoren auf seine Seite, indem er ihnen Freiheit bot... Doch er vergaß dabei die winzige Kleinigkeit, dass gerade für ihn eine Dunkle Kreatur nicht mehr war als ein Tier. Auf Malfoy traf das sicher zu.
Allerdings würde er ein Nein nicht akzeptieren. Remus hätte nicht der brillante Schüler sein müssen, der er gewesen war, um das zu erkennen.
„Ahh... lass mich einen Moment überlegen, ja?", schindete er ein wenig Zeit und sah sich unauffällig nach hinten um, ob sein Weg noch frei war. „Freiheit und Toleranz, hm? Klingt gar nicht schlecht..."
„Versuch keine Spiele mit mir, Werwolf", schnappte Malfoy ungeduldig. Remus sah, wie sich der Griff um seinen Zauberstab festigte. „Gib mir deine Antwort."
Remus schnitt eine Grimasse. Einen Augenblick lang wäre er fast, nur ganz entfernt, versucht gewesen, über das Angebot nachzudenken. Freiheit und Toleranz, Akzeptanz... keine Jobs mehr verlieren, weil Gefolgsleute Voldemorts nicht unter Armut zu leiden hatten... Doch dann blitzten schon Erinnerungen auf, Erinnerungen an Jagden durch den Verbotenen Wald, eine quiekende Ratte, ein spielender Hund... James, der ihm versichernd eine Hand auf die Schulter legte... Freiheit und Toleranz? Habe ich schon, danke.
„Lass mich kurz überlegen..." Er zögerte noch einen Moment länger, sein Gehirn war kurzzeitig leer, doch dann lag der Zauber auf seiner Zunge, nicht im Geringsten anders als im Training mit Benjy Fenwick.
Sein Zauberstab wirbelte so plötzlich auf und richtete sich auf Lucius Malfoy, dass der Todesser nicht einmal Gelegenheit hatte, seinen eigenen zu heben. „Stupor!", rief er, wischen und wutschen, Zweitklässlerzauber, ein Licht blitzte auf.
Das blaue Licht in seiner Hand erlosch. Remus hörte nicht einmal Malfoys wütenden Aufschrei - er fuhr herum und nahm die Beine in die Hand, um zu apparieren, sobald er die Schilde hinter sich ließ.
Der Dunkle Lord machte ihm nie wieder ein ‚Angebot'.
Tbc...
