Papierkram: Mir gehört immer noch nichts. Mir gehört nicht mal der Plot, wenn man bedenkt, dass ich ihn aus Angaben aus den Büchern zusammengefriemelt habe. Traurig, traurig. So werde ich nie reich. Tsk.

Mimim - „Mors Ante Infamiam" bedeutet „Tod über Unehre". Woher das Motto ursprünglich stammt, weiß ich allerdings nicht.

Das folgende Kapitel ist eins von den wichtigeren, entsprechend habe ich lange daran gefeilt (und es enthält wenigstens drei der vier Wünsche von Katharina-B ;-)). Ich hoffe, es gefällt euch. Wie auch immer euer Urteil ausfällt, ich würde es sehr gerne hören. Also bitte ich wieder in alter Tradition um ein Review :-).


Mors Ante Infamiam

Eine Geschichte der vergessenen Helden


August 1979. Nur ein Schloss.

Sie haben 28 Auroren. Ich habe fünf Fluchbrecher. Glauben Sie ernsthaft, dass ich zulassen werde, dass Sie meine Leute im Feld verpulvern? Der Antrag, die Fluchbrecher für weitere zwei Stunden pro Woche der Aurorenzentrale zu überstellen, ist somit abgelehnt." - Anette Martin, Fluchbrecherbüro, in einem Antwortschreiben an Jepedina Potter, Aurorenzentrale.


Von Professor Dumbledores Büro aus hörte man die Schüler nie. Zurzeit befanden sich natürlich keine hier, doch James, der noch nie zuvor in den Ferien in der Schule gewesen war, fand es trotzdem unheimlich still. Einen kurzen Moment grinste er Remus an und fragte sich, ob sein Freund wohl auch an all die Streiche dachte, zu denen eine große, leere Schule einlud, bevor er sich wieder dem kleinen Ordenstreffen zuwandte.

„...Alastor denkt jedenfalls immer noch, dass wir einen Spion in der Zentrale haben, und meiner Meinung nach müssen wir die Überlegung notgedrungen weiter in Betracht ziehen", berichtete Frank Longbottom gerade, und James bewunderte, wie gelassen der Mann mit ihnen hier sitzen konnte, während Alice im Feld war. Er bezweifelte, dass er das könnte, wenn er Lily neben sich ansah. „Es gibt Indizien, die alles und nichts bedeuten können, aber die Mission im Oktober hat schon ihre eigene Sprache gesprochen." Der Auror wirkte unglücklich, wie immer, wenn die Sprache auf Theodore Vances unnötigen Tod kam.

Caradoc Dearborn runzelte die Stirn. „Es kann alles Mögliche gewesen sein. UndAlastor dachte schon, dass wir einen Spion haben, als ich noch ein Frischling war."

„Das heißt aber nicht, dass es jetzt nicht stimmt", warf seine Mutter, James' ehemalige Zaubertränkelehrerin sanft ein. Die alte Dame mit dem schneeweißen Haar hielt sich bei Treffen wie diesen meistens im Hintergrund, aber James hatte keinen Zweifel daran, wie wichtig ihre Arbeit für den Orden war, ein wie kleines Licht er selbst im Phönixorden darstellen mochte.

„Ich kann nicht glauben, dass einer der Auroren uns verraten würde", beharrte Caradoc stur, und Remus hob eine Augenbraue.

„Er wäre nicht der erste. Willst du eine Liste?", fragte er gelassen. James hätte beinahe amüsiert geschnaubt - Remus besaß in letzter Zeit so viele Listen, dass es zum anhaltenden Witz geworden war. Seit er den Job in Leeds verloren hatte, den Lily ihm vermittelt hatte, investierte er wieder vierundzwanzig Stunden pro Tag in den Orden. Nur merkwürdig, wie blass er geworden war, als James ihn nach seinem letzten Tag in Leeds fragte...

Der schwarzhaarige Auror schwieg widerwillig. Man konnte seiner Miene ansehen, dass ihm die Idee noch immer nicht schmeckte.

„Wie auch immer es sein mag", warf Professor Dumbledore schließlich friedlich ein, als klar wurde, dass niemand mehr etwas beizusteuern hatte. „Es sollte offensichtlich sein, dass wir derzeit nicht weiterkommen. Ich vertraue darauf, dass ihr drei" Sein Blick schloss Frank, Caradoc und James, die Ministeriumsangestellten in der Runde ein. „die Sache im Auge behaltet. Kommen wir also zum nächsten Punkt - Lily?"

James sah den warmen Blick, der zwischen der Hexe, die seit einem Jahr seine Ehefrau war, und dem Schulleiter gewechselt wurde, bevor Lily zu sprechen begann. Ihn hatte überrascht festzustellen, wie eng die beiden sich über die Jahre angefreundet hatten. „Ich habe letzte Zeit versucht herauszufinden, ob es einen Weg gibt, das Dunkle Mal aus der Ferne aufzuspüren", erklärte sie den anderen und warf nicht einmal einen Blick auf die langen Pergamentrollen, die sie in die Schule mitgebracht hatte. „Aber ich befürchte, dass es unabsehbar lange dauern könnte, Voldemorts Verhüllungszauber zu brechen... Vielleicht zu lange, als dass der Aufwand lohnt."

„Dieser Zauber könnte sehr nützlich sein", warf Frank lobend ein, und Lily lächelte. „Er könnte uns auf jeden Fall eine Menge Arbeit bei der Suche nach Todessern sparen. Wo liegen die Schwierigkeiten?"

James sah, wie auch die anderen sich interessiert aufsetzten. Da Lily nachts im Bett stundenlang von ihrer Arbeit erzählen konnte - insbesondere, wenn sie festsaß -, hatte ihre Zusammenfassung für ihn nichts Neues zu bieten, und er nutzte die Pause, um sie beim Erklären zu beobachten. Auch Professor Dumbledores wohlwollende Miene hatte ihren Reiz. Und James beobachtete ohnehin gerne.

Die Freundschaft der beiden hatte seiner Einschätzung nach ihren Anfang genommen, als Lily es schaffte, den Schulleiter zu überraschen. Natürlich überraschte Lily täglich alle möglichen Leute, aber in diesem Fall hatte sie sogar James mit unartikulierbarem Stolz erfüllt. Er war nicht dabei gewesen, aber er konnte sich lebhaft den Gesichtsausdruck des alten Mannes vorstellen, als Lily ihn damals zwei Monate nach ihren UTZen aufgesucht hatte (während andere Leute sich um Stellen im Ministerium bewarben, in den Familienbetrieb einstiegen oder tausend andere Karrieren anstrebten) und wohl etwas in der Art sagte wie „Tun Sie nicht so unschuldig, ich weiß genau, dass Sie bis zum Kinn in diesem Krieg stecken. Wo kann ich helfen?"

Der Fluchbrecher musste selbst jetzt noch fast bei der Idee lachen. Lily besaß eine praktische Seite, wie er sie nie hatte entwickeln können. Und er war sicher auch nicht auf den Gedanken gekommen, seine Berufswünsche an Dumbledore zu orientieren. Nachdem der Professor sich gefangen hatte, hatte er Lily - und James und seine Freunde, wo noch nicht geschehen - dem Phönixorden vorgestellt und der Hexe dann eine Arbeit in einem Zaubererforschungszentrum in Leeds besorgt, das zu nicht geringen Anteilen ihm selbst gehörte. Lily tat die meiste Zeit nichts anderes, als für den Orden zu arbeiten, doch im Gegensatz zu den anderen wurde sie dafür bezahlt.

Es dauerte Minuten, bis sie ihren Bericht beendete.

„Faszinierend", bemerkte Avalon Dearborn schließlich. „Ich stelle gerne meine Hilfe zur Verfügung..." - Lily nickte dankend - „aber du hast recht, dass es am Ende verlorene Mühe sein könnte."

„Wir können aufhören, wenn wir feststellen, dass es zu aufwendig wird", erwiderte sie und seufzte. „Schade, dass wir uns nicht einfach einen Todesser aus Askaban leihen können, um das Dunkle Mal zu untersuchen..."

„Leider ist das völlig unmöglich", beantwortete Professor Dumbledore die halbe Frage entschieden. „Wir mögen Mittel dazu haben" Offensichtlich spielte er auf James' Mutter und Alastor Moody an, die beiden Ordensmitglieder mit den höchsten Positionen im Zaubereiministerium. „doch das Risiko, dass die Existenz dieses Ordens allgemein bekannt wird, würde zu sehr steigen."

Remus nickte fest. „Der Orden ist nur nützlich, solange er geheim bleibt. Völlig geheim."

„Richtig... Oh, wir bekommen Besuch", unterbrach sich der Schulleiter überrascht. James wollte nicht wissen, wie er das immer machte - ob er eine Art innere Karte des Rumtreibers im Kopf hatte, oder ob ihm eines der Portraits unbemerkt einen Wink gegeben hatte, oder ob er einfach schon so lange in diesem Büro saß, dass er die richtigen Geräusche interpretieren konnte. Jedenfalls zweifelte niemand sein Urteil an - die Blicke richteten sich selbstverständlich in Richtung der Treppe, und wenige Sekunden später kündigte ein Schaben von Stein auf Stein an, dass sie sich in Bewegung nach oben gesetzt hatte. Interessiert fragte James sich, welches Ordensmitglied sich noch zu ihnen gesellen würde.

Zu seiner Überraschung war es Professor McGonagall, seine ehemalige Hauslehrerin, deren Kopf schließlich im Eingang erschien - er hatte nicht gewusst, dass sie sich zurzeit im Schloss aufhielt. In eine leichte, schottisch gemusterte Sommerrobe gehüllt, verlor sie jedenfalls keine Zeit.

„Albus!", rief sie, sobald sie einen Fuß in den Raum gesetzt hatte, und James bemerkte besorgt, dass sie aufgelöst wirkte. „Etwas sehr Merkwürdiges ist gerade passiert", fuhr sie schwer atmend fort. „Mundungus Fletcher war gerade in meinem Kamin. Er war im Tropfenden Kessel, und er behauptet steif und fest, er hätte zwei Männer in der Nokturngasse belauscht, die darüber geredet haben, dass Hogwarts angegriffen werden soll, und zwar angeblich jetzt."

Alarmiert sah James sie an. Mundungus Fletcher... Woher... Dann fiel es ihm ein: Er hatte einmal einen verhexten Staubsauger entflucht, den die Leute von Missbrauch der Magie konfisziert hatten und der bei einem Einbruchsversuch dieses Fletcher offenbar als Ablenkungsmanöver gedient hatte. Aber das war jetzt nicht wichtig. Wichtig war definitiv der Angriff auf Hogwarts-Teil.

Albus Dumbledore war mittlerweile aufgestanden, und James und Lily warfen sich einen besorgten Blick zu. „Frank?", forderte der Schulleiter den Auror auf. Der ließ nicht lange auf sich warten, nickte knapp und drängte sich an Professor McGonagall vorbei aus dem Raum. „Caradoc?", richtete der Schulleiter seine nächste Frage an den etwas jüngeren Auroren, und auch er wusste sofort, was von ihm verlangt wurde.

„Außer Frank und mir sind heute alle entweder im Feldtraining oder mit Moody drüben in Irland." Zwischen schwarzen Haarsträhnen und rosa Kragenrüschen runzelte sich seine Stirn. „Ich glaube nicht, dass wir viel Verstärkung bekommen, aber ich versuch's." Er setzte sich bereits in Bewegung. „Ich alarmiere auch die Ordenskämpfer!"

„Nein, bleib hier", hielt Dumbledore ihn davon ab, schon nach dem Flohpulver auf dem Kaminsims zu greifen. „Avalon, mach du das." Die alte Lehrerin, die ganz ruhig in ihrem Sessel gewartet hatte, nickte und erhob sich. „Caradoc, ich brauche dich hier."

Einen Augenblick schwieg der alte Schulleiter, um sich zu sammeln, und James sah ihn erwartungsvoll an. Er selbst wartete auf den Adrenalinstoß, der zweifelsohne jeden Moment kommen würde. Ein Angriff auf Hogwarts - das war absurd, oder nicht?

Dumbledore setzte schließlich zum Sprechen an, unterbrach sich aber und sah wieder an Professor McGonagall vorbei in Richtung Eingang. Die Treppe war wieder in Bewegung geraten. Frank war bereits wieder da - er musste wie verrückt gerannt sein, zum nächsten brauchbaren Fenster und wieder zurück. Als er der Treppe zuvorkam und das letzte Stück nach oben sprang, atmete er trotz gestählter Aurorenkondition schwer. „Wer auch immer der Kerl ist, er hat recht", keuchte er schwer. „Sie versammeln sich am andern Ufer vom See, mindestens ein Dutzend, Ihr-wisst-schon-wer ist auch dabei. Gehen gleich in Marsch, nehme ich an."

James atmete tief durch, um die Ruhe nicht zu verlieren - da war er, der Adrenalinstoß. Die anderen wechselten besorgte, ernste oder im Bedarfsfall entsetzte Blicke. Nur Professor Dearborn schien nichts mitzubekommen; sie hatte sich in ihren weißen Roben vorm Kamin niedergelassen, den Kopf hineingesteckt und redete hektisch auf jemanden ein. Auffordernd sah der Fluchbrecher den Schulleiter an. Er hatte keine Ahnung, was Voldemort mitten in den Ferien von der Schule wollen konnte. Außer natürlich... Außer, er will nicht Hogwarts angreifen, sondern Dumbledore selbst. Er wollte auch nicht wissen, was geschehen wäre, wenn der Professor nicht gerade ein Ordenstreffen abgehalten hätte. Und wenn Fletcher sie nicht gewarnt hätte.

Dumbledore jedenfalls verlor keine Zeit mit Fragen, die jetzt und hier nicht beantwortet werden konnten. „Minerva, bitte sorge dafür, dass die Tore verriegelt werden", bat er seine Stellvertreterin in bereits sehr viel ruhigerem Ton, und die Gryffindor-Hauslehrerin, sehr ernst und sehr blass, nickte und verschwand. „Lord Voldemorts einzige Möglichkeit ist ein Angriff über die Zinnen, also müssen sie verteidigt werden. Frank?"

„Machen wir.", erwiderte der Auror knapp. James musste sich daran erinnern, welch ein Glück es war, dass sie alle irgendwann in Hogwarts zur Schule gegangen waren und jeder von ihnen das Schloss besser kannte als sein eigenes Heim.

„Hervorragend. Ich werde die inneren Verteidigungszauber des Schlosses zum Leben erwecken. Sie haben für eine lange Zeit geschlafen..." Er seufzte. „Bitte haltet auf dem üblichen Weg Kontakt."

James nickte automatisch, einfach weil er sah, dass Remus neben ihm es ebenfalls tat - sein Freund wirkte ernster, als er ihn je erlebt hatte. Er war froh, dass er sich endlich in Bewegung setzen konnte. Nie würde er zulassen, dass Hogwarts an Voldemort fiel. Nicht Hogwarts.


Der junge Todesser zitterte, als der Wind erneut seine Roben aufblähte. Neben ihnen lachten seine Begleiter, als sie sich auf einen Wink des Dunklen Lords hin in Bewegung setzten.

Er warf einen Blick auf die noch entfernte Schule. Hogwarts. Gab es etwas zu lachen? Sicher, er hatte noch nie über all das gelacht, und sein Meister schätzte sogar seine Gelassenheit. Doch angesichts seiner alten Schule und dem Wissen, dass Dumbledore sie erwartete, verstummte selbst die sarkastische kleine Stimme in seinem Kopf, die ihn sonst stets erheitern konnte. Der Schulleiter hatte diese Wirkung immer gehabt.

Und doch wurde es unmöglich, den Mut zu verlieren, wenn der größte Mann ihrer Zeit sie anführte. Alles an Lord Voldemort war reine Macht.

Und die Aussicht darauf, die Dunklen Künste anzuwenden, ihre Süße und Wärme zu spüren, vertrieb den letzten Nachgedanken.

Letztendlich war es nur ein Schloss.

Er lächelte schmierig, als er seinen Zauberstab zog und zu den anderen aufschloss.


„Was genau macht Professor Dumbledore?", fragte Remus, während er unruhig neben Frank auf dem Astronomieturm in Stellung ging. Er brauchte etwas, um sich abzulenken, während sie auf das Dutzend Gestalten warteten, das langsam über die Gründe von Hogwarts schritt. Er hatte schon Ordenseinsätze erlebt, bei denen Lord Voldemort selbst erschienen war - doch noch nie hatte er einen so langen und ausführlichen Blick auf die dürre, gefährliche Gestalt in den flatternden Roben werfen können, und er hätte gerne darauf verzichtet.

„Er aktiviert die stärksten Verteidigungszauber von Hogwarts", erwiderte Frank ruhig. Auch er behielt die Gestalten im Auge - die noch zu weit entfernt waren, als dass ein Fluch sie hätte treffen können -, überprüfte aber gleichzeitig seinen Zauberstab. Remus hatte das bereits getan, doch ihm war früher schon aufgefallen, dass Auroren jede freie Minute damit verbrachten. Selbst Sirius hatte nach dem ersten Monat seines Trainings damit angefangen - er wollte nicht wissen, was sie mit den Rekruten machten.

„Die meisten Zauber der Schule sind immer aktiv", fuhr der Auror mit seiner gelassenen Stimme fort, die das Erklären gewohnt war. „Aber manche von ihnen ruhen, bis der Schulleiter sie erweckt - sie sind so mächtig, dass sie den Schulbetrieb unmöglich machen würden. Voldemort wird keinen Fuß in dieses Schloss setzen können, sobald sie alle arbeiten."

„Also besteht keine Gefahr", schloss der jüngere Mann überrascht, warf seinem Begleiter einen Seitenblick zu. Er wusste, warum Frank ihn neben sich selbst positioniert hatte - er und Lily besaßen unter den Anwesenden am wenigsten Kampferfahrung. Er konnte James' Augenweide von hieraus nicht sehen; Frank hatte sie mit James auf die vorderen Zinnen geschickt, und der Blick wurde von einem der niedrigeren Erker verdeckt.

„Ich wünschte, es wäre so einfach", erwiderte Longbottom düster. „Ich habe nicht die geringste Ahnung, was genau Albus da drin macht oder wie lange es dauern wird - das ist mächtige Magie. Wir müssen ihm Zeit geben. Wenn heute jemand Voldemort zurückschlägt, wird er es sein."

Also läuft es wieder auf Zeit hinaus. Remus schauderte. Die kleine Gestalt dort unten wirkte selbst aus der Ferne bedrohlich.

Er zweifelte nicht daran, dass Voldemort die Schule nicht angreifen würde, wenn er nicht glaubte, dass er ihre Schutzzauber überwinden könnte. Er mochte nicht mit ihrem spontanen Ordenstreffen gerechnet haben - doch er hatte das unbehagliche Gefühl, dass sie und Voldemorts Todesser in diesem Kampf nur Beiwerk sein würden. Nichts als Beiwerk.

Zeit kaufen, bis Dumbledore sich Voldemort stellt. Remus umfasste seinen Zauberstab fester, während die Todesser, in der Sicherheit der Entfernung, den See hinter sich ließen und die Peitschende Weide in sicherem Abstand passierten.

„Halt dich bereit. Gleich sind sie in Reichweite...", sagte Frank neben ihm dann und hob seinen Zauberstab. Remus atmete tief durch, um sein klopfendes Herz zu beruhigen, und ließ den Blick über die Gestalten schweifen, um sich ein erstes Ziel zu suchen.

Plötzlich blinzelte er - diese elegante Verstohlenheit im Gang des äußersten Todessers hätte er überall erkannt, und sie ließ ihn eine Sekunde lang starren. Er hätte nie gedacht, dass er Severus Snape ausgerechnet unter diesen Umständen wieder sehen würde, auch wenn er spätestens seit dem (totgeschwiegenen... er wollte kein Mitleid) Vorfall in Leeds gewusst hatte, auf welcher Seite er stand...

Jetzt.", sagte Frank neben ihm fest. Er hatte früh genug gesprochen, um keine Eile zu haben. Sorgfältig korrigierte er seine Zauberstabhand. „Incendio!"

Remus verlor keine Zeit - Sekunden später prallte sein Stoßzauber auf den Schild des nächsten Todessers. Dann flogen weitere Zauber von den Zinnen, wurden von Todessern beantwortet. Der Kampf hatte begonnen.


Von irgendwo war plötzlich Benjy Fenwick aufgetaucht. Der blonde Aurorenausbilder rannte wie vom Teufel selbst gejagt eine der schmalen Treppen hoch, in Zivilrobe, an Lily vorbei und den Schlosswall hinauf, um eine Lücke zwischen Dearborn und Professor McGonagall zu schließen.

Ist das unsere ganze Verstärkung, schoss es der Irin entsetzt durch den Kopf. Ist Benjy Fenwick alles, was die AMS uns schicken kann?

„Vorsicht, Lily!", riss Caradocs Stimme sie plötzlich aus den abgelenkten Gedanken, und sie reagierte instinktiv, duckte sich hinter die Zinne, noch bevor James sie beiseite stoßen konnte - sie landeten beide am Boden. Ein roter Blitz schoss über sie hinweg, kollidierte mit der Schlossmauer hinter ihnen und ließ Stein und Geröll auf die Verteidiger niederprasseln.

Auf James' fragend besorgten Blick hatte sie nur ein Nicken, und dann richtete sie sich mit zusammengebissenen Zähnen auf. Sie würde sich nicht noch einmal ablenken lassen, schwor sie, bevor sie den Zauberstab knallen ließ und grimmig einen Busch auf einen der Todesser hetzte. Sie rangen einen Moment lang, und von irgendwo schoss ein gelber Lichtstrahl auf den Mann hinab, doch er wurde von einem funkelnden Schild geblockt, das plötzlich in der Luft erschien und wieder verschwand; ein Wischen des Zauberstabs von Voldemort ließ den Busch erstarren, und der Dunkle Lord auf dem Boden unter ihnen lachte nur erheitert.

Lily ließ Flüche folgen, brachte weitere Tricks ihrer Zauberkunst ein, die sie so sicher beherrschte, und nahm nur im Augenwinkel wahr, wie James neben ihr in Bewegung blieb, blockte und fluchte. Sie hatte ihn jahrelang beim Quidditch gesehen, jedoch nie geahnt, dass er so schnell sein konnte, und wie viel er aus den Einsätzen in der Zentrale gelernt hatte. Noch schneller jedoch waren die Auroren: Sie musste Longbottom und Remus auf ihrer erhöhten Position vom Astronomieturm nicht sehen können um zu wissen, dass der beinahe konstante Strom aus Funken und Licht nicht von ihrem alten Freund stammen konnte. Remus' Zauber kamen gut gezielt, mächtig und trafen fast immer, doch Longbottom, Dearborn und Fenwick waren wie Blitze in einem Sturm. Alles ging so schnell, dass es ihren Kopf wirbeln ließ.

Die Todesser waren schon längst erschreckend nah. Die Irin sah einen von ihnen unter seiner Kapuze grinsen, als er zu ihr herumfuhr und einen Fluch auf sie schleuderte, den sie nicht kannte, aber der so dunkel war, dass er die Luft Schlieren ziehen ließ. Ihr Protego blockte ihn; dann blitzte grünes Licht vom Astronomieturm, und der Mann ging geräuschlos zu Boden. Entsetzt starrte Lily eine Sekunde auf ihn hinab, bevor sie sich fangen konnte - Frank hatte den Todesfluch beschworen! Und das tat er nie - nicht vor dem berüchtigten dritten Mal jedenfalls...

Ihr Schildzauber begann jetzt zu bröckeln. Wütend erneuerte sie ihn, und als James unter der Wucht des Beschusses zurücktaumelte, musste sie ihm folgen, ob sie wollte oder nicht, um sich nicht selbst zum Ziel zu machen. Auch die anderen zogen sich langsam zurück. Lily schluckte; sie musste keine Eingreifhexe sein um zu wissen, dass sie nicht mehr lange standhalten würden, wenn nicht bald etwas geschah.

Wo bleibt Albus, verdammt? Lily kannte die Schutzzauber im Inneren des Schlosses, besser vielleicht als so mancher anderer; Neugierde hatte sie getrieben, den Schulleiter einfach danach zu fragen, und sein Vertrauen hatte sie mit warmen Stolz erfüllt, als er sie in einige der Geheimnisse von Hogwarts einweihte. Sie konnte ihn fast vor sich sehen, wie er jetzt das Herz des Schlosses durchschritt, um uralte, antike Magie zum Leben zu erwecken.

Wieder musste sie einen neuen Schildzauber sprechen; neben ihr tat James es ihr gleich - sie sah ihn einen Moment um die Überhand ringen, als ein Splitterfluch vor ihm auf Luft prallte, doch dann lenkte er ihn sicher nach rechts weg, und keiner ihrer Kameraden war nahe genug um getroffen zu werden, als er in uraltem Hogwarts-Gestein explodierte.

Zauberei knisterte in der Luft, dunkle, helle, antike Zauberei, so dicht, dass sie nicht seinen Ursprung ausmachen konnte. Hogwarts bebte jetzt vor Magie; die Schule erwachte zum Leben, bereit sich seinen Angreifern zu stellen. Die Gründer hatten die beste aller Verteidigungen erschaffen, indem sie ein Schloss bauten, das nicht fallen wollte.

Und doch, etwas fehlte noch - Lily spürte es tief unter ihrer kribbelnden Haut. Etwas fehlte, und wenn Albus nicht bald...

Dunkle Zauberei kollidierte mit ihrem Schild. Sie keuchte, als der fremde Fluch ausbrannte, gefressen von ihrem Protego, doch sie spürte, wie sie die Kraft langsam verließ, als hätte er auch ein Stückchen ihrer eigenen magischen Kraft ausgebrannt.

Lange würde sie nicht mehr aushalten, wenn sich nicht bald etwas änderte... wenn nicht bald etwas geschah. Hektisch warf die Irin Blicke nach beiden Seiten und sah, dass McGonagall am entfernten Ende der Zinnen bis an die Mauer zurückgewichen war, dass selbst Dearborn und Fenwick ihre Kräfte auf ihren geteilten Schild richteten. Niemand griff mehr an außer Frank und Remus, die sich in der überlegensten aller Positionen befanden, sie alle konzentrierten sich nur noch auf die Verteidigung.

Wind kam auf; es wurde kalt. Früher hätte Lily es nicht für möglich gehalten, dass eine Attacke über die physischen Verteidigungswälle des Schlosses hinweg überhaupt erfolgreich sein konnte; nun wusste sie es besser. Keiner der so weit entfernten Bäume zitterte in diesem Wind, der sich auf nichts als die Zinnen konzentrierte, und sie wusste genau, woher er stammte. Was blieb, war nur die Frage, wo Voldemort...

Etwas Schwarzes erhob sich über die Zinnen; schwarzer Stoff wirbelte wild in der Luft, als liege er in Fetzen, doch ein arroganter Zauber hielt die Kapuze, die sein Gesicht nur halb verdeckte, eisig ruhig. Dürre Dementorenhände lagen ausgestreckt balancierend in der Luft. Lily starrte, fühlte nicht James' Hand auf ihrer Schulter, als er sie energisch zurückdrängte.

Füße kamen lautlos auf dem verwitterten Steinboden auf, und da wanderten rote, kleine Augen die Zinnen hinauf und hinab, bis sie an ihnen hängen blieben. Nichts hielt den Dunklen Lord davon ab, die Schule zu betreten. Nichts als Lily und James zwischen ihm und dem Weg ins Innere.

Der Dunkle Lord grinste. Lange, knochige Finger spielten mit einem Zauberstab, dessen Phönixfeder glomm.

Lily wollte wegrennen - heute kein Gryffindor-Mut, was? Sie konnte an nichts anderes denken als wegzurennen. Es konnte nichts anderes geben, wenn diese Augen sie anstarrten - rote Augen, die bewiesen, dass die Dunklen Künste einen Mann zu etwas anderem als einem Menschen machen konnten... Diese Augen, die nichts als Hass kannten, und die diesen Hass liebten. Sie wusste instinktiv, dass sie für einen Dunklen Lord mit solchen Augen nichts sein konnte als etwas, was man wegwischte.

Doch dann war da wieder James' Hand auf ihrer Schulter, und sie musste nicht die Panik in seinen Augen sehen um zu wissen, dass sie da war, und dann hörte sie ihn gegen den magischen Wind schreien: „Schilde, Lily, Schilde!"

Lily keuchte, als ihr Gehirn beinahe schmerzhaft abrupt zu rasen begann. Schilde! Sie beherrschte mehr als nur den Zweitklässler-Protego... Sie hatte Schildzauber für Albus konstruiert. Doch hier und jetzt? Gegen den Dunklen Lord? Die Arbeit der letzten zwei Jahre fiel ihr wieder ein. Jeder Verteidigungszauber spulte sich abrupt vor ihr ab, und dann die Wechselwirkung ihrer Kombinationen...

James hatte nicht auf sie gewartet - ein blau flackernder Schild baute sich vor ihm auf, und obwohl kaum ein Moment vergangen sein konnte seit diesem Blick, ließ Voldemort ihn gewähren, beinahe interessiert. Und Lily fiel ein Gedanke wieder ein, den sie so kurze Zeit zuvor gedacht hatte - Dementorenhände -, und dieses Mal handelte sie instinktiv.

Der Dunkle Lord hob seinen Zauberstab. Lily war schneller; sie zielte auf James' Schutzzauber. Eine glückliche Erinnerung war angesichts des Meter entfernten Todes nicht schwer zu finden - meine Hochzeit, meine Familie -, und ihr Patronus traf auf den Schild, Sekunden bevor grünrotes Licht aus Voldemorts Zauberstab schoss.

Es ging zu schnell, als dass sie wirklich sehen konnte, was geschehen war - der Nebel, der eigentlich ihr Einhorn formen sollte, drang in den Schild, durchdrang den Schild, der sich ausdehnte, stärkte, wuchs...

Voldemort schrie wütend auf, als sein Zauber davon abprallte, gegen die Mauern von Hogwarts schlug, die Zinnen beben und verstummen ließ. Es war ein hoher, unartikulierter, völlig instinktiver Schrei - der Schrei eine Kinds. Wütende kleine Augen nagelten sich auf sie und James.

Lilys Augen wurden groß.

Der Dunkle Lord hob erneut den Zauberstab. Und dann...

„Tom", sagte eine ruhige Stimme hinter ihnen. Lily fuhr herum, und da stand er, da stand Dumbledore, die Zauberstabhand milde gesenkt. Alte, müde, traurige Augen nahmen sie nicht wahr, lagen ganz auf Voldemort. „Tom, du hättest nicht kommen sollen."

Er krümmte nicht einmal seinen kleinen Finger, doch niemand konnte daran zweifeln, dass ein großer Zauber in Gange kam. Ein Zauber namens Hogwarts.

Das Schloss entlud seinen Zorn.


Weitere Auroren trafen volle fünf Minuten nach Voldemorts Abzug ein; ein Donnerwetter wie von Gott selbst ging an diesem Abend in Jepedinas Büro nieder, nachdem Moody und Bones darin verschwunden war. Die Chefin suchte einen Schuldigen dafür, dass ihr Sohn und ihre Schwiegertochter alleine, so Potter, dem Dunklen Lord gegenüber gestanden hatten, während Moody und Bones sich auf verdammten, überflüssigen Missionen herumtrieben.

An diesem Tag begann auch Potter Moodys Sicherheitsbedenken ernst zu nehmen. Es konnte sein, dass ein Spion, nichts von einem Ordenstreffen ahnend, Voldemort über den besten Zeitpunkt für einen Angriff informiert hatte. Nach diesem Tag jedoch ließen die Indizien, die darauf hinwiesen, plötzlich nach.

Irgendwo in der AMS schauderte ein Mann unbehaglich, dem das Mal auf dem Unterarm brannte, und wurde sehr viel vorsichtiger. Und bald sprach wieder nur noch Moody von einem Spion.

Auch Alice Longbottom hatte zu den Auroren gehört, die aus Dumbledores Kamin stolperten, als der Dunkle Lord längst verschwunden war, und sie hatte Frank von diesem Zeitpunkt an wie eine Mutterhenne umsorgt.

„Wir hatten das dreimal, Alice", hatte der Auror irgendwann irritiert gefaucht, als seine Kollegen schon zu grinsen begannen. „Dagegen war das hier wie ein Sonntagsspaziergang am See!"

Das allerdings war ein Kommentar, den Lily nicht im Geringsten nachvollziehen konnte, die frei heraus zugab, in ihrem Leben noch nie so viel Angst gehabt zu haben. Doch wie wenig ahnte sie, dass diese Konfrontation mit Lord Voldemort für sie und James nicht die einzige bleiben würde. Und wie wenig ahnte sie, dass diese sich in der Tat als die harmloseste entpuppen würde...

Lily und James Potter hatten die Aufmerksamkeit des Dunklen Lords geweckt. Seinen Zorn geweckt.

Er kannte sie jetzt.


Tbc...