Papierkram: Harry Potter gehört mir nicht (er kommt eh noch nicht vor), das dazugehörige Universum gehört mir auch nicht. Der Engel über dem Apparationsbereich gehört mir. Nur um das klarzustellen.
Wieder vielen lieben Dank für eure Reviews :-). Da es euch bisher zu gefallen scheint, mache ich einfach weiter wie gehabt. Ich brauch das sowieso für mein Ego. Wenn ihr keine Reviews schreibt, verkrümmel ich mich immer in eine Ecke und mach alles Mögliche, nur nicht schreiben. Ihr wurdet gewarnt :gg:. Und jetzt habt Spaß mit Sirius, Altair und den Longbottoms...
Mors Ante Infamiam
Eine Geschichte der vergessenen Helden
November 1979. Ideal und Wirklichkeit.
„Verwegenes Grinsen und dunkelbraune Augen unter tomatenrotem Haar - mindestens zwei der 34 AMS-Auroren hat der Krieg noch nicht ihren Charme gekostet: Fabian und Gideon Prewett. Lesen Sie darüber, warum der Preis für das Charmanteste Lächeln in diesem Jahr doppelt vergeben wird." - Sophia Crookage, Hexenwoche.
Weniger als einen Monat nach dem Tag der Mentorenzeremonie starb der erste der neuen Rekruten: der breitschultrige, riesenhafte Carl Spinnet mit dem strahlenden Lächeln. Sirius war nicht dabei gewesen, aber Corday und ihrem Rekruten Clearwater zufolge hätte seinem Schicksal selbst der beste Auror nicht entgehen können. Bei seinem ersten richtigen Einsatz traf ihn der Todesfluch in den Rücken. Das war alles.
Jetzt hatte er das Aurorenbüro abgesucht - verkehrte Welt; niemals zuvor hatte man so viele Ausgaben der Hexenwoche auf Schreibtischen liegen sehen, nicht zu reden so viele breite Grinsen in Aurorengesichtern, außer in denen der Prewetts - und Altair schließlich in einem der Trainingsräume gefunden. Von Dorcas Meadowes war nichts zu sehen. Von Moody glücklicherweise auch nicht.
„Abend", grüßte Sirius, nachdem er sich unter einem quer geschossenen Funkenfluch (der nichts tat, außer auf fiese Weise einen richtigen Fluch zu imitieren) weggeduckt und die Raumkontrolle mit einem Lähmfluch erwischt hatte, woraufhin der Trainingszauber zum Stillstand kam. Altair drehte sich schwer atmend nach ihm um. Sein Gesicht wirkte etwas verquollen. „Seit wann trainierst du mit billigen Fluchimitaten?"
Der hoch gewachsene Rotschopf schnitt eine Grimasse, während er immer noch um Luft rang. „Seit Meadowes keine Lust mehr hat, mich vom Boden aufzukratzen, wenn ich ‚Idiot' alleine trainiere und mich ‚von einem Folterfluch oder Schlimmerem treffen lasse'."
Als er seinem Kollegen ins Gesicht sah, war Sirius plötzlich dankbar, dass Corday das Einfühlungsvermögen besessen und ihn auf die Suche nach Pepples geschickt hatte. Er hatte Jepedina so oft sagen hören, dass der Verlust des ersten Kollegen immer der Schlimmste für Rekruten sei, und der größte Belastungstest für den Mentor. Allerdings war Dorcas Meadowes nicht gerade berüchtigt für ihre Fähigkeiten mit Leuten.
Nicht, dass er darin besser wäre. Das war Remus' Ressort, und Sirius hatte nicht oft Grund dafür gesehen, es ihm streitig zu machen. Aber Altair war ein guter Freund geworden. Als der Rekrut jetzt kurzerhand auf den Boden sank und sich an eine Wand lehnte, wo er mit seinem Zauberstab zu spielen begann, setzte Sirius sich also neben ihm und klopfte ihm auf die Schulter. „Wie geht's dir jetzt?", fragte er und sah den anderen aufmerksam an.
Altair zuckte mit den Schultern. „Ganz gut, nehme ich an. Abreagieren hilft." Er grinste kurz und hob wie zum Beweis seinen Zauberstab. Irgendwie hätte Sirius sich nicht gewundert, wenn er geraucht hätte wie ein heißgelaufener Motorradmotor.
„Corday hat mir erzählt, was passiert ist", fuhr er testweise fort. „Es war nicht deine Schuld oder so, weißt du." Falls es überhaupt das war, was Pepples beschäftigte. Sirius konnte jedenfalls aus eigener Erfahrung beisteuern, wie lange es dauern konnte, die eigenen Gefühle auszusortieren. Er selbst war darin eine Niete.
„Ah, das ist es nicht." Erneut zuckte der Rekrut mit den Schultern. „Es ist nur... Wie schnell man sterben kann. Man geht auf einen Einsatz, und dann ist man tot. Es interessiert nicht mal mehr die anderen Auroren."
„Doch, tut es. Sie halten es nur vom Büro fern." Sirius kam sich etwas merkwürdig vor - als er sich bewusst machte, wie tief er schon im Krieg steckte. Bei den Auroren fing er jetzt erst an, aber mit dem Orden hatte er schon so viel erlebt... Menschen sterben sehen... James' Vater... Kämpfe ausgetragen... Aber für die meisten anderen Rekruten begann es erst jetzt. Für Altair sicherlich.
Pepples schluckte. „Wie kann der Tod Routine werden?", fragte er leise.
Sirius lehnte den Kopf gegen die kühlende Mauer hinter sich und sah an die Decke. „Das wird er nicht", antwortete er nach einem Moment und dachte an Tobias Potter. „Das wird er nie."
Sein Freund schwieg einen Augenblick. „Also müssen wir einfach weitermachen? Und hoffen, dass wir nicht die nächsten sind, die ein Todesfluch trifft?"
„Man bekommt es eh nicht mit, wenn es so weit ist", antwortete Sirius ohne nachzudenken und hätte sich am Liebsten geohrfeigt. Jetzt klang er schon so abgebrüht wie Dorcas Meadowes... Dann schoss ihm eine andere Sache durch den Kopf, und er sprach die Frage dankbar aus. „Wer war es eigentlich?"
„Narzissa Malfoy", brummte Altair düster. „Zumindest sagt Meadowes, dass sie es war. Hab sie nicht erkannt." Ärgerlich hieb er mit seiner Faust gegen den Boden. „Die verdammten Malfoys werden wir nie erwischen, was?"
„Ach, kommt drauf an..." Sirius grinste humorlos. „Nach Askaban bringen wir sie nie, so viel ist sicher. Aber wer weiß, was irgendwann ihren eigenen Rücken trifft."
Ein fieser Ausdruck erschien in Altairs Gesicht. „Du hast recht.", antwortete er überrascht von sich selbst. „Was hältst du von der Erlaubnis für Auroren, Unverzeihliche zu benutzen?"
Sirius hob eine Augenbraue. An sich glaubte er nicht, dass er einen der drei berüchtigten Flüche je einsetzen würde - auch wenn er sich vorstellen konnte, dass der Imperius in bestimmten Duellsituationen ein Vorteil sein könnte. Aber das wollte Pepples jetzt nicht hören. „Angesichts der Malfoys ziemlich viel.", sagte er stattdessen knapp.
„Meine Rede." Altair nickte kräftig. „Lust auf eine Runde Duelltraining?"
„Immer." Sirius erhob sich. Gehe ich jetzt schon beim Trösten zeitsparend vor? fragte er sich plötzlich, und einen Augenblick lang konnte er sich selbst nicht leiden.
Wütend hieb Frank auf den Küchentisch, und Alice starrte mit flammenden Augen zurück. Die Hexenwoche flatterte völlig vergessen zu Boden. Keiner von ihnen beachtete sie jetzt.
Manchmal fragte Alice sich, ob der Krieg sie ihre Ehe gekostet hatte. Manchmal fragte sie sich, ob das Desaster im letzten Jahr, die schlimmsten drei Tage ihres Lebens, sie ihren Ehemann gekostet hatten. Manchmal fragte sie sich, ob ihre Wünsche und Träume noch zählten, in einem Leben, das sie dem Kampf gegen den Dunklen Lord verschrieben hatte. In diesem Moment fragte sie es sich sicherlich.
Ihr Ärger verschwand, wie er gekommen war. Stattdessen brach sie in Tränen aus.
Im Augenwinkel sah sie, wie Frank seufzte und sich schwer auf die Tischplatte lehnte. Er kannte sie gut genug und besaß genug Verstand, um ihr jetzt keinen Trost anzubieten. Wahrscheinlich hätte sie ihn nur wieder angeschrieen, wenn er es gewagt hätte, sie zu berühren. In solchen Momenten spielten ihre Instinkte verrückt. Sie konnte nicht einfach aus dem Feld kommen und sie abschalten.
Vierzehn Jahre Ehe. Die Aurorin musste ihren Mann nicht ansehen, weil sie auch so wusste, dass er sie geduldig beobachtete. Sie beachtete ihn nicht - sie versuchte auch nicht, die Tränen wegzudrängen, sondern ließ ihrem Schluchzen einfach freien Lauf. Alice wusste, dass sie verrückt werden würde, wenn sie nicht ab und zu ihren Gefühlen folgte, und der Gedanke machte sie nur noch unglücklicher.
Doch schließlich ließ der Drang zu schluchzen nach, und die Tränen flossen lautlos, auch wenn sie ebenfalls bald versiegen würden. Vierzehn Jahre Ehe. Neun Jahre Krieg. Einst hatte sie eine Quidditchkarriere aufgegeben, um ihrem Mann in den Aurorenberuf zu folgen. Natürlich hatten sie beide damals nicht geahnt, was sie nur wenige Jahre später erwartete... nicht, dass es einen Unterschied gemacht hätte. Sie hatten geahnt, dass etwas passieren würde, und wenn man fest auf einer Seite stand, spielte keine Rolle, wie groß das Chaos wurde. Aber sie hatte nie geahnt, was der Krieg sie alles kosten würde.
Einst hatte sie einen Topschüler namens Longbottom heiraten und mit ihm eine Familie gründen wollen, ein Haus bauen, all das unsinnige Zeug. Heute hatte sie den Topschüler, der ein Topauror geworden war, und ein Haus, aber keine Familie. Aber das Schlimme war nicht, dass ihre Wünsche sich nicht erfüllt hatten; das Schlimme war, dass sie sie nicht mehr erfüllen wollte.
„Wir müssen das nicht aufgeben, nur weil Krieg herrscht, Alice", hatte Frank argumentiert. Der Gedanke ließ neue Tränen aufsteigen. „Du glaubst, du musst ein Opfer bringen, aber das musst du nicht. Wirklich nicht." Und sie wünschte so sehr, dass es so einfach wäre. Aber sie konnte keine lebenswichtigen Entscheidungen treffen und die Situation dabei vergessen. Sie wollte kein Kind im Krieg aufziehen. Sie wollte nicht, dass ihr Kind ohne einen Vater oder eine Mutter aufwuchs, wenn einer von ihnen starb. Und am wenigsten wollte sie aufgeben, wofür sie kämpfte, weil sie ein Baby versorgen musste. Das wäre, als verriete sie den Orden und die Zentrale, und am meisten noch sich selbst.
„Nach dem Krieg", hatte sie immer wieder gesagt. Jahrelang. „Lass uns bis nach dem Krieg warten." Einst hatte sie gedacht, dass es nicht ewig so weitergehen konnte. Sogar die Muggel kämpften nicht so aussichtslos oder so verbissen, für so lange Zeit. Einst hatte sie gedacht, sie würden irgendwann gewinnen. Am Tag, an dem der Krieg endete, hatte sie sich damals geschworen, würde sie Frank auf den Boden werfen, wo auch immer er gerade stand, und die ungeheuersten Dinge mit ihm anstellen, um sicherzustellen, dass ihr Baby auch wirklich perfekt wurde.
Aber heute gab es kein „Nach dem Krieg" mehr, oder zumindest war die Hoffnung so weit in die Ferne gerückt, dass sie wie nichts als ein Traum erschien. In einem utopischen „Nach dem Krieg" gäbe es keine Verantwortung mehr. Sie könnte die Zentrale verlassen und wissen, dass ihre Abwesenheit nicht den Tod von Kollegen bedeuten würde. Es gab in der AMS niemanden mehr mit größerer Erfahrung als sie und Frank, wenn sie Jepedina und ihre beiden Stellvertreter außen vor ließ. Alice überschätzte sich nicht - aber sie kannte die Fakten. Wenn sie ihre Wünsche erfüllte, würden sie Jepedina eine Aurorin kosten. So wie der Krieg Alice ihr Leben gekostet hatte.
Alice hatte nie hohe Ansprüche an ihr Leben gestellt - Franks herzerwärmendes Lächeln, ihre Freunde und die Menschen im Orden, die sie so sehr liebte, reichten an fast jedem Tag aus, sie in einen Zustand angenehmer Zufriedenheit zu versetzen. Aber an anderen Tagen, und ihr Streit mit Frank hatte diesen zu einem davon werden lassen, sah sie zurück und sah die Lücken, die eigentlich gefüllt hätten werden sollen - die Familie, die sie hatte haben wollen. Und sie lebten glücklich bis an ihr Lebensende. Alice glaubte daran, dass es so etwas geben konnte - aber nicht hier und in Voldemorts ewigem Krieg.
Manchmal fragte sie sich, warum dieser Mann ihnen das überhaupt antat. Es wäre so viel leichter gewesen, hätte er einfach als Zaubereiminister kandidiert.
Und dann hörte sie auf zu weinen. Absurde Gedanken hatten diese Wirkung. Starrte stattdessen an die Wand neben dem Kamin. Es war sehr still - ihre Hauselfe hatte sich vermutlich sicherheitshalber verzogen.
„Wenn wir uns jetzt nicht unsere Wünsche erfüllen, Alice", sagte Frank plötzlich leise. „dann ist es bald zu spät dafür."
„Ich werde nicht die Zentrale im Stich lassen", erwiderte sie stur und überraschte sich selbst damit, wie heiser und verklebt die Tränen ihre Stimme hatten werden lassen.
Frank war noch immer weise genug, sich ihr nicht zu nähern. Aber als er die Arme verschränkte und sie über den Tisch hinweg ansah, lag auch noch immer unterdrückter Zorn in seiner Miene. Sie glaubte, dass er auf sie zornig war, doch seine nächsten Worte...
„Der Krieg macht dich kaputt", sagte Frank leise und gefährlich. So gefährlich, wie er vor der Nott-Mission nie hätte sein können. „Seit Monaten wirst du jeden Tag ein wenig unglücklicher. Ich weiß selbst, dass du den Kampf nicht aufgeben wirst!", fuhr er auf, als sie zu Widerspruch anhob. „Aber verdammt noch mal, Alice, wenn du nicht endlich lernst, dich selbst genauso ernst zu nehmen wie deine Ideale, dann zerbrichst du daran. Du wolltest, dass ich nicht aufgebe, als ich in Gefangenschaft war, also gib jetzt nicht auf, weil du Möglichkeiten nicht siehst, die sehr wohl existieren!"
Durch verquollene Augen sah Alice zu ihm auf. Noch niemals zuvor hatte er von sich aus die Nott-Mission angesprochen. Und niemals hatte er sie angesprochen, ohne dass sein Blick dabei verschlossen und gehetzt wurde. Jetzt lagen seine Augen auf ihr, und sie waren blau und klar und entschlossen. Diese Entscheidung, erkannte sie, und es war beängstigend, ist für ihn wichtiger als seine Ängste.
„Dieser Krieg stiehlt mir nicht meine Familie", sagte er schließlich langsam und pointiert, und Alice wusste, dass er damit nur sie meinte.
Herausfordernd sah sie ihn an. „Und was ich will, wird nicht verhindern, was ich tun muss", sträubte sie sich kühl, doch ihr Mann kannte sie zu gut.
Frank hob die Augenbrauen. „Deal?"
Sie seufzte und schüttelte den Kopf. Er hatte recht - sie würde sich selbst verlieren, wenn sie so weitermachte. Wenn sie nicht wusste, dass sie irgendwann das Kind in den Armen halten würde, das sie sich schon in der Schulzeit so sehr gewünscht hatte. Sie würden einfach nach einem Kompromiss suchen müssen.
Aber sie würde auch nicht die Auroren im Stich lassen.
„Deal."
Tbc...
