Papierkram: Mir gehört nicht Harry Potter und auch der Rest nicht, der zu seinem Universum gehört. Der Plot gehört mir nur teilweise. Was mir beispielsweise gehört, ist der in diesem Kapitel erwähnte Straßenname. Mehr oder weniger. Ich hab ihn aus einem Londoner Telefonbuch (jaha, wir sind ja hier authentisch). :gg:
Drei Reviews? Ich drohe, und dafür bekomme ich drei Reviews? Irgendwas mache ich falsch. Oder vielleicht liegt es an Ostern. Es muss einfach an Ostern liegen. Dafür hab ich mich aber gefreut, neue Namen unter den Reviewern zu entdecken. Lesen also doch mehr als ein Dutzend Leute mit ;-). Diesem etwas-mehr-als-einem-Dutzend wünsche ich jetzt viel Spaß nach Art der Rumtreiber, und ich verspreche hoch und heilig fürs nächste Kapitel mehr Jepedina...
Mors Ante Infamiam
Eine Geschichte der vergessenen Helden
Dezember 1979. Der zweite Angriff.
„Tobin - Martin sagt, du hättest schon wieder die Zahlen durcheinander gebracht. Wir haben 33 Auroren, nicht 34 - schön wär's." - Jepedina Potter, in einer Notiz an Tobin Tinybott, Abteilung für Magische Strafverfolgung.
„Manchmal vermisse ich Muggeladvent. Muggelweihnachten.", stellte Lily fest und sah etwas sehnsüchtig aus dem Fenster. Über Godric's Hollow lag eine Lage dicken Schnees, und im Vorgarten stand ein perfekter Weihnachtsmann. Es hatte eine Reihe gut gezielter Schneebälle gebraucht, um James dazu zu zwingen, sein Gesicht nicht in eine detaillierte Kopie von Severus zu verhexen, die Grimassen schnitt. Immerhin gab es hier auch Muggel.
„Was stimmt nicht mit Zaubererweihnachten?", erwiderte James hinter ihr ein wenig beleidigt. Sie hörte, wie er vom Küchentisch aufstand, und dann schlangen sich warme Arme um ihre Taille, lehnte sich sein Kopf auf ihre Schulter. „Wir haben einen Weihnachtsbaum", fuhr James grummelnd fort. „Und wir haben Kugeln drangehängt. He, ich hab sogar Socken gekauft!"
Als ihr Ehemann seine Aufzählung beendete, lachte sie auf. „Ja, schon. Aber es ist einfach anders", versuchte sie zu erklären, wie die Weihnachtsstimmung in Godric's Hollow einfach nicht der Stimmung in ihrem Elternhaus entsprach - nicht, dass sie nicht auf Petunia verzichten könnte... „Bei Muggeln singen die Kugeln keine Weihnachtslieder..."
„Aber es war eine tolle Idee, oder nicht?"
Sie grinste. „Der Weihnachtsbaum versucht nicht, dich mit Lametta zu erwürgen..."
„Es wäre langweilig, wenn er still steht!"
„Die Socken füllen sich nicht selbstständig..."
„Nein, sondern Santa steigt dafür durch den Kamin", spottete James.
„Außerdem", fuhr sie stoisch fort. „können wir nicht die Ansprache der Queen hören, weil wir keinen Fernseher haben. Und dann wäre da noch das Weihnachtsessen."
„Ich dachte, das hätten wir ausdiskutiert?" Er löste sich entrüstet von ihr, um ihr in die Augen sehen zu können.
„Was hast du gegen das Weihnachtsessen?", fragte Lily unschuldig und legte neckend den Kopf schief. James hatte sich in vielen Dingen entgegenkommend gezeigt, doch in dieser Angelegenheit war er stur. Das Thema weckte eine Slytherinseite an ihr, von der sie gar nicht gewusst hatte, dass sie existierte. „Meine Mutter kocht hervorragend."
„Aber deine Mutter... deine Mutter kocht..." Verzweifelt gestikulierte er und versuchte, das Entsetzliche auszusprechen. Manche Leute reagierten so, wenn man sie zwang, den Namen des Dunklen Lords zu nennen. „Deine Mutter kocht Hirsch."
„Das ist eine alte Evans-Tradition" Lily zuckte scheinheilig mit den Schultern. „Schon meine Großmutter hat zu Weihnachten Hirsch gekocht."
„Es ist barbarisch!"
„Nein." Ihre Augen funkelten. „Es ist lecker."
Bevor James auf die Unermesslichkeit reagieren konnte, war sie auf der Flucht. „Oh nein, hier geblieben!", hörte sie ihn hinter sich rufen, doch Lily hatte die Beine in die Hand genommen und fegte bereits zur Küchentür hinaus, die Treppe hoch in den ersten Stock. Suchend sah sie sich einen Augenblick lang um, wählte schließlich das Schlafzimmer, und Sekunden, bevor James hinter ihr die Treppe hoch polterte, flog die Tür von Zauberhand hinter ihr in die Angeln.
Lily verharrte, den Zauberstab in Angriffsposition gehoben. Einen langen Moment lang geschah nichts.
Vor der Tür rumorte etwas. „Alohomora!", hörte sie ein Flüstern, und die Tür sprang sanft aus dem Schloss.
„Ferula Totalus!"
„Avis!"
Beide hatten gleichzeitig losgedonnert, sobald sie einen Blick auf den anderen erhascht hatten, und sofort brach das Chaos aus, als es beiden gelang, den Zauberstab hochzureißen und den Zauber des anderen fast, aber eben nur fast zu kontern.
Lily stieß etwas zwischen einem Protestschrei und einem Quieken aus, als sich eine Horde winziger gelber Zebrafinken mit wildem Zwitschern auf sie stürzte und ihre Haare attackierte. Bevor sie jedoch dazu kam, sie mit einem Armwedeln zu vertreiben und in die Flucht zu schlagen, erhaschte sie einen Blick auf James, der verzweifelt versuchte, sich einer gewaltigen Bandage zu erwehren, die sich hartnäckig um seinen Körper wickelte, und ihre Bewegung erstarb in der Luft, als sie in keuchendes Lachen ausbrach.
„Constum Bandage!", japste sie, sobald sie sich angemessen erholt hatte, und war eigentlich überrascht, dass der unsaubere Zauber funktionierte. James hörte abrupt auf, sich zu wehren, als die flatternden Bandagen mitten in der Bewegung einfroren, und sah sich misstrauisch zu ihr um. Die Zebrafinken zwitscherten verwirrt und flogen davon.
„Was hast du vor?", fragte er vorsichtig und versuchte, einen Schritt nach hinten zu machen, doch - halb als Mumie eingewickelt - musste er aufgeben, bevor er fallen konnte und endgültig wehrlos wurde.
Lily trat näher an ihn heran, ein breites Grinsen im Gesicht und den Zauberstab jetzt lose in der Hand. „Du gefällst mir so ganz gut", stellte sie fies fest, musterte ihn von oben bis unten und kam noch etwas näher, bis sie direkt vor ihm stand. „Vielleicht lasse ich dich für immer so."
„Dann will ich sehen, wie du Crouch meine Abwesenheit erklärst", neckte James sie, und Lily verzog das Gesicht, als sie an den unausstehlichen Vorgesetzten ihres Mannes dachte. Sein Sohn, auch nicht besser, hatte mal versucht, sie in der Schule zu verhexen.
„Ich sag ihm einfach, dass du nicht mehr kommen kannst, weil ich dich jetzt als Haussklaven brauche", erwiderte sie. Sie sah, wie James' Nackenhaare sich zitternd aufstellten, als ihr Atem seinen Hals streifte. „Und zwar Tag und Nacht."
Sorgfältig begann Lily ihn zu küssen, in Ohrnähe, und es schien, als fühle James sich plötzlich gar nicht mehr so unwohl als Gefangener. Flüchtig dachte sie an ihren Besuch bei Poppy Pomfrey früher am Tag zurück. Zu Weihnachten sag ich es ihm, beschloss sie, und fuhr mit ihrer Arbeit fort. Weihnachten ist ein guter Zeitpunkt.
Die Bibliothek der Aurorenzentrale hatte einen üblen Ruf - nicht ganz so schlimm wie die des Fluchbrecherbüros, aber nichts desto trotz übel. Vergilbte Bibliographien pflegten beleidigt zu beißen, wenn sie veralteten, Zaubertranklexika protestierten, wenn man sie ignorierte, und Werke über die Dunklen Künste reagierten besonders bösartig, wenn sie bemerkten, dass der Leser ihren Inhalt eigentlich verhindern wollte. Worte besaßen ihre ganz eigene und starke Magie, und in diesem Fall hatte sie eine sehr lange Zeit gehabt, sich in den Folianten festzusetzen, das fleckige Holz der Regale zu durchdringen und sogar den dicken Staub zu verzaubern, der den kleinen Raum in einen immerwährenden Nebel tauchte.
Es war Zeit geworden, dass jemand sich in das gefährliche Territorium wagte und es durch sorgfältige Katalogisierung und Sortierung beruhigte. Der junge Mann mit dem hellbraunen Haar, der gerade so selbstverständlich durch die Buchreihen strich und hier und da einen Folianten ergriff, schien bereits auf den ersten Blick sehr geeignet für die Aufgabe - selbst der dicke Wälzer über Würgezauber, den er gerade herausgegriffen hatte, schnurrte nur sanft unter seiner Berührung.
Bones hatte das wüste Durcheinander der Aurorenbibliothek schon lange misstrauisch beäugt, und als irgendjemand ihnen schließlich ihn schickte, hatte sie sich nicht beschwert. Seine Haut mochte ungewöhnlich blass sein, seine Augen mochten etwas müde und eingefallen wirken und er hätte eindeutig ein paar kräftige Mahlzeiten vertragen, ja, doch Bones' Einschätzung nach sahen Leute, die sich mit Büchern beschäftigten, nun mal so aus. Und der junge Mann schien tatsächlich völlig im Frieden mit sich zu sein, während er Lexika von Standardwerken und Runenschriften von Geschichtsbüchern trennte.
Als sich die Tür leise öffnete, sah er zunächst nur abwesend auf, doch als er den Neuankömmling erkannte, blitzten seine Augen, und ein Lächeln deutlicher Freude ließ die Müdigkeit aus seinen Zügen verschwinden.
Der zweite Mann war ein Auror; nicht nur seine zweckmäßigen, schwarzsilbernen Aurorenroben wiesen daraufhin, sondern auch die katzenartige Eleganz, mit der er in den Raum glitt, die Zuversicht in seinen Schritten und die Festigkeit seiner Haltung. Doch als er sich tiefschwarzes Haar aus der Stirn strich, glitzerte der Schalk in seinen Augen.
„Remus!", rief er, und ohne Vorwarnung überbrückte er den Abstand zwischen sich und seinem alten Freund, um ihn in eine begeisterte Umarmung zu ziehen. Sekunden später sprang er irritiert zurück, als eine Ausgabe von Nachtwandler und Halbwesen, Band II wütend nach seiner Robe schnappte. Er lachte. „Schön, dich auch mal wieder zu sehen. Jepedina hat mir gesagt, dass du hier bist."
Remus lächelte leicht und begann abwesend, die grunzende Einführung in seinen Händen zu streicheln. „Sie hat mir den Job besorgt. Ich bin wahrscheinlich noch ein paar Tage hier." Er hob eine Augenbraue. „Ihr habt hier ein ziemliches Chaos angerichtet."
Sirius fühlte sich offenbar nicht angesprochen; er zuckte lediglich mit den Schultern, bevor er sich auf den nächstgelegenen Tisch setzte und die Beine baumeln ließ. „Ich war's nicht; ich hab nichts angerührt", erwiderte er lediglich.
„Das wundert mich nicht." Remus warf ihm einen bedeutungsvollen Blick zu, bevor er seine Bücher auf einem wachsenden Stapel auf einem der Lesetische deponierte und wieder zwischen den Regalen verschwand. „Ist ja nicht so, als würdest du freiwillig Bibliotheken betreten."
„Und wo bin ich deiner Meinung nach im Moment?", protestierte sein Freund, schien das Thema jedoch keines größeren Protests für würdig zu halten und wechselte es. „James kommt wohl auch gleich vorbei."
„Im Ernst?" Remus' Kopf erschien kurz hinter einem Pfosten.
„Welcher Ernst? Also bitte, homosexuelle Handlungen mitten in der AMS..."
„Wah! Wortspiele!" Remus' genervtes Stöhnen wurde vom Gackern eines Sammelbands begleitet. „Bitte, Sirius, der ist so alt. Und so schlecht!"
Sirius, König der schlechten Wortspiele lachte nur. Er wurde jedoch in seinem Konter unterbrochen, als sich die Tür erneut quietschend öffnete und fragende Augen, umrahmt von Brillengläsern und unordentlichem schwarzen Haar, einen Blick hineinwarfen.
„James!", rief der junge Auror fröhlich und hieß seinen alten Freund mit einem verspielten Salut willkommen. Der hoch gewachsene Fluchbrecher hatte die Tür bereits hinter sich geschlossen und schnappte mit den Reflexen eines langjährigen Quidditchspielers hinter eine Buchreihe, um Remus dahinter hervorzuziehen. Die abrupte Bewegung wirbelte Staub auf, und der Werwolf nieste kräftig, bevor er die kräftige Umarmung seines Freundes erwiderte.
„Na, alles klar?" James hielt ihren schmächtigeren Gefährten von sich und musterte ihn prüfend. In seinem Blick lag die echte Zuneigung alter Freunde, und Sorge. „Übermorgen ist Vollmond, nicht wahr?"
„Japp." Remus zog eine Grimasse. Wissend, dass er für die nächsten Minuten nicht zum Arbeiten kommen würde, lehnte er sich schließlich gegen einen Regalpfosten und ignorierte den Windhauch, den ein Zentimeter von seinem Kopf entferntes, wild flatterndes Fluchlexikon verursachte, und der seine Haare leicht wirbeln ließ. „Kommt ihr?" Sein Blick huschte kurz fragend vom einen zum anderen.
„Auf jeden Fall." James nickte fest. „Ich hätte mich schon per Eule gemeldet, wenn ich nicht gewusst hätte, dass du ohnehin heute hier bist. Lily weiß schon bescheid und will in der Nacht arbeiten." Er grinste kurz. „Sie kennt den Mondkalender mittlerweile besser als ich."
„Ich weiß noch nicht, ob ich kommen kann", warf Sirius ein, der noch immer auf dem Tisch saß, und seine Miene verdüsterte sich. „Moody hat die Eigenschaft, ... spontane Trainingseinheiten anzuordnen."
„Mitten in der Nacht?" Der Werwolf warf ihm einen ungläubigen Blick zu, doch James lachte nur.
„Du hast keine Ahnung, was der alte Tatze gerade durchsteht, Remus", kommentierte er verspielt. „Die Realität ist angebrochen. Nicht mehr rumschleichen, keine Streiche, und ich schwöre, Moody sieht durch Tarnumhänge - schlimm, schlimm. Sirius mag ja mal gedacht haben, Fenwick sei hart, aber damit hat er sich offensichtlich geirrt." Fragend hob er die Augenbrauen. „Wie hast du es überhaupt geschafft, den Alten abzuschütteln?"
„Moody?" Sirius grinste schwach. „Ist gerade im Büro deiner Mutter verschwunden. Ins Heiligtum lässt er mich nicht."
„Ich hätte nie geglaubt, dass du das durchhältst", warf Remus ein. Nun war es an ihm, seinen Freund zu mustern. Auch James hatte sich in den letzten Jahren verändert, hatte eine neue Ernsthaftigkeit entwickelt, eine reifere und gefährlichere Art der Selbstsicherheit, und selbst Peter schien neue innere Ruhe gefunden zu haben, doch von ihnen allen wurde die Veränderung an Sirius am deutlichsten - ausgerechnet an Sirius, der sich so hartnäckig geweigert hatte, erwachsen zu werden. Für den Rest des Krieges würde er jeden Tag erneut sein Leben riskieren, und man sah ihm bei all seiner Gelassenheit an, dass er es wusste, und dass er dazu bereit war. Remus schüttelte innerlich den Kopf. Er könnte sich seinen Freund in keinem anderen Beruf vorstellen. „Das muss doch die pure Hölle für dich sein", fuhr er fort. „Wenn man James' Mutter glaubt, ist Moody eine Art Mischung aus McGonagall und Filch, und das ist gruselig."
Sirius hatte erneut zu grinsen begonnen, doch als er jetzt nachdachte, wurde seine Miene ernst. „Ich bin froh, dass er mein Mentor ist.", stellte er achselzuckend fest. „Ich könnte bei niemandem mehr lernen. Wenn es etwas wie eine Garantie gibt, da draußen zu überleben, dann ist es Moody." Dann schüttelte er sich leicht, scheinbar unwillig, zu lange in diesem unvertrauten Zustand namens Ernsthaftigkeit zu verharren. „Aber zurzeit sieht es eindeutig so aus, als hättest du den besten Job von uns."
„Peter würde dem widersprechen. Er scheint sich mit seinen Kesseln wohl zu fühlen.", warf James ein, und Minuten später waren sie in eine heftige Diskussion darüber verwickelt, ob Kessel zu stopfen, Bücher zu kraulen oder antike Gegenstände zu entfluchen die schlimmere aller Möglichkeiten sei - Aurorenlehrzeit unter Moodys wachsamen Augen nahm freilich unbestritten den ersten Platz ein.
Eine Weile lang hätte es wie in der Schulzeit sein können, als die Stimmung ausgelassener wurde und Remus Sirius nur in letzter Sekunde davon abhalten konnte, James mit einem besonders aggressiven Geschichtsbuch zu attackieren, der drauf und dran war, sich kurzerhand in einen Hirsch zu verwandeln. Peter hätte noch gefehlt, mit seiner unverbesserlichen, gutmütigen Art, sich immer auf die Seite des Schwächeren zu stellen, selbst wenn er in den meisten Fällen der Schwächere war.
Ihr Lachen ließ sogar die älteren Bücher verstummen und interessiert lauschen.
Vier Freunde hatten sich ein Versprechen gegeben, damals im fünften Jahr, als Remus halb erfüllt mit einer wilden Freude, halb mit unverhohlenem Entsetzen auf drei Jungen starrte, die sich gerade vor seinen Augen in einen Hirsch, eine Ratte und einen Hund verwandelt hatten. Keiner von ihnen hatte dieses Versprechen je ausgesprochen, doch jeder von ihnen hatte es gespürt, in Momenten wie jenen - bei der Versöhnung nach dem unsäglichen „Werwolf-Streich", der alles andere als ein Streich geworden war, bei der Vollendung der Karte des Rumtreibers und in der andächtigen letzten Nacht vor ihrer Abschlussfeier.
Dann hatten sich ihre Wege getrennt, und obwohl sie sich noch regelmäßig sahen, war die Zeit vorbei, in der sie morgens in demselben Schlafsaal erwachten und sich gegenseitig zum Frühstück bugsierten. Die Momente stillen Einverständnisses und absoluten Vertrauens wurden seltener, wurden auf wenige Vollmondnächte beschränkt, zu denen sie alle es ausnahmsweise schafften. Nur selten kamen sie dieser Tage noch zu viert zusammen - James und Sirius hielt eine unterbesetzte AMS auf Trab, Peter eine kranke Mutter und ein Familienbetrieb -, und auf seltsame Weise schienen diese magischen Momente nur in Anwesenheit aller zu funktionieren: Diese Momente, in denen sie wussten, dass sie eins waren - Rumtreiber; Animagi und Werwolf - aneinander gebunden bis zum letzten Tag.
Und doch, dieses eine Mal in der Aurorenbibliothek, trotz der Abwesenheit von einem von ihnen schien der Zauber zu wirken, und jeder von ihnen spürte, wie er sich zwischen sorglosem Lachen und albernem Piesacken erneuerte. Ein Krieg mochte dort draußen toben, und Peter Pettigrew mochte heute fehlen, doch Remus, James und Sirius wussten, was keiner von ihnen aussprechen musste - dass sie ihrer Freundschaft für immer treu bleiben würden.
Als ein grollendes „SIRIUS BLACK!" durch die Zentrale donnerte und selbst die Bibliothek überrollte, und als Sirius hastig aufsprang, entschuldigend nickte und aus dem Raum hastete, ließ er seine Freunde Tränen lachend zurück. Doch der Zauber brach nicht. Dieser spezielle Bund, wie er an diesem Tag erneuert worden war, brach nie.
Weihnachten, erinnerte Lily sich einige Tage später. Weihnachten sage ich es ihm. Es sei denn, Voldemort greift uns vorher an oder irgendwas anderes Katastrophales passiert. Und nein, Sirius zählt diesmal nicht als Katastrophe.
Die junge Hexe lächelte verhalten, lehnte sich gegen ein Küchenregal, während sie ihren Freund und Ehemann musterte, wie er am Tisch saß und eine gewaltige Portion Nudeln in sich hineinstopfte, als habe er den ganzen Tag noch nichts gegessen. Möglicherweise stimmte das sogar; gefrühstückt hatte er, aber wer wusste schon, wann man in der AMS zum Essen kam?
Vermutlich würde irgendwann in den nächsten Monaten der Zeitpunkt kommen, zu dem sie anfing, alles Mögliche in sich hineinzustopfen. Zurzeit fühlte sie sich aber, was das anging, noch ganz normal. Nur noch fünf Tage bis Weihnachten, und bis sie sich den unvermeidlichen zotigen Witzen des besten Freundes ihres Mannes aussetzen musste.
James würde es Sirius natürlich als erstes erzählen. Ihm oder Jepedina, je nachdem, wer am Weihnachtsabend früher eintraf, denn natürlich würden beide die Feiertage mit ihnen verbringen, so weit sie Zeit fanden. Es war erstaunlich genug, dass es beide geschafft hatten, sich für den Fünfundzwanzigsten frei zu nehmen, und sie nahm an, dass Jepedina Amelia Bones persönlich über die Schultern gesehen hatte, als sie die Dienstpläne machte. James' Mutter konnte sehr korrekt sein, aber zu Gelegenheiten wie diesen erinnerte sie sehr an ihren Sohn.
„Was war das?" James hatte zwischen zwei Bissen innegehalten und wirkte, als lausche er. Lily schreckte aus ihren Gedanken auf.
„Was war was?"
„Schildzauber." Er runzelte die Stirn, schien jedoch nicht beunruhigt genug, um nicht wieder anzufangen, eine weitere Ladung Pasta auf seiner Gabel aufzuwickeln.
Lily hob kurz die Augenbraue, während sie bereits nach dem Zauberstab griff und ihn leger wedelte. Sorgfältig prüfte sie die Resonanz der Schutzzauber, zu denen sie als diejenige, die sie gesprochen hatte, eine gute Verbindung besaß, und zuckte schließlich mit den Schultern. „Wahrscheinlich eine von Mrs. Figgs Katzen", urteilte sie schließlich. „Grässliche Biester. Sie sind fast intelligent genug, um die Schilde zu aktivieren."
James' Stirnrunzeln glättete sich, als er nickte. Auch er hatte seinen Teil zu den Zaubern um die Potter'sche Residenz beigetragen, und seine Mutter hatte am Ende selbst noch einmal alles inspiziert. Wie sich herausstellte, hatten eine Zauberforscherin und ein Fluchbrecher das Zeug zu wirklich interessanten Verteidigungszaubern - einige erst frisch aus Leeds. Der Gedanke hätte Lily grinsen lassen, hätte sie sich nicht an den Grund für die Schutzmaßnahmen erinnert. James hätte es nicht zugegeben, aber der Angriff auf Hogwarts hatte ihnen beiden eine höllische Angst eingejagt.
Sie wartete, bis ihr werter Gatte seine ausgiebige Mahlzeit beendet hatte, bevor sie ein Gespräch begann, aber tatsächlich kam er ihr zuvor.
„Also", sagte er, als er seinen Teller unzeremoniell in die Spüle stellte und mit einem Zauberstabwinken das Wasser fließen ließ, während sich selbstständig ein Schwamm an die Arbeit machte. „Wie war die Arbeit?"
„Oh, ganz gut eigentlich. Albus hat ein paar neue Interessen entdeckt, wie es scheint." Auf seinen interessierten Blick hin erklärte sie. „Er hat mich gebeten, ein paar Sachen zu recherchieren. Antike aztekische Flüche. In den Archiven in Leeds gibt es nicht viel darüber, also werde ich morgen mal in der Winkelgasse vorbeisehen. Scheint ziemlich wichtig zu sein."
James' Blick wurde düster. „Also eine neue Waffe für Voldemort."
„Vielleicht." Lily schauderte. Was sie bisher über das Thema gelesen hatte, wäre in Verbindung mit dem Dunklen Lord absolut nicht gut. „Lass uns das Thema wechseln", bat sie und folgte ihrem eigenen Vorschlag. „Wann kommt deine Mutter von der Arbeit?"
„Gar nicht." Er grinste leicht. „Ace sagt, Bagnold sei mit Fudge im Schlepp in der Zentrale aufgetaucht. Sie hat erst versucht zu fliehen, aber als ich gegangen bin, saß sie immer noch mit ihnen fest und hat ausdiskutiert, ob es nötig ist, dass ihre Auroren immer alles in Trümmern zurücklassen."
„Klingt irgendwie nach einem ganzen bestimmten Auror.", erwiderte Lily trocken, und James, der das gewaschene Geschirr im Schrank verstaute, grinste nur noch breiter.
„Sirius darf noch nichts kaputt machen, Lily. Er hat Moody, der ihm auf die Finger sieht."
Lily hob skeptisch eine Augenbraue. „Er hatte auch mal Minerva und Filch, die ihm auf die Finger gesehen haben, wenn ich mich richtig erinnere."
„Falsch." James hob eine Hand, als wolle er einen wichtigen Tatbestand untermauern. „Durch Tarnumhänge sieht man keine Finger."
„Ach ja, richtig. Er hatte ja einen Komplizen. Diesen nichtsnutzigen Potter", spöttelte Lily und wich ein paar Schritte zurück, als James sich vor ihr aufbaute.
„Genau." Es gelang ihm, sehr ernst zu bleiben, während er auf sie hinab sah. „Dieser furchtbar gut aussehende, talentierte Zauberer mit der umwerfenden Frisur."
„Umwerfend?" Sie grinste und musterte prüfend seinen Kopf. „Ja, umwerfend passt. Das Zeug steht so starr ab, das könnte alles umwerfen."
„He! Das verletzt mein Ego!", wehrte James sich entrüstet. „Immerhin kann ich meine Haare in dieses wunderschöne Geweih verwandeln, wenn ich will!"
„Ach ja, diese Hörner..."
„Geweih!"
„Oh nein. Eindeutig Hörner, die..." Lily verstummte abrupt.
Ihr Geplänkel fiel in sich zusammen.
„Was war das?", flüsterte die rothaarige Hexe beunruhigt, und ihre Hand wanderte sofort unter ihre Roben in Richtung Zauberstab.
James hatte seinen bereits in der Hand, und seine Miene hatte sich erneut verfinstert. „Die Schildzauber. Jemand versucht die Schildzauber zu brechen."
Die beiden tauschten schnelle Blicke. Lily las die Angst in den Augen ihres Mannes und wusste, dass sie ihr galt. Sie nickte. In so einem Fall gab es wirklich nur eins zu tun. Beide hoben ihre Zauberstäbe und richteten sie auf sich selbst.
„Ein, zwei, drei...", zählte James, und Lily konzentrierte sich. Ein Schauder lief ihr über den Rücken. Erwartungsgemäß geschah nichts. Das war immer das erste, was die Todesser taten - Anti-Apparationsschilde errichten, und dann brachen sie die Schutzzauber. Und dann spielten sie. Jeder wusste das. Wenn man bemerkte, was geschah, war es immer schon zu spät. Außer, man heißt Longbottom, schoss es Lily durch den Kopf. Entkommen war nicht unmöglich. Sie wusste das, und James, schneller als sie, war bereits in Bewegung.
„Sie werden uns vom Flohnetzwerk getrennt haben", sagte er schnell und war bereits am Fenster, sah prüfend nach draußen, doch Lily konnte an seinem Gesichtsausdruck erkennen, dass er nichts sehen konnte. „Aber sie können letztendlich nur die Verbindung stören. Vielleicht werde ich damit fertig." Er schnitt eine Grimasse, bevor er sich vom Fenster abwandte, und sah sich zu ihr um. „Ich versuche die Zentrale zu erreichen. Versuch du, die Apparationsschilde zu brechen. Stütz die Abwehrzauber. Verschaff uns Zeit."
Lily schluckte, nickte. Flüche brechen war James' Stärke, nicht ihre - andererseits hatte sie beinahe alles auf Anhieb wiederholen können, sobald er es ihr einmal zeigte. Sie kannte ihre Fähigkeiten. James musste den Ausdruck der Entschlossenheit auf ihrem Gesicht erkannt haben, denn er nickte und drückte ihr einen hastigen Kuss auf die Stirn, bevor er ins Wohnzimmer zum Kamin hetzte.
Einen Augenblick stand sie wie erstarrt und sah ihm nach.
Todesser. Hier. In Godric's Hollow.
Dann meldete sich ihr Verstand wieder, und Lily Potter hatte einen sehr dominanten Verstand, so dass sie rasch herumfuhr und in ihrem Kopf nach den richtigen Zaubern kramte. Sicher und methodisch sprach sie die ersten Diagnosezauber, spürte sanft pulsierende Ergebnisse zurückkommen, und gleichzeitig hastete sie zu einem der anderen Fenster.
Dunkel. Draußen war es dunkler, als es sein sollte. Waren die Straßenlaternen kaputt? Warum in aller Welt hatten sie die Straßenlaternen zerstört? Ihr war aber, als sehe sie die Straße hinab eine verstohlene Bewegung.
Die Schildzauber standen, felsenfest, umgeben von Lage um Lage der härtesten Flüche, die James hatte aufwenden können, und der fiesesten Fallen, die Lily sich ausdenken konnte. Sie arbeiteten daran, sie spürte es, als kratze jemand an einer Steinwand, aber bisher hatten sie noch nicht viel erreicht.
„Bastarde", fluchte sie leise und hätte wohl James sehr schockiert, wäre er in Hörweite gewesen. Ihr Zauberstab war noch immer in der Luft, und sie konzentrierte sich auf ihre Zauber, gewann langsam ein Gesamtbild über die Schilde, die der Feind seinerseits glockenförmig über ihrem Heim ausgebreitet hatte. Jetzt sah sie nicht mehr aus dem Fenster. Hexen hatten bessere Möglichkeiten als bloße Augen, um zu sehen.
Lily schluckte, als eine weitere gemurmelte Formel und eine weitere komplizierte Zauberstabbewegung weitere Teile der Schilde enthüllten. Das war nicht gut... überhaupt nicht gut. Der Zauber, den sie brechen sollte, war mächtig, sehr mächtig, und Lily hatte nie zuvor etwas Derartiges gesehen. Er reichte lange nicht an die Schutzwälle heran, die Hogwarts umgaben, natürlich nicht, doch es hätte nie möglich sein sollen, etwas Derartiges in so wenigen Sekunden über ihrem Haus zu errichten. Sie spürte, wie ihr Zauberstab widerstrebend vibrierte, als er die Resonanz des Anti-Apparationsschilds aufnahm, spürte fast den Zauber selbst vibrieren.
Sie erzitterte mit ihrem eigenen Schutzzauber, als er heftig erbebte. Jemand Mächtiges hatte gerade versucht, ihn zu brechen. Jemand sehr, sehr Mächtiges.
Die Erkenntnis ließ Lily abrupt die Augen aufreißen, die sie in Konzentration halb geschlossen hatte, und sie sah eilig aus dem Fenster. „Lumos Omni.", flüsterte sie, brachte die Beschwörung nicht lauter heraus, und deutete dabei auf die dunkle Straße vor ihr. Sofort flackerten die drei nächsten Straßenlaternen wieder auf und tauchten Newnton Square, Nummer drei in ein flackerndes Licht.
Lily erstarrte. Sie konnte drei oder vier schwarz verhüllte Gestalten sehen, die in einem respektvollen Abstand mit erhobenen Zauberstäben weiter unten in der Straße standen und offensichtlich ihre Schilde bearbeiteten, die sie keinen Schritt näher an das Haus der Potters lassen würden, bevor Lily selbst es erlaubte. Oder bis sie sie brachen.
Und hinter ihnen stand eine weitere Gestalt. Sie war nicht größer, wirkte aber größer, und ihre langen, schwarzen Roben flatterten wild in einem Wind, der die Roben seiner Gefolgsmänner nicht berührte. Eine Hand, so blass, dass sie es selbst aus ihrer Position noch erkennen konnte, hielt einen kurzen, stabilen, sehr gefährlichen Zauberstab. Lily war, als könne sie sogar diese roten Augen aufblitzen sehen...
Was will er von uns, dachte sie panisch. Was haben wir getan, dass er uns überhaupt kennt? Voldemort greift nie irgendwelche harmlosen Zauberer an, der geht doch nur noch für die großen Fische aus dem Haus... Hogwarts, fiel ihr entsetzt ein. Hogwarts, als sie ihn aufgehalten hatten, sie und James. Er hatte sie angesehen, so wütend und abschätzig, hatte sie sich vorgemerkt, für den späteren Gebrauch. Ein paar Sekunden lang hatte er ziemlich dumm dagestanden, und jetzt nahm er Rache. Seine kranke Art von Humor.
„James...", krächzte sie, kam wieder zu sich, als sie hörte, wie rau ihre eigene Stimme klang, und schaffte es hinüber zu dem Durchgang ins Wohnzimmer. James fuhr zu ihr herum, weiß wie ein Geist. „Es ist Voldemort, James.", brachte sie hervor. „Da draußen ist Voldemort!"
Ihr Ehemann atmete schnell, wirkte so blass, war jedoch mit drei großen Schritten bei ihr und nahm sie in den Arm. „Ich weiß", sagte er leise, woher auch immer er es wusste, und sie ließ sich eine Sekunde lang dankbar in die schützende Umarmung sinken. Er klopfte ihr auf den Rücken. „Ich weiß. Ich schaff diesen Zauber, Lily, ich kann es schaffen. Versuch nur, diese Anti-Apparationsschilde zu brechen, und behalt die Schildzauber im Auge, dann geht alles gut. In Ordnung?"
„In Ordnung." Sie schluckte. Zu jedem anderen Zeitpunkt hätte sie sich nie, niemals von jemandem trösten lassen, doch das hier war James, der Vater ihres Kindes, und da draußen stand eine Bestie, die sich Mensch nannte und sie töten wollte.
Ihre Überlegungen von früher am Abend kamen ihr zurück in den Sinn, und sie versprach sich, dass James nicht sterben würde, bevor sie ihre verdammten Neuigkeiten überbracht hatte. Aber nicht jetzt. Sie löste sich von ihm und sah ihn grimmig an. „Also los", sagte sie leise, und jetzt nahm sie gegenüber den großen Fenstern ihres Wohnzimmers Stellung, in der Richtung, aus der sie die Todesser erwarten musste, wenn sie ihre Schilde brachen, überließ James erneut sich selbst. Sie hätte ihn leise Flüche murmeln hören, sowohl magische und nichtmagische, hätte sie darauf geachtet.
In diesem Moment erbebten die Schilde erneut, so stark, dass sie sich unwillkürlich zusammenkrümmte und die Zauberstabhand hob, als könne sie sich gegen die Wucht des Angriffs schützen. „Defemunio!", intonierte sie so klar, wie es ihr möglich war, und atmete auf, als der Schild mit neuer Stärke erfüllt wurde, als sich die Wunde schloss, die der Dunkle Lord ihm zugefügt hatte.
Hölle! Der Dunkle Lord. Wenn es hier darum geht, dass ich mit Voldemort die Kräfte messe, dann dauert es nicht mehr lange.
Aber so einfach war es nicht, nicht wahr? Zumindest versuchte sie sich das einzureden, während sie dem Stärkungszauber sicherheitshalber einen „Protego!" hinterher schickte, in einer etwas aufgerüsteteren Version im Gegensatz zu dem Zweitklässler-Zauber. Voldemort musste angreifen. Sie jedoch hatte nur ihre Verteidigungszauber zu schützen, ihre starken, ausgefeilten und sehr mächtigen Zauber. Sie wusste, Voldemort hatte dieser Art von Zauber noch nie gegenübergestanden, repräsentierte er doch die neusten Ergebnisse ihrer und Dumbledores Forschungsarbeit... An jedem späteren Zeitpunkt, sobald er um diese neuen Zauber wusste, würden sie vermutlich kein größeres Hindernis mehr für ihn darstellen, doch momentan verschaffte es ihnen einen Vorteil... Sonst wären wir schon tot.
Die Anti-Apparationsschilde hatte sie vergessen. Keine Zeit mehr, an Flucht zu denken. Jetzt ging es darum, Zeit zu kaufen und so lange wie möglich standzuhalten.
Hinter ihr fluchte James. Gewaltig, farbenfroh und kreativ.
Lily knirschte mit den Zähnen, als eine weitere Attacke sie traf. In ihrem Mund spürte sie Blut, wo sie sich auf die Zunge gebissen hatte. Sie war entschlossen, nicht nachzugeben. Zwar spürte sie, dass ihre Knie unter ihr weich wurden und dass sie zusammenzusacken drohte, und ihr Zauberstab zitterte gefährlich in ihrer Hand, doch sie würde nicht aufgeben. Der Bastard bekommt uns nicht ohne Kampf.
„Ligorum!", versuchte sie ihren Schild notdürftig zu flicken, doch der Zauber war zu schwach, konnte wenig gegen die Macht des Dunklen Lords ausrichten, gegen den mächtigsten Zauberer in einem ganzen Jahrhundert, dem man höchstens Dumbledore gleichsetzen konnte.
Hinter ihr schrie James etwas, vielleicht eine wütende Beschwörung. In ihrem Augenwinkel sah sie ein blaues Sirren, doch sie hatte nicht mehr die Kraft, sich darauf zu konzentrieren. Vor Lilys Augen tanzten Lichtblitze, und ihr war, als würde sie jeden Moment ohnmächtig. Ein weiterer Zauber Voldemorts schlug auf, mächtiger als der vorherige, und diesmal hörte der Schild nicht auf zu beben, bröckelte...
Lily keuchte und krümmte sich zusammen. So eng, wie sie mit dem Schild in Verbindung stand, war ihr beinahe, als zerbreche etwas in ihrem Inneren, als das ehemals so standhafte Konstrukt in sich zusammenfiel.
Im selben Moment explodierte das Glas der Fenster, denen sie gegenüberstand, getroffen von einer mächtigen Windböe. Lily stolperte zurück, als Holz und Glassplitter auf sie zu fegten, doch sie fiel nicht, und sie beachtete nicht den scharfen Schmerz, als eine größere Scherbe ihren Robenärmel zerriss und in ihren Oberarm schnitt.
James war neben ihr, den Zauberstab bereit. Sie hatten keine Zeit, einander anzusehen, doch es tröstete sie, dass sie nebeneinander sterben würden, diesen Kampf gemeinsam beenden konnten. Sie kannte auch so die grimmige Entschlossenheit, die in seinem Gesicht liegen musste und in der sich das Wissen spiegeln würde, dass es sich lohnte, in diesem Krieg und für ihre Ziele zu sterben.
Vier schwarze Gestalten standen ihnen gegenüber, umgaben den Dunklen Lord wie sein persönlicher Zoo. Sie standen, schwiegen, die Zauberstäbe bereit. Sie regten sich erst, als Voldemort den Kopf in den Nacken legte und ein schallendes, hohes Lachen ertönen ließ. Manche der Nachbarn der Potters, die sich in die Keller ihrer Häuser verzogen hatten und morgen von einer Truppe Vergissmich besucht werden würden, würden trotz der Vergessenszauber noch Jahre später von diesem Lachen träumen.
Lily hätte natürlich angreifen können, in diesem Moment, genauso wie James, sich vielleicht eine Sekunde lang einen Vorteil verschaffen und einen der Todesser loswerden können, doch niemand griff an, wenn der Dunkle Lord lachte. Man konnte sich nicht wehren, wenn er kam.
Dann jedoch, ganz langsam, verstummte er, hörte auf, sich so sehr zu amüsieren, und als er sie wieder ansah, sah sie wirklich seine rote Augen, und das Funkeln darin, so beunruhigend ähnlich zu dem in Albus' Augen und gleichzeitig sehr anders, so tot...
„Tötet sie.", sagte er. Lily hätte später schwören können, dass er grinste.
James hatte sie beiseite gestoßen, noch bevor der Todesfluch die Lippen eines der Todesser verlassen konnte, und bevor die Hexe wusste, wie ihr geschah, stieß sie hart gegen die Wand eines Raumes, der einst ihr Wohnzimmer gewesen war. Als sie sich ächzend aufrappelte, galt ihr erster Blick James, doch er war unversehrt, kam einen Meter von ihr entfernt auf die Beine, ließ bereits den Zauberstab hochfahren.
„Protego!", schrie er, und Lily erkannte, dass er nicht angriff, dass an Angriff nicht zu denken war. Mühelos wehrte er einen Zauber ab, violette Lichtstrahle, die ein zweiter Todesser hatte fliegen lassen, und dann war sie wieder neben ihm, hatte selbst ihren Zauberstab erhoben. Sie wusste, dass sie jeden Moment tot sein würde...
Ein so lautes Ploppen, dass es durch ganz Godric's Hollow gehallt sein musste, ließ sie herumfahren. Sie hatte so ein Geräusch noch nie gehört, wie das Ploppen beim Apparieren, nur sehr viel lauter...
Und sie erkannte sofort, was diese Lautstärke verursacht hatte.
Eine Armada apparierte in den Newnton Square, die Straße hinauf und hinab, rund um Nummer 3. Eine Armada von Hexen und Zauberern, jeder mit erhobenem Zauberstab und in schwarzen, zweckmäßigen Roben, mit den vertrauten silbernen Ornamenten, Roben, die Lily jeden Tag zu sehen bekam... Auroren. Jepedina musste Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt haben - James hatte es geschafft.
Auch die Todesser waren herumgefahren, starrten die anderthalb Dutzend Neuankömmlinge an. Zu jedem anderen Zeitpunkt hätte Lily gelacht. Zu jedem anderen Zeitpunkt hätte sie eine beliebige Geldhöhe gegeben, um den Dunklen Lord verdutzt sehen zu dürfen. Jetzt jedoch war sie nur so erleichtert, dass sie am liebsten geheult hätte.
Voldemort hatte sich ihnen zugewandt, und sie sah den reinen Hass in seinen Augen. Grimmig hob er die Faust, in einer beunruhigend kontrollierten Bewegung, musste sie nicht schütteln, um die Geste klar zu machen, und dann hob er den Zauberstab. Sekunden später waren er und seine Todesser verschwunden.
Wenn sie jetzt aus ihrem zerstörten Wohnzimmer hinaussah, sah sie nichts mehr als Newnton Square, eine große Anzahl Auroren und mitten drinnen eine Lücke, wo eben noch der Dunkle Lord gestanden hatte.
„Oh mein Gott..." Neben ihr sank James auf die Knie. Sie hatte ihn noch nie so erschöpft erlebt; die Explosion hatte seine Roben weitestgehend zerstört, und er war noch immer so blass.
Die Auroren setzten sich in Bewegung, jemand rief Anweisungen, und Lily sah, wie eine vertraute, schlanke Frauengestalt mit wirrem Haar auf sie zu eilte. He..., beschwerte sich Lily im Geiste. Ich wollte es ihm sagen, bevor Jepedina und Sirius kommen...
„Ähm, James..." Irgendwie hatte es etwas Lustiges. Sie sank neben ihrem Ehemann auf die Knie, vergaß ihren Zauberstab, den sie noch immer in der Hand hielt. „Da ist etwas, was ich dir sagen wollte."
„Was denn?" James wirkte so ausgelaugt, als er sie ansah, und die junge Hexe wollte nicht wissen, welchen Anblick sie selbst bot. Sie spürte, dass der Stoff ihrer Robe an ihrem Arm klebte, der schmerzte, und dass ihre Haare sich völlig aus ihrem Zopf gelöst hatten.
„Naja..." Sie wusste nicht, wie, aber Lily schaffte ein Grinsen. „Ich bin schwanger."
Zu keinem anderen Zeitpunkt hätte sie tolerieren können, dass James nach diesen Worten lachte.
Tbc...
