Papierkram: Wie das so ist mit Canon-Fanfiction, gehört mir außerordentlich wenig. Harry Potter gehört sowieso schon J.K. Rowling, und dummerweise gehört ihr auch ein Großteil des Plots. Tja. Mein Pech, nehme ich an.
Zerengeb - ich interpretiere Dumbledores Bericht über das Treffen mit Sybill mehr als eine Rekonstruktion, eine Erklärung, die er sich nachträglich zusammengereimt hat. Daher nehme ich mir diesbezüglich Freiheiten.
Ich hab mich - wie immer ;-) - sehr über eure Reviews gefreut! Vielen lieben Dank euch allen für das Lob. Ich hoffe dennoch, dass ich diesmal wieder mehr als „nur" fünf Reviews bekomme :-).
Mors Ante Infamiam
Eine Geschichte der vergessenen Helden
Juni 1980. Fletcher, Hogsmeade, Todesfluch.
„Mit dem Tod Benjy Fenwicks sinkt die Zahl unserer Auroren auf 23 Hexen und Zauberer. Die Ausbildungsleitung übernimmt Lydia Corday." -- Amelia Bones, Memo an Bartemius Crouch, Abteilung für Magische Strafverfolgung.
Adalbert Croakers Flotte-Schreibe-Feder machte ihre letzte Notiz, bevor der Unsägliche sich hinter einen Vorhang beugte, der irgendeine Art von magischem Gegenstand vor unbefugten Blicken verbarg - Albus schmunzelte verhalten -, und dann sah er aufgeräumt auf. „Also gut, Professor. Dann lassen Sie mal hören. Und, ah, Rockwood, Sie können jetzt gehen."
Der andere Ministeriumsangestellte, der stumm im Hintergrund auf Anweisungen gewartet hatte, nickte. Gemächlich begann er seine Akten zusammenzusuchen. Auf Croakers ermutigenden Blick hin hätte Albus Dumbledore am Liebsten mit den Schultern gezuckt, hätte er sich für eine so profane Geste nicht etwas zu alt gefühlt. Ein Tippen seines Zauberstabs ließ die Erinnerung aus dem bereitgestellten Denkarium aufsteigen, und der Schulleiter beugte sich zurück, während die geheime Zaubererapparatur zu summen begann - sie klang verdächtig nach einem Muggelstaubsauger, Albus hatte einmal einen gehört -, um die Prophezeiung für die Ewigkeit zu archivieren.
Madam Trelawneys raue und erstaunlich unesoterische Stimme begann in dem kleinen, dunklen Raum widerzuhallen, der sich so tief im Ministerium und selbst in der Mysteriumsabteilung verbarg. Albus, der bestens mit den Worten vertraut war, hörte kaum hin und musterte stattdessen Croaker (er hatte diesen speziellen Teil der Abteilung noch niemals betreten und fand den Vorgang hochinteressant), doch die Miene des Unsäglichen blieb undifferenziert. Augustus Rockwood, der vor so vielen Jahren beinahe seinen UTZ in Verwandlung nicht bestanden hätte und jetzt eine so beeindruckende Karriere machte, schien einen Moment neugierig zu zögern, doch schließlich schloss sich die Tür hinter ihm mit einem leisen Klicken. Hinter dem Vorhang leuchtete es jetzt blau, und mit jedem von Madam Trelawneys Worten wurde es kälter, bis sein Atem in seinem Bart kondensierte.
Albus Dumbledore seufzte leise. Am Liebsten wäre ihm gewesen, die Prophezeiung gänzlich vor den Blicken der Außenwelt, selbst vor den Unsäglichen zu verbergen, doch den geheimnistuerischen Hexen und Zauberern hier in den Kellergeschossen entging in der Tat sehr wenig. Und er wünschte, er hätte sie schon entschlüsseln können.
Den letzten Monat hatte der alte Schulleiter damit verbracht, zwischen den UTZ- und ZAG-Prüfungen seiner Schüler zu recherchieren und über die Worte zu grübeln, doch seinem anfänglichen Entzücken war nur Sorge gefolgt. Bald würde der siebte Monat anbrechen und sterben... Selbst er besaß keinen Überblick über die Kinder, die der Zaubererwelt geboren werden könnten - Hogwarts überwachte nur jene, die die Schule selbst für die späteren Schuljahre vermerkte, und manchmal erst Jahre nach ihrer Geburt.
Da waren natürlich die Longbottoms - niemand konnte vergessen, wie verheerend der berüchtigte dritte Angriff Toms, der den Tagespropheten so beschäftigt hatte, das Leben des Aurorenpaars verändert hatte. Und auch Lily und James Potter durfte er nicht vergessen... die dem Dunklen Lord jedoch nur zweimal begegnet waren, einmal davon in Hogwarts selbst. Ah, und die Patils natürlich... Doch eine vorsichtige Nachfrage bei Mr. Patil hatte ergeben, dass seine Frau vermutlich bereits im Juni niederkommen würde.
Ein eiskalter Windhauch wehte durch den Raum, als Madam Trelawneys Stimme erstarb, und Croaker verschwand wortlos hinter dem Vorhang, wo er zu kruschteln und zu kramen begann. „Ah... Aha...", hörte Albus ihn gedämpft murmeln. Als er wieder zum Vorschein kam, hielt er eine makellose kleine Glaskugel in der Hand, in der ein grelles blaues Licht noch flackerte, im Inbegriff zu erlöschen.
„Wunderbar!", stellte Croaker in seiner üblichen energisch-fröhlichen Art fest. „Das war es auch schon. Ich bedanke mich, Professor. Wenn Sie jetzt bitte hier noch unterschreiben würden...?"
Mit seinen Worten erschien knallend ein langes und dicht beschriebenes Pergament vor Albus' Nase, und der Schulleiter nickte, während er nach einer Feder griff. „Natürlich." Widerspruchslos begann er zu schreiben - es war ein langer Name.
Letztendlich würde er warten müssen. Warten, bis der siebte Monat starb und bis die Kinder geboren waren, von denen eines diese Welt retten oder ihren Untergang besiegeln würde. Warten darauf, ob es ein Potter, ein Patil oder Longbottom war, an den Hexen und Zauberer sich fraglos noch in Dekaden erinnern würden. Wer wusste schon, ob Mr. Patil sich nicht verrechnet hatte... Ob vielleicht Alices Geburtstermin auf den August fiel... Oder ob die Potters noch ein dritter Kampf erwartete...
Wie wenig ahnte er, dass zumindest eine seiner Fragen gerade beantwortet wurde.
Manchmal gab es im Fluchbrecherbüro einfach nichts zu tun, und so fanden sich James Potter und Sean Rosier an diesem Tag im Aufenthaltsraum der Aurorenzentrale wieder, wo sie sich mit Ace McKinnon und Fabian Prewett in eine Partie Zaubererpoker vertieften. Durch die Tür konnte James Sirius' schwarzes Haar in einer Bürozelle entdecken, wo sein Freund missmutig Berichte für Moody aufarbeitete, und Amelia Bones hatte sich mit tiefem Stirnrunzeln in ihr Büro verzogen, doch sonst war es erstaunlich still. Ein Großteil des Dutzends Auroren, die sich an diesem Tag die Tagschicht teilten, waren vor kaum einer Stunde unter Moodys Leitung zu einer weiträumigen Beschattungsmission aufgebrochen - James schätzte, dass Sirius' schlechte Laune damit zu tun hatte, dass sein Mentor ihn zum Bereitschaftsdienst verdonnert hatte. Sirius war nun mal ein Mann der Tat.
„Fullhouse", verkündete Rosier und warf seine Karten auf den Tisch. James zog eine Grimasse, schmiss seine Bauern dazu und zielte mit einem Sickel auf Prewetts umgedrehten Hut, den er dank erprobter Quidditchreflexe problemlos traf.
„Kein Spiel für mich", seufzte Ace. Sein Sickel folgte dem von James. „Hat jemand Lust auf Zaubererschach?"
„Wenn du verlieren willst", erwiderte James grinsend und hob erwartungsvoll die Augenbrauen.
Prewett zuckte mit den Schultern. „Ohne mich. Ich bin mies in Zaubererschach, die Figuren lachen mich immer aus..." Sein Blick war auf seinen Münzbeutel gerichtet, während er nach Sickeln suchte, und schließlich grinste er, zog seinen Zauberstab und richtete ihn konzentriert in den Beutel. „Visimalus Sickel!" Sekunden später fing Rosier gerade noch einen geworfenen Sickel. „Da."
Der alte Fluchbrecher hob skeptisch die Augenbrauen, während er auf die verwandelte Münze hinabsah. James wäre an seiner Stelle auch skeptisch. „Das ist doch bestimmt nur ein Knut."
„Oder eine Galleone", erwiderte Prewett unschuldig.
„Von dir? Keine Chance." Ace grinste, während er sich erhob und zum Schrank schlenderte. „Wir haben hier irgendwo ein Schachbrett..."
Entfernt knallte eine Tür gegen die Wand. Ace fuhr herum; James beugte sich ein wenig zur Seite, um in das Büro sehen zu können, und erkannte Bones, die mit gerafften Roben in ihre Richtung kam und dabei die wenigen anwesenden Auroren mit sich winkte. Sirius war bereits auf den Beinen.
„Ich brauche euch alle, sofort!", rief die Leiterin der Zentrale scharf. Prewett sprang sofort auf. „Hogsmeade wird angegriffen."
James starrte sie an. Ihm wurde plötzlich sehr kalt. „Ich komme mit", verkündete er fest und folgte Prewetts Beispiel. „Lily ist in Hogsmeade einkaufen." Hinter Bones warf Sirius ihm einen alarmierten Blick zu.
Bones musterte ihn scharf, bevor sie mit den Schultern zuckte. „In Ordnung. Wir brauchen jeden Mann. Sean?"
Rosier nickte. „Natürlich."
„Gut." Die Anwesenden gerieten in Bewegung; aus dem Nichts tauchte wortlos Corday auf, den Zauberstab bereits in der Hand. Bones winkte sie in Richtung Apparationsbereich, und James zog auf dem Weg den eigenen Zauberstab, um ihn routinemäßig einem kurzen Check zu unterziehen. Seine Gedanken waren bei nichts als bei Lily - seine hochschwangere Frau, die beim Besorgen von Babysachen unversehens in einen Kampf gegen Todesser geraten war.
„Mundungus Fletcher hat uns alarmiert, und er sagt, es herrscht reines Chaos. Scheinbar war Moodys Tipp ein Ablenkungsmanöver - ich rufe sein Team zurück, so schnell ich kann. Fabian, dein Einsatz.", fuhr Bones fort. Sie war im Eingang stehen geblieben und musterte den Seniorauror, Corday, McKinnon, Rosier und James scharf, wenn sie sie passierten. Ihr Blick blieb an Sirius hängen. „Mach es wie im Training. Hör auf Prewett." Der Rekrut nickte knapp; er war dabei, sich die Haare zurückzubinden.
Ihre Augen schlossen auch James ein, aber er sah sie kaum an. Sein Blick war bereits auf Prewett gerichtet, der nicht viele Umstände machte. „Wir apparieren zur Kreuzung nach Hogwarts. Lage sondieren, Befehle befolgen. Halten wir sie hin, bis die Verstärkung kommt."
Blicke wurden gewechselt, Nicken getauscht. Dann zählte Fabian Prewett bis drei, und sie disapparierten.
Mundungus Fletcher hatte nicht übertrieben. Die Auroren empfing lärmendes Durcheinander.
Das erste, was sie sahen, war Rauch - irgendwo stand ein Haus in Flammen, und harscher Sommerwind wirbelte den dichten Qualm und mit ihm den beißenden Geruch unkontrollierten Feuers durch die Gassen des Dorfs. Hexen und Zauberer schrieen, rannten panisch durcheinander - wenn jemand versucht hatte, sie in Sicherheit zu bringen, war er bereits gescheitert. Todesser konnten sie auf den ersten Blick nur vereinzelt erkennen, doch Flüche wurden gebrüllt, und zauberische Blitze schossen durch die Luft... Die beiläufigen Opfer von Folterflüchen lagen krampfend am Boden, und irgendwo entfernt lachte jemand hysterisch.
„Scheiße!", rief Prewett und begann sofort wild zu gestikulieren. „Verteilt euch! Verteilt euch und tut so, als sei die gesamte AMS hier! Ace, da rüber! Corday, Richtung Eberkopf! Black, hilf Potter mit Lily!"
Der Rekrut warf dem Auror einen dankbaren Seitenblick zu, bevor er James an der Schulter packte und mit sich in Richtung Stadtmitte zog. „Such du hier, ich versuch es Richtung Bahnhof. Viel Glück!" Er drückte seine Schulter ein letztes Mal, und dann verschwand er in eine Rauchschwade.
Moody hätte entsetzt aufgeschrieen; es war eine typische Prewett-Taktik: Verteilen, verwirren und kontrolliertes Chaos sähen. Doch mehr gab es nicht zu tun, in einer Situation wie dieser. Ein sechsköpfiges Team, verloren in einem attackierten Dorf, konnte weder die Vorteile von Teamarbeit nutzen, noch irgendwie hoffen, einen wie auch immer gearteten geordneten Widerstand zu organisieren, solange niemand einen Überblick über die Lage hatte.
Die vier Auroren und zwei Fluchbrecher wussten nur, dass sie mitten im Chaos Leben retten konnten, und dass irgendwo da drin Todesser auf einen Fluch in ihren Rücken warteten. Keiner von ihnen zögerte, die Chance zu nutzen.
Lilys Augen waren tränenverschmiert von dem verdammten Rauch, während sie sich dichter an die Wand drückte. In der Rechten hielt sie ihren Zauberstab - die Linke drückte eine blasse, weinende Hexe gewaltsam an die Mauer zurück. „Keiner von euch rührt sich!", rief sie scharf, erneut, und hatte keine Geduld mehr für die drei Frauen und den Zauberer, die sie aus Zonko in eine enge Gasse zwischen zwei Läden traktiert hatte.
Dass sie furchtbare Angst hatte, machte die Sache nicht einfacher. Zu spät hatte sie bemerkt, dass der Weg, den sie angesteuert hatte, in einer Sackgasse endete - ich war zu lange nicht mehr hier -, und die Schwangerschaft ließ sie unbeweglich werden. Das hier hatte ein ganz gemütlicher, geruhsamer Nachmittagseinkauf werden sollen. Sie konnte heutzutage kaum noch Treppen steigen, ohne außer Atem zu kommen, und hatte Poppy vor ein paar Tagen ernsthaft zur Rede gestellt, ob sie wirklich sicher war, dass es keine Zwillinge wurden.
Jetzt saß sie fest, und sie konnte in ihrem Zustand nicht einmal auf ihre eigenen Fähigkeiten vertrauen, geschweige denn durch die Gegend rennen und zu helfen versuchen. Aber wenigstens konnte sie die Zonko-Besucher in Sicherheit bringen. Eine der Hexen war nur ein Mädchen, eine ältere Hogwarts-Schülerin, und die andere war eine Squib; sie würden ohne sie vermutlich direkt in die Arme des nächsten Todessers rennen.
„Wir müssen hier wieder raus!", rief sie ihnen zu, doch ihr Blick richtete sich weiter auf den Kampf auf dem Platz vor ihr. Irgendwo da draußen war Lord Voldemort, sie hatte ihn ein paar Minuten zuvor kurz gesehen, und auch, wenn er irgendwohin verschwunden war, hatte er eine Handvoll schwarz verhüllter Gestalten in allen Formen und Größen zurückgelassen, die stolz ihre Unterarme entblößten, um das Dunkle Mal zu zeigen, und ihre Zauberstäbe beinahe beiläufig auf fliehende Einkäufer und Dorfbewohner richteten. Hier und da ging jemand zu Boden, auch wenn Lily noch nicht gesehen hatte, dass sie töteten. Immer wieder versuchte sich jemand zu wehren, aber die meisten rannten nur davon, und wenn sie es etwas schlauer angestellt hätten, wäre das sogar das Klügste gewesen, was sie tun konnten.
Das Gute war, dass die Todesser sich kaum um ihre Umgebung zu scheren schienen. Ihr Blick wanderte weiter über den Platz, bis er an einer weiteren Gasse hängen blieb, die nicht weit entfernt von der ihren abzweigte. Sie wusste natürlich, dass sie zum Honigtopf führte, und im Honigtopf lag ein Geheimgang nach Hogwarts, von dem sie wetten könnte, dass Voldemorts Leute ihn nicht kannten...
Sie schluckte, als sie die vertraute, schäbige Gestalt von Mundungus Fletcher entdeckte, von dem sie gedacht hatte, dass er immer noch seinen Monat Askaban absaß, und der plötzlich von einer ganz anderen Seite aufgetaucht war, ohne bemerkt zu werden. Ihre Augen wurden groß, als sie sah, wie der zwielichtige Kerl seinen Zauberstab hob und auf den Rücken eines Todessers zielte. Ist der denn wahnsinnig...?
Lily hoffte wirklich, dass Fletcher etwas wusste, was sie nicht wusste. Doch sie war nicht so dumm, sich die Gelegenheit entgehen zu lassen. Fletchers Zauber hatte einen der Todesser unvermittelt in die Luft wirbeln lassen, und als er hart zwischen seinen Kollegen aufprallte, fuhren sie alle in Richtung des Angriffs herum - und das hieß, weg von Lily.
„Mitkommen!", bellte sie nach hinten ihren vier Begleitern zu und gestikulierte wild, um gegen ihr Zögern anzukommen. „Das ist vielleicht unsere einzige Chance! Rüber in die Gasse da drüben! Mitkommen, oder wollt ihr hier sterben!"
Sie versetzte dem Zauberer einen harten Stoß, damit er endlich vorwärts stolperte, und glücklicherweise reagierten sie endlich. Es war vermutlich nicht der beste Plan, den sie in ihrem Leben entwickelt hatte, doch Lily war nun mal keine Soldatin, und außerdem war sie schwanger, verängstigt und leicht panisch. Sie hoffte auf das Beste und stolperte den Vieren hinterher, so schnell sie konnte. Dankbar akzeptierte sie, als das Mädchen aus Hogwarts ihre Taille umfasste und sie vorsichtig stützte, während die anderen drei bereits um die nächste Ecke verschwanden. Wenigstens etwas.
Die Gasse kam näher, langsam. Lily begann zu ahnen, dass sie sich verschätzt hatte, denn schon begann es in ihren Ohren zu rauschen, und ihr Rücken schmerzte, nicht nur von den Blicken, die mittlerweile einfach auf ihnen liegen mussten. Sie betete, dass diese Todesser so viel Anstand besaßen und eine schwangere Frau in Ruhe ließen. Sicher wusste sie es nicht, aber sie machte sich keine Illusionen darüber, was die Unverzeihlichen ihrem Kind antun konnten.
Dann erreichten sie die Wegbiegung - vielleicht war sie noch nie zuvor so dankbar gewesen, eine massive Steinwand zwischen sich und einem anderen zu haben -, und erst jetzt riskierte die Hexe einen Blick über die Schulter, während sie der Hogwarts-Schülerin in die Schatten in Richtung Honigtopf folgte.
Der Platz war völlig verlassen.
Irgendwann auf ihrem langen Weg hatten die Todesser sich entschieden, Mundungus Fletcher zu verfolgen, und sie überhaupt nicht bemerkt. Der Kleinkriminelle hatte ihr gerade das Leben gerettet.
Sirius kam bestens ohne seinen Mentor zurecht. Genau genommen hatte er überhaupt keine Zeit, an ihn zu denken. Wenn er sich Moody herbeigewünscht hätte, dann weil ihm klar war, dass jeder verdammte zusätzliche Auror die Situation nur verbessern konnte. Genauso hätte er Artemis Clearwater genommen.
„Protego!", schrie er automatisch noch in der Drehung, als hinter ihm das zu vertraute Sirren eines Dunklen Fluchs erklang. Die beiden Zauber trafen sich - er schlitterte unter der Wucht des Angriffs einige Sekunde auf dem losen Erdboden der unbepflasterten Dorfstraße nach hinten, bevor er ihn endlich ablenken konnte, und war nicht so verrückt, dass Duell zu suchen. Ein Blinzeln, und er hatte sich in Richtung einer Abzweigung in Deckung geworfen und rannte, bevor sein Angreifer ihm folgen konnte.
Der Gedanke daran, dass Lily hier irgendwo herumlief, praktisch wehrlos, ängstigte Sirius zu Tode - und er hatte gesehen, dass Voldemort hier irgendwo herumstrich. Er wusste nicht, wie nachtragend der Dunkle Lord war, aber er wollte es wirklich nicht herausfinden.
Als er hörte, dass die Schreie und der Lärm hinter ihm einen Tick leiser geworden waren, fluchte er und fuhr herum, um sich einen Weg weiter in das Innere der Stadt zu suchen. Er bezweifelte, dass er Lily hier finden würde, und wenn doch, brauchte sie seine Hilfe nicht.
Sirius nahm die Beine in die Hand und rannte wieder in Richtung Dorfmitte.
Er hatte erst wenige Meter zurückgelegt, als er jemanden schreien hörte. Er hätte die Stimme überall erkannt: Sie gehörte Lily.
Als James um eine Ecke bog und den kleinen Platz vorm Honigtopf erreichte, sah er zuerst nur Todesser. Irritiert sah er sie einen Augenblick an und fragte sich, warum hier keine Zivilisten waren, und keine Auroren - so langsam musste Moodys Team doch eintreffen! -, und warum keine Flüche flogen. Dann erst sah er Voldemort.
Und dann sah er Lily.
„Lily Potter.", sagte der Dunkle Lord ätzend, und seine Stimme durchschnitt Luft und ließ all den Lärm zu reinem Hintergrundrauschen verblassen.
Lily drehte sich steif um - sie musste versucht haben, den Geheimgang im Pub zu erreichen, doch jetzt lehnte sie schwer mit einer Hand im Rahmen des Eingangs. Ihr Gesicht war rot gefleckt und darunter leichenblass.
„Aah... Und James Potter", fuhr Lord Voldemort fort. Er hatte sich umgewandt. James starrten rot flackernde Augen an. Er konnte nichts tun, als stocksteif dazustehen. In den wenigen Sekunden hätte er nicht in Deckung gehen können, und er bezweifelte ohnehin, dass es ihm irgendetwas genutzt hätte.
James, dem begnadeten Problemlöser, fiel nichts ein, was er tun könnte. Er war nicht einmal nahe genug bei Lily, um irgendetwas für sie tun zu können. Sein Geist war völlig leer.
Ein Winken des Dunklen Lords, und einer der Todesser nahe an seiner Seite, das Gesicht sorgfältig verhüllt, hob seinen Zauberstab und zielte auf ihn. James hörte kaum noch die Beschwörung des Folterfluchs, bevor Schmerz in ihm explodierte.
„James!", schrie Lily, bevor sie sich zurückhalten konnte. Es gab nichts mehr zurückzuhalten.
Oh mein Gott.
Entsetzt starrte sie auf die andere Seite des Platzes, wo James' Zauberstab durch irgendjemandes Entwaffnungszauber in die Luft wirbelte und gegen die nächste Mauer prallte, während ihr Ehemann am Boden lag und sich unter Schmerzen wand, die sie sich nicht einmal vorstellen konnte.
„Tun Sie ihm nichts!" Verzweifelt wandte sie sich zu Voldemort um. Die Worte sprudelten ohne ihr Zutun. „Oh, bitte, tun Sie ihm nichts!" Oh, wie sie diesen Mann hasste, mit allem, was sie erübrigen konnte, während der Rest ihrer Seele bei jedem Aufbäumen James' mit ihm litt.
Sie wollte ihn nicht ansehen. Der Todesser hatte seinen Zauberstab noch immer nicht gesenkt. Und Voldemort lachte amüsiert, das beherrschte, leise Lachen eines kultivierten Mannes. Aus der Ferne bemerkte Lily, dass ihr Tränen über die Wangen liefen, während ihr Blick panisch zurück zu James, über die Todesser, zum Dunklen Lord schoss, nach einem Ausweg suchte, mit dem sie sich und ihn retten konnte.
Aber sie wusste, dass es zu spät war. Als Voldemort sie wieder ansah, und seine Augen rot blitzten, und sein Lachen erstarb, wusste sie, dass sie dieses Mal nicht überleben würden. James nicht, sie nicht, und nicht ihr ungeborenes Kind.
Voldemort hob die Hand, winkte mit einem Finger. Lily fand nicht einmal die Kraft, ihren Zauberstab zu heben, so eingefroren war sie, als ein weiterer Todesser sich ihr zuwandte. Im Augenwinkel sah sie noch Sirius...
„Crucio!", zischte die vertraute Stimme Lucius Malfoys.
... und der Fluch traf den Auroren, der aus dem Nichts in ihren Weg gesprungen war. Entsetzt sah Lily ihn an - er taumelte zurück, keuchte, und schrie...
Die Realität kam mit einem Schlag zurück. Lilys Zauberstab war oben, und sie tat das einzige, was ihr einfiel. Sie richtete ihn auf Voldemort.
Sie intonierte leise und scharf. „Avada Kedavra."
Der Schmerz verschwand so abrupt, als hätte jemand das Licht ausgeschaltet. James brauchte eine Sekunde, um seinen Kopf zu zwingen, sich zu heben. Erstarrt sah er, wie Sirius unter dem Cruciatus-Fluch zu Boden ging, sah Voldemort verärgert dem Todesfluch von Lily ausweichen, entdeckte hektisch seinen Zauberstab einige Meter entfernt...
Lily.
Mit einem Stoß seines zitternden Arms rollte er sich ab, und der Fluchbrecher zwang sich, die brennenden Stiche zu ignorieren, die instantan durch seine Knochen schossen. Doch Erfahrung mit Auroreneinsätzen, Ordenstraining oder vielleicht das UTZ-Ohnegleichen vor so langer Zeit reichten völlig aus. Er griff nach dem Zauberstab, kam hoch, zielte auf Voldemort.
Hallendes, ersehntes Knallen ließ den Fluch auf seinen Lippen ersterben. Sean Rosier musste die Apparationsschilde gebrochen haben. Bevor James beten konnte, dass das Aurorenteam nicht allzu weit entfernt sein würde, schritt Alastor Moody aus einer Gasse. Sein Zauberstab war auf Voldemort gerichtet.
James war noch nie erleichterter gewesen, ihn zu sehen. Er atmete auf, als die Todesser zu dem Auror herumfuhren und Sirius keuchend zu Boden sank.
„Heb den Zauberstab und du stirbst", knurrte der alte Auror, und James wusste, dass Lily auf der anderen Seite der Straße die leise Ironie in Moodys Standardsatz zu schätzen wissen würde. Später jedenfalls.
„Überschätze dich nicht, alter Mann", sagte Voldemort mit eisig hoher Stimme und glühenden Augen. Seine Roben, die im Wind flatterten, hätten sich genauso unter dem kalten Zorn in seiner Stimme bauschen können. „Trau dich nicht zu viel."
Eine Sekunde später war er disappariert, und seine Todesser verloren keine Zeit, ihm zu folgen. Wieder zeigte sich die Macht des Dunklen Mals, als es überall im Dorf knallte und seine anderen Gefolgsleute sich beeilten, ihm zu folgen.
Moody schnaubte, bevor er Anweisungen zu geben begann. Plötzlich schienen überall Auroren zu sein, der Feind war verschwunden, und James machte sich hinkend auf den Weg zu seiner Frau.
Tbc...
